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Große Schurken – Dr. Mabuse V

Die Geschichte des Bösewichts Dr. Mabuse – Teil 5

Auf den ersten Blick scheint die Idee eines Mix von Mabuse und Bond wie ein Geschenk Gottes. Im Grunde genommen ist Dr. Mabuse eindeutig der Stoff, damit Bond-Schurken einfach so von der Bildfläche verschwinden können. Sicherlich ist man ein Gespräch zwischen Mabuse und Blofeld oder Goldfinger vorstellbar, welches 007 mehr als ein paar Albträume bescheren könnte. Und Spectre (Special Executive for Counterintelligence, Terrorism, Revenge and Extortion) verkörpert ja Mabuses altes Ziel der Herrschaft über das Verbrechen an sich. Vermutlich war es die Hinwendung zum Technologie-Spion-Thriller, was für die Serie das Aus bedeutete. Obwohl die Arbeit mit stilvollen Schwarz-Weiß-Aufnahmen den vorherigen Filmen so viel Atmosphäre verliehen hatte, funktionierte dies bei Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse und vielen anderen Außenaufnahmen und Unterwasserszenen nicht mehr. Darüber hinaus schien die Darstellung einer Bedrohung durch Todesstrahlen auf dem Prinzip eines Brennspiegels nach dem Archimedesprinzip im Jahr 1964 eher anachronistisch zu sein, da bereits am 16. Mai 1960 der erste Rubinlaser von Theodore Maiman fertiggestellt worden war. Diesen Fehler hätte man möglicherweise verzeihen können, denn die Todesstrahlen waren schon einmal sehen gewesen. Aber eine wirkliche Bedrohung stellten sie bei Weitem nicht dar. Das Labor, von denen die Strahlen gesteuert wurden, ist einer der wenigen beeindruckenden Sets des Films. Ein weiteres Problem wäre vermutlich aufgetreten, dass Peter Van Eyk zwar einen einfachen Helden spielen, jedoch die detachierte Ironie eines James Bond nicht umsetzen konnte. Auch die Ausstrahlung des schroffen Inspektors, gespielt von Werner Peters oder Gerd Fröbe, würde schmerzlich vermisst werden.
Angesichts solcher Mängel ist es nicht verwunderlich, dass Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse der Reihe fast den Todesstoß gesetzt hätte. Obwohl Mabuse den sicheren Tod vor Augen hatte und sich zurückzog, kehrte er zumindest dem Namen nach in die deutschen Kinos zurück. Selbst in den späten 1960er Jahren war das Mabuse-Franchise noch so beliebt, dass 1970 der britische Horrorfilm Die lebenden Leichen des Dr Mabuse veröffentlicht wurde. In der deutschen Fassung erkennt man sehr schnell, dass es sich dabei nicht um eine Fortsetzung der altbekannten Reihe handelt. Vincent Price spielt den Hauptprotagonisten brillant. Mabuse. Schade, dass er diese Rolle nur einmal spielte.
1971 kehrte Filmproduzent Artur Atze Brauner zum Mabuse-Franchise zurück. Auf der Grundlage unveröffentlichter Drehbücher aus den 1960er Jahren inszenierte der spanische Kultregisseur Jess Franco Dr. M. schlägt zu, den ersten Mabuse-Film in Farbe. Fans von Jess Francos Arbeiten scheinen La Venganza del doctor Mabuse (deutsch: Die Rache des Dr. Mabuse) zu mögen, aber für Liebhaber der Mabuse-Serie ist der Film ein Schlag ins Gesicht. Der verrückte Wissenschaftler Dr. Krenko hat mit dem brillanten kriminellen Genie der Vergangenheit überhaupt nichts gemein.
Dr. M. schlägt zu ist ein hoffnungslos verschachteltes Durcheinander mit Stripteasetänzerinnen, Frankensteinmonster und Polizisten als Cowboys gekleidet. Es überrascht keinen, dass der Film nicht in die deutschen Kinos kam. Lediglich im späten Nachtprogramm tauchte er auf. Artur Brauner hätte es gut zu Gesicht gestanden, diesen Film zu verleugnen und als Art Bern nicht das Drehbuch zu schreiben.
Nach diesem Desaster war Mabuse über etwas mehr als ein Jahrzehnt von den deutschen Bildschirmen verschwunden. Lediglich in der Episode 19 Mabuse kehrt zurück der österreichischen Kult-Fernsehserie Kottan ermittelt hat die Figur am 4. März 1983 einen kurzen Gastauftritt.
Schließlich kehrte Dr. Mabuse im Jahr 1990 noch einmal in Claude Chabrols Film Dr. M., welcher als Hommage an Fritz Lang bestimmt war, in die internationalen Kinos zurück. Berlin wird von einer Serie scheinbar unerklärlicher Selbstmorde erschüttert: Menschen werfen sich vor U-Bahnen, verursachen Unfälle und Explosionen mit tödlichen Folgen für ganze Stadtteile. Die Kette der Todesfälle will und will nicht abreißen, daher wird der Polizeibeamte Klaus Hartmann mit den Ermittlungen beauftragt. Er glaubt schon bald nicht mehr an die Selbstmord-Theorie, die von den offiziellen Stellen als Erklärung für die sich häufenden Todesfälle gegeben wird. Bei seinen Recherchen stößt Hartmann auch auf das Model Sonja Vogler.
Der Name Mabuse wird im Film kein einziges Mal erwähnt. Man kann darüber streiten, ob der Film als ein offizieller Teil der Serie angesehen werden kann oder nicht. Dr. M. war nicht sehr erfolgreich, und somit rücken die Möglichkeiten von Mabuse Rückkehr auf die große Leinwand in weite Ferne.
Mabuses Fühler haben auch andere Medien erreicht. Seit Dezember 1976 wird die Zeitschrift für alternative Medizin Dr. med. Mabuse vom Mabuse Verlag Frankfurt am Main aller zwei Monate herausgegeben.
Im Zeitraum von 2000 bis 2002 veröffentlichte die Zeichnerin Isabel Kreitz zusammen mit Eckart Breitschuh und Stefan Dinter bei Carlsen Comics die 6-teilige Serie Mabuse nach den Büchern von Norbert Jacques. 1996 erschienen neue Ausgaben der ursprünglichen Romane von Norbert Jacques einschließlich Mabuses Kolonie. Im gleichen Jahr kam ein Hörspiel zum ersten Roman auf den Markt.
Obwohl bereits fast 50 Jahre seit dem letzten offiziellen Film vergangen sind, ist Dr. Mabuse ein bekannter Name in Deutschland. Durch die Romane und vor allem durch die Filme ist diese Figur fest in uns verankert. Er ist Deutschlands Moriarty, Blofeld, Fu Manchu. Wird er wirklich nie sterben? Mabuse wartet nur auf seine Zeit, dass sein bösartiger Geist über den Geist eines jungen Schriftstellers oder Regisseurs zu Leben erweckt wird, sodass er sein Reich des Verbrechens wieder aufbauen kann.

Quelle:

  • Günter Scholdt: Der Fall Norbert Jacques: Über den Rang und Niedergang eines Erzählers (1880-1954). Akademischer Verlag Heinz. Stuttgart. 1976

(wb)

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