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Die Schneekönigin

Der Teufel hat eines Tages eine geniale Idee: Er erfindet einen Spiegel, der die Welt verdreht zeigt. Alles, was gut ist, wird gemindert, aber dafür alles, was schlecht ist, hervorgehoben. Seine Kobolde sind von dem Spiegel begeistert und beschließen, ihn Gott und den Engeln zu zeigen. Aber auf dem Weg in den Himmel zerbricht der Spiegel. Zwei der Splitter treffen den kleinen Kai: einen ins Auge und einen ins Herz. Seitdem ist der eigentlich gutmütige, nette Junge verletzend und lieblos zu seinen Mitmenschen. Vor allem Gerda, seine beste Freundin, leidet unter seinen Launen. Eines Tages kehrt Kai vom Rodeln nicht zurück. Gerda, die ihn immer noch mag, macht sich auf die Suche nach ihm und erfährt, dass die Schneekönigin ihn entführt hat. Aber der Weg zur Schneekönigin ist steinig. So muss Gerda einer einsamen Zauberin entfliehen, die das Mädchen am liebsten bei sich behalten würde, findet einen falschen Kai und gerät unter Räuber. Als sie Kai schließlich im Schloss der Schneekönigin findet, ist dessen Herz zu Eis erstarrt.

Das berühmte Märchen von Andersen wird von Titania Medien gut umgesetzt. Die Musik von Pjotr Iljitsch Tschaikowski unterstreicht stimmungsvoll die Szenen, Erzähler Christian Wolff schafft mit seiner wohlklingenden Stimme viel Wohlfühlfaktor, der Teufel klingt angemessen bösartig und die meisten Synchronsprecher verstehen ihren Job. Nur die Stimmen der Kinder wirken oft gekünstelt, die Sprecherin von Gerda und der Räubertochter einmal ausgenommen. Die Produktion an sich ist summa summarum eine runde Sache und das Märchen gerade in der Weihnachtszeit ein Muss. Außerdem ist es eine Spielwiese für Interpretationen: Die Einsamkeit einer alten Frau, die sich Gesellschaft wünscht und im Gegensatz zur Einsamkeit der Schneekönigin steht, die letztlich einen Gefährten sucht. Entgegen der Zauberin, die gealtert ist, erstarrt sie in ihrer jugendlichen Schönheit -man fühlt sich gleich an Botox- und Schönheits-OP-Liebhaberinnen erinnert. Natürlich spielt das Märchen auch auf Herzenskälte an, wobei die Schneekönigin und Kai mit einem Herz aus Eis nicht glücklich sind. Die Splitter des Spiegels und der Spiegel an sich erinnern an das Krankheitsbild der Depression, denn Depressive neigen ebenfalls dazu, das Negative zu betonen und das Positive zu mindern. Der Eindruck verstärkt sich noch, wenn man Andersens weitere Märchen kennt, die ebenfalls oft eine traurige Note haben, man denke z.B. an die kleine Meerjungfrau oder das hässliche Entlein. Außerdem präsentiert Andersen in diesem Märchen starke Frauen: Die Schneekönigin, Gerda, die kluge Prinzessin oder die Räubertochter und ihre Mutter sind die Beispiele dafür.

Copyright © 2012 by Ulrike Dansauer

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Hans Christian Andersen
Die Schneekönigin
Hörspiel
Titania Medien, Hilden
September 2012, 2. Auflage
Ab 6 Jahren
1 CD, ca. 79 Minuten, 8, 99 Euro
ISBN: 9783785745281