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Akzeptanz

Jeff VanderMeer
Southern Reach Nr. 3
Akzeptanz
SF, Mystik, broschiert, Verlag Antje Kunstmann, München, März 2015, 336 Seiten, 18,95 Euro, ISBN 9783888979665, übersetzt von Michael Kellner

Vor mehr als dreißig Jahren wurde ein Küstenlandstrich der USA von einem Ereignis heimgesucht, das die Gegend auf unwirkliche Weise verändert hat. Die als Area X titulierte Region ist seitdem unbewohnbar geworden. Die Organisation Southern Reach erforschte Area X bislang meist ohne konkrete Ergebnisse. Expeditionen blieben verschollen oder einzelne Mitglieder kehrten auf unbekannte Weise zurück. Zu ihnen gehört die »Biologin«, mit deren Untersuchung ein Southern Reach-Mitarbeiter mit dem Namen »Control« betraut wurde. Zusammen dringen sie in Area X ein, um Antworten auf ihre Fragen und verschollene Mitglieder frührer Expeditionen zu finden.

Inzwischen ist »Control« und »Ghostbird«, wie sich die Biologin nun nennt, klar, dass es sich bei der zurückgekehrten Frau um eine von Area X erstellte Kopie des Originals handeln muss, das bestimmte Erinnerungen besitzt, andere wiederum nicht. Auf ihrem Weg zum Leuchtturm, in dem sich die Tagebücher von Mitgliedern früherer Expeditionsmitglieder befinden sollen, machen sie Bekanntschaft mit seltsamen, teils bereits verwesten, teils sphärischen Wesen und Erscheinungen, die sich als umgewandelte Menschen entpuppen. Schließlich finden die beiden sogar die verschwundene Direktorin von Southern Reach. Dass diese eine besondere Verbindung zum entarteten Landstrich und dem ehemaligen Leuchtturmwärter besitzt, verrät sie den beiden nicht. Als die Biologin ihre eigenen Aufzeichnungen wiederfindet, wird allen klar, dass es nur einen Ort für abschließende Antworten geben kann. Sie machen sich auf den Weg zu dem unterirdischen Turm, an dessen Grund ein Wesen jenseits der Vorstellungskraft auf ihre Ankunft wartet.

Der abschließende Band von Jeffs VanderMeers Southern Reach-Trilogie bemüht sich, ein paar inhaltliche und erzählerische Klammern zu schließen, ohne dabei eine wirkliche Auflösung zu bieten. Eine solche dürfte der Leser der beiden Vorgängerromane allerdings auch nicht erwartet haben. Während der geniale Band 1 Auslöschung von einer subtilen, psychologisch dominierten Horroratmosphäre profitierte, fiel der klaustrophische Band 2 Autorität mit wirren Figuren- und Handlungsführungen ziemlich ab. Akzeptanz fordert genau diese vom Leser, denn Ideen zur Herkunft und Entstehung von Area X bleiben allenfalls vage. Trotzdem ist es nahezu eine Erleichterung, wieder aus dem Hauptquartier von Southern Reach hinauszukommen und zusammen mit den Protagonisten das unheimliche Land zu erforschen. Da auch die eingestreuten Rückblicke auf die Kindheit der Direktorin direkt dort und in unmittelbarer Nähe des Leuchtturms, von dem scheinbar alles ausging, spielen, bekommt das Ganze auch noch einmal eine zeitliche Komponente.

VanderMeers Stil bleibt so reichhaltig wie eh und je. Seine bedeutungsschwangeren Sätze und Bilder machen die Lektüre zu keiner leichten Kost. Vor allem auch deswegen, weil man durch das gedankliche Folgen – hier mehr als bei vielen anderen Romanen – bewusst geschaffene Leerstellen selbst füllen muss. Trotz einiger neuer Geheimnisse werden auch bestimmte Handlungsfäden wieder aufgegriffen und zusammengeführt – etwas, das Band 2 in weiten Teilen schmerzlich vermissen ließ. Gerade der mittlere Teil der Trilogie wird durch den Abschlussband und das Einordnen bestimmter Ereignisse und Gegebenheiten im Vorgänger deutlich aufgewertet und verständlicher, was bei der ersten Lektüre desselben freilich wenig hilfreich ist.

Fazit:
Insgesamt gesehen bildet die Southern Reach-Trilogie eine äußerst interessante, lesenswerte und verwirrende Leseerfahrung, die ebenso viele – auch erfahrene – Phantastikfreunde sowohl überfordern als auch faszinieren dürfte. Nach dem fulminanten Auftaktband muss man sich durch einen Wust an wirren Ereignissen außerhalb von Area X arbeiten, bis es bei der Rückkehr andeutungsweise Auflösungen, aber vor allem mysteriöse und bedrohliche Erweiterungen zur ersten Version des entarteten Landstrichs gibt. Akzeptanz schlägt sich als Abschluss wacker, rafft Zerfasertes zusammen und bietet Material, sich die zahlreichen Fragen selbst beantworten zu wollen – und sie dann abschließend, wie der Roman im Titel empfiehlt, zu akzeptieren.

(sv)