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Horror-Legionen 1

Dr. Nachtstrom (Hrsg.)
Horror-Legionen 1
Der Almanach deutscher Horror- und Mystery-Autoren

Horror, Kurzgeschichten, Taschenbuch, Amrûn Verlag, Traunstein, Juli 2013, 530 Seiten, 12,95 Euro, ISBN 9783944729046, Covermotiv von Sean Beckz
http://www.amrun-verlag.de

»Hast du jetzt, was du brauchst?«, fragt Lilly, als ich meine Werkzeuge auf dem Küchentisch ausbreite.

Ich überfliege alles. Ein Skalpell aus dem Modellbaugeschäft, ein Beil, ein Elektroschocker und natürlich Angelhaken und Schnur. »Alles da«, bestätige ich.

(Moe Teratos: Die Rache)

Arthur Gordon Wolf: Das Engels-Fresko
Die vier angehenden Models Trinidade, Chevy, Britta und Geraldine werden von einem Fremden angesprochen, der ihnen anbietet, beim neuen Projekt des weltberühmten und exzentrischen Fotografen Petrus de Bruijn mitzuwirken. Gelockt von dem mehr als großzügigen Scheck befinden sie sich nur 24 Stunden später in der prunkvollen Villa des Künstlers, der mit den vier Schönheiten sein Engels-Fresko fertigstellen will.

Melchior von Wahnstein: Illumination
In der winzigen Kammer befindet sich außer ihm nur noch ein Podest mit einem Totenkopf. Der Initiationsritus zum Großmeister verfehlt seine Wirkung nicht. Eine Nacht muss er hier verbringen. Eine Nacht voller Erinnerungen, Hoffnungen und Begierden.

Carmen Wienand: Rage
Schon beim Aufstehen ist Mae total genervt bei der Aussicht auf einen weiteren Tag im Callcenter. Das Etwas, das in ihrer Wohnung lauert macht sich das zunutze, nistet sich in ihrem Körper ein und ermutigt sie, ihren Gefühlen endlich freien Lauf zu lassen.

Constantin Dupien: Meteoritenfeuer
Nachdem er die Explosion sieht, die von einem Meteoriteneinschlag auf seinem Militärstützpunkt ausgelöst wurde, macht sich der abgewrackte Colonel Jack Brown sofort auf den Weg zur Einschlagstelle. Am Stützpunkt angekommen erwartet ihn eine böse Überraschung.

Daniela Herbst: Letzter Gedanke München
Als im Münchner Stadtteil Pasing ein Umspannwerk kollabiert ist das der Anfang vom Ende. Zuerst zeigt sich über dem Stromknoten eine Lebensform aus elektrischer Energie, dann beginnen sich die Toten von München aus ihren Gräbern zu erheben.

Des Romero: Katharsis
Doktor Bannister weiß selbst nicht, warum er an diesem Nachmittag noch einmal zusammen mit seiner Tochter seinen Arbeitsplatz, die Leichenhalle des Krankenhauses, zurückkehrt. Er hat den Drang seiner Tochter zu zeigen wo und was er arbeitet. Dort angekommen machen seine gewalttätigen Albträume der letzten Zeit plötzlich einen Sinn.

Werner Skibar (Charlie Blood): Bittere Früchte
Der bittere Kampf gegen das Erfrieren führt den Obdachlosen zum Wiener Naschmarkt. Trotz der frühen Morgenstunden wird einer der Stände bereits mit fremdartigen Früchten beschickt, von denen der Sandler eine mitgehen lässt. Doch der Genuss der Frucht bekommt ihm schlecht.

Guido Ahner: Nyxie Zombie
Trotz ihres gerade abgeschlossenen Entzugs beginnt Nyxie nicht nur wieder zu trinken, sie entwickelt auch immer merkwürdigere Fantasien. Dann bittet der Arzt, der sie damals auf der Notaufnahme behandelt hat, sie auch noch um ein Date.

John Aysa (Alexander Ater): Das Haus der untergehenden Sonne
Die Einladung seines Onkels zum 30. Geburtstag führt Walt und seine Freunde zu einer abgelegenen und ungewöhnlich eingerichteten Waldhütte. Plötzlich ergreifen Dämonen Besitz von den Freunden.

Karin Reddemann: Die Schwarzen hinter dem Vorhang
Stuffi, Memo, Lona und Ruth verbringen ihr Leben im Alexander-Haus. Bis Ruth eines Tages von den Schwarzen hinter dem Vorhang geholt wird.

Kristina Lohfeldt: Der letzte Märchenprinz
Ungeduldig erwartet sie die Ankunft ihres letzten Verehrers in ihrer hochgelegten Kammer in dem ansonsten verlassenen Turm. Mit seiner Hilfe wird es ihr endlich möglich sein, ihr Gefängnis zu verlassen.

Marc Gore: The Chick and the Wolfman
Nach einem Banküberfall geraten das Gaunerpärchen Clive und Betsy an einen schmierigen Motelbesitzer, eine Bande brutaler Rocker und einen Polizisten der Amtsmissbrauch betreibt. Gut für Betsy, dass ihr Lover ein Werwolf ist, der seine Kräfte auch ohne den Vollmond entfesseln kann.

Marc Hartkamp: Blacklight
Mit seiner Erfindung, einem Schwarzlicht, mit negativer Wellenlänge, gelingt es Dr. Gerber, einen Blick in die jenseitige Welt zu werfen. Doch die Wesen hinter dieser Grenze können ihn ebenfalls sehen.

Meryjaine Webster: Der Selbstversuch
Der Keller des abgelegenen Ferienhauses wurde zu einem »Hobbykeller« für spezielle Ansprüche ausgebaut. Perfekt, um sexuelle Fantasien auszuleben oder um die Opfer der Loge darzubringen.

Michael Sonntag: Die Rotkäppchenfalle
Was wäre, wenn Rotkäppchens Geschichte vom Wolf, der ihre Großmutter gefressen hat, nur eine List war, um den Jäger in das abgelegene Haus zu locken.

Michael Sonntag: Stadt ohne Sheriff
Daniel, Rick und Bruce Layton versprechen sich leichtes Spiel in der »Stadt ohne Sheriff« und tatsächlich läuft ihr Falschspiel und auch der Bankraub wie am Schnürchen. Doch hier gibt es vielleicht keinen Gesetzeshüter, doch dafür etwas anderes.

Moe Teratos: Die Rache
Endlich entdeckt Gina die beiden Schweine auf Facebook, die damals ihre Freundin Andra und sie selbst vergewaltigt und zum Sterben in den See geworfen haben. Nun kann sie Rache nehmen.

Rona Walter: Error
Mit einer Auswahl vielversprechender Baumarktwerkzeuge erhält ein Konzernchef seine Lektion über den bevorstehenden Kollaps des Systems, den absoluten gesellschaftlichen Error der unweigerliche eintritt, wenn immer mehr menschliche Arbeitsplätze zugunsten lohnfreier Automaten wegfallen.

Sean Beckz: Der Tätowierer
Der strahlend schöne Samstagmorgen ist wie geschaffen, um es sich gut gehen zu lassen, den Luxus zu genießen, den das privilegierte Leben bietet und seine Fertigkeiten als Tatookünstler zu verbessern. So begibt sich der Tätowierer in den Keller zu seinem Modell.

Sönke Hansen: House of the rising sun
Der Überfall auf das Einkaufszentrum HOTRS, den Vincent und drei seiner Kumpels geplant haben läuft gründlich schief. Plötzlich stehen sie einer Horde weiblicher: wenn auch gut gebauter: Dämonen und einer riesigen Teufelsgestalt gegenüber.

Stefanie Maucher: Haut
Als er erwacht ist er in der Dunkelheit festgeschnallt. Seine Haut wird in dieser Situation sein wichtigstes Sinnesorgan. Und mit ihr spürt er die behandschuhte Hand, die ihn dazu bringen will zu bereuen.

Thomas Backus: Frischfleisch
Brutus und seine Gang freuen sich über den knackigen Neuzugang in ihrem Zellentrakt. Frischfleisch für ihre Prügel. Doch Wut und schmerz wecken das Tier in dem Neuen. Und das Tier will ohne Pause gefickt werden. Danach muss es fressen.

Tim Svart: Musik der Finsternis
Der neue Mieter wird Zeuge eines sonderbaren nächtlichen Violinspiels, für das offenbar eine weitere Hausbewohnerin, Viola, verantwortlich ist. Die Neugier keimt in ihm, er passt sie ab, spricht sie an und erliegt ihren weiblichen Reizen. Doch die seltsame Musik, die er gehört hat, will sie vor ihm nicht spielen. Und der Blick aus dem Giebelfenster ihres Zimmers, den er beim Liebespiel erhaschen kann, zeigt eine ganz und gar fremde Welt.

Tony Lucifer (Dr. Nachtstrom): Ave Anus
Früh am winterlichen Morgen macht sich der kleine Peter auf den Weg durch den Schnee, um seine Pflicht als Ministrant zu erfüllen. Doch ahnt er nicht, was ihn an diesem Morgen in der Dorfkirche erwartet.

Torsten Scheib: Illusion
Was ist nur los heute? Zuerst dieser schlurfende Penner, der ihm vor den Wagen torkelt, das sprechen Frau und Tochter nicht mehr mit ihm, als er ihnen die perfekt gelungene Katze serviert. Manchmal hat er das Gefühl,, der letzte Mensch auf der Welt zu sein.

Vincent Voss: Folge der Stimme aus dem Anus Praeter
Der Pfleger Sören staunt nicht schlecht, als Fr. Brüggemans künstlicher Darmausgang mit ihm zu sprechen beginnt. Im Tausch gegen Nahrung – Fleisch – würde er ihn in fremdes und geheimes Wissen einweihen.

Xander Morus: Das Wrack der Zombies
Die Weltenbummler Daniel, Jill, Steve und Manou haben einen Hinweis erhalten, dass auf einem der Wracks auf dem Schiffsfriedhof von Nouadkibou, West-Afrika, noch eine erhebliche Menge Geld versteckt sein soll. Gedacht um die afrikanischen Beamten zu bestechen und dann vergessen. Doch auf dem Wrack warten noch andere Überraschungen auf die Globetrotter.

»Du solltest dir einschlägige Filme ansehen, dann wüsstest du, dass wir uns in einem Klischee befinden.«

»Was? Wovon redest du?«

»Ein einsames Haus im Wald. Ein Friedhof. Keine Verbindung zur Außenwelt. Eine Clique von Leuten, die Party machen will. Unbekannte Bücher mit lateinischen Texten. Spaß, Sex, Lesen, Beschwörung des Bösen. Einer nach dem anderen stirbt.«

(John Aysa: Das Haus der untergehenden Sonne)

Nachdem das Anthologiengeschäft einige Jahre wohl doch eher stiefmütterlich angegangen wurde und nur Michael Schmidt mit seinem Zwielicht-Magazin eine ernst zu nehmende Reihe an originellen phantastischen Geschichtensammlungen abgeliefert hat, kommt nun ausgerechnet der Österreicher Walter Brantner alias Dr. Nachstrom als selbst ernannter Phantastik-Revoluzzer daher, rotzt bei dem jungen Amrûn Verlag eine Anthologie mit nicht weniger als 26 Autoren und über 500 Seiten raus und bezeichnet das Ding auch gleich noch als Almanach deutscher Horror- und Mystery-Autoren, als hielte man hier ein Who-is-Who der deutschen Phantastik in Händen. Dabei holte sich der Doc für dieses Machwerk eine erkleckliche Anzahl der immer noch kritische beäugten Horror-Selfpublisher ins Boot und stellt diese jungen wilden Schmierfinken (wie Sean Beckz, Tim Svart, Marc Gore, Moe Teratos, Xander Morus) gleichwertig neben bekannte und verdiente Namen (wie Arthur Gordon Wolf, Torsten Scheib, Thomas Backus, Vincent Voss).

Ironiemodus wieder aus und mal Hand auf Herz: Klappern gehört doch zum Handwerk und wer würde denn ein Buch kaufen, auf dem steht Mittelprächtige Geschichten einiger leidlich bekannter Autoren? Von der Tatsache, dass diese Diskussion tatsächlich so ähnlich stattgefunden hat, sollte man sich im Vorfeld jedoch nicht beeindrucken lassen, sondern lieber davon, dass es durchaus Hand und Fuß hat, was der gute Doc so anpackt, siehe zum Beispiel das Visionarium-Magazin inkl. seiner Ableger. Und immerhin haben auch die altgedienten und bekannten Autoren einmal so angefangen. Und legt man weiterhin die Tatsache zugrunde, dass es in der Natur einer Anthologie liegt, dass nicht jede Geschichte für jeden Leser gleich gut zündet, hat man mit den Horror-Legionen 1 insgesamt ein beachtenswertes Storypaket in der Hand. Natürlich sind nicht alle Beiträge ein Ausbund an Originalität. Tatsächlich fühlt man sich hier sogar sehr oft an bekannte Stoffe erinnert, die nur oberflächlich variiert wurden (Evil Dead, Rapunzel, From Dusk till Dawn, Lovecrafts Aus dem Jenseits und Die Musik des Erich Zann). Außerdem ist eine starke Konzentration von Folter- und Zombieszenarien zu erkennen, die teils auch unglücklich hintereinander platziert wurden. Dass es jedoch auch hier positive Überraschungen gibt, beweisen zum Beispiel Moe Teratos mit Die Rache und Torsten Scheib, der mit seiner Geschichte Illusion den 3. Platz der Kategorie »Beste Kurzgeschichte« beim Vincent Preis 2013 belegte. Weitere Preisträger sind Arthur Gordon Wolfs Das Engels-Fresko (Platz 2, »Beste Kurzgeschichte 2013« und Tim Svarts Lovecraft-Hommage Musik der Finsternis (Platz 5, »Beste Kurzgeschichte 2012«), die hier erstmalig als Printversion erscheint. Die Sammlung selbst konnte außerdem Platz 4 der Kategorie »Beste Anthologie 2013« für sich verbuchen.

Für diejenigen, die auch die anderen Aktivitäten von Dr. Nachtstrom verfolgen, bieten die Horror-Legionen 1 mit Melchior von Wahnsteins Illuminiation und Werner Skibars Bittere Früchte kleine Tie-Ins zum Pantherion-Universum. Omen– und Morbus-Leser werden den einen oder anderen Hinweis entdecken.

Wie bei jeder Geschichtensammlung wird jeder Leser hier seine ganz persönlichen High- und Lowlights finden. Die Kunst ist jedoch, diese so auszuwählen und anzuordnen, dass auch die schwächeren Beiträge von den Glanzpunkten getragen werden und die Sammlung insgesamt einen positiven Eindruck hinterlässt. Das gelingt hier fraglos, auch wenn man meines Erachtens einige Beiträge besser an anderer Stelle einsortiert hätte.

Das Covermotiv wurde von Sean Beckz erstellt und fällt eher durch sein Ungleichgewicht der Proportionen ins Auge, entbehrt jedoch nach einer Zeit der Gewöhnung nicht einer gewissen bedrohlichen Aura. Trotzdem hat Sean Beckz bei seinen eigenen Büchern schon weit bessere Arbeit abgeliefert (zum Beispiel bei Verfault 2).

Am Rande können die Horror-Legionen 1 inzwischen auch als inoffizieller Startschuss für eine neue Welle an deutschen Phantastikanthologiereihen gesehen werden. Der schon erwähnte Herausgeber Michael Schmidt hat es mit Zwielicht vorgemacht, das gerade in die fünfte Runde gegangen ist, von Constantin Dupiens Mängelexemplare ist Band 3 angekündigt und auch die Horror-Legionen 1 selbst gingen unter der Herausgeberschaft von Christian Sidjani zum Jahresende 2014 in die zweite Runde.

Fazit:
Horror-Legionen 1
ist vielleicht nicht der auf dem Cover versprochene »Horror-Almanach«, verpasst dem Genre jedoch fraglos eine gehörige Frischzellenkur, da hier auch die jüngste Generation deutscher Horror-Schreiber hier ein Forum findet.

(eh)