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Der Welt-Detektiv Band 6

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Hessische Sagen 13

Der Korndrache

Der Bauer Edel in einem Dorf am Rhein war in kurzer Zeit so reich geworden, dass er kein Ende des Geldes wusste. Die Leute zischelten sich allerhand darüber zu, aber keiner konnte so recht klug daraus werden. Eines Tages ging Edel auf eine Hochzeit diesseits des Rheins, und da er zwei Tage auszubleiben gedachte, gab er vorher seinem Knecht alles an, wie er es im Hause gehalten wissen wollte. Unter anderem sagte er zu ihm: »Wenn die Nacht jemand am Fenster fragt, was er bringen solle, so sage Weizenkorn.«

Der Knecht verstand aber falsch und meinte nicht anders, als der Bauer hätte Weidenlaub gesagt.

Gegen elf Uhr in der Nacht klopfte, wie der Bauer gesagt hatte, jemand an des Knechtes Fenster und fragte: »Was soll ich bringen?«

»Für heute Weidenlaub«, antwortete der Knecht, dem die Sache doch so wunderlich vorkam, dass er nicht schlafen konnte. Gegen Mitternacht gab es auf dem Boden ein seltsames Gerispel und Genistel, das bis ein Uhr andauerte, dann wurde es still. Der Knecht stand Todesangst aus, wagte kaum zu atmen und wünschte hundertmal den Morgen herbei. Als es Tag wurde, war sein erster Gang auf den Boden und siehe da, der lag so voll Weidenlaub, dass er die Tür kaum öffnen konnte. Da merkte er wohl, dass der fliegende Drache dem Bauern all den Reichtum zutrug. Von dem Augenblick an war es ihm so unheimlich in dem Haus, dass er abends, als der Bauer heimkehrte, seinen Lohn begehrte und des folgenden Tags sich einen anderen Dienst suchte.

Wenn man den fliegenden Drachen sieht und gern wissen möchte, was er trägt, dann braucht man nur zu sagen:

Es fährt kein Fuhrmann über Land oder Brück,

Er lässt seinen Zoll zurück.

Dann muss er etwas fallen lassen von dem, was er trägt.


Beim Brauchen berufen

Einem Bauern in Beedenkirchen wurde all sein Vieh krank. Ein kluger Mann, bei dem er sich Rat holte, riet ihm, er solle Gänsedreck, Saudreck und Teufelsdreck in ein Loch unter seine Schwelle legen und einen hölzernen Pfropf darauf keilen, er solle aber nicht zu hart darauf hauen, weil jeder Schlag die Hexe treffe. Der Mann tat wie ihm geheißen. Doch als es an das Zukeilen ging und er die Axt emporhob, um der Hexe einen rechten Treffer zu gehen, rief seine Frau: »Herrje, Hannes schlag sie nicht tot!«

Da gab es ein höhnisches Gelächter hinter dem Backofen, und von dem Tage an war alles Brauchen umsonst; das Vieh krepierte.


Das Hexenbuch in Reichelsheim

Eine Frau in Reichelsheim hatte nur eine Geis, aber trotzdem stets eine erstaunliche Menge Butter. Ihr Mann konnte nicht begreifen, woher die Butter komme. Er lauerte ihr auf und sah, dass sie den Butterstempel mit Salbe bestrich. Da stahl er ihr die Salbe.

Aber im selben Augenblick stand der Böse vor ihm, legte ihm ein Buch vor und sprach: »Hast du vor, meine Kunst zu brauchen, dann sollst du auch unterschreiben.«

Der Bauer erschrak anfangs, doch fasste er sich gleich und sprach: »Ei, von Herzen gern, nur habe ich im Augenblick keine Feder zur Hand. Lass mir das Buch bis morgen hier, ich tue es dann nach meiner Bequemlichkeit.«

»Gut,« sprach der Böse, ich komme morgen wieder.«

Als der Teufel kaum fort war, nahm der Bauer das Buch, ging damit zum Pfarrer und fragte ihn, was zu machen sei.

»Ritze die Haut an deinem Arm«, sprach der Pfarrer, »und schreib vorn ins Buch ›Das rosenfarbene Blut Jesu Christi‹ usw.«

Das tat der Bauer, und als der Teufel am anderen Tag wiederkam, bot der Mann ihm das Buch dar mit den Worten: »Ich hab mit meinem Blut hineingeschrieben.«

»Sehr schön«, sagte der Teufel und griff nach dem Buch, zuckte aber gleich mit der Band zurück, als ob er sich schrecklich verbrannt habe, und fuhr durch das Fenster heulend davon. Dieses Buch war lange zeit noch im Amtshaus zu Reichelsheim zu sehen. Es ist erstaunlich, was für hohe Potentaten und vornehme Herren und Frauen darin eingeschrieben gewesen.


Die Knodener Kunst

Allbekannt und weit berühmt war die Kunst der Bewohner des Dörfchens Knoden im Odenwald, welche unter anderem das Festmachen aus dem Grunde verstanden. Das zeigten sie schon im Dreißigjährigen Krieg an einem Trupp fremden Kriegsvolkes, der von ihnen erst festgezaubert und dann Bann für Bann totgeschossen wurde. Einen Offizier dabei, welcher hieb- und schussfest war, schlugen sie mit Stöcken tot und steckten dann seinen Kopf unter eine Brücke, an der von dem Tage an der Geist des Erschlagenen spukte.

In den jüngsten Kriegszeiten wollte ein Trupp französischer Reiter das Örtchen plündern, da wurden sie von einem Knodener, Namens Rettig, so festgebannt, dass sie einen ganzen Tag lang im ärgsten Regen stillhalten mussten und sich nicht regen konnten. Als sie am Abend der Rettig wieder losband, machten sie, dass sie fortkamen. Ein Haupthexenmeister in Knoden war der Bitsch-Nickel. Zu dem sagte eines Tages der Pfarrer: »Hört mich, Bitsch-Nickel, ich bitte Euch um Eurer Seele willen, lasst doch ab von Eurem höllischen Treiben!«

Der Bitsch-Nickel aber erwiderte, die Zauberei säße in der Maus seiner Hand und wäre nicht mehr herauszuschaffen. Weil er nun ein schöner, großer Bursche war, wurde er von den Preußen für teures Handgeld angeworben und in eine Festung unter die Garnison gesteckt. Als es ihm nicht mehr gefiel, desertierte er eines Abends. Der Kommandant aber, der auch etwas von der Zauberei verstand, tat es ihm an, dass er nicht fort konnte. Nachdem er die ganze Nacht gelaufen, stand er morgens früh wieder vor der Festung. Er verkroch sich den Tag über unter einen Faschinenhaufen. Die zweite Nacht ging es ihm wieder so, in der dritten aber siegte seine Zauberei und er kam nach Knoden. Die Preußen schickten ihm einen Korporal mit sechs Mann nach, die baten den Grafen von Schönberg um die Erlaubnis, den Deserteur einzufangen. Der Graf ließ ihn zu sich kommen, hielt ihm sein Vergehen vor, sagte aber, er wolle die Preußen zurückschicken.

»Lasst sie nur kommen, Herr Graf!«, sprach der Bitsch-Nickel.

Als sie den Abend wirklich kamen und ihn aus dem Bett holten, steckte er sich seine Pfeife an und ging mit zum Tal hinunter, bis sie an den großen Felsen kamen, den man den Hochstein nennt.

Da sagte er ganz ruhig: »So, jetzt hab’ ich euch weit genug begleitet, ihr könnt hingehen, wo ihr hergekommen seid. Ich aber will wieder heim ins Bett!«

Somit kehrte er um, die Preußen aber mussten immer fortmarschieren und konnten nicht einmal den Kopf nach ihm umwenden.

Ein anderer Bauersmann in Knoden hatte ein Buch von der Knodener Kunst in der Stube auf dem Kammbrett liegen. Als er eines Tags im Feld war, kam ein Fremder in das Zimmer, nahm das Buch herunter und fing darin zu lesen an. Da kamen eine große Menge Raben geflogen, einer nach dem anderen zum Fenster herein, bis die ganze Stube voll war. Als aber der Bauer vom Feld aus die vielen Raben nach Hause fliegen sah, sprang er schnell nach Haus und hier sah er nun, was er angerichtet hatte. Rasch eilte er hinauf auf den Speicher, holte einen Kumpf Erbsen herunter und streute sie unter die Vögel. Dann nahm er dem anderen das Buch aus der Hand und fing an, alles, was derselbe gelesen hatte, wieder rückwärts zu lesen. Da flog ein Rabe nach dem anderen hinaus, bis alle fort waren.

Die Knodener Kunst soll hauptsächlich aus dem 5. und 7. Buch Moses herstammen.


Schwarze Kunst

Ein Bauer auf einem Hofe bei Darmstadt hatte einen Knecht, der fuhr eines Tages mit ihm in die Stadt. Unterwegs kamen sie an einen Wildzaun und sahen fünf Hirsche herumspringen. Das war nämlich in der guten alten Zeit, wo es noch lebendige Hirsche in den Wäldern gab. Jetzt sieht man nur noch ausgestopfte in Darmstadt im Schloss.

Der Knecht fragte: »Sollen wir uns nicht einen Hirsch mitnehmen?«

»Ja, können wir«, antwortete der Bauer. »Frag erst, ob die Hirsche stillhalten, bis du sie fängst.«

»Nun gut, wenn sie fett sind, lade ich einen auf«, sagte der Knecht und trat zu den Hirschen.

Da blieben die Tiere wie festgebannt stehen.

Der Knecht fühlte sie an und rief dem Bauern zu: »Nein, heute lass ich sie laufen, sie sind nur Haut und Knochen.«

»Du verstehst mehr als ich«, sagte der Bauer, als der Knecht zurückkam, aber der Mann schüttelte doch den Kopf dazu.

Zu Hause bat der Knecht abends den Schäfer, er möge bei ihm schlafen. Das geschah, aber der Schäfer schlief nicht, denn der Knecht war ihm unheimlich geworden durch das, was der Bauer beim Essen von den Hirschen erzählt hatte. Gegen zwölf Uhr klopfte es an die Tür des Stalles, worin sie schliefen. Sogleich sprang der Knecht aus dem Bett, öffnete die Tür ein wenig und warf einen seiner Stiefel hinaus. Dann legte er sich wieder nieder. Eine halbe Stunde darauf klopfte es abermals. Da warf der Knecht seinen anderen Stiefel hinaus und kroch wieder ins Bett. Gleich vor zwölf klopfte es zum dritten Mal. Da tat der Knecht einen tiefen Seufzer und ging selbst hinaus. Zugleich wurden die Pferde wild und stampften, als ob die Mahr sie ritte, sodass dem Schäfer die Haare zu Berge standen. Der Knecht kam dieses Mal nicht zurück. Morgens erzählte der Schäfer dem Bauern alles. Man suchte lange vergebens nach dem Knecht, bis man ihn endlich mit gebrochenem Genick in einem Weiher liegen fand.


Abwesender zitiert

Es lebte einst ein Graf von Erbach, der einen gar klugen Kanzleidirektor hatte. Derselbe vermaß sich eines Tages gegen seinen Herrn, dass er Tote und Lebendige herbeizuzitieren verstehe. Als ihn der Graf aufforderte, ihm eine Probe seiner Kunst abzulegen, sagte er, einen Toten wolle er nicht zitieren, weil das zu schrecklich sei, doch wenn er einen weit entfernten Freund oder Bekannten habe, den er einmal zu sehen wünsche, so wolle er ihn bald zur Stelle geschafft haben. Der Graf ließ alle Türen und Ausgänge des Schlosses besetzen, mit dem strengen Befehl, niemanden hinein passieren zu lassen, und teilte dann dem Kanzleidirektor mit, dass er seinen ehemaligen Jäger zu sehen wünsche, einen gar treuen, redlichen Menschen, der ihm lange und gut gedient habe und jetzt zweihundert Stunden von hier in Lothringen wohne. Der Kanzleidirektor bat den Grafen, sich in einen Kreis zu stellen, den er mit Kohle auf dem Fußboden gezogen hatte, und fing dann an, sein Wesen zu treiben. Plötzlich ging die Tür auf und der Jäger kam herein – nicht mit langsam abgemessenen geisterhaften Schritten, sondern rasch, munter und lebhaft, wie es von jeher seine Art gewesen war. Er machte dem Grafen die gebührende Reverenz und sagte, dass er sich sehr freue, seinen ehemaligen Herrn einmal wiederzusehen. Aber gerade diese anscheinend so natürliche Art der Erscheinung erfasste den Grafen mit eisigem Grauen, er erwiderte nichts und war totenbleich. Schnell fing der Kanzleidirektor wieder seine Künste an, der Jäger machte wieder seine Reverenz, empfahl sich gehorsamst und machte die Tür mit vielem Geräusch hinter sich zu. Am selben Tag noch schrieb der Graf nach Lothringen an seinen Jäger und fragte ihn, wie es ihm in der letzten Zeit ergangen sei. Sehr erfreut darüber, dass sein alter Herr sich seiner noch in Gnaden erinnere, erwiderte er, dass es ihm in der letzten Zeit, wie in jeder Beziehung so auch mit der Gesundheit, recht gut gegangen sei, nur an dem und dem Tag, zu der und der Stunde habe ihn mitten im Wald plötzlich eine so unerklärlich starke Schlafsucht befallen, dass er am Fuß eines Baumes umgesunken sei und allda eine Stunde lang bewusstlos gelegen habe. Wenn man nun weiß, dass der Jäger zehn Minuten lang beim Grafen war, so kann man demnach leicht ausrechnen, wie viel Zeit ein zitierter Geist braucht, um einen Weg von zweihundert Stunden zweimal zurückzulegen.

Der Kanzleidirektor durfte von der Zeit an zum Grafen nicht mehr ins Schloss kommen.


Der Wildfrevler

In der Umgebung von Biblis trieb sich einst ein berüchtigter alter Wilddieb umher, dem die Förster lang nachstellten, ohne ihn erwischen zu können. Das ging aber auch nicht mit rechten Dingen zu. Eines Abends hatten sich vier Jäger vorsichtig an ihn herangeschlichen, sodass sie nur noch ein paar Schritte von ihm entfernt waren und ihn sicher zu fassen vermeinten. Da verwandelte er sich plötzlich in einen Schneisenblock. Die Jäger glaubten, er sei dennoch entwischt, blieben ein paar Minuten am Schneisenblock stehen und berieten sich, in welcher Richtung der Wildschütz wohl zu verfolgen sei. Einer von ihnen benutzte die Zeit, um seine Pfeife an dem Pfahl auszuklopfen. Eben dieser Jäger ging am folgenden Tag allein durch den Wald.

Da begegnete ihm der Wilddieb, grüßte ihn freundlich und sprach: »Es war aber doch nicht recht von dir, dass du deine Pfeife an meiner Nase ausgeklopft hast. Sie tut mir heute noch weh davon.« Zugleich erinnerte er den Jäger an die Gespräche, die derselbe an dem Schneisenblock mit den anderen geführt hatte. Als er das hörte, lief der Jäger fort, so schnell ihn die Beine tragen wollten, denn er merkte jetzt, dass er es mit einem Hexenmeister zu tun hatte. Die Förster ließen aber den Wilddieb fortan in Ruhe, weil sie einsahen, dass sie ihm doch nichts anhaben konnten.


Drei Schüsse

Ein Bauer aus Kleinheubach, Georg Ludwig, ging eines Abends im Frühling zwischen 8 und 9 Uhr auf die Springwiese, um ein Reh zu schießen, schoss auch dreimal, konnte aber das Tier nicht treffen. Ärgerlich darüber wandte er sich heimwärts, als ihm plötzlich ein ihm unbekannter Mann, der wie ein Förster gekleidet war und eine graue Mütze trug, entgegen kam, ihn anredete und fragte, worauf er geschossen habe. Ludwig leugnete, überhaupt geschossen zu haben. Doch der Fremde sprach, da helfe kein Leugnen, denn er habe den Schuss gehört, und da er, Ludwig, ein so schlechter Schütze sei, wolle er ihn lehren, wie man alle Tage drei sichere und gewisse Schüsse tun könne. Das war Ludwig willkommen und er erklärte sich mit allem einverstanden, was der Fremde von ihm verlangen werde. Da gab dieser ihm eine Wurzel und forderte ihn auf, sofort mit ihm drei Schüsse zu tun. Georg fasste seine Büchse und schoss, und zwar das erste Mal nach der Sonne, das andere Mal gerade in die Höhe nach dem lieben Gott, das dritte Mal nach dem steinernen Bildstock am Steiner. Von dem Abend an trug Ludwig die Wurzel stets bei sich und hatte alle Tage drei gewisse Schüsse, nicht mehr, sodass er drei Rehe, Hasen, Enten, Feldhühner und andere Vögel, kurz was er antraf, wegschoss. Nachdem er die drei Schüsse getan, führte der Fremde ihn in einem Augenblick nach dem entlegenen Pfaffenbrunnen, taufte ihn in des Bösen Namen mit der linken Hand und nannte ihn Fritz Mückenwedel. Auch gab ihm der Fremde eine Buhle, welche ein grünes Röcklein trug und die ihm im Lachental am Röllbacher Brünnlein und anderswo oft ihre Gunst schenkte.

Als eines Tages mehrere Hexen beim Galgen verbrannt wurden und Ludwig im Vorübergehen die Knochen im Feuer liegen sah, da kamen ihm gute Gedanken. Aber im selben Augenblick riss ein Wind ihm unversehens den Hut hinterwärts vom Kopf auf den Boden, dessen er sehr erschrak und sich Gedanken machte, es möge dies wohl ein Vorzeichen seines Todes sein. Er wurde wahrscheinlich später in Kleinheubach verbrannt.


Das Zauberhorn

Es war einmal ein Landgraf von Hessen, der hatte einen Diener, der hieß Johann und verstand sich auf feine Künste, besonders was die Jagd betrifft. Er besaß nämlich ein wunderbares Horn, und wenn der Landgraf irgendein Wild schießen wollte, so brauchte er nur zu sagen »Johann, blas das Horn!« und hatte nicht einmal nötig, das Wild zu nennen. Sobald Johann blies, kam das Tier, welches der Landgraf sich wünschte und lief ihm in den Schuss.


Doktor Aphrasterus

Das war ein gescheiter Mann und der hatte seine Kunst auf folgende Weise gelernt. Er ging einmal im Wald herum, da hörte er unter einem Baum ein klägliches Wimmern und Stöhnen. Er sah nach, was das sein könne, fand aber nichts. Es schien ihm endlich, als komme die Stimme aus der Erde. Als er mit seinem Stock ein wenig stocherte, kam eine Flasche zum Vorschein, darin stöhnte es so sehr. Neugierig öffnete er sie, da zog ein weißer Rauch heraus, der wurde immer dichter.

Als er ganz heraus war, sprang aus dem Rauch ein riesiger Kerl, der rief: »Jetzt bist du mein!«

Der Doktor Aphrasterus ließ sich aber nicht irremachen, sondern sprach: »Jawohl, wenn du mich alle Zauberkunst lehren willst.«

»Da hast du sie«, rief der Kerl und warf ihm ein paar Zauberbücher vor die Füße.

»Du bist ein drolliger Kauz«, sagte der Doktor, »ich möchte nur wissen, wie du in die Flasche hast kommen können.«

»Hast ja gesehen, wie ich herauskam«, sprach der Kerl.

»Das warst du nicht, das war nur Dampf und Rauch«, sagte der Doktor.

»Will dir’s noch mal vormachen«, erwiderte der Kerl und wurde wieder zum Rauch, der in die Flasche schlupfte.

Da war der Doktor aber rasch bei der Hand, drückte den Stopfen auf die Flasche und vergrub sie so tief, als er nur graben konnte, kümmerte sich auch gar nicht darum, ob der Kerl dann schrie oder nicht. Dann packte er die Zauberbücher auf und ging nach Hause. Jetzt lernte er bald das Goldmachen, das Verwandeln und viele andere Dinge, die ihn zu einem reichen angesehenen Mann machten. Besonders aber wusste er jetzt eine Kunst, die war ihm vor allen lieb. Er konnte sich nämlich gegen alles Gift sichern und dadurch am Leben erhalten.

Er sagte selbst oft zu seinem Diener: »Es gibt nur ein Gift, welches mich töten kann, das ist das Magnetgift.«

So hatte er lang gelebt, da kam ein anderer berühmter Zauberer in die Stadt und mit dem geriet er in Streit.

Da suchte der Fremde ihn auf alle mögliche Art zu vergiften, aber Aphrasterus lachte dessen und trank und aß all das Gift, wie den besten Wein und Lebkuchen. Endlich, als nichts helfen wollte, brachte er ihm heimlich, und ohne dass der Doktor etwas merkte, das Magnetgift bei. Aphrasterus spürte dasselbe alsbald in seinen Eingeweiden. Er griff nach seiner Pistole, lud sie mit einer Kugel und schoss sie durch das Fenster ab. Als dann rief er seinen Diener und sprach: »Lauf schnell an das andere Ende der Stadt, wo der Zauberer wohnt und frage, wie es ihm geht.«

Der Diener eilte so schnell er konnte und brachte die Antwort zurück. Der Zauberer sei von einer Kugel getroffen gefunden worden, man wisse aber nicht, wer es getan habe.

»Ich will dir’s sagen, ich hab’s getan«, sprach Aphrasterus und gab dem Diener seine Zaubermixturen mit dem Befehl, sie in den Rhein zu werfen, denn er fühle sich seinem Ende nah.

Der Diener ging wohl an den Rhein, warf aber die Gläser nicht ins Wasser, sondern steckte sie in den Sack.

Als er wiederkam, fragte der Doktor: »Hast du sie ins Wasser geworfen?«

»Ja«, antwortete der Diener.

»Was hast du denn an dem Wasser bemerkt?«

»Nichts«, sagte der Diener.

»Willst du wohl schnell die Gläser ins Wasser werfen, oder willst du, dass ich dich erschieße, wie ich jenen Zauberer erschossen habe«, rief der Doktor im höchsten Zorn. Da lief der Diener, was er laufen konnte, an den Rhein und warf die Gläser in das Wasser, welches alsbald anfing, unruhig zu werden und gewaltige Wellen zu schlagen. Als er seinem Herrn dies hinterbrachte, lobte derselbe ihn und schenkte ihm so viel Geld, dass der Diener auf Lebenszeit genug daran hatte. Zwei Stunden später hatte Doktor Aphrasterus zu leben aufgehört.