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Brazilian Gangster – König der Unterwelt

Brazilian Gangster – König der Unterwelt
Originaltitel: Boca do Lixo
Kinoscopio, Brasilien, 2010
Sunfilm/Tiberius Film, München, Juni 2014
1 DVD im Amaray Case, Action, Crime, Thriller, ca. 98 Minuten, gesehen 06/2014 für 14,99 EUR, FSK: 16, Regie: Flavio Frederico, Drehbuch: Flavio Frederico & Mariana Pamplona, Darsteller: Daniel de Oliveira, Hermila Guedes, Jefferson Brasil, Milhem Cortaz
www.tiberiusfilm.de

Sao Paolo in den frühen 1960ern: Von frühester Jugend an zieht es Hiroito de Moraes Joanides (Daniel de Oliveira) in die Vergnügungsviertel der Stadt, wo er sich bald wohler fühlt, als in seinem Elternhaus, in dem sein Vater ein strenges Regiment führt. Seinen ersten Mord begeht Hiroito aus Notwehr, als er einer Prostituierten gegen einen allzu aufdringlichen Freier zu Hilfe kommt. Der Mord an seinem Vater konnte ihm nie nachgewiesen werden. Immer weiter dringt der gewaltbereite Hiroito mit zunehmendem Alter in die Strukturen der örtlichen Halbwelt ein, fungiert als Zuhälter und später auch als aufstrebender Drogenhändler. Hiroitos Weg nach oben führt indes zu Revierstreitigkeiten mit der Polizei und mit anderen Gangs und wird damit immer mehr zum lebensgefährlichen Spiel für sich selbst und für seine Familie.

Während seiner Haft schrieb Hiroito de Moraes Joanides seine Lebensgeschichte auf, die als Vorlage für Flavio Federicos Boca do Lixo diente und die Hiroitos Weg vom Schuljungen zum Gangsterboss über mehrere Jahrzehnte nachzeichnet. Was mit dem »deutschen« Titel Brazilian Gangster als anspruchsvolle Gangsterballade eingegeben wird, erweist sich mit zunehmender Laufzeit als episodenhaftes Drama ohne flüssige und schlüssige Handlung, das das Leben des »brasilianischen Paten« als Ansammlung von Stationen und Schlüsselmomenten beleuchtet, es jedoch versäumt, den Zuschauer auch auf die Seite der Figuren zu ziehen. Hiroito selbst wird durchgehend als selbstgefälliger Choleriker dargestellt, den lediglich seine Gier antreibt. Weitere Gründe für sein Handeln bleiben im Dunkeln. Klingt gefährlich, doch Hauptdarsteller Daniel de Oliveira wirkt insgesamt zu jugendlich und unerfahren (als würde John Leguizamo Buddy Holly spielen), um vollständig zu überzeugen. Schwer zu glauben, dass diesen anmaßenden Emporkömmling niemand in die Schranken weisen kann. Entsprechend distanziert verfolgt man das sprunghaft geschilderte Geschehen.

Die Vergleiche mit amerikanischen »Familien«-Filmen (Der Pate, Good Fellas), die der Coverslogan zieht sind dementsprechend reichlich hoch gegriffen, doch funktioniert Brazilian Gangster als exotische Variante eines Gangsterfilms, der das vorgezeichnete Geschehen vom nüchternen und oft bemühten New York in das heißblütigere Brasilien verlegt, hinreichend gut.

Womit Brazilian Gangster jedoch wirklich überzeugt – und hier greift der Vergleich mit Mad Men – ist die detailreiche und gewissenhafte Ausstattung (Requisiten, Kostüme), die im Zusammenspiel mit den eingesetzten Farb- und Kontrastfiltern pure Nostalgie verströmt. Nicht zuletzt sind auch die im Retro-Look ausgestatteten brasilianischen Darstellerinnen eine echte Augenweide.

Fazit:
Grandios ausgestattete südamerikanische Gangsterfilmvariante, die unter ihrer blassen Figurenzeichnung und einer episodenhaften Erzählweise leidet.

(eh)