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Rock-and-Roll-Zombies

»Das Mädchen war ein Zombie. Daran gab es keinen Zweifel. Keine Kannibalin, wie er zuerst gedacht hatte. Nein, sie war eine wandelnde, fleischfressende Leiche. Und sie trug ein katholisches Schulmädchen-Kostüm wie aus einem billigen Pornostreifen.«

Wayne glaubt sich verhört zu haben, als ihn seine Freundin Melissa mitten in der Nacht anruft und mit tränenerstickter Stimme fleht, sie abzuholen. Ihre Eltern haben Melissa in der MUSI, der »Musikalischen Umerziehungsanstalt Southern Illinois« – eingewiesen, um sie vom Metal zu heilen, zu »demetallisieren«, und ihre Seele vom bösen Anstrich dieser unheiligen Musik zu reinigen. Doch hinter den Mauern der MUSI findet weit mehr statt als nur Chorproben. Dass die Rektorin eine Lesbe mit Vorliebe für erzieherische S/M-Praktiken ist, deren Spiele gerne mal mit dem Tod der jungen Delinquentinnen enden, ist noch das geringste von Waynes Problemen, als er mit seinem Kumpel Steve in der Gewitternacht vor der MUSI vorfährt, um Melissa abzuholen.

Just in dieser Nacht geht nämlich aus nicht näher erklärten Gründen ein Komet nahe der Schule nieder, dessen Ausdünstungen alle Toten, die ihm zu nahe liegen in fleischfressende Zombies verwandelt. Wie zum Beispiel die beiden billigen Nutten, die Rektorin Huffington getötet hat und die nun über den Hausmeister/Totengräber und die Schüler der MUSI herfallen und so den Zombiekeim an ihre Opfer weitergeben. Bei ihrem Eintreffen sehen sich Wayne und Steve so einer ganzen Horde menschenfressender Untoter gegenüber.

»Das Zombiemädchen hörte auf, an seinen Gliedmaßen zu knabbern, und ein großer Klumpen – seine verstümmelten Finger – glitt langsam ihren Schlund hinab. Der Anblick erzeugte eine neuerliche Ekelattacke bei Everett. Ihm wurde bewusst, dass es sich möglicherweise um genau die Finger handelte, mit denen er in ihre Möse eingedrungen war. Das scheint fast eine Art ausgleichender Gerechtigkeit zu sein, wenn man es als Unbeteiligter betrachtete.«

Man merkt schon bald, dass Komplexität und Charakterentwicklung hier nicht gerade groß geschrieben werden. Dagegen bietet Bryan Smith mit seinen Rock-and-Roll-Zombies ein schnelles, schmutziges Vergnügen, das alle Ansätze von Tiefgang weiträumig umschifft. Rein, Mädchen retten, Zombies killen, raus, Ende.

Natürlich wartet heutzutage niemand mehr auf den nächsten großen Zombieroman, doch leider werden bei der straffen Gangart hier viele gute Ansätze verheizt. Am Ende erschöpfen sich auch die beworbenen »Anspielungen an die Popkultur der 70er und 80er« im Großen und Ganzen darin, dass die Kapitelnamen die Titel von Rockklassikern tragen.

Rock-and-Roll-Zombies erschien als Band 2 der Privatdruckreihe »Festa Extrem«, die außergewöhnlich harten und expliziten Titeln vorbehalten ist, die ohne ISBN ausschließlich direkt über den Verlag vertrieben wird. Allerdings ist schon weit härterer Stoff in der Horror TB-Reihe erschienen.

Der Roman ist eher eine Novelle, die durch die Aufbereitung ziemlich gestreckt wurde. Da für jedes der 22 Kapitel eine ganzseitige rechtsliegende Innengrafik spendiert wurde und auch die gegenüberliegende Seite teils leer ist, hat man dadurch schon mal 30 inhaltsleere Seiten. Das Ganze liest sich dann auch so fix, dass man das Buch in 2-3 Stunden durch hat.

Optisch und verarbeitungstechnisch gibt sich der Festa Verlag wieder keine Blöße. Das Coverbild von Dirk Baumert ist im Zusammenspiel mit dem Titellayout wieder ein echter Hingucker geworden und passt hervorragend zum Inhalt. Das Taschenbuch ist erstklassig verarbeitet und im Format der Festa Crime-Reihe (etwas größer als die Horror-Taschenbücher). Die exklusive Lederoptik komplettiert das hochwertige Erscheinungsbild.

Fazit:
Die Hardcoreversion der Rocky Horror Show. Abgefahren, schnell und blutig. Doch insgesamt zu oberflächlich, um wirklich zu begeistern. Oder um es – ganz im Sinne der Geschichte – mit David Bowies Worten zu sagen: »Wham Bam Thank-you, Ma‘am«.

Copyright © 2013 by Elmar Huber

 

Bryan Smith
Rock-and-Roll-Zombies
aus der Besserungsanstalt
Festa Extrem 2
Rock and Roll School
Reform Zombies, USA, 2010
Festa Verlag, Leipzig
März 2013
Taschenbuch, Horror
Cover in Lederoptik
192 Seiten, 12,80 Euro
keine ISBN
Aus dem Amerikanischen
von Alexander Rösch
Covermotiv von Dirk Baumert

www.festa-verlag.de
thehorrorofbryansmith.blogspot
www.duesterart.de