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Das Lächeln der Hölle

»Während der verstümmelte Halunke davon kroch, kniete ich weiterhin in einem Versteck und weinte und betete und starrte hinüber zu dem blutroten Sand auf Hargrimmsons Grab. Ja, ich weiß, es war nachts und im Mondlicht erkennt man kein Farben, doch ich schwöre beim allmächtigen Gott, dass ich das Rot von Olafsons uns Ansgars Blut ganz deutlich sah. Und dazu das unmenschliche Schmatzen und enttäuschet Zischen, das aus der Erde drang.«

(Das Lächeln der Hölle)

Das Lächeln der Hölle
Der Egomane Olaf Olafson beherrscht aufgrund seines weitreichenden Einflusses und seines rücksichtslosen Vorgehens die Gemeinde Thularstad. Er erwartet von den Einwohnern, dass man ihn respektvoll/unterwürfig behandelt. Der neu hinzugezogene Krister Hargrimmson ignoriert jedoch dieses unausgesprochene Gesetzt, was ihm Olafsons Zorn zuzieht. Als Hargrimmson Olafson noch bei der schönen Selma Lugast in die Quere kommt, sinnt dieser auf handfeste Rache, doch plötzlich findet sich Olafson ohne Erinnerung im Becken der örtlichen Kläranlage wieder. Der Pastor des Ortes entdeckt schließlich das Geheimnis von Hargrimmsons Macht.

In der Finsternis geduldig brütend
Seit jeher geht von der engen Wegstelle »Hades‘ Throat« ein unerklärliches Gefühl der Bedrohung aus. Soweit möglich meiden die Talbewohner diesen merkwürdigen Ort. Genau dort verschwindet der Motorradfahrer Hank Jeffreys. Der nachfolgende Suchtrupp macht eine verhängnisvolle Entdeckung.

Im Bann der roten Fliege
Seit Imogen die Leiche ihres ermordeten Freundes Frank – über und über bedeckt mit sich labenden Fliegen – gefunden hat, beherrscht sie ein regelrechter Hass auf die Insekten. Jede Fliege, die sie erschlägt, bestattet Sie in einem eigens einstudierten Ritual auf dem Fliegenfriedhof in ihrem Keller. Doch eines Tages erscheint in Imogens Haus eine fremdartige und ungewöhnlich große rote Fliege, und Imogen beginnt sich zu verändern.

»Eine kribbelnde Aufregung erfasste mich, während ich Imogen in die Kühle des Kellergeschosses folgte. Das Jugendstilhaus mit seinen mächtigen Buntsandsteinmauern, verborgen in einem sorgfältig gepflegten Gartengrundstück, war ein idealer Schauplatz für das, was wir nun einmal wieder veranstalten würden. Nur Imogen und ich wussten, was im Keller auf uns wartete. Ich fröstelte in dem blauen Sommerkleid. Das war mir egal. Das Begräbnisritual ließ ich mir nie entgehen.«

(Im Bann der roten Fliege)

Das Lächeln der Hölle enthält drei – in ihrer Thematik – äußerst unzeitgemäße Erzählungen, die mit ihrer ernsthaft dargebrachten Skurrilität an die Geschichten von Gustav Meyrink erinnern. Am ehesten durchschaubar ist hier noch In der Finsternis geduldig brütend, dass mit seiner unter den Straßenbelag lauernden Kreatur leichte lovecraftsche Züge aufweist, jedoch vor allem an dessen Epigonen erinnert. Doch Berminé bringt hier Elemente mit ins Spiel, die zwar für das grundsätzliche Funktionieren der Geschichte nicht notwendig gewesen wäre, die der an sich total unoriginellen Geschichte allerdings einen überraschend moralisch ambivalente Drive mitgeben. Es handelt sich konkret um den vermeintlich aufrechten Groschenromanpolizisten, der jedoch insgeheim davon träumt, einer Zeugin nach Feierabend die zuvor konfiszierten KO-Tropfen zu verabreichen, um sie sexuell gefügig zu machen.
Das Lächeln der Hölle
und Im Bann der roten Fliege dagegen sind schon thematisch alles andere als vorhersehbar. Der Autor schüttelt hier gänzlich neue Ideen aus dem Ärmel, die er auch noch formal recht experimentell präsentiert. (Keine Angst, man kann trotzdem gut folgen.) In beiden Storys wird die narrative Struktur bewusst aufgebrochen. Immer neue Enthüllungen und Blickwinkel sorgen dafür, dass man die Handlung stets in einem neuen Licht betrachten muss.
Und auch hier weisen die Figuren eine angenehme Ambivalenz auf.

Was Hr. Berminé also hier vorlegt, zeugt von einem planvollen Handwerker, der es versteht, seine ohnehin originellen Geschichten auch noch formal gekonnt aufzubrechen und damit ein unvorhersehbares Leseerlebnis zu bieten. Damit spielt Michael Berminé ein gutes Stück über dem Gros der bekannten Hobbyschreiberliga. Umso verwunderlicher ist, dass der Mann auch unter Phantastikfans offenbar nahezu unbekannt ist. Unter dem Namen Michael Berminé liegen bisher Das Lächeln der Hölle und Beelzebubs Brut vor; als Lord Vulthar hat der Autor Blut für Zorphollus (alle BOD) verfasst.

Auch das Covermotiv (ich vermute eine stark verfremdete Fotografie) mit dem Titel Durch abrupt einsetzende Schmerzen grotesk verfärbter Anblick des nächtlichen Friedhofs von T. ist von Michael Berminé selbst und funktioniert hier sehr gut. Allenfalls das ungewöhnliche Format des Buches – mit 17×22 cm fast quadratisch – ist unglücklich gewählt. Nicht umsonst herrscht ein weitgehend übliches Maß von 12 cm Breite bei Taschenbüchern, da so die gesamte Satzlänge mit einem Blick zu erfassen ist, was die Lesbarkeit deutlich erhöht.

Fazit:
Formal überraschende, unzeitgemäße und verstörende Horrorgeschichten, die diese Bezeichnung auch verdienen. Leider in einem unglückliche gewählten Buchformat.

Copyright © 2013 by Elmar Huber

Michael Berminé
Das Lächeln der Hölle
Taschenbuch, Horrorgeschichten
Books on Demand, Norderstedt
Mai 2012
68 Seiten, 4,99 Euro
ISBN: 9783848204410

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