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Das Geheimnis des weissen Bandes

London 1890

Sherlock Holmes und Dr. Watson erhalten Besuch von dem wohlhabenden Galeristen Mr. Edmund Carstairs, der sich seit geraumer Zeit von einem Mann mit Schiebermütze verfolgt sieht. Diesen identifiziert er rasch als Keelan O’Donaghue, einziger Überlebender der sogenannten Flat Cap Gang, die sich in Boston, Amerika, einige wertvolle Gemälde unter den Nagel reißen wollte. Dank der Detektei Pinkerton und der Mithilfe von Edmund Carstairs konnte die Bande unschädlich gemacht werden – bis eben auf Keelan O’Donaghue. Um Keelan ausfindig zu machen, setzt Sherlock Holmes die Baker Street Irregulars, eine Bande von Straßenjungen, auf die Spur des amerikanischen Gangsters an. Die Kinder führen Holmes zu einem Hotel, in dem Keelan gesehen wurde. Doch kurz darauf wird dieser erstochen aufgefunden und einer der Straßenjungs ist spurlos verschwunden. Wenig später wird seine zerschlagenen Leiche entdeckt. Für Holmes steht fest, dass der Fall größere Dimensionen besitzt, als selbst er zunächst angenommen hat. Denn bei der Leiche des toten Jungen findet Holmes ein weißes Band, und als er seinen Bruder Mycroft um Hilfe bittet, beschwört dieser den Detektiv, die Finger von dem Fall zu lassen, der seine Fähigkeiten überschreiten würde. Aber Sherlock Holmes lässt sich nicht beirren und gerät schließlich selbst unter Mordverdacht …

Als der Roman des Engländers Anthony Horowitz erschien und als »Der neue Sherlock Holmes« angepriesen wurde, waren Leser, Kritiker und vor allen Dingen Holmesianer völlig aus dem Häuschen. Angesichts der mannigfaltigen Berichterstattung in den Medien hätte man meinen können, dass es seit Sir Arthur Conan Doyle keinen weiteren Holmes-Roman gegeben hätte. Doch weit gefehlt, denn seitdem die Rechte an der Figur freigegeben sind, erschienen stetig neue Werke mit dem berühmten Detektiv aus der Baker Street und seinem treuen Adlatus Dr. John H. Watson. Und ein Ende ist nicht abzusehen. Tatsächlich bildet Horowitz’ Werk lediglich eines unter vielen, aber zugegebenermaßen ein sehr bedeutendes und bemerkenswertes. Wie Holmes so lebt auch Horowitz mit seiner Familie in London und ist dadurch also ständig im Revier des Detektivs unterwegs. Dadurch wurde dem Autor die Möglichkeit gegeben die Lokalitäten gewissenhaft und vor Ort zu recherchieren, wodurch die Geschichte einen authentischen Anstrich erhält. Der Pub Bag O Nails ist tatsächlich auch heute noch ein echter Touristenmagnet. Um einen anerkannten Holmes-Roman zu schreiben, bedarf es jedoch weitaus mehr, als ein authentisches Ambiente. Neben einer raffinierten Story leben die Geschichten in erster Linie von den Charakteren. In beiden Fällen hat Anthony Horowitz hervorragende Arbeit geleistet. Der Fall birgt selbst für Holmes einige knifflige Rätsel und doch fügt sich am Ende alles wunderbar harmonisch zusammen. So wie es auch bei Doyle häufig der Fall war, beginnt die eigentliche Affäre in Amerika, um in London schließlich ihren dramatischen Höhepunkt zu erreichen. Um den heutigen Leser jedoch zu fesseln und bei der Stange zu halten, bedarf es einiges mehr, als einen einfachen klassischen Kriminalfall zu schildern. So gerät Holmes sogar selbst unter Mordverdacht, nachdem er die Warnungen seines Bruders Mycroft in den Wind geschlagen hat. Um dem Fall Herr zu werden, muss der Detektiv sämtliche Register seines Könnens ziehen und bedient sich dabei nicht nur der Wissenschaft der Deduktion, sondern auch seines schauspielerischen Talents und seiner beeindruckenden Fähigkeit sich zu verkleiden. Sollte dies allein die Herzen der Holmesianer nicht höher schlagen lassen, so tun es gewiss die vielen kleinen und großen Auftritte bekannter Figuren des Kanons, wie das Werk von Sir Arthur Conan Doyle gerne genannt wird. Neben Dr. Watson und der Haushälterin Mrs. Hudson gibt es ein Wiedersehen mit den Baker Street Irregulars, Holmes’ stattlichem Bruder Mycroft und natürlich Inspektor Lestrade. Um seinem Freund zu helfen, begegnet Watson sogar einer Figur, die erst ein Jahr später öffentlich in Erscheinung treten sollte. Laut Doyle nämlich im Mai 1891. Um Holmes zu schützen, muss Watson über diese Begegnung Stillschweigen bewahren, was seine Unkenntnis in der klassischen Erzählung Das letzte Problem erklärt. Ein kleiner Geniestreich von Horowitz, der den Holmesianern und allen Freunden klassischer Kriminalliteratur mit diesem Werk ein echtes Geschenk gemacht hat. Natürlich ließ die Hörbuch-Version nicht lange auf sich warten und schließlich veröffentlichte der Jumbo-Verlag den Roman in seinem Erwachsenenlabel GoyaLit. Als Sprecher konnte Johannes Steck gewonnen werden, dessen unverkennbare, markante Stimme die Figuren zum Leben erweckt. Tatsächlich gelingt ihm mit der Interpretation des Romans eine großartige Darbietung des Textes und macht das Hörbuch somit auch für die Leser des Buches interessant.

Die Aufmachung des Hörbuchs orientiert sich an der minimalistischen Gestaltung der Ausgabe des Insel Verlags. Im beiliegenden Booklet findet der Hörer Fotos und Vitae des Autors Anthony Horowitz und des Sprechers Johannes Steck, sowie eine ausführliche Trackliste nebst Zeitangaben und einem Personenregister der mitwirkenden Figuren.

Fazit:
Sherlock Holmes lebt! Anthony Horowitz liefert mit dem vorliegenden Roman einen klassischen Fall im Stil von Sir Arthur Conan Doyle ab und begeistert die Holmes-Fans mit Cameo-Auftritten beliebter Figuren des Kanons. Gelesen wird das Hörbuch von Johannes Steck, der den Figuren mit seiner unnachahmlichen Schauspielkunst Leben einhaucht.

Copyright © 2012 by Florian Hilleberg

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Anthony Horowitz
Das Geheimnis des weissen
Bandes
Jumbo (Goya Lit), Hamburg
2012
Krimi, Hörbuch
4 Audio-CD,
309 Minuten, 19,99 Euro
ISBN: 9783833728686
Aus dem Englischen
von Lutz-W. Wolff
Titelgestaltung
von Louise Heymans

www.jumboverlag.de