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Der vielförmige Hintzelmann – Vorrede

Der vielförmige Hintzelmann
oder: Umständliche und merkwürdige Erzählung von einem Geist,
so sich im Haus Hudemühlen und danach zu Estrup im Land Lüneburg unter vielfältigen Gestalten und wunderlicher Veränderung durch göttlicher Providenz sehen lassen und sich bald freundlich und familiär, bald aber schädlich und gefährlich erwiesen.
Aus bisher noch niemals gedruckten Nachrichten kolligiert und ihrer Kuriosität halber zum Druck befördert und mit unterschiedlichen Historien von Erscheinungen und Gespenstern vermehrt und durch Kupfer vorgestellt.
Leipzig. Anno 1704

Vorrede

Nachdem wir hier eine Erzählung über einen Geist oder ein Gespenst, das sich vor Zeiten sehen ließ und ein vornehmes Haus unsicher machte, anführen, so ist kein Zweifel, dass sich verschiedene finden werden, die ein solches Werk als eine Fabel verlachen und sich einbilden werden, alle dergleichen Erzählungen kämen aus der Einbildungskraft alter Weiber. Ebenso wie diese Leute sich dabei eine besondere Klugheit einbilden, weil sie etwas erfunden haben, das von der alten Meinung abweicht, halten sie diejenigen für einfältig, die bei der alten Meinung bleiben, anstatt ihren neu geborenen Irrtümern Beifall zu zollen. Sie denken, dass es einem gescheiten Mann schimpflich sei, bei einer Meinung zu bleiben, die ohne Unterschied Platz gefunden hat, aber von dem einen oder anderen simplen Erzähler einen Zusatz bekommen hat. Ihnen erscheint die Singularität als Klugheit und sie meinen, etwas Großes geleistet zu haben, wenn sie etwas Neues vorschlagen. Ja, einige sind mit dieser Meinung so weit gegangen, dass sie sie nicht nur für sich behalten, sondern auch in öffentlichen Schriften verbreiten. Dabei sind sie so weit gegangen, dass sie alle anderen, sowohl alte als auch neue Skribenten, für unglaubhafte Geschichtsschreiber halten, selbst wenn es noch so viele wären, und sie für dumm und albern halten, dass sie solchen Fabeln glauben könnten.

Aus welchen Ursachen sie nun behaupten können, dass man ihrem bloßen Regieren mehr Glauben schenken solle als der Erzählung vieler angesehener Leute mit allen Umständen und wahrscheinlichen Gründen, hat bis dato noch niemand begreifen können. Unterdessen ist die Meinung, die Gespenster zu verleugnen, nicht erst jetzt aufgekommen, sondern wurde bereits zuvor von verschiedenen Personen vertreten. Renatus Cartesius hat bereits zu seiner Zeit die Gespenster für lauter Wirkungen einer starken Fantasie gehalten. Hieronymus Lardanus glaubte ebenfalls daran und war der Meinung, dass, wenn jemand von Gespenstern etwas sagte, dies entweder einer besonderen Gewalt und Beschaffenheit der Luft oder einem natürlichen Tier, das ein Geräusch erzeugt, oder der furchtsamen und melancholischen Einbildung zuzuschreiben sei. Benedictus Spinosa folgte dieser Meinung und da er sonst alles, was er nicht mit Händen greifen oder mit Augen leibhaftig sehen konnte, für nichts hielt und verlachte, glaubte er auch nicht an Gespenster und deren Existenz, sondern hielt diejenigen für närrisch, die sich das einbildeten. Unter den Alten hat auch Plutarchus solches geglaubt, der an anderer Stelle schreibt: »Man würde niemals einen beständigen und klugen Mann finden, der sagt, dass er ein Gespenst oder Nachtgesicht gesehen hat, sondern Kinder, alte Frauen und Wahnsinnige lassen sich von einer ungereimten Geschichte ein solches Bild machen.« Strabo hält die Geister für erdichtete Larven und der berühmte Jurist Tiraquellus schreibt in seinem Buch Semestria in Genialium dierum, dass er alles, was von den Geschichtsschreibern über Gespenster und Erscheinungen gesagt wird, für Träumerei hält. Der Bekannteste, der diese Meinung zu unseren Zeiten verfochten hat, ist Dr. Balthasar Bekker, der in seiner Bezauberten Welt zu beweisen versucht, dass es keine Gespenster, keine Wahrsagerei und keine Besessenheit gibt, die vom Teufel herrühren, sondern dass es sich dabei um einfältige Fabeln handelt.

Die vornehmsten Beweis gründe darauf diese fantastische Meinung gebaut ist, besteht darin, dass sie sa­gen: Ich habe noch niemals ein Gespenst gesehen, darum will ich auch keines glauben. Allein was solches für ein elender Behelf sei, kann auch der Allereinfäl­tigste leicht begreifen. Denn auf gleiche Masse hat kein einziger Mensch zum we­nigsten zu unseren Zeiten Gott mit Augen gesehen. Ergo müsse auch kein Mensch Gott zu glauben schuldig sein. Und wenn man alle Glaubensartikel nur an seine äußeren Sinne binden wollte, also wenn ich nichts für wahr halten würde, was mir nicht vor Augen und in die Hände gelegt werden kann, so wäre der christliche Glaube in seinen meisten Stücken schon über den Haufen geworfen. Denn dieser besteht meist aus Dingen, die nicht allein die äußeren Sinne, sondern auch die verderbte Vernunft erreichen können. Wer dieser Meinung anhängen will, muss notwendigerweise die Lehren der christlichen Religion verdrehen und verkehren. Nach und nach wird er sich dann auch gewöhnen, von der göttlichen Wahrheit nichts weiter zu glauben, als was er entweder mit den Augen sehen oder umständlich begreifen kann. Viele verständige Männer haben deshalb dafür gehalten, dass das Nichtglauben an Gespenster der nächste Grad zum Atheismus sei. Die Spötterei derjenigen ist daher eine schlechte Entschuldigung, wenn sie sagen, man solle sie nicht Atheisten, sondern Eudämonisten nennen.

Ein weiterer Beweis, mit dem die Erscheinungen des Teufels und das Wesen der Gespenster widerlegt werden sollen, ist, dass die Antagonisten vorgeben, es sei unmöglich, dass ein Geist einen sichtbaren Körper annehme, mittels desselben erscheine oder einem verwesten Leichnam die Bewegung gebe. Dies hat eben das Ansehen und ist ebenso lächerlich, als wenn ein unverständiger Mensch vorgeben wollte, es sei unmöglich, dass man durch ein Instrument die Luft aus einem Gefäß herausziehen oder eine Taschenuhr, die sich selbst aufzieht, herstellen könne, weil er nicht begreifen könne, wie es zugehe. Denn man würde ihm antworten, es sei der Mangel nicht an der Sache selbst, sondern an seinem schlecht bestelltem Verstand, und gebe der Augenschein eine deutliche Widerlegung, als hundert Rationes nicht tun könnten. Man kann gern zugeben, dass diese Leute sich die Art und Weise, wie der höllische Geist eine Gestalt präsentiert, dann wieder fallen lässt und verschwindet, nicht begreifen können, weil der Satan in dergleichen Künsten zweifelsfrei klüger ist als sie. Allein, dass deswegen die Annahme solcher Gestalten unmöglich sein sollte, werden sie niemandem beweisen. Die meisten natürlichen Dinge und Wirkungen sind von solcher Art, dass man deren Beschaffenheit außer einer wahrscheinlichen Vermutung nicht bestimmen kann. Dazu gehören die Flut und Ebbe des Meeres, die Natur des Magneten, ja auch viel schlechtere Dinge als die Bewegung eines aus der Hand geworfenen Steins usw. durch so komplizierte und sich gegenseitig ausschließende Weise von den Naturforschern erklärt werden, dass daraus deutlich abzunehmen ist, dass sie nichts Gewisses davon wissen, als dass es ungewiss ist. Wer nun deswegen alle solche Wirkungen der Natur für unmöglich hält, der würde nichts anderes tun, als sich bei verständigen Leuten lächerlich machen und seinen Unverstand offenbaren. Allein dem Satan sind die Eigenschaften der natürlichen Dinge so wohlbekannt, dass er leicht aus der Lust und anderen Elementen eine solche Gestalt zusammensetzen oder auch einen entseelten Körper bewegen und sich mit derselben Gestalt präsentieren kann. Was er aber aus luftigen Partikeln zusammengesetzt hat, kann er nachher wieder zertrennen und unsichtbar machen.

Was zum dritten zur Leugnung der Gespenster angeführt wird, ist Folgendes: Man hat oft gesehen, wie furchtsame Leute durch einen falschen Schein betrogen wurden, sodass sie beispielsweise ein Stück Holz in der Finsternis für ein Gespenst hielten oder das Geräusch einer Katze oder Maus für das Getümmel eines Poltergeistes hielten. Auch wenn es in einigen Fällen vorgekommen sein mag, wäre es doch ein ungereimter Schluss, deswegen alle übrigen Erzählungen und den historischen Glauben gänzlich zu verwerfen. Es findet sich in ein und anderen Geschichtsschreiber zwar eine Fabel mit ausgezeichnet, deswegen aber wird seine ganze Historie von verständigen Leuten nicht verworfen, sondern was mit dem Zeugnis anderer Schriftsteller und der allgemeinen Approbation übereinstimmt, wird billig als eine wahre Erzählung angenommen, ob es gleich von einem oder anderen eigensinnigen Kopf wider die Vernunft geleugnet wird. Dass die Gespenster wirklich sind, ist anfangs aus der Heiligen Schrift zu erweisen, die an unterschiedlichen Stellen von den Erscheinungen des Teufels gedenkt und sie bezeugt. Das vornehmste Zeugnis ist, da Christus selbst von dem Teufel in die Wüste geführt und versucht wurde. Obgleich dieser Spruch sonnenklar ist, versucht Doktor Bekker, ihn zu verdunkeln, indem er vorgibt, es sei dem Herrn Christo nur in seinen Gedanken oder im Traum vorgekommen. Wer aber die Worte der Schrift: Der Versucher trat zu ihm. Da verließ ihn der Teufel, bedenkt, wird nicht anders sagen, als dass dieses eine elende Phantasterei sei, zumal auch nicht glauben, dass der Satan über den hochgelobten Erlöser so viel Macht haben soll, dass er dessen Gedanken und Worte steuern kann. Ein anderer, der dieser Meinung beipflichtet, gibt vor, es könne wohl ein feindseliger Mensch gewesen sein, der Christus auf diese Weise versucht hat. Allein wie ein solcher Mensch Christus auf die Zinne des Tempels führen konnte und ob die Schrift einen solchen Menschen einen Teufel nennen würde, hat er noch nicht erklärt.

Andererseits werden Gespenster aus der Erfahrung erwiesen, indem so viele ansehnliche und glaubhafte Leute, darunter auch Personen vornehmer Stände, welche nicht den geringsten Nutzen, Vorteil oder Ergötzung an Erdichtung solcher Sachen haben können, sondern sonst in allen Dingen als anständig, wahrhaftig und glaubwürdig befunden worden sind, anzutreffen sind, welche Gespenster selbst gesehen und solches entweder mündlich oder schriftlich hinterlassen und erzählt haben.

Egal, ob man ihnen in anderen Stücken Glauben beimisst, wenn sie eine Begebenheit erzählen oder schriftlich verfassen: Warum sollte man ihnen hierin nicht eben das zutrauen? Wir finden dabei so viele Umstände und merkwürdige Beschaffenheiten, dass dieselbe unmöglich ausgedacht oder erfunden sein kann, zumal die Welt heutzutage so verschlagen ist, dass es ein Wunder wäre, wenn die Erzähler in ihren Umständen, wenn die ganze Sache erfunden wäre, nicht irgendwann einen Fehler machen und somit die Unwahrheit preisgeben würden. Außerdem ist die Tradition von den Gespenstern so lange Zeit von vernünftigen Leuten für wahr gehalten und die davon vorhandenen Erzählungen für gültig hingenommen worden, was unmöglich geschehen kann, wenn das ganze Werk auf Lügen beruht, zumal die Erfahrung ausweist, dass, wenn in Historienschriften jemand mit fingierten Geschichten aufgezogen kommt, sich bald so viele Widersacher gegen ihn finden, dass die Fiktionen durch allgemeinen Konsens verworfen und nicht geglaubt werden. Dahingegen hat sich in dieser Sache gegen die allgemeine Einstimmung kaum ein Widersacher gefunden, der sich mit seinen absurden Argumenten mehr der Lächerlichkeit preisgegeben als Beifall verdient hat.

Der dritte Beweis ist die Zauberei und leibliche Besitznahme. Denn wenn der Teufel durch seine lieben Getreuen, die Hexen und Unholden, so viele verwunderliche Wirkungen verrichtet, sich auf geschehenes Beschweren persönlich darstellt, auf die vorgelegten Fragen Rede und Antwort gibt, und wenn er in den Besessenen erschrecklicher Weise wütet, ihre Glieder wider ihren Willen bewegt, mit fremden Sprachen aus ihnen redet, wie sollte er nicht auch gespenstweise tumultieren, eine Gestalt zeigen und mehrere Verrichtungen auswürgen können, da sonst jenes so wenig als dieses von der Vernunft kann

begriffen werden. Die nächtlichen Erscheinungen des Satans, bei denen er sich in den Zauberversammlungen bald in Bocks-, bald in anderer scheußlicher Gestalt zeigt, sind nichts anderes als gespenstische Erscheinungen, bei denen der Teufel eine sichtbare Gestalt annimmt und sich in derselben darstellt. Nun haben aber so viele Zauberinnen in und außer der Tortur bekannt bzw. gestanden, dass sie solche Gestalten mit eigenen Augen gesehen haben. Auch haben sie dieses Bekenntnis mit dem Tod bestätigt. Ich sehe nicht, wie dies geleugnet werden kann. Zumindest müssten viel stärkere Gründe angeführt werden, die mich des Gegenteils überzeugen sollen. Gegen dieses Argument werden sich vielleicht noch mehr Widersacher finden, die an das Zauberwesen nicht glauben, es aber so beschreiben, dass man anschließend nicht weiß, was man davon halten soll. Der Vornehmste, der sich des Hexengeschmeißes treulich angenommen hat, ist Weyer. In seinem Buch Prästigiis Dämonum deutet er alles, was von Zauberern zuvor gesagt und geglaubt wurde, so aus, dass man vielmehr Mitleid mit ihnen haben soll, als sie zu bestrafen. Diesem sind andere nachgefolgt, darunter auch der oben erwähnte Doktor Bekker, der, da er die Wirkungen des Teufels überall geleugnet hat, notwendigerweise auch die Zauberei verwerfen musste.

Dass auch Jureurs, die ihr Urteil nach den Gesetzen der höchsten Gewalt richten sollen, dieser Meinung beipflichten, wird manchen wundern, zumal von dem glorwürdigsten Kaiser Karl V. in seiner peinlichen Halsgerichtsordnung Art. 109 den Zauberern ausdrücklich die Lebensstraße zum Ausgleich angesetzt ist. Wenn wir nun gleich außer Acht lassen, dass einem, der sowohl von den Gesetzen als auch nach denselben zu judizieren zusteht, so sind dennoch auch die gegen die Zauberei vorgebrachten Argumente so beschaffen, dass sie viel zu schwach sind, um das schändliche Laster der Zauberei zu verteidigen oder zu entschuldigen. Die Heilige Schrift erwähnt ausdrücklich die Zauberei, Wahrsager und Traumdeuter und fügt hinzu, dass sie getötet werden sollen. Allein hiervon sagen die Widersacher, dass sich das nicht reime, denn was diese getan, sei durch einen künstlichen Betrug oder durch geheime Naturmittel verrichtet worden. Allein solches wird zwar gesagt, aber nicht bewiesen. Wer glaubt schon, dass all die vielfältigen Verrichtungen der Zauberer, wie zum Beispiel die Weissagung zukünftiger Dinge in der Kristallkugel, das Erregen von Unwettern oder das Zaubern von Eiern, Haaren und dergleichen mitten ins Fleisch, durch einen künstlichen Betrug geschehen könnten? Sollte man nicht endlich die Art des Betrugs entdecken, oder ist es bis zum menschlichen Verstand verborgen geblieben? Dass aber die einfältigen alten Weiber in der Physik so hoch sollen erfahren sein, dass sie durch geheime Naturmittel dasjenige zu verrichten sollen geschickt sein, was auch die alten subtilen Naturverständigen nicht können zuwege bringen, wird sich noch unglaublicher, wenn nicht eine höhere Macht hinzu käme, die das Spiel führte. Die Praxis der jüdischen Kirche bezeugt, dass Saul alle Zauberer und Zeichendeuter Gesetze im beständigen Wirken gehalten worden. Und es hindert nichts, was dagegen entgegengestellt wird, dass es bewiesen werden muss, dass eine teuflische Magie sei, ehe man von derselben Strafe redet: Denn wenn das Erste, dass nämlich solch ein Laster, welches den Tod verdient habe, nachgegeben wird, nachgegeben wird, das andere daraus von selbst abzunehmen. Denn ob dort nicht ausdrücklich teuflische Abgötterei erwähnt wird, so ist es doch m. E. hernach der christlichen Kirchen also erklärt und beständig geglaubt worden. Dass aber eine abgöttische Zauberei sein sollte, worauf dieser Ort angewendet werden könnte, findet sich eben wenig, denn die Abgötterei ist ein Laster, wodurch dasjenige vor Gott gemacht wird, welches nicht Gott ist. Die genannte Zauberei ist ein Bündnis mit dem Teufel und die daraus folgenden Beschwörungen, Schädigungen von Menschen und Vieh.

Dabei zeigen die vielfältigen Bekenntnisse des Zaubergesindels, dass ein Bündnis mit dem Teufel und die Absagung Gottes wirklich von ihnen verübt werde. Wenn nun all dies nur Einbildung wäre, würden ja so viele, die dieses Laster bezichtigt werden, es nicht durch ihr Bekenntnis bestätigen, sondern sich schließlich welche finden, die beständig aussagen, dass ein solches Bündnis unmöglich sei. Hiergegen wird jedoch eingewandt, dass solche Erzählungen zum Teil aus den Klöstern stammen, zum Teil von melancholischen Leuten, die aus unzeitigen Verdacht eingesetzt werden, und zum Teil aus der Folter, durch die die armen Leute grausam gezwungen werden, alles zu sagen, was sie nicht getan haben. Wenn wir jedoch alles ohne Unterschied verwerfen wollen, was die Mönche geschrieben haben, so müssen wir die gesamte Historiam Caroli M. und seiner Nachfolger, welche aus den Klöstern stammen, als lügenhaft verwerfen, was die Gegner jedoch nicht tun werden. Die Effekte der Melancholie können niemals so weit ausgedehnt werden, dass sie auch anderen schaden und ihnen Kröten, Stecknadeln und Eierschalen in den Leib zaubern, wie der bei Verhexungen oft gefundene und von glaubhaften Richtern beschriebene Corpus Delicti beweisen. Aus diesen und vielen anderen Effekten erhellt zur Genüge, dass die Zauberei keine bloße Einbildung ist und somit nichtig, wenn man sagt: Man solle solchen albernen Träumen nicht glauben, wenn zum Beispiel eine Zauberin bekennte, sie sei im Himmel gewesen, habe mit St. Petro getanzt oder bei seinen Jagdhunden geschlafen habe, denn man wird unter diesen Aussagen und deren Umständen einen vernünftigen Unterschied machen, welche der Wahrheit ähnlich oder nicht ähnlich sind, oder wovon sich ein augenscheinlicher Effekt findet oder nicht. Dies war nämlich bei den Bündnissen mit dem Satan manches Mal zu sehen, dass derselbe eine mit Blut geschriebene Handschrift wieder zurückgeben musste. Die Marter der Peinigung macht es bei den Hexenbekenntnissen nicht allemal aus, denn oft haben auch etliche freiwillig und ungezwungen ihre Bosheit gestanden. Wenn aber das gegenseitige Argument gelten sollte, könnte ich auf gleiche Weise argumentieren, es gebe kein Laster der Blutschande oder des Vatermords, weil solche schweren Verbrechen meist durch die Folter herausgezwungen werden müssen.

Weiter wird gegen die Zauberei argumentiert: Wenn der Teufel niemals einen Leib angenommen hat und auch nicht annehmen kann, so kann er auch kein Bündnis mit den Zauberern schließen, sich auch nicht zur Wollust gebrauchen lassen etc. Solches ist eben das, was noch zweifelhaft ist und erst bewiesen werden muss. Denn wer beurteilen will, was dem Teufel möglich ist oder nicht, der muss klüger sein als der Teufel selbst, gleichwie einer, der von einer Künstlerarbeit ein Urteil geben will, was der Meister machen könne oder nicht, notwendigerweise dieses Metier besser oder eben so gut verstehen muss als der Künstler selbst. Nun aber wird sich kein Mensch eines solchen subtilen Verstandes rühmen können, wie wir ihn bei einem Geist antreffen.

Noch weniger kann der Spruch Christi »Ein Geist hat weder Fleisch noch Bein« hier etwas Schlüssiges beweisen, weil er von der natürlichen oder eigenen Beschaffenheit der Geister redet. Und dass der Satan natürliches Fleisch, Adern und Knochen an sich nimmt, hat noch niemand behauptet, sondern nur, dass er den Augen eine solche Illusion vorwirft, die einem Leib ähnelt.

Wenn auch gleich der Teufel die Ordnung der Natur nicht aufheben noch hemmen kann, so kann er doch vieles nach der Natur verrichten, was wir Menschen nicht verstehen können. Ob er das, was sich natürlicherweise ereignen würde, durch Gottes Zulassung nicht verhindern kann, steht dahin.

Die Macht und Ohnmacht des Teufels hängen eng zusammen, denn wenn ihm der Zügel weit gelassen wird, entweder durch Versehen der Menschen oder durch Gottes Gnade, hat er genug Macht, das unterst zuoberst zu kehren. Wenn aber die göttliche Aufsicht ihm Einhalt tut, ist seine Gewalt nichts wert.

Ob bei dem Bündnis der Zauberer mit dem Teufel ein Nutzen sei oder nicht, diese Frage hebt das bei Weitem nicht. Denn mancher Mörder schlägt einen Wandersmann in der Hoffnung, viel zu gewinnen, nieder und findet hernach kaum drei Heller bei ihm; unterdessen ist doch der Mord wirklich geschehen. Die ungeziemten Begierden der Menschen gehen oftmals so weit, dass sie kein Mittel für zu gefährlich halten, um ihrer Ehrsucht und Wollust zu frönen. Der Teufel aber, als ein Verderber und Schadenfroh, findet sein größtes Vergnügen darin, einen solchen Menschen in seinen Stricken so fest gefangen zu führen, dass er gleichsam sein Sklave ist, und ohne die allergrößte Mühe, wie viele Beispiele zeigen, nicht errettet werden kann.

Der Raum will nicht verstatten, hiervon mehr zu setzen, und weil auch andere dieses Argument weitläufig ausgeführt haben, wird der geneigte Leser der Wahrheit leicht Beifall geben und nicht alles für ein Märlein halten, was von diesen Erscheinungen gesagt wird.

Was diese gegenwärtige Geschichte betrifft, so kann sich der Leser versichern, dass sie nicht auf dem Glauben alter Weiber gegründet ist, sondern dass die hohe Obrigkeit zu dieser Zeit selbst wegen des Verlaufs gründlich verständigt sein wollte und deswegen an den Ort, wo diese Geschichte sich zugetragen hat, berichten ließ, um die rechte eigentliche Bewandtnis einzuschicken. Die Erzählung wurde in wesentlichen Punkten also so abgefasst, wie sie hier dargestellt wird, und wenn dem Autor seine geistliche Funktion, darinnen er gesetzt ist, keine volle Glaubwürdigkeit und Zustimmung geben könnte, so müsste doch wenigstens die Autorität der hohen Obrigkeit allen Widerspruch und Zweifel abhelfen.

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