Führer durch die Sagen- und Märchenwelt des Riesengebirges 20
Max Klose
Führer durch die Sagen- und Märchenwelt des Riesengebirges
Mit zahlreichen Abbildungen aus dem Riesengebirge
Verlag von Brieger & Gilbers. Schweidnitz (Świdnica). 1887.
Überarbeitete Fassung
V. Löwenberg und Gröditzburg
3. Die Burg
Zum Schutz der Stadt Löwenberg soll eine Burg, ein sogenanntes festes Haus, in früheren Zeiten bestanden haben und noch von Herzog Bolko I. bewohnt gewesen sein. Dieselbe ist aber spurlos verschwunden und nicht einmal der Platz genau anzugeben, wo dieselbe erbaut war.
4. Der Weiberkrieg
In Löwenberg entbrannte einmal gegen die Ehemänner ein Krieg ihrer Ehehälften, die sich der Wiederannahme der katholischen Religion, welche sie abgestreift hatten, widersetzten. Es soll am 18. Januar 1631 gewesen sein, als die Weiber auf das Rathaus zogen, ihre Eheherren mit den Schlüsselbunden bedrohten und den hohen Rat arg beschimpften. Die Männer flohen vor den wütenden Weibern aus dem Beratungssaal und der Königsrichter ließ dieselben darin einschließen. Diese gelobten, sich treu zusammenzuhalten und den Männern auch nicht ein Fingerbreit nachzugeben. Der Königsrichter wollte Unterhandlungen mit denselben anknüpfen, aber sie lehnten jede Besprechung ab. Da waren die Ehemänner und Junggesellen in großer Not; denn nirgend besorgte eine Hausfrau die Küche und der Hunger zwang endlich die gestrengen Herren, ihren Weibern den Willen zu lassen. Seitdem sollen die Löwenberger Frauen bis auf den heutigen Tag das Regiment führen.
5. Hohlstein
Etwa dreiviertel Meilen von Löwenberg liegt auf einem Berg und nahe einem großen hohlen Felsen das Schloss Hohlstein. Ehe dasselbe 1513 erbaut wurde, soll dort eine alte Burg gestanden haben, welche von den Löwenbergern und Goldbergern zerstört wurde, als die Hohlsteiner Burgherren Raubritter geworden waren.
6. Das Jungfernstübchen
Bei Löwenberg befindet sich eine Felsengrotte, zu welcher in den Hussitenkriegen ein unterirdischer Gang von der Stadt aus geführt haben soll. Die Löwenberger brachten beim Einbruch wilder Kriegshorden ihre Töchter dorthin in Sicherheit und die Höhle hat bis auf den heutigen Tag den Namen „Jungfernstübchen” behalten.
7. Der Husarensprung
Bei Sirgwitz im Kreis Löwenberg liegt am Bober ein großer Felsenvorsprung, welcher der Husarensprung genannt wird. Ein preußischer Husar soll von vielen Feinden verfolgt worden sein und, auf dem Felsenvorsprung angekommen, keine Rettung gewusst haben; denn von allen Seiten umritten ihn feindliche Haufen und vor ihm brauste und schäumte der Bober. Schon oft hatte der tapfere Husar als Hornist zum Kampf geblasen und war auf den Feind eingestürmt. Nun erkannte er seine hoffnungslose Lage und sah ein, dass es zu sterben galt. Aber lieber wollte er den Tod als lebend in die Hände der Gegner fallen. Er warf seinem Ross den Mantel über den Kopf, setzte die Sporen ein und sprengte über die Felsenwand hinunter in den Fluss.
»Gott verlässt den Kühnen nimmer«, sagt ein altes Sprichwort, welches sich auch hier bewährte. Der Husar gelangte glücklich an das andere Ufer und stimmte dort das Lied an: »Nun danket alle Gott!«
Die Feinde kamen auf der Felsenhöhe an und sahen mit Staunen den kühnen Reiter forttraben, aber keiner wagte, ihm zu folgen.