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Nick Carter – Ein fingierter Einbruch – Kapitel 8

Nick Carter
Amerikas größter Detektiv
Ein fingierter Einbruch
Ein Detektivroman

Die Entlarvung des Bankpräsidenten

Den beiden Detektivsergeanten McGuire und Sharp gelang es ohne Schwierigkeit, den Aufenthaltsort Tim Mulligans ausfindig zu machen.

Der biedere Irländer war ein hartgesottener Verbrecher, welcher den größten Teil seines Lebens hinter schwedischen Gardinen verbracht hatte. Nun, da er alt und steif geworden war, hatte er sich darauf verlegt, dem Polizei-Hauptquartier Vigilantendienste zu leisten und seine früheren Verbrechergenossen durch Verrat ans Messer zu liefern. Da er bei diesen in hohem Ansehen stand und sich an kleineren
Unternehmungen
gelegentlich noch immer beteiligte, so witterte niemand in ihm den Verräter. In der Regel erwies er sich Befragungen der Beamten gegenüber als leicht zugänglich; nur zuweilen hatte er seinen schwerhörigen Tag – und das war auch der Fall, als ihn die beiden Detektivsergeanten in eine vertrauliche Unterhaltung verwickelten.

»Tim«, begann Sharp ohne Umschweife, »wie geht es deinen alten Freunden Duke und Silent?«

Der Irländer schnitt eine Grimasse.

»Eh!«, meinte er gedehnt. »Lange nichts mehr von ihnen gehört … Wo stecken die Kerle denn?«

»Keine Ausflüchte, alter Freund, wenn du nicht willst, dass es dir selbst an den Kragen gehen soll … Der Inspektor hat mit den beiden etwas Wichtiges zu besprechen und wünscht sie heute noch in seinem Privatbüro zu empfangen.«

»Was geht das mich an?«, fragte Tim Mulligan störrisch.

McGuire versetzte ihm einen freundschaftlichen Rippenstoß und klimperte dann in der Tasche wie zufällig mit einem Paar stählerner Handfesseln – ein Geräusch, das den wackeren Tim augenscheinlich nervös machte, denn er schielte misstrauisch nach der Tasche des Sergeanten, aus welcher die fatale Musik erklang.

»Das sind nur ein paar Handfesseln«, erklärte McGuire, indem er die blinkenden Spangen hervorholte und sie gleich darauf wieder einsteckte. »Wir suchen nämlich nach einem Kunden, welcher vorige Woche in Millars Schuhladen einbrach; doch das braucht dich nicht zu schrecken, alter Freund!«, fügte er wohlwollend hinzu. »Der Inspektor meinte nämlich, falls du uns zu der persönlichen Bekanntschaft der Herren Duke und Silent verhelfen könntest, so würde er bereit sein, wegen gewisser Kleinigkeiten – eh! Ich wette, du verstehst mich, was?« Er zwinkerte vielsagend mit den Augen. »Also wegen gewisser Kleinigkeiten nicht nur eins, sondern sogar alle beide Augen zuzudrücken.«

Mulligan wand sich wie ein getretener Wurm. »Wie kann ich Euch einen Schlupfwinkel zeigen, den ich selbst nicht kenne!«, stöhnte er.

»Höre mal, alter Freund!«, meinte McGuire nun. »Wir sind nicht gekommen, um uns eine Komödie von dir vorspielen zu lassen … Wir haben Eile, verstanden – und der Inspektor wartet schon ungeduldig in seinem Privatbüro auf uns … Wenn du glaubst, dass wir uns deiner schönen Augen wegen von ihm anhauchen lassen wollen, so bist du auf dem Holzweg; wir müssen Duke und Silent herbeischaffen, und keinesfalls dürfen wir zum Inspektor mit leeren Händen zurückkommen. Kriegen wir die Burschen nicht, so packen wir dich beim Kragen – und dann sind dir fünf Jahre sicher, das weißt du wohl!«

Tim Mulligan machte ein verdrießliches Gesicht und strich sich mit dem schmierigen Rockärmel den Schweiß von der Stirn.

»Damned, wie Ihr einem einheizen könnt!«, knurrte er. »Also, ich will Euch führen – doch bei allen Heiligen beschwöre ich Euch, verratet nicht, dass ich gepfiffen habe, sonst bin ich eine Leiche, denn mit solchen Sachen verstehen die Jungs keinen Spaß!«

»Lächerlich, du kennst uns doch!«, beruhigte Sharp. »Du bist uns als Vigilant viel zu wertvoll, als dass wir dein kostbares Leben aufs Spiel setzen möchten!«

»Voran nun!«, drängte sein Kollege.

Damit schritten sie unter Führung des Vigilanten schnell in die Nacht hinaus.

 

*

 

Eine Stunde später saßen Inspektor McClusky, Nick Carter und die Gebrüder Maynes in des Ersteren Privatbüro und warteten mit zunehmender Ungeduld auf die weitere Entwicklung der Dinge.

Mullen hatte es sich draußen bequem bemacht; er war von dem Inspektor wieder zurückgerufen worden, um für den Fall der Verhaftung der beiden Verbrecher diese ohne Weiteres rekognoszieren zu können.

Es wurde an die Tür gepocht, und auf das Herein des Inspektors traten die beiden Detektivsergeanten mit zwei Gefangenen ins Zimmer.

»Ah! Das ist ein erfreuliches Wiedersehen!«, wendete McClusky sich an die gefesselten Männer, in denen er auf den ersten Blick die so lange gesuchten Kapitalverbrecher wiedererkannt hatte.

»Könnte ich gerade nicht sagen!«, brummte Duke, während sein schweigsamer Genosse den gefürchteten Inspektor nur mit einem tückischen Blick maß.

»Nun, dann weiß ich einen anderen, der vielleicht gleichfalls erfreut sein wird!«, bemerkte der Inspektor ironisch, indem er zugleich befahl, Mullen eintreten zu lassen.

»Nun, Mullen?«, wendete er sich an den Policeman, indem er auf die Gefangenen deutete. »Sehen Sie sich einmal diese beiden Männer recht genau an. Sind es die beiden Gentlemen, welche in Gesellschaft eines Bankpräsidenten in Badgers Billardzimmer Karambolage zu spielen pflegten?«

»Das sind die beiden Männer, ich erkenne sie mit Bestimmtheit wieder!«, lautete Mullens ohne zu zögern gegebene Antwort.

»Nun, Eure herzoglichen Gnaden, was geruhen wir auf diese Aussage zu erwidern?«, wendete sich der Inspektor lächelnd an den Größeren der beiden Gefangenen.

»Man sagt am besten gar nichts!«, erwiderte jener philosophisch.

»Nun, Silent … Dann ist die Reihe an Ihnen … Oder wird der große Schweiger sich auch jetzt wieder ausschweigen?«

Der Gefragte starrte ihn tückisch an.

»Ich heiße Silent … und ich bleibe auch so!«

»Bravo, großer Schweiger!«, meinte der Inspektor lächelnd. »Zum Glück für uns war Euer verehrter Freund James Wilson, Präsident der North American Bank, weniger schweigsam, oder wir würden sonst des Vergnügens Eurer Bekanntschaft beraubt geblieben sein. Was wollen Sie sagen, Mullen?«, wendete er sich an den Polizisten, als dieser von Neuem vortrat.

»Diese beiden Männer waren heute früh mit Wilson in der Bank … Und ich glaube, jener Mann dort, der Silent genannt wird, hat den Schlag gegen mich geführt!«

»Ist mir ja gar nicht eingefallen!«, schrie der Beschuldigte. »Jim Pratt war es, nicht ich!«

»Schau, schau – also Jim Pratt war es!«, verwunderte sich der Inspektor scheinbar.

»Nun, da hätten wir das so lange schmerzlich gesuchte Kleeblatt von Sullivans County Bank ja glücklich vereinigt!«

»Pah, wenn Sie es schon wissen, so brauchen wir es Ihnen ja nicht zu sagen!«, knurrte Silent tückisch.

»Nun gerade will ich es sagen!«, fiel Duke erbost ein. »Dem Jim will ich es zeigen – hat er uns verraten, soll er auch daran glauben müssen. Er war es, der damals den Wächter niedergeschlagen hat!«

»Was Sie nicht sagen, Freundchen. Sie wollen den hochachtbaren Bankpräsidenten Jim Pratt – wollte sagen James Wilson beschuldigen, ein gemeiner Verbrecher zu sein?«

»Hol ihn der Teufel!«, entrüstete sich Duke. »Er ist ein scheinheiliger Schleicher; fragen Sie einmal in London nach den Streichen, die wir dort zusammen ausgeheckt haben. Jim Pratt oder James Wilson, das ist gehüpft wie gesprungen, jedenfalls ist es derselbe Halunke!«

»Natürlich«, mischte Nick Carter sich ein, »einer schiebt es immer auf den anderen … He, Duke, wir sind doch auch alte Bekannte, was?«

»Ich wollte, ich hätte Ihnen damals auf den Rücken sehen können«, knurrte Duke. »Dann gäbe es heute keinen Nick Carter mehr.«

»Sehr wahrscheinlich!«, bemerkte der Detektiv trocken. »So lebe ich aber noch und möchte mir sehr verbitten, dass ein hochgeachteter Bankpräsident von Euch des Einbruchs in seine eigene Bank beschuldigt wird!«

Die beiden Verbrecher starrten sich zuerst gegenseitig an, und dann brachen sie wie auf Kommando in brüllendes Hohngelächter aus.

»Well«, meinte dann Duke. »Lassen Sie sich Ihr Lehrgeld wiedergeben, Nick Carter, denn es gibt nur einen Schuldigen, und der heißt Jimmy Pratt, oder Sie können ihn auch James Wilson nennen, denn das ist ein Aufwaschen. Silent und ich lebten wie ein paar unschuldige Lämmer, da kam uns Jim Pratt in die Quere und verführte uns … Ist es nicht so, Silent?«, fragte er seinen Kumpan.

»Das ist so!«, versetzte Silent lakonisch.

»Na, nun hört aber auf!«, erklärte McClusky. »Ich weiß ja, Ihr seid zwei unschuldige Lämmer und viel zu gut für diese Welt.«

»Hm, das soll wohl heißen, wir müssen auf den elektrischen Stuhl!«, brummte Duke, während sein schweigsamer Genosse ein leichtes Erschauern nicht unterdrücken konnte.

»Darüber werden die Geschworenen zu bestimmen haben!«, unterbrach ihn der Inspektor. »Sagt mir lieber, wer Euch in die Bank gelassen hat!«

»Wilson – heute Morgen kurz nach fünf Uhr; mir wollte die Geschichte gleich nicht gefallen …«

»Mir auch nicht«, fiel Silent schnell ein. »Wo er aber doch der Präsident der Bank war und uns so höflich gebeten hatte, wir sollten ihm beim Geldzählen helfen, da er allein nicht fertig werde.«

»Ich weiß, Ihr seid ein paar Gemütsmenschen!«, erwiderte McClusky. »Doch nun sagt, wer schloss den Geldschrank auf?«

»Das tat Jim Pratt.«

»Wer nahm das Geld auch ihm heraus?«

»Ebenfalls Pratt«, versicherten beide Gefangenen wie aus einem Munde.

»Und wer schlug den Wachmann nieder?«

»Selbstverständlich auch Pratt. Das Geschäft hatte er schon vorher zur Zufriedenheit besorgt; der Kerl war schon beinahe tot, als wir kamen.«

»Und wo befindet sich der Wächter jetzt?«

»Irgendwo im Hudson. Ich kann die Stelle nicht genau angeben!«

»Well, wie heißt der Mann mit dem Handkoffer, der sich draußen auf der Straße aufhielt?«, wollte der Inspektor wissen.

»Wir kennen ihn nicht. Er muss ein Freund von Jim Pratt sein … Wir hatten nie etwas mit ihm zu tun.«

»Na, wer mimte denn den Kutscher und den Ambulanzarzt?«

»Sie haben den Policeman vergessen«, meinte Duke lachend. »Das waren lauter armselige Hungerleider – ich zahlte den Kerlen einen Fünfhunderter. Als sie merkten, dass der Wachmann tot war, hätten sie vor Schreck fast sämtlich das Zähneklappern gekriegt.«

»Bleibt nur noch die Frage nach dem Geld«, warf Nick Carter ein.

Die beiden Gefangenen schnitten betrübte Gesichter.

»Siehst du, das hast du nun von deiner verd… Sparsamkeit!«, rief Duke dem Schweiger vorwurfsvoll zu. »Ich wollte Sekt trinken und wie ein Lord zur Nacht essen … aber du Schafskopf …«

»Well, ich bin einer, sogar ein ausgewachsener. Hätte ich gewusst, dass sie uns so schnell kriegen, hätte ich ja mitgehalten … So wollten wir morgen mit dem Dampfer nach England fahren … Und ich dachte, unterwegs könnten wir Champagner gerade genug kriegen … Nun werden wir wohl keinen mehr zu trinken bekommen!«, schloss er melancholisch.

»Schwerlich!«, konstatierte der Inspektor. »Doch wo ist das Geld?«

»Ihre Beamten haben es uns abgeknöpft!«, brummte Silent ingrimmig, indem er mit dem Kopfe nach den beiden Detektivsergeanten deutete.

»Ich glaube, eben bringen unsere Leute die Säcke!«, berichtete McGuire, als sich im Vorzimmer Geräusch erhob.

Sharp eilte nach der Tür, und durch diese kamen zwei stämmige Polizisten hereinmarschiert, welche unter dem Gewicht der von ihnen getragenen Beutel schwitzten.

Mit einem wahren Wutgeheul wurden die Eintretenden von den Verbrechern begrüßt. Es half ihnen aber nichts; sie mussten mit zuschauen, wie die Banknotenbündel und die blanken Goldstücke durchgezählt wurden, bis sich ergab, dass die ganze geraubte Summe bis auf wenige Goldstücke wieder zur Stelle geschafft worden war.

Man war kaum mit dieser Feststellung fertig geworden, als der diensttuende Policeman wieder die Tür öffnete und die Ankunft des Bankpräsidenten Mr. James Wilson meldete.

»Oh, der Herr kommt gerade recht … Ich lasse bitten!«

Mit schwerfällig schleifenden Schritten trat derselbe, ein verbindliches Lächeln um den breiten Mund, in das Zimmer, dessen Tür hinter ihm sofort von Nick Carter geschlossen wurde.

Kaum war der Blick des Eingetretenen auf die beiden gefesselten Verbrecher gefallen, als er auch schon jäh zusammenschrak und sich entfärbte.

»Nun, Mr. James Wilson … oder sollte ich lieber Jim Pratt sagen?«, empfing ihn Inspektor McClusky sarkastisch. »Es wird Sie freuen, hier zwei gute Bekannte begrüßen zu dürfen!«

Der Bankpräsident zuckte sichtbar zusammen, doch hatte er sich in der nächsten Sekunde wieder gefasst.

»Ich verstehe Ihre Worte nicht und noch weniger den Ton, den Sie mir gegenüber anzuschlagen belieben, Inspektor McClusky«, versetzte der in die Falle Gegangene förmlich. Er fixierte die beiden Gefangenen. »Sind das die Einbrecher?«, erkundigte er sich. »Die Burschen sehen gefährlich genug aus.«

»Sehen wir so aus, Jimmy, wirklich?«, knirschte Silent. »Na, da werden wir wenigstens zusammen den Gang zum elektrischen Stuhl antreten!«

»Hast du uns verraten, so haben wir dich ebenfalls in die Tinte geritten!«, frohlockte Duke.

»Was wollen diese Männer von mir?«, fragte James Wilson gelassen. »Ich kenne sie nicht … habe sie nie zuvor im Leben gesehen!«

»Ich kenne sie nicht!«, äffte Duke voller Zorn die gezierte Sprechweise des Bankpräsidenten nach, so dass die anwesenden Beamten ein Lächeln nicht verbeißen konnten.

»Sie werden wenigstens diesen Mann kennen – oder nicht?«, fragte der Inspektor, indem der Mullen vorschob. »Was wetten wir, er kennt Sie!«

»Gewiss, der Mann hier ist James Wilson, und er war heute Morgen in der Bank, als ich mich in diese hineinbegab«, sagte der junge Beamte.

»Will es meinen, alter Freund!«, krähte Duke. »Er gab dir eins auf den Schädel …«

»Und gewürgt hat er ihn so lange, bis er glaubte, der Bursche sei tot!«, rief Silent verachtungsvoll. »So ein trauriger Pfuscher, und so ein Jammerlappen will alte Kunden verpfeifen.«

Der Bankpräsident schaute mit den funkelnden Blicken eines in die Enge getriebenen Raubtieres um sich.

»Bin ich in ein Narrenhaus geraten?«, rief er empört aus. »Zum Teufel, ich verbitte mir diese unwürdige Komödie … Ich bin der Präsident der North American Bank und …«

»… und der Mitschuldige dieser Männer«, versetzte Inspektor McClusky, indem er an ihn herantrat. »James Wilson, ich verhafte Sie verschiedener Mordtaten wegen …«

»Mich verhaften … mich!«, stammelte der Entlarvte.

»Ja, Sie sind der Mörder des Wächters in der Sullivan County Bank, Sie sind ferner der Mörder des Wächters Pike von Ihrer eigenen Bank … Und Sie machten den Mordversuch auf Policeman Mullen hier!«

Als der Inspektor ihm die Hand auf die Schulter legen wollte, sprang James Wilson mit blitzschneller Bewegung zurück, und seine Hand fuhr nach der Tasche, in welcher er seinen Revolver verwahrte.

Doch er hatte nicht mit Nick Carter gerechnet. Dieser war in seinen Bewegungen noch schneller als der Verhaftete. Im Nu hatte er dessen beide Hände erfasst. Noch in der gleichen Sekunde schnappten die stählernen Fesseln ein, und James Wilson war gleich den beiden anderen Verhafteten gefesselt.

Mit einem Wutschrei wendete er sich nach seinem Überwinder herum. Die Augen traten ihm aus den Höhlen, als Nick in diesem Moment lächelnd die fuchsige Perücke vom Kopfe riss und ebenso rasch den falschen Bart entfernte.

»Tod und Hölle … Nick Carter!«, stieß Wilson dumpf hervor.

»Mit Ihrer gütigen Erlaubnis, Jim Pratt … Der bin ich!«, antwortete der Detektiv voll ironischer Freundlichkeit. »Nick Carter … und nicht Mr. Robert Hopkins von Scotland Yard, London.«

»Ah! Man stellte mir eine Falle!«, schrie der Entlarvte, dem die Wut das Gesicht bläulich färbte. »Doch Sie sollen es mir teuer büßen müssen … ich verlange meine Freilassung … Ich protestiere gegen die mir angetane Gewalt … Ich werde meine Freunde zu meinem Schutz anrufen …«

»Nur gemach und keine unnötige Aufregung!«, unterbrach Inspektor McClusky ihn kalt. »Das alles und noch viel mehr mögen Sie den Geschworenen sagen.«

»Aber ich wiederhole, es ist der nichtsnutzigste Anschlag, um einen Ehrenmann zu Grunde zu richten!«, kreischte Wilson von neuem. »Ich kenne die Burschen nicht … Ich habe sie nie gesehen …«

»Was?«, schrie Duke grimmig. »Elender Schuft, willst du leugnen, uns an die Polizei verraten zu haben …«

»Nun, das war eine kleine Kriegslist«, erklärte Nick Carter lächelnd. »Sie sollte mir dazu verhelfen, das ganze liebliche Kleeblatt auf einmal pflücken zu können – und bei Jove, es ist geglückt!«

Er weidete sich an der ohnmächtigen Wut der Überlisteten, die nun zu spät erkannten, dass sie sich und ihren Mitschuldigen durch ihr Geständnis erst recht ins Verderben gebracht hatten.

Endlich verschaffte sich James Wilson wieder Gehör.

»Ich weiß von gar nichts!«, erklärte er, sich in die Brust werfend. »Ich kenne diese Männer nicht … Es ist ein Komplott, um mich zu verderben!«

»Hoho, Nick Carter, knöpfen Sie ihm doch auf der Brust das Hemd auf; schauen Sie zu, ob seine Brust nicht tätowiert ist!«, schrie Silent.

»Eine Dolchklinge aus lauter kleinen Dollarzeichen gebildet und auf dem Knauf die Buchstaben J.P. … Ich selbst habe ihm die Geschichte eingeritzt!«

Vergeblich versuchte sich James Wilson mit all seiner brutalen Stärke einer körperlichen Untersuchung zu entziehen. Wohl biss er um sich und stieß mit den Füßen nach den sich ihm nähernden Männern. Doch der Kampf war von nur geringer Dauer.

Schon wenige Sekunden später befand sich der Rasende in der Gewalt einiger handfester Polizisten und wurde von diesen festgehalten, während Nick Carter ihm Rock und Weste aufknöpfte und das gestärkte Hemd auf der Brust öffnete.

Silents Behauptung wurde glänzend gerechtfertigt. Die Tätowierung fand sich auf der nackten Brust des Gefangenen genauso vor – und damit war Jim Pratts Identität bewiesen.

Unter der niederdrückenden Last der Beweise versagte selbst die eiserne Stirn des überführten Verbrechers, und zähneknirschend ergab sich dieser in sein unvermeidliches Schicksal.

»Well«, sagte er keuchend, »ich habe va banque gespielt und verloren, ich bin ein zum Tode verdammter Mann, aber dir, du Spürhund«, wendete er sich mit einem glühenden Hassblick an den lächelnd dastehenden Nick Carter, »dir wünsche ich, dass du eines Tages deinen Meister finden mögest!«

Gewaltsam rissen ihn die Polizisten aus dem Zimmer, um ihn und seine beiden Spießgesellen zum Polizeigefängnis zu überführen.

Vier Wochen später wurde das verbrecherische Kleeblatt zum Staatszuchthaus Sing Sing transportiert, um auf dem elektrischen Stuhl ihre Schuld zu sühnen.

Ende

Als Band 11 dieser Serie erscheint:

Das Opfer eines Giftmischers