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Der Welt-Detektiv Band 6

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Sagen und alte Geschichten der Mark Brandenburg 12

Markgraf Hans und der Suckowsche Kammerherr

Wenn die bisher berichteten Erzählungen vom Markgraf Hans noch einen geschichtlichen Anflug haben, so werden ihm in anderen, namentlich in der Uckermark verbreiteten Sagen, allerhand Wundertaten beigelegt. So soll er unter anderem das Flüsschen Röhricke mit seinem Zickzacklauf ausgepflügt haben.

In der Neumark hatte nämlich, heißt es, Markgraf Hans einen großen Acker, auf demselben befand sich ein Quell, der keinen Abfluss hatte und das ganze Land versumpfte. Das wurde dem Markgrafen endlich lästig, darum spannte er zwei schwarze Stiere vor seinen Pflug – das waren aber nicht ein Paar gewöhnliche Stiere, sondern zwei Teufel – und zog damit eine große Wasserfahre bis in die Gegend von Niederkränig und Nipperwiese, wo er samt Pflug und Stieren plötzlich über den dortigen Elsbruch fortfuhr und verschwand. Die so entstandene Wasserfahre ist das kleine Flüsschen Röhricke, welches, da die Stiere des Markgrafen, trockenen Boden suchend, immer unruhig kreuz und quer liefen, noch heute in unaufhörlichem Zickzack hinläuft.

Markgraf Hans war ein gewaltiger Zaubermeister, sodass einige von ihm sagen, er hätte auch ein Bündnis mit dem Teufel gemacht. Er konnte nämlich durch die Luft und über das Wasser fahren, als wäre es festes Land. So fuhr er auch einmal zur Nachtzeit durch die Luft nach Freienwalde, und damit es recht schnell ging, ließ er den Kutscher tüchtig darauf lospeitschen. Der mag aber wohl etwas zu weit ausgeholt haben, und da blieb seine Peitsche an einem Pfahl hängen. Schnell wollte er vom Wagen springen, um sie wieder loszumachen, aber das verbot ihm Markgraf Hans, indem er meinte, er solle nur ruhig zufahren, es würde wohl auch so gehen. Anderen Tages, als sie auf ebener Erde nach Schwedt zurückfuhren, hatte er dem Kutscher seine Peitsche gezeigt, die hing an der obersten Spitze eines Kirchturms; das war der Pfahl gewesen, an dem sie hängen geblieben war. Zum ewigen Andenken soll man die Peitsche dort haben hängen lassen, aber in welchem Dorf es gewesen, das weiß kein Mensch zu sagen.

Auf dieselbe Weise hatte er auch einmal seine Schmeerbutte eingebüßt, die gleichfalls am Kirchturm eines Dorfes hängen blieb, und da hängt sie noch.

Einmal fuhr auch Markgraf Hans bei Prenzlau über den Uckersee, da kam ein Bauer des Wegs gefahren, der dachte: Wo der mit seiner großen Kutsche durchkommt, kannst du ja wohl mit deinem Leiterwagen auch durch. Er trieb die Pferde an und – hui – ging es im raschen Flug über den Uckersee, immer hinter dem Markgrafen her. Als sie nun am anderen Ufer ankamen, sah er sich um, weil er doch sehen wollte, wie groß die Strecke sei, welche sie zurückgelegt hatten, aber im Augenblick sanken die Hinterräder seines Wagens, die noch auf dem Wasser waren, tief ein. die Pferde jedoch standen bereits auf dem Trockenen und zogen den Wagen glücklich heraus.

Nun sah sich auch Markgraf Hans um, erblickte den Bauer und sagte: »Diesmal habe ich dich mit hinüber genommen, aber probiere es nicht wieder, sonst könnte es so gut nicht ablaufen.«

Einige erzählen dies vom Markgraf Karl, dem Vetter der Schwedter Markgrafen zur Zeit des alten Fritz, wieder andere vom Suckowschen Kammerherrn, einem aus der Familie der Arnims, die in sehr großer Zahl im südlichen Teil der Uckermark ansässig sind. Dem Suckowschen Kammerherrn soll auch einmal ein Bauer aus Flieth nachgefahren sein, wie er so über das Wasser dahinfuhr. Auf dem Wasser sagte der Suckowsche Kammerherr nichts, aber den anderen Tag ließ er sich den Bauer auf sein Schloss kommen und fragte ihn, wie er sich hätte unterstehen können, ihm nachzufahren.

»I«, sagte der Bauer, »da fahre ich ja schon länger als Sie, gnädiger Herr.«

»So«, sagte der Kammerherr, »das wird sich bald zeigen, ob du auch solche Kunst verstehst«, und hieß ihn am folgenden Tag wieder auf das Schloss kommen. Als nun der Bauer sich einfand, setzte er ihm Fische vor. Der Kammerherr schälte das Fleisch fein säuberlich von seinen Fischen ab, sodass Kopf und Gräten unversehrt blieben, dann setzte er diese ins Wasser, und da waren die Fische wieder lebendig und schwammen lustig davon. Nun forderte er den Bauer auf, das ihm nachzumachen.

»Ach«, sagte der Bauer, »das ist ja gar nichts, gnädiger Herr«, und nahm einen Fisch, zerbiss ihn kurz und klein, dass auch nicht die kleinste Gräte ganz blieb, dann spie er den ganzen Klumpen ins Wasser, und siehe da, auch sein Fisch war wieder lebendig und schwamm davon. Da merkte denn der Kammerherr, dass er mehr könne, als Brot essen, und ließ ihn ruhig gehen.

Derartiges erzählt man sich noch mancherlei vom Suckowschen Kammerherrn und man sagt auch, auf seinem Schloss liege noch bis auf den heutigen Tag eine alte Bibel, die sei mit gewaltigen Ketten verschlossen: und das sei auch nötig, denn darin befinden sich alle sieben Bücher Moses und darunter auch die zwei, welche in den gewöhnlichen Bibeln fehlen, und in denen, wie die Leute ja behaupten, das rechte Zauberzeug darin steht. Die Schrift des Buches ist aber schon ganz vergilbt und kaum noch lesbar.

Daraus hat der Suckowsche Kammerherr seine Kunst entnommen. Einige Hauptstücke hat er vom Müller Pumpfuß gelernt. Das war ein Müller in der Gegend von Gramzow und einer der größten Tausendkünstler, die es je gegeben hatte. Mit dem war aber der Suckowsche Kammerherr so zusammengekommen. Er fuhr einmal eines Abends spät nach Haus zurück, und wie er an einen Hohlweg kam, wollten die Pferde nicht weiter und blieben vor einem dunklen Gegenstand, der quer über dem Weg lag, stehen. Das war aber Pumpfuß, der hatte sich dorthin gelegt und tat, als höre er weder Wagen noch Pferde. Der Kutscher, welcher glaubte, es wäre ein Betrunkener, stieg ab, um ihm auf die Beine zu helfen, aber Pumpfuß rückte und rührte sich nicht und machte sich steif wie ein Baumstamm. Da wurde der alte Kammerherr zornig und befahl dem Kutscher wieder aufzusteigen und über den Kerl fortzufahren, wenn er denn gar nicht aufstehen wollte. Der stieg auch auf, aber so viel er auch auf die Pferde lospeitschte, sie gingen nicht vorwärts und der Wagen rührte sich nicht von der Stelle. Da merkte der Kammerherr, dass der Wagen festgemacht sei – das war auch so ein altes Zauberstück – und hieß den Kutscher noch einmal herunter vom Bock steigen und den Kerl fragen, wer er eigentlich sei und was er wolle. Als er nun hörte, dass es Pumpfuß sei, sagte er: »Den habe ich lange gesucht«, und hieß ihn in seinen Wagen steigen und mit auf sein Schloss fahren, damit er ihm alles lehre, was er könne. Das tat denn auch Pumpfuß, und so lernte denn auch der Kammerherr alles von ihm, was er wissen wollte. Als er nun nach einiger Zeit glaubte, alles zu können, fragte er seinen Lehrmeister, ob er ihm auch alles, was er wisse, gezeigt habe. Wie das nun Pumpfuß bejahte, ließ er einen Scharfrichter kommen, der sollte ihm den Kopf abschlagen, damit er keinem weiter das lehren könne, was er ihm gelehrt hatte. Pumpfuß tat, als ob gar nichts wäre, und ihn die Sache gar nichts anginge. Als aber der Scharfrichter zuhauen wollte und schon den Arm mit dem Beil hob, siehe, da blieb ihm plötzlich Arm und Beil in der Luft stehen, – er wart festgemacht. Da lachte Pumpfuß und sagte, »Das Kunststück habe ich noch für mich behalten« und ging ungefährdet seiner Wege. Der Kammerherr war aber schließlich nur noch froh, dass er ihn so ohne Weiteres los geworden war.