Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Die Sternkammer – Band 4 – Kapitel 6

William Harrison Ainsworth
Die Sternkammer – Band 4
Ein historischer Roman
Christian Ernst Kollmann Verlag, Leipzig, 1854

Sechstes Kapitel

Die Entführung

Die Nacht war gekommen. Aveline erwartete ängstlich die Ankunft ihres Geliebten, als laut an die Tür des Häuschens geklopft wurde. Ehe Anthony Rocke öffnen konnte, traten zwei Personen ein und drängten sich an dem alten Diener vorüber, der nach ihrem Geschäft fragte und vergebens versuchte, sich ih­nen zu widersetzen, worauf sie zu seiner jungen Herrin gelangten. Frau Sherborne war in einem inneren Zimmer, aber von dem Geräusch beunruhigt, eilte sie ihrer Schutzbefohlenen zu Hilfe und erreichte sie in demselben Augenblick mit den Eindringenden. Ihre Lampe warf ihr Licht voll auf ihre Gesichter. Als sie bemerkte, wer sie waren, schrie sie auf und ließ beinahe die Lampe fallen, sodass sie fast noch mehr der Unterstützung bedurfte als Aveline selber.

Der Erste von den beiden war Sir Giles Mompesson. Seine gewöhnlich strengen und unheimlichen Züge hatten einen noch widerwärtigeren Ausdruck angenommen, infolge der Totenblässe, die sich über dieselben verbreitet hatte , sowie auch wegen der Binde, die seine verletzte Stirn umgab. Der andere war ein alter Geck, der die Manieren und die Grazie eines ju­gendlichen Stutzers nachahmte, in Seide und Samt nach der neuesten französischen Mode gekleidet war und von den verschiedensten Wohlgerüchen duftete. In ihm erkannte Aveline den verliebten alten Geck, der sie während des Besuches, den sie bei dem Erpresser hatte machen müssen, so beleidigend angestarrt hatte.

Das Benehmen des Sir Francis war nicht im Ge­ringsten weniger unverschämt und zudringlich als damals. Nachdem er Aveline eine tiefe Verbeugung gemacht hatte, von welcher er glaubte, dass sie nach der feinsten Hofsitte und mit der vollendeten Grazie ausgeführt sei, bemerkte er mit lautem Flüstern zu seinem Begleiter: »Beim Himmel! Ein unvergleichliches Wesen! Eine Göttin! Stellt mich ihr in gehöriger Form vor , Sir Giles.«

»Erlaubt mir, schönes Fräulein, Euch mit Sir Francis Mitchell bekannt zu machen«, sagte Mompesson. »Er ist so hingerissen von Euren Reizen, dass er weder essen, trinken noch schlafen kann, und er gesteht mir, seinem Freund und Genossen, dass er sterben muss, wenn Ihr nicht Mitleid mit ihm habt. Ist es nicht so, Sir Francis? Nein, sprecht selber für Eure Sache, Mann. Ihr werdet es besser verstehen als ich, der ich wenig gewöhnt bin, meine Stimme für das Ohr der Schönheit einzurichten.« Während dieser Rede benahm sich der alte Wuche­rer in einer Weise, die Aveline unter anderen Umstän­den zur Heiterkeit hätte bewegen müssen; aber nun wurde nur ihr Unwille und Abscheu erregt. Seufzend und stöhnend legte er seine Hand aufs Herz, sah sie schmachtend an, verdrehte seine Augen, bis nur das Weiße sichtbar war, warf sich endlich ihr zu Füßen, ergriff ihre Hand und versuchte sie mit Küssen zu bedecken.

»Geneigt mich anzuhören, unvergleichliches, anbe­tungswürdiges Mädchen!«, rief er in den leidenschaftlichsten Tönen, die ihm zu Gebote standen, obwohl er die Gesichtsmuskeln schrecklich verzog und von Zeit zu Zeit von heftigem Husten unterbrochen wurde. »Neigt Euer Ohr zu mir, ich flehe Euch an. Sir Giles hat meine traurige Lage in keiner Hinsicht übertrieben. Seit­dem ich Euch gesehen habe, bin ich zu nichts anderem imstande gewesen – uff, uff – als bei Euren unver­gleichlichen Reizen zu verweilen. Tag und Nacht war Euer liebenswürdiges Bild beständig vor mir. Ihr habt den Schlaf von meinen Augenlidern und die Ruhe – uff, uff – von meinem Lager verscheucht. Eure glänzenden Augen haben ein solches Feuer in meiner Brust entzündet, welches nicht anders gelöscht werden kann, als wenn – uff, uff, uff. Der Henker hole diesen Husten! Ich verdanke ihn Euch, schöne Dame meines Herzens, so wie meine anderen Qualen. Aber wie ich zu sagen im Begriff war, die wütende Flamme, die Ihr in meiner Brust entzündet habt, wird mich gänzlich verzehren, wenn nicht – uff, uff!«

Hier erstickte er fast, und Sir Giles musste ihm zu Hilfe kommen.

»Mein würdiger Freund und Genosse würde Euch erklärt haben, schönes Fräulein Aveline, wenn sein Hu­sten ihn nicht verhindert hätte, dass er sein Leben und Vermögen zu Eurer Verfügung stellt«, sagte der Erpres­ser. »Alle seine Wünsche vereinen sich in Euch, und es steht bei Euch, ihn zu dem glücklichsten oder unglück­lichsten Sterblichen zu machen. Spreche ich nicht Eure Gesinnungen aus, Sir Francis?« »In jeder Hinsicht, guter Sir Giles«, entgegnete der andere, sobald er wieder Worte finden konnte. »Und nun, anbetungswürdigstes Fräulein, was sagt Ihr dagegen? Ihr seid zu sanft, um Euren Sklaven zu end­losen Qualen zu verurteilen. Nein, winkt mir nicht aufzustehen. Meine Worte werden Eure finsteren Blicke entwaffnen und sie in Lächeln der Billigung und Zu­stimmung verwandeln. O! Dieser verwünschte Rheumatismus!«, murmelte er bei sich selber, »ich werde nie imstande sein, ohne Hilfe aufzustehen! Ich liebe Euch, unvergleichliches Mädchen — ich liebe Euch bis zum Wahnsinn; und da Eure Schönheit meinem Herzen so tiefe Wunden geschlagen hat, bin ich gewiss, dass Eure Milde nicht verfehlen wird, sie zu heilen. Eine Liebe, wie die meine, muss ihre Belohnung finden. Eure Ant­wort, göttlichstes Wesen! Und lasst sie meinen Hoffnungen günstig sein. Ich flehe Euch an!

»Ich habe Euch keine andere Antwort zu geben«, versetzte Aveline kalt und mit beleidigtem Blick, »als jedes Mädchen geben würde, welches man auf so unpassende und unerklärliche Weise belästigt. Euer Antrag ist mir gänzlich zuwider, und ich bitte davon abzustehen. Wenn Ihr den Wunsch hegt , mir gefällig zu sein, so befreit mich sogleich von Eurer Gegenwart.«

»Eure Hand, Sir Giles, Eure Hand!«, rief der alte Wucherer, indem er sich mit Schwierigkeit aufrichtete. »So seid Ihr also nicht durch meine Leiden oder meine Bitten zu bewegen , grausame und stolze Schöne?«, fuhr er fort, indem er sie mit gekränktem und trotzigem Blick ansah. »Ihr seid unbeugsam, nicht wahr?«

»Vollkommen«, versetzte sie.

»Anthony Rocke!«, rief Frau Sherborne, »begleitet die Herren bis zur Tür und verriegelt sie dann«, fügte sie in leiserem Ton hinzu.

»Nicht so schnell, Madame nicht so schnell!«, rief Sir Francis. »Wir wollen den alten Anthony noch nicht bemühen. Obwohl seine schöne junge Dame nicht geneigt ist, das Flehen der Liebe anzuhören, so folgt nicht daraus, dass sie ebenso unempfindlich gegen die von ihrem Vater hinterlassene Vollmacht sein wird. Ihre Hand muss mir entweder freiwillig oder durch Zwang zuteil werden. Setzt sie in Kenntnis, Sir Giles, aus welchen Gründen ich ihre Hand in Anspruch nehme.«

»Euer Anspruch kann nicht bestritten werden, Sir Francis«,  entgegnete der andere, »und wenn Ihr mei­nen Rat befolgt hättet, würdet Ihr Euch nicht herab­gelassen haben, den demütigen Bewerber zu spielen, sondern das männlichere Mittel angewendet haben, ihre Hand als ein Recht in Anspruch zu nehmen.«

»Nun, Sir Giles, Ihr könnt Euch nicht über mich wundern, da Ihr wisst, wie bezaubert ich von diesem seltenen und bewundernswürdigen Wesen bin. Ich wollte nicht eher mein Recht behaupten, als bis mir alle Mittel, ihre Hand zu erlangen , fehlgeschlagen sind. Aber jetzt habe ich keine andere Wahl.«

»Woher habt Ihr Eure Vollmacht?«, fragte Aveline zitternd.

»Von Eurem verstorbenen Vater«, sagte Sir Gi­les streng. »Sein letzter feierlicher Befehl an Euch war, dass Ihr den Mann heiraten solltet, dem er Euch versprochen hatte, vorausgesetzt, dass Eure Hand inner­halb eines Jahres von ihm gefordert würde. Mit glei­cher Feierlichkeit machtet Ihr Euch verbindlich, seine Wünsche zu erfüllen. Die Person, welcher Ihr insge­heim versprochen worden seid, ist Sir Francis Mitchell; und jetzt verlangt er in Eures Vaters Namen, und vermöge des Ansehens Eures Vaters die Erfüllung des feierlichen Versprechens.«

»O! Dies ist völlig unmöglich! Ich will es nicht glauben!«, rief Aveline fast schreiend, indem sie sich in die Arme der Frau Sherborne warf.

»Es ist irgendein böser Plan, Euch in die Falle zu locken. Davon bin ich überzeugt«, sagte die alte Da­me, indem sie sie an ihre Brust drückte. »Aber wir wollen ihnen Trotz bieten, so wie dem Fürsten der Finsternis und all seiner Ungerechtigkeit. Fort mit dir, du böser alter Sünder! Du bist schlimmer als die umnachteten Heiden! Hinweg, Satan, sage ich!«, rief sie Sir Francis zu.

»Ja, ich bin völlig überzeugt, dass alles eine Er­dichtung ist«, sagte Anthony Rocke. »Mein Herr hatte zu viel Rücksicht und Zärtlichkeit für seine Tochter, um sie einem elenden alten Geck wie diesem  zu versprechen, der schon einen Fuß im Grab hat. Überdies weiß ich sehr wohl, dass er äußerste Abscheu und Verachtung für ihn und Sir Giles Mompesson hegte. Die Sache ist daher nicht nur unwahrscheinlich, sondern durch aus unmöglich.«

»Halte den Mund, Kerl!«, rief Sir Francis vor Wut schäumend, »oder ich schneide dir Deine lästernde Zunge aus der Kehle heraus. Mich einen Geck zu nennen! So wahr ich ein echter Gentleman bin, wenn du von meinem Rang wärest, solltest du mir wegen dieses beleidigenden Ausdrucks Rede stehen.«

»Welchen Beweis habt Ihr, dass mein Vater eine solche Verbindlichkeit gegen Euch übernommen hatte?«, fragte Aveline, indem sie sich zu Sir Francis wendete. »Eure bloße Behauptung wird mir kaum genügen.«

»Auch mir wird sie nicht genügen«, sagte Anthony. »Er mag seine Beweise vorlegen.« »Ihr seid vermutlich mit Eures Vaters Handschrift bekannt, schönes Mädchen?«, versetzte Sir Francis, »und vielleicht ist Euer unverschämter und ungläu­biger alter Diener auch damit bekannt. Seht dieses Dokument an und erklärt, ob es nicht, wie ich behaupte, in Hugo Calveleys Handschrift aufgesetzt ist. Sieh es nur an, sage ich, ungläubiger Kerl«, fügte er zu An­thony hinzu, »und widersprich mir, wenn du kannst.«

»Es ist die Handschrift meines Herrn, das muss ich zugestehen«, versetzte der Diener mit einem Seufzer.

»Seid Ihr bereit, den Willen Eures Vaters zu erfüllen, Mädchen?«, fragte Sir Giles drohend.

»O! Gebt mir Euren Rat! Was soll ich ihnen sagen?«, rief Aveline, sich an Frau Sherborne wendend. »Ich wollte, Sir Jocelyn wäre hier!«

»Es ist vergebens, ihn zu erwarten«, versetzte Sir Giles mit bitterem Lachen. »Wir haben Sorge getra­gen, ihn aus dem Weg zu halten.«

»Dann ist keine Hilfe!«, sagte Aveline verzweif­lungsvoll. »Ich muss mich unterwerfen.«

»Wir siegen«, flüsterte Sir Giles seinem Genossen zu.

»Redet nicht von Unterwerfung, meine liebe junge Dame«, bat Anthony Rocke. »Widersetzt Euch ihnen bis zuletzt . Ich will mein letztes Blut zu Eurer Ver­teidigung vergießen. Wenn mein Herr ihnen jenes Papier gegeben hat, musste er von Sinnen sein, und Ihr könnt es daher nicht anders als die Handlung eines Wahn­sinnigen betrachten.«

»Still, hohlköpfiger Tor!«, rief Sir Giles. »Und Ihr, schönes Mädchen, hört mich an, und Ihr sollt erfahren, unter welchen Umständen jener Vertrag geschlossen wurde und wie er bindend für Euch wird. Eier Vater war Sir Francis eine große Summe schuldig und hatte nur ein Mittel, sich von der Verpflichtung zu befreien  Anfangs wollte er sich desselben nicht bedienen, doch endlich versprach er Euch seinem Gläubiger und wurde dadurch von seiner Schuld frei. Wollt Ihr sein Andenken durch eine Weigerung schänden?«

»O! Wenn dies wahr ist, kann ich dem Elend nicht entgehen!«, rief Aveline. »Und es hat die Wahr­scheinlichkeit für sich.«

»Ich unternehme es, zu behaupten, dass das Dokument falsch ist«, rief Anthony Rocke. »Noch eine solche unverschämte Rede wird dir das Leben kosten, Kerl!«, rief Sir Giles wütend.

»Lest das Papier noch einmal, meine liebe junge Dame«, sagte Frau Sherborne. »Vielleicht findet Ihr etwas darin, was Ihr noch nicht entdeckt habt , und was Euch zu einem besseren Verständnis der Wünsche Eures Vaters verhelfen wird.«

»Ja, lest es – lest es!«, rief der alte Wucherer, ihr das Papier gebend. »Ihr werdet bemerken, in wel­chen kräftigen Ausdrücken Euer Vater die Erfüllung sei­ner Befehle von Euch fordert, und wie er Euch im Falle Eures Ungehorsams mit seinem Fluch droht. Lest es, sage ich, und stellt Euch vor, als rede er aus dem Grab in diesen Ausdrücken: Nimm diesen Mann zu deinem Gemahl, o meine Tochter, und nimm meinen Segen mit ihm. Verwirf ihn, und mein Fluch wird auf dein Haupt fallen!«

Aber Aveline war zu sehr mit dem Papier beschäf­tigt, um auf ihn zu achten. Plötzlich fiel ihr Blick auf etwas, was sie bisher nicht bemerkt hatte, und rief: »Ich habe die List entdeckt. Ich wusste, dass er Euch niemals diese Vollmacht würde übertragen haben.« »Was meint Ihr, schönes Mädchen?«, rief Sir Francis überrascht und beunruhigt. »Wenn auch mein Name nicht in dem Dokument steht, so bin ich doch die Person, die darin bezeichnet ist.«

»Das Dokument selbst beweist die Unwahrheit Eu­rer Behauptung«, rief Aveline freudig.

»Wieso?«, fragte Sir Giles unruhig.

»Ei! Seht Ihr nicht, dass der, dem mein Vater meine Hand zu geben beabsichtigte, Osmond Mounchen­sey hieß?«

»Osmond Mounchensey!«, rief Sir Giles stutzend.

»Dies ist eine bloße Erfindung!«, rief Sir Francis. »Es steht kein solcher Name auf dem Papier – überhaupt keiner, auch konnte keiner da sein aus Gründen, die ich sogleich erklären werde.«

»Lasst Eure eigenen Augen Euch vom Gegenteil überzeugen«, versetzte sie, indem sie ihm das Papier hinreichte, und seines Genossen erstaunten Blicken, die von Überraschung wie versteinert darauf hinschauten, den Namen deutlich geschrieben zeigte.

»Wie kam dieser Name dorthin?«, rief Sir Giles, sobald er sich fassen konnte.

»Ich kann es nicht sagen«, versetzte Sir Francis . »Ich weiß nur, dass er nicht da war, als ich – das heißt, als ich es erhielt. Es muss Clemens Lanyeres Werk sein«, fügte er leise hinzu.

»Ich sehe nicht ein, wie das sein könnte«, versetzte der andere in ebenso leisem Ton. «Die Veränderung muss geschehen sein, seitdem es in Eurem Besitz gewe­sen ist. Es hätte meiner Beobachtung nicht entgehen können.«

»Auch der meinen nicht«, rief Sir Francis. »Es ist überaus seltsam!«

»Euer schmachvoller Plan ist vereitelt«, rief Ave­line. »Lasst den, der den rechtmäßigen Anspruch hat, erscheinen , und es wird Zeit genug sein, zu überlegen , was ich tun will. Aber ich kann keine weitere Un­terredung mit Euch halten und befehle, dass Ihr Euch augenblicklich entfernt.«

»Und denkt Ihr, wir werden mit leeren Händen zurückehren wollen, schönes Fräulein?«, sagte Sir Giles, alle seine gewohnte Kühnheit wieder annehmend. »Lasst Euch nicht täuschen. Freiwillig oder mit Zwang sollt Ihr Sir Francis Mitchells Gemahlin werden. Ich habe es geschworen und werde mein Wort halten!«

»So wahr ich ein echter Gentleman bin, es wird mich unendlich bekümmern, zu äußersten Mitteln schrei­ten zu müssen, schönes Fräulein«, sagte der alte Wu­cherer, »und ich hoffe noch, Ihr werdet Vernunft an­nehmen. Wenn ich eine kleine harmlose List angewendet habe, was tut es? In der Liebe gelten alle Mittel. Und wenn Ihr alles wüsstet, würde Euch auch bekannt sein, dass ich schon zu teuer für Euch bezahlt habe, um Euch noch zu verlieren. Es koste, was es wolle, Ihr müsst die meine sein.«

»Niemals!«, rief Aveline entschlossen.

»Ihr werdet bald Euren Ton ändern, wenn Ihr findet, wie wenig Macht der Weigerung Euch übrig ist, schönes Fräulein«, sagte Sir Giles. »Eine Sänfte wartet draußen auf Euch. Wollt Ihr gefälligst ein­steigen?«

»Nicht anders als mit Gewalt, und die werdet Ihr nicht anzuwenden wagen«, versetzte sie.

»Ich rate Euch, unsere Geduld nicht auf die Probe zu stellen«, sagte Sir Giles.

»Es würde mir leid sein, Euch irgendeinen Zwang aufzuerlegen«, versetzte Sir Francis, »und ich hoffe, Ihr werdet mich nicht zwingen, gegen meine Neigung zu handeln. Lasst Euch zu der Sänfte führen.«

Als er sich ihr näherte, zog sich Aveline rasch zu­rück, und Frau Sherborne stieß einen lauten Schrei aus; aber ihr Schrei brachte keine andere Hilfe, als die der alte Anthony Rocke gewähren konnte, der sich vor seine junge Herrin hinstellte und Sir Francis aufforderte, sich zu entfernen.

Aber diese Lage der Dinge war von kurzer Dauer. Es zeigte sich bald, dass die beiden Erpresser reichlichen Beistand in der Nähe hatten, um ihren schändlichen Plan auszuführen. Sir Giles blies auf einer Pfeife und da wurde die Tür der Hütte sogleich von einem halben Dutzend Häschern aufgebrochen, die, von Capitain Bludder angeführt, hereinstürzten. Jeder Widerstand, den der alte Diener leisten konnte, war schnell überwunden. Mit einer Hellebarde zu Boden geschlagen, wurde er gebunden, geknebelt und aus dem Haus getragen. Aveline und der alten Frau warf man Tücher über die Köpfe, um ihr Geschrei dadurch zu ersticken. Beide waren halb ohn­mächtig vor Schrecken und wurden zu der Sänfte ge­tragen, die vor der Tür stand. Man schloss dieselbe und trug sie dann so schnell wie möglich in Sir Giles Mompessons Wohnung in der Nähe des Fleetgefäng­nisses. Dorthin wurde auch der alte Anthony Rocke gebracht, den unterwegs zwei Häscher sorgfältig bewachten.