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Die zwei unzertrennlichen Freunde (1030)

Historische Denkwürdigkeiten

Die zwei unzertrennlichen Freunde (1030)
Herzog Ernst von Schwaben und Graf Werner von Kyburg fallen aus Freundschaft füreinander unter den Schwertern der Kaiserlichen.

Der unerwartete Tod Kaiser Otto des III., der noch unvermählt in der Blüte seiner Jahre zu Palermo in Italien starb, stürzte das Gebäude, welches sein Großvater Otto der Große mit so vieler Mühe aufgeführt hatte, wieder zusammen.

Im Heiligen Römischen Reich war man bisher gewohnt, die Söhne ihrer verstorbenen kaiserlichen Väter nachfolgen zu sehen. Bei dem unerwarteten und kinderlosen Absterben Otto des III. entstand daher eine große Spannung, da man in der Eile nicht wusste, aus welchem Haus man den künftigen Kaiser wählen sollte.

Übrigens traten bald drei Kronwerber auf; nämlich der Herzog Heinrich von Bayern, der als ein Urenkel Kaiser Heinrich des I. mit dem sächsischen Haus verwandt war; Herzog Hermann von Schwaben, der sich bereits mit einem Heer bei Worms lagerte, um Heinrich den Weg nach Mainz zu verlegen, wo sich die fränkischen Herren versammelt hatten und Eckard, Markgraf von Meißen, welcher der tapferste Fürst seiner Zeit war.

Aber das Glück war dem Herzog Heinrich günstiger als seinen Nebenbuhlern, denn Markgraf Eckard wurde auf seiner Reise von den Söhnen des Grafen Siegfried von Nordheim ermordet, worauf Heinrich, der das Heer der Schwaben umging, glücklich nach Mainz gelangte. Hier wurde er von dem Erzbischof und den übrigen fränkischen Bischöfen und Herren als König anerkannt und auch sogleich gekrönt. Nun fiel er dem Herzog Hermann mit einiger Mannschaft ins Land, verwüstete ihm seine Güter und nötigte ihn endlich zur Unterwerfung.

Von hier ging er nach Merseburg, wo die noch übrigen Sachsen und Thüringer ihre Zusammenkunft hielten, bei der auch Boleslaw, der tapfere Herzog von Polen sich eingefunden hatte. Aber auch diese erklärten sich für Heinrich, nachdem er ihnen die Aufrechthaltung der Gesetze und ihrer Rechte versprochen hatte. Ebenso erhielt er auch zu Duisburg, wo sich die Lothringer versammelt hatten, von diesen ihre Einwilligung.

Nur Italien, vorhin eine Provinz vom Frankenreich, machte nun einen Versuch, sich von demselben wieder loszureißen, und wählte gleich nach dem Tod Otto des III. den Markgrafen Arduin von Ivrea zu ihrem König, der aber in den Mailändern eine Gegenpartei fand, welche Heinrich ins Land riefen. Heinrich zog auch sogleich nach Pavia, wo er gekrönt wurde, sobald er aber in seine Heimat zurückgekehrt war, erschien wieder Arduin mit einem weit größeren Anhang als zuvor, und Heinrich sah sich also nach mehreren Jahren zum zweiten Mal genötigt, nach Italien zu ziehen, worauf endlich Arduin, da er sich nun von all seinen Anhängern verlassen sah, in ein Kloster ging, um dort als Mönch seine letzten Tage zu verleben.

Heinrich unternahm im Jahre 1021 auf Ansuchen des Papstes noch einen dritten Zug nach Italien, nachdem die Griechen seit der Schlacht von Basantello in Unteritalien immer weiter um sich griffen, und eroberte die von ihnen neu erbaute Stadt Troja, allein böse Krankheiten, die unter seinen Kriegsleuten ausbrachen, nötigten ihn zur Rückkehr und so blieb diese Unternehmung ohne Erfolg.

Heinrich starb zwei Jahre darauf (1024) zu Bamberg und hinterließ den Ruf des frömmsten Mannes. Er wurde auch 122 Jahre später vom Papst Eugenius dem III. sowie seine Gemahlin Kunigunde unter die Zahl der Heiligen gesetzt.

Nach dem Tod dieses friedliebenden Monarchen erlosch der sächsische Königsstamm, nachdem er dem Reich fünf würdige Vorsteher gegeben hatte. Nun fiel die Wahl wieder auf das fränkische Geschlecht, aus welchem Konrad II. auch der Salier genannt, König des Heiligen Römischen Reiches wurde.

Konrad war ein würdiger Regent und lieferte vielseitige Beweise von Klugheit, Mäßigkeit und Gerechtigkeit. Das Volk liebte ihn und stellte ihn fast dem großen Karl gleich. Was er beschloss, führte er kräftig aus. Er vereinigte das burgundische Reich mit dem Heiligen Römischen Reich, befestigte und erweiterte die Königs- und Kaisermacht in diesem sowie in Italien, sicherte die Grenzen gegen die Slaven und Magyaren und strafte die Empörer.

Unter seiner Regierung trat der Gottesfriede dem Faustrecht entgegen; eine Beschränkung, dass wenigstens an den heiligen Tagen, vom Donnerstagabend bis Sonntagabend in jeder Woche, dann in der Advents- und Fastenzeit sowie in der Oktave der hohen Feste die Waffen ruhen sollten.

Den meisten Verdruss machte dem Kaiser aber sein Stiefsohn, der Herzog Ernst von Schwaben, ein edler Held voll hoher Gedanken und der Sohn der weisen und tugendhaften Gisela, welche weit und breit im Land als die Zierde aller Frauen des Reiches gepriesen wurde. Mit ihr hatte sich nach dem Tod ihres ersten Gemahls des Schwaben-Herzogs Konrad, bevor er noch König wurde, vermählt und so war Herzog Ernst sein Stiefsohn geworden.

Konrad wollte Burgund dem Heiligen Römischen Reich einverleiben und erklärte alle Ansprüche der Verwandten Rudolphs für null und nichtig. Da widersprachen ihm aber heftig der Graf Odo von Champagne, ein Sohn von Rudolphs zweiter Schwester, und Herzog Ernst von Schwaben, ein Enkel Rudolphs von dessen dritter Schwester. Die edle Gisela suchte indessen ihren Sohn Ernst mit ihrem Gatten, dem König Konrad wieder auszusöhnen, und dieser gab ihm die große Reichsabtei Kempten zum Lehen.

Hierauf ging Konrad mit dem Reichsheer nach Italien, wohin er zur größeren Vorsicht seinen Stiefsohn Ernst nahm. Nachdem die feierliche Krönung zu Mailand als König und zu Rom als Kaiser vorüber war, schickte er ihn wieder ins Reich zurück, um dort den Frieden und die Ordnung zu bewachen. Ernst dachte aber nicht an diese Pflicht, sondern wollte im stolzen Vertrauen auf seinen Mut und seiner großen Macht sein Erb recht auf Burgund behaupten. In dieser Absicht stürmte er mit seinen vielen Vasallen ins Elsass, und brach ins burgundische Reich ein, wo er von einer alten Feste aus, die bei Zürich stand, die reichen Stifte St. Gallen und Reichenau befehdete.

Wer nun von den Fürsten und großen Herren dem strengen Kaiser abgeneigt war, hielt entweder öffentlich oder geheim mit dem Herzoge Ernst. Öffentlich war Graf Werner von Kyburg sein anhänglichster Freund und der Graf Welf einer seiner gewaltigsten Vasallen. Dieser Welf, reich begütert in Bayern und im Schwabenland und aus demselben Geschlecht, von welchem Judith, die zweite Gemahlin des Kaisers Ludwig des Frommen, abstammte, verwüstete das Gebiet des Bischofs von Augsburg, der sich bei dem Kaiser in Italien befand. In Geheimen waren besonders der Herzog Friedrich von Ober-Lothringen und der jüngere Konrad, der Frankenherzog, dem Ernst von Schwaben zugetan.

Auf die erste Nachricht vom Aufstand eilte der Kaiser ins Heilige Römische Reich und sprach den Grafen Welf aller Lehen verlustig, dann berief er seinen Stiefsohn Ernst nach Ulm in Schwaben vor ein offenes Gericht. Ernst, auf seine Macht trotzend, er schien vor dem Kaiser mit all seinen Vasallen, hatte aber nicht die Absicht, seinem Anspruch zu entsagen, sondern dachte bloß zu unterhandeln. Mit diesem Vorsatz munterte er auch seine Vasallen auf und sprach zu ihnen: »Wohlauf ihr meine Mannen. Jetzt bezeugt mir die alte Schwabentreue, und wahrlich reich will ich euch vergelten!« Aber unerwartet gaben ihm diese zur Antwort: »Gegen jedermann, o Herzog, sind wir dir treu und zu jedem ehrlichen Werk bereit, nur nicht gegen den Kaiser, denn freie Männer sind wir, der Freiheit höchster Schirmherr ist aber der Kaiser. Wollten wir also ihn aufgeben, so verlieren wir die Freiheit und diese gibt kein Ehrenmann auf bis in den Tod.« Hierauf verließen ihn alle bis auf seinen Freund Werner von Kyburg. So musste sich nun Ernst dem Kaiser auf Gnade und Ungnade unterwerfen, worauf er als Gefangener nach der Burg Giebichenstein an der Saale gebracht wurde.

Konrad hielt nun Gericht über die Anhänger des Herzogs Ernst, nach welchem Graf Welf für allen Schaden Genugtuung geben und das Land verlassen musste. Die festen Schlösser fielen dann eines nach dem anderen in die Gewalt des Kaisers und selbst aus dem festen Kyburg, welches der tapfere Werner über drei Monate verteidigt hatte, musste dieser zuletzt noch immer als ein treuer Anhänger des gefangenen Herzogs Ernst entfliehen.

Nach zwei Jahren entließ Konrad seinen Stiefsohn Ernst wieder aus seiner Haft, nahm ihn in Gnaden auf und gab ihm im Jahre 1038 das Herzogtum Schwaben, jedoch unter der Bedingung, dass sich Ernst lossage von dem Grafen Werner von Kyburg, welchen der Kaiser als den Urheber der Empörung und als einen Feind des Reiches betrachtete.

Ernst gedachte aber der großen Treue, mit welcher Werner ihm anhänglich geblieben war, da ihm alle seine Mannen verlassen hatten, und entfernte sich vom Ingelheimer Osterhoftag mit dem Entschluss, lieber Land, Habe und Gut aufzugeben, als seinen Freund fahren zu lassen. Darüber erzürnte der Kaiser, er klärte ihn des Herzogtums Schwaben für immer verlustig, ächtete ihn als einen Feind des Reiches, und auch die Bischöfe sprachen über ihn den Kirchenbann aus. Beide unzertrennliche Freunde Werner und Ernst kamen nun vogelfrei erklärt zu dem Grafen Odo von Champagne und hofften, da dieser ein Feind des Kaisers war, bei ihm Beistand zu finden. Odo wies sie aber unedel von seiner Tür ab, und so mussten beide, von aller Welt verlassen, ihre Zuflucht im Schwarzwald nehmen, wo sie in einem einsamen Schloss, der Falkenstein genannt, das auf einem hohen Felsen stand, wie zwei Löwen in einer finsteren Höhle beisammen wohnten.

Da jedermann wider sie war, so zogen sie auch von diesem Schlupfwinkel gegen jedermann aus, um wenigstens von einem Tag auf den anderen nicht verhungern zu müssen.

Indessen hatte der Bischof von Kostnitz, welcher das Schwabenland für den jungen Hermann, einem Bruder des geächteten Ernst, verwaltete, den Klostervogt von Reichenau, Grafen Mangold, ausgeschickt, die zwei geächteten Freunde Werner und Ernst aufzugreifen und zu vernichten.

Da gaben sich die zwei Freunde die Hand darauf, lieber im ehrlichen Kampf zu sterben, als länger noch wie Räuber zu leben und stürzten aus ihrer Höhle durch den dunklen Wald, auf ein freies Feld hervor, wo Mangold mit dem kaiserlichen Kriegsvolk gelagert war, um den beiden Geächteten aufzulauern. Herzog Ernst fiel zuerst unter den Schwertern der Kaiserlichen, und ehe noch Graf Werner den Tod seines Freundes rächen konnte, sank auch er an seiner Seite, ihn noch mit dem Tode ringend liebevoll umfassend.

Dieses Los hatten zwei sonst edle Seelen, welche der überkühne Mut und falsch verstandener Ehrgeiz zum Widerstand gegen den Kaiser verleitete, und die wirklich verdient hätten, in einer besseren Sache zu fallen.