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Der Fluch von Capistrano – Kapitel 22

Johnston McCulley
Der Fluch von Capistrano
New York. Frank A. Munsey Company. 1919
Ursprünglich in fünf Teilen in der All-Story Weekly ab der Ausgabe vom 9. August 1919 als Serie veröffentlicht.
Kapitel 22

Eine schnelle Bestrafung

Die Männer trieben den Wagen an, Bruder Felipe hob segnend seine Hand und Don Diego de la Vega bog in den anderen Weg ein. Der taubstumme Bernardo folgte ihm auf dem Maultier.

Zurück im Pueblo stand der Händler mit Fellen und Talg im Mittelpunkt des Geschehens in der Taverne. Der dicke Wirt war damit beschäftigt, seinen Gast mit Wein zu versorgen, denn der Fellhändler gab einen Teil des Geldes aus, um das er Pater Felipe betrogen hatte. Der Magistrado verprasste den Rest.

Es gab ausgelassenes Gelächter, als man erzählte, wie der alte Felipe unter der Peitsche litt und wie das Blut aus seinem Rücken spritzte, als die Peitsche ihn traf.

»Nicht ein Wimmern kam von ihm«, rief der Händler. »Er ist ein mutiger alter Kojote! Letzten Monat haben wir einen in San Fernando ausgepeitscht, und der hat um Gnade geheult, aber einige Männer sagten, er sei krank und schwach gewesen, und vielleicht war das auch so. Ein zäher Haufen, diese Ordensbrüder. Aber es ist ein großer Spaß, wenn wir einen zum Heulen bringen können. Mehr Wein, Wirt! Felipe bezahlt ihn!«

Daraufhin gab es lautes Gelächter, und dem Gehilfen des Händlers, der einen Meineid geleistet hatte, wurde eine Münze zugeworfen und gesagt, er solle ein Mann sein und eine Runde ausgeben. Daraufhin kaufte der Bursche Wein für alle im Wirtshaus und schimpfte lauthals, als der dicke Wirt ihm kein Wechselgeld für sein Geldstück gab.

»Bist du ein Gauner, dass du Münzen klaust?«, fragte der Gastwirt.

Die in der Taverne johlten wieder vor Fröhlichkeit, und der Wirt, der den Gehilfen bis aufs Äußerste betrogen hatte, grinste, während er seinem Geschäft nachging. Es war ein großer Tag für den dicken Wirtshausbesitzer.

»Wer war der Caballero, der dem Mönch gegenüber Gnade walten ließ?«, fragte der Händler.

»Das war Don Diego de la Vega«, antwortete der Wirt.

»Er wird sich in Schwierigkeiten bringen …«

»Nicht Don Diego«, sagte der Gastwirt. »Sie kennen die große Familie Vega, nicht wahr, Señor? Seine Exzellenz selbst wirbt um ihre Gunst. Würden die Vegas auch nur einen kleinen Finger krumm machen, gäbe es einen politischen Aufruhr in dieser Gegend.«

»Dann ist er ein gefährlicher Mann?«, fragte der Händler.

Ein schallendes Gelächter war die Antwort.

»Gefährlich? Don Diego de la Vega?«, rief der Wirt, während ihm Tränen über die fetten Wangen liefen. »Du bringst mich noch ins Grab! Don Diego tut nichts anderes, als in der Sonne zu sitzen und zu träumen. Er trägt kaum je eine Klinge, es sei denn zur Schau. Er stöhnt, wenn er ein paar Meilen auf einem Pferd reiten muss. Don Diego ist ungefähr so gefährlich wie eine Eidechse, die sich in der Sonne sonnt. Aber er ist ein ausgezeichneter Gentleman, trotz alledem!«, fügte der Wirt hastig hinzu, da er befürchtete, dass seine Worte Don Diegos Ohren erreichen würden und Don Diego seine Gewohnheiten anderswo fortführen könnte.

Es dämmerte schon fast, als der Fell- und Talghändler mit seinem Gehilfen die Taverne verließ. Beide taumelten, als sie gingen, denn sie hatten zu viel Wein getrunken.

Sie begaben sich zu der Carreta, in der sie reisten, winkten der Gruppe vor der Tür der Taverne zum Abschied zu und machten sich langsam auf den Weg nach San Gabriel.

Sie reisten gemächlich weiter und tranken dabei aus einem Krug Wein, den sie zuvor gekauft hatten. Sie fuhren über den Kamm des ersten Hügels. Das Pueblo von Reina de Los Angeles war nicht mehr zu sehen, und alles, was sie erblicken konnten, war die Landstraße, die sich wie eine große, staubige Schlange vor ihnen schlängelte, und die braunen Hügel und ein paar Gebäude in der Ferne, wo irgendein Großgrundbesitzer seine Hazienda hatte.

Sie bogen ab und sahen sich einem Reiter gegenüber, der leicht im Sattel saß und dessen Pferd so quer zur Straße stand, dass sie nicht passieren konnten.

»Wende dein Pferd – wende dein Biest!«, rief der Händler. »Willst du, dass ich dich über den Haufen fahre?«

Der Gehilfe stieß einen Schrei aus, der zum Teil aus Furcht bestand, und der Händler schaute sich den Reiter genauer an. Seine Kinnlade fiel herunter, seine Augen weiteten sich.

»Es ist Señor Zorro!«, rief er aus. »Bei allen Heiligen! Es ist der Fluch von Capistrano, hier unten bei San Gabriel. Ihr wollt mich nicht belästigen, Señor Zorro? Ich bin ein armer Mann und ich habe kein Geld. Erst gestern hat mich ein Betrüger reingelegt, und ich war in der Reina de Los Angeles, um Gerechtigkeit zu erfahren.«

»Hast du sie bekommen?«, fragte Zorro.

»Der Magistrado war freundlich, Señor. Er ordnete an, es mir zurückzuzahlen, aber ich weiß nicht, wann ich das Geld bekomme.«

»Raus aus der Carreta, und dein Begleiter auch!«, befahl Zorro.

»Aber ich habe kein Geld …«, beteuerte der Händler.

»Raus aus der Carreta mit dir! Muss ich das zweimal sagen? Bewege dich oder Blei findet in deinem Kadaver ein Plätzchen!«

Nun sah der Händler, dass der Wegelagerer eine Pistole in der Hand hielt, und er quiekte vor plötzlichem Schrecken und stieg so schnell wie möglich aus dem Wagen, wobei sein Gehilfe ihm folgte. Sie standen auf der staubigen Landstraße vor Señor Zorro, zitternd vor Angst. Der Händler flehte um Gnade.

»Ich habe kein Geld bei mir, freundlicher Räuber, aber ich werde es für dich besorgen!«, rief der Händler. »Ich bringe es dorthin, wo du willst, wann immer du willst …«

»Schweig, Scheusal!«, rief Zorro. »Ich will dein Geld nicht, Meineidiger. Ich weiß alles über die Farce eines Prozesses in Reina de Los Angeles; ich habe Mittel und Wege, solche Dinge schnell herauszufinden. Der alte Mönch hat Sie also betrogen, wie? Betrüger und Dieb! Ihr seid der Schwindler. Und sie gaben dem alten und gottesfürchtigen Mann 15 Peitschenhiebe auf den nackten Rücken, weil du gelogen hast. Du und der Magistrado habt euch das Geld geteilt, um das du ihn betrogen hast.«

»Ich schwöre bei den Heiligen …«

»Tu das nicht. Du hast schon genug falsche Schwüre geleistet. Tritt vor.«

Der Händler gehorchte, zitternd wie von einer Krankheit befallen. Señor Zorro stieg rasch ab und ging vor seinem Pferd herum. Der Gehilfe des Händlers stand neben der Carreta, und sein Gesicht war weiß.

»Vorwärts!«, befahl Zorro erneut.

Wieder fügte sich der Händler; doch plötzlich begann er um Gnade zu flehen, denn Zorro hatte eine Maultierpeitsche unter seinem langen Mantel hervorgeholt und hielt sie in der rechten Hand bereit, während er in der linken die Pistole hielt.

»Dreht euch um!«, befahl er nun.

»Gnade, guter Mann! Soll ich nicht nur ausgeraubt, sondern auch verprügelt werden? Du willst einen ehrlichen Kaufmann wegen einer Diebesfehde auspeitschen?«

Der erste Schlag fiel und der Händler kreischte vor Schmerz. Seine letzte Bemerkung schien dem Arm des Wegelagerers Kraft gegeben zu haben. Der zweite Schlag fiel und der Händler ging auf der staubigen Landstraße in die Knie.

Dann steckte Zorro seine Pistole wieder in den Gürtel, trat vor und ergriff mit der linken Hand den Haarschopf des Händlers, um ihn aufrecht zu halten. Mit der Rechten schlug er ihm mit der Maultierpeitsche kräftig auf den Rücken, bis sein zäher Mantel und sein Hemd zerfetzt und vom Blut durchtränkt waren.

»Das für einen Mann, der einen Meineid leistet und einen ehrlichen Betrug bestraft!«, rief Zorro. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit auf den Gehilfen. »Kein Zweifel, junger Mann, du hast nur die Befehle deines Herrn ausgeführt, als du vor dem Magistrado gelogen hast«, sagte er. »Aber man muss dir beibringen, ehrlich und gerecht zu sein, egal wie die Umstände sind.«

»Gnade, Señor!«, heulte der Gehilfe.

»Hast du nicht gelacht, als der Schläger gepeitscht wurde? Bist du nun nicht mit Wein gefüllt, weil du die Strafe gefeiert hast, die dieser gottesfürchtige Mann für etwas bekam, was er nicht getan hat?«

Zorro packte den Jüngling am Nacken, wirbelte ihn herum und versetzte ihm einen kräftigen Schlag auf die Schultern. Der Junge kreischte und begann zu wimmern. Insgesamt erhielt er fünf Hiebe, denn Zorro wollte ihn offenbar nicht bewusstlos schlagen. Schließlich schleuderte er den Jungen von sich und schwang seine Peitsche.

»Hoffen wir, dass ihr beide eure Lektion gelernt habt«, sagte er. »Steigt in die Carreta und fahrt weiter. Und wenn ihr von diesem Vorfall sprecht, sagt die Wahrheit, sonst höre ich davon und bestrafe euch wieder! Lasst mich nicht erfahren, dass ihr gesagt habt, etwa fünfzehn oder zwanzig Männer hätten euch umzingelt und festgehalten, während ich mit der Peitsche arbeitete.«

Der Gehilfe sprang in den Wagen, und sein Herr folgte. Sie peitschten auf und verschwanden in einer Staubwolke in Richtung San Gabriel. Zorro sah ihnen eine Weile nach, dann hob er seine Maske und wischte sich den Schweiß vom Gesicht, stieg wieder auf sein Pferd und befestigte die Maultierpeitsche am Sattelknauf.

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