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Nick Carter – Inez Navarro, der weibliche Dämon – Kapitel 5

Nick Carter
Amerikas größter Detektiv
Inez Navarro, der weibliche Dämon
Ein Detektivroman

Patsys Missgeschick

Ruhig erhob sich Inez Navarro und verließ das Zimmer. Doch schon die Minute darauf kehrte sie mit zwei Briefen in der Hand zurück.

Sie händigte sie dem Detektiv ohne Weiteres aus. »Den obenauf liegenden Brief erhielt ich zuerst«, bemerkte sie leichthin.

Nick Carter zog die Zuschrift aus dem Umschlag und las dann:

Teure Inez! Diese Zeilen sollen dich nur davon in Kenntnis setzen, dass ich bisher den Nachforschungen der Häscher mich zu entziehen verstanden und einen verhältnismäßig sicheren Zufluchtsort gefunden habe. Verzeihe, dass ich dich in meine Pläne nicht einweihte, verzeihe auch den Schrecken und die Unruhe, welche du darum in Kauf nehmen musstest, und vor allen Dingen verzeihe die schmachvolle Verhaftung, welche du meinetwegen erdulden musstest. Doch ich hätte dir noch ein ungleich verhängnisvolleres Schicksal bereitet, hätte ich dich mit meinem Geheimnis vertraut werden lassen. Darum schwieg ich. Lebewohl! M.C.

Der andere, ausführlichere Brief lautete dagegen:

Teure Inez! Nunmehr sind 24 Stunden seit meiner Flucht verflossen und ich kann dir nun mitteilen, dass ich keine Gefahr mehr zu fürchten habe, denn in meinem jetzigen Zufluchtsort bin ich durchaus sicher. Man wird mich nicht wieder ergreifen. So schwer es mir wird, muss ich dich bitten, mich zu vergessen, denn ich bin deiner Freundschaft und Liebe unwürdig. Glaube nicht länger an meine Unschuld, denn ich verdiene es nicht! Nach einigen Jahren, wenn meine heutigen Taten in Vergessenheit geraten sind, werde ich es wieder wagen, mich dir zu nähern, falls du dann noch etwas von mir wissen wollen wirst. Doch vorläufig, geliebte Inez, versuche mich zu vergessen, ich muss für dich sein, was ich auch sicher geworden wäre, wenn meine Flucht sich als Fehlschlag erwiesen hätte – nämlich tot. Natürlich werden sich nun in üblicher Weise die Detektive an deine Fersen heften, denn in ihrer Überklugheit werden sie nicht glauben können, dass du um meine Flucht nicht gewusst haben solltest. Besonders der Allerweltsschnüffler Nick Carter wird all seine Künste entfalten. Er ist ein leidlich guter Kerl, und ich könnte ihn wie einen Bruder lieb haben, wären wir vom Schicksal nicht zu geborenen Todfeinden erkoren. Du magst den Spürhunden der Polizei immerhin meinen Brief zeigen, aber es wird nicht recht Wirkung auf die Herrschaften ausüben, denn diese glauben nur an sich – und ich kann es ihnen nicht übel nehmen, legen sie meinen Worten nur wenig oder kein Gewicht bei, denn ich habe es bunt genug mit ihnen getrieben!

Das ist alles, was ich für heute zu sagen wage. Ich möchte dir noch so viel schreiben, denn das Herz ist mir übervoll – hier würde Nick Carter lächeln, denn er hält mich für herzlos. Ah! Wie wenig wissen wir über unsere Mitmenschen! Doch ich bescheide mich, Liebling. Wäre ich deiner würdig, so hätte ich Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um dich zu erringen; aber ich bin deiner so unwürdig wie möglich – und darum lebe wohl und vergiss nicht ganz deinen ewig getreuen

M.C.

Ehe Nick Carter die Briefe zurückgab, schaute er noch den Poststempel auf den Umschlägen sorgsam nach; doch der besagte nur, dass beide Briefe auf der Hauptoffice aufgegeben worden waren, und zwar der erste wenige Stunden nach Morris Carruthers Entspringen und der zweite am Spätnachmittag des darauffolgenden, also des gestrigen Tages.

»Danke Ihnen, Miss«, meinte er trocken, die beiden Briefe der jugendlichen Hausherrin zurückgebend, »wertvolle Briefe für Sie … eine großartige Entschuldigung und Weißwaschung, sieht beinahe aus wie auf Bestellung gearbeitet.«

»Sie haben recht, Mr. Hallelujah – oder wie Sie sonst heißen, aber ich zeigte Sie Ihnen nicht, um mich in Ihren Augen dadurch weiß zu waschen.«

»Nicht? Aus welchem Grund denn?«

»Sehr einfach. Hätte ich Ihnen gesagt, ich sei ohne Nachricht von Mr. Carruthers geblieben, so würden Sie mir nicht geglaubt haben. Darum zeigte ich Ihnen die Briefe – das ist alles!«

Nick Carter erhob sich. Das gelassene Benehmen der jungen, schönen Frau, das auf vollkommene Unschuld schließen ließ, betrog ihn trotz alledem nicht. Es lag in diesen wundervollen Mädchenaugen etwas, das wie ein bodenloser Abgrund schien, der in die Tiefe führte. Aus dieser Tiefe schienen Stimmen zu kommen und im geistigen Ohr des erfahrenen Menschenkenners wider zu klingen; Stimmen, die nichts gemein hatten mit den Unschuldsversicherungen dieser engelsgleichen Frau; Stimmen aus der Tiefe, welche von Höllentücke und teuflischer Verschlagenheit sprechen und ihn zu mahnen schienen, auf seiner Hut zu sein; Stimmen endlich, die ihm zuraunten, dass diese gelassene Fassung des wunderholden Mädchens nur eitel Spiegelfechterei war, dass sie heimlich vor Enttäuschung zitterte – und mehr noch! Dass sie genau um den gegenwärtigen Zufluchtsort des flüchtigen Morris Carruthers wusste, und dass wiederum sie es war, welche dieses Versteck mit klugem Vorbedacht schon zuvor hergerichtet und vorbereitet hatte.

»Wollen Sie schon wieder aufbrechen?«, fragte Inez Navarro höflich, indem sie sich gleichfalls erhob.

»Ja, es wird wohl am besten sein. Geht es nach Ihnen, so habe ich meine 100 Dollar verloren.«

»Aber Sie haben doch noch gar keine Detektivarbeit verrichtet?«

Blitzschnell kehrte sich Nick Carter um und starrte ihr ins Gesicht, aus dem unter seinem Blick schnell das spöttische Lächeln wieder verschwand, das sie hinter seinem Rücken aufzustecken gewagt hatte. Nun war es der Detektiv, der unmerklich spöttisch lächelte, denn diese übermütige Frage war der erste grobe Fehler, welcher der jungen Frau in der bis dahin bewunderungswürdig gespielten Rolle unterlaufen war, ein Fehler ihres feurigen, ungeduldigen Temperaments zweifellos, aber immerhin ein grober Fehler, der bewies, dass sie sich durchaus nicht so unschuldig fühlte, wie sie sich den Anschein gegeben hatte.

»No, Ma’am«, entgegnete er. »Ich habe bis jetzt noch keine Detektivarbeit getan, doch vielleicht hole ich das später noch nach. Daran sind Ihre schönen Augen schuld, deren feuriger Glanz den Sinn verwirrt. Übrigens eine Frage, Miss. Haben Sie vielleicht um Ihr Haus einen jungen Burschen herumlungern sehen, der etwa wie ein Laufjunge von einem Grünwarenhändler oder Schlächter aussieht?«

»Gewiss«, entgegnete Inez, ohne dass sich der geringste Zug in ihrem gleichgültig dreinblickenden Gesicht veränderte. »Wenn Sie den jungen Mann meinen, der das Haus hier überwacht, so habe ich ihn natürlich bemerkt. Ich nahm an, dass er mich beobachten sollte, falls ich einen Ausgang unternähme – und um ihm die Freude zu machen, ging ich wirklich aus. Leider verlor ich ihn unterwegs, oder vielmehr er mich, was mir recht leid tat. Hoffentlich findet der Kleine den Nachhauseweg allein und verläuft sich nicht?«

»Wir wollen es nicht hoffen«, bemerkte Nick, anscheinend den giftigen Spott in den Worten des Mädchens nicht gewahrend. »Eine recht heilsame Lehre für den Burschen; er wird sich auf seine Fähigkeiten wohl nicht mehr so viel einbilden, nun, da er gemerkt hat, wie leicht es Ihnen fiel, sich seiner zu entledigen.«

»Es war wirklich nicht schwer!«, versicherte Inez Navarro lächelnd. »Ich glaube, es war bei Siegel Cooper oder in einem anderen großen Warenhaus, wo ich ihn loswurde.«

»Schönen Dank für Ihre Auskunft, Miss Navarro. Darf ich auf gnädigen Empfang hoffen, falls ich nochmals vorsprechen sollte?«

»Mit Vergnügen werde ich Sie jederzeit empfangen. Ich habe Sie angenehm unterhaltend gefunden!«, bemerkte das Mädchen sarkastisch.

Nick Carter empfahl sich und bestieg an der nächsten Straßenecke eine Cab, welche ihn rasch zu dem unteren Teil der Stadt brachte. Eine Viertelstunde später befand sich der Detektiv wieder in der Privatoffice seines Freundes McClusky.

»Inspektor«, bemerkte er, kaum dass er dem anderen gegenüber Platz genommen hatte, »ich denke, wir stimmen in der Beurteilung von Morris Carruthers überein. Er ist ein ideal veranlagter Halunke.«

»Well, er ist eben der Verbrecherkönig, das sagt alles. Doch du bist wohl nicht gekommen, Nick, um mir diese überraschende Neuigkeit mitzuteilen?«

»Nein. Ich will nur sagen, dass ich heute eine junge Frau gefunden habe, das noch viel geriebener ist als Morris Carruthers; ja, ich bin bescheiden genug, dich und mich mit einzubeziehen – ein Frauenzimmer kurzweg, das höllisch schlau und durchtrieben ist und vor dem man sich, so schön sie auch ist, fürchten möchte.«

»Du sprichst von Inez Navarro?«, entgegnete der Inspektor.

»Von ihr. Ich komme eben aus ihrem Haus – demselben Haus, in welchem Morris Carruthers sich gegenwärtig verborgen hält.«

Inspektor McClusky sprang auf, als hätte er nicht recht gehört. »In welchem Morris Carruthers sich verborgen hält?«, wiederholte er kopfschüttelnd.

Der Detektiv nickte gelassen. »Wie ich sagte. Morris Carruthers steckt so gewiss in diesem Haus wie du etwa in deiner Haut. Das ist doch wohl verständlich ausgedrückt?«

»Mit anderen Worten also, du meinst es auf eine Haussuchung ankommen lassen zu wollen?«

Nick Carter winkte abwehrend mit beiden Händen.

»Wer spricht davon! Das wäre die größte Dummheit, denn meine Beweise sind keine solchen in den Augen des Richters, sondern Schlüsse, von deren absoluter Richtigkeit ich überzeugt bin. Es sollte mir aber schwer fallen, auch nur dich davon zu überzeugen.«

»Also leere Vermutungen …«, meinte der Inspektor achselzuckend.

»Vielleicht noch weniger, vielleicht auch mehr – eben noch Seifenblasen, die sich in der nächsten Minute zu Kanonenkugeln, die ins Schwarze treffen, verdichten mögen. Sage aber einmal, George, was weißt du von dem gelähmten Vater?«

»Ich? Nichts!«, entgegnete der Inspektor erstaunt. »Meinen Leuten gelang es, die Nachbarschaft abzufragen, daher meine Kenntnis.«

»Auf die brauchst du dir nichts einbilden, mein lieber George«, meinte der Detektiv sarkastisch. »Deine Leute sind – nun, sie sind nicht klug«, schloss er diplomatisch.

»Was soll das nun wieder heißen?«, fragte der Inspektor erstaunt. »Wohin zielst du, Nick?«

»Einfach dahin, dass diese Inez Navarro nicht das ist, wofür sie sich ausgibt – und am wenigsten ist sie das unschuldige Rentnertöchterlein aus der guten Gesellschaft. Dieser sagenhafte Vater und die immer auf Reisen befindliche lebenslustige Stiefmutter sind ganz famose Staffagen, um das bewusste Skelett im Haus – in diesem Fall mögen es deren auch zwei sein – zu verdecken. Verwünscht schlauer Gedanke; man wohnt in der vornehmsten und teuersten Lage von New York, also innerhalb einer Nachbarschaft, wo man vor zudringlichen Fragen sicher ist und es Personen, welche spurlos zu verschwinden wünschen, leicht fällt, dies ohne Hinterlassung von irgendeiner Adresse zu bewirken.«

»Das ist aber alles kein Beweis …«

»Doch, höre nur!«, fuhr der Detektiv im Ton überlegener Ruhe fort. »Der unerreichte Scharfsinn dieser Inez ist bewunderungswürdig. Aber schließlich ist sie nicht allwissend. Sie kann unmöglich ahnen, dass ich einen an sie von Carruthers gerichteten Brief gelesen habe, in welchem er zu ihr spricht, wie eben nur ein abgebrühter Verbrecher zu seinem Berufskollegen und Verbündeten sprechen kann. Siehst du, Inspektor, zu diesem Briefe taugt ihre madonnengleiche Haltung schlecht. Sie behauptet, von Morris Carruthers Verbrecherlaufbahn nichts gewusst zu haben, doch ich weiß das Gegenteil – und daraus folgert ohne Weiteres, dass sie auch nicht, wie sie ebenfalls glauben machen möchte, als überspannte höhere Tochter sich zur Seite des Heißgeliebten im offenen Gerichtssaal niedergelassen hat, um aller Welt kundzutun, wie sie an den Herrlichsten von allen und dessen Unschuld glaubte, sondern sie saß neben ihm, um die Flucht vorbereiten zu können. Weiter! Wenige Minuten, nachdem Morris Carruthers entflohen war, spielte schon der Telegraf nach allen Richtungen. Er hat also keine Zeit gehabt, sich auf das Geratewohl dahin oder dorthin zu flüchten, sondern er verließ den Gerichtssaal, um sich auf direktem Weg zu seinem jetzigen Schlupfwinkel zu begeben – und ich wette meinen Kopf gegen eine taube Nuss, dass dieser Schlupfwinkel nur in dem Haus der Inez Navarro gefunden werden kann. Übrigens demselben Haus, das der flüchtige Morris Carruthers aufsuchen wollte, als er dem hiesigen Polizeigefängnis entwichen und in McGonnigals Dive geflüchtet war, wo ich ihn glücklich aufspürte.«

Der Inspektor war mit starken Schritten im Raume auf- und niedergegangen.

»Aber das sind doch alles nur Vermutungen, die …«

»… sich bis morgen Vormittag in überzeugende Beweise verwandelt haben dürften, falls ich dann noch am Leben bin«, ergänzte Nick Carter trocken. Er stand auf und verabschiedete sich. »Also bis dahin, George.«

Vergeblich rief ihm der Inspektor nach, doch zu bleiben. Nick schüttelte nur mit dem Kopf und versuchte auf kürzestem Weg sein eigenes Heim zu erreichen.

Dort traf er bereits Patsy an, der schon seit geraumer Zeit auf ihn gewartet hatte.

»Nun, Patsy, was ist los?«, fragte der Detektiv beim Eintreten.

»Nichts ist los – am wenigsten mit mir!«, stöhnte sein getreuer Gehilfe, sich verlegen hinter dem Ohr kratzend. »Ich weiß nur, dass ich der größte und bornierteste Einfaltspinsel bin, den es überhaupt je gegeben hat, dass ich zu meinem Beruf eben so viel tauge wie eine lahme Waschfrau als Preisboxer, das ist alles, was ich bin – nun wissen Sie es mit einem Atemzug, Meister!«

Der Detektiv musste lachen, als er die betrübte Miene seines getreuen Gehilfen wahrnahm, der in seinen Augen als einer der zuverlässigsten und gewieftesten Fachmänner galt.

»Gib dich zur Ruh’, bewegt’ Gemüt!«, scherzte er. »Was ist eigentlich los?«

»Los?«, schrie der brave Patsy nahezu außer sich. »Der Teufel ist los … ein Frauenzimmer, sage und schreibe ein Frauenzimmer hat mich zum Narren gehalten – das ist los!«

»Ha!«, machte Nick, ein Lächeln verbeißend. Er ließ sich in einen Lehnstuhl fallen und sah amüsiert auf den erregt mit den Armen Fuchtelnden.

»Ich musste wie so’n Kreisel hinter ihr hertanzen«, berichtete Patsy in immer neu wieder aufbrausendem Zorn. »Das ging wie so’n Donnerwetter … rein in die Kaufläden und wieder raus. Na, mich kriegst du doch nicht dran, dachte ich … aber prosit die Mahlzeit, es kam ganz anders, als ich es mir dachte. Es war eine wilde Hetzjagd, in Geschäfte, in Hotels, in Penny Arcaden, wo man für einen Cent die Wunder des Kinematografen anstaunen kann … rauf in einen Hochbahnzug … runter zu der Tiefbahn, von da wieder in Straßencars … und schließlich zu der Grand Central Station … und dort flitzt das – das Frauenzimmer in ‘nen Raum, der ausschließlich für Damen bestimmt ist und in welchem sich diese auch nicht länger wie absolut notwendig aufzuhalten pflegen …«

»Ich verstehe«, warf der Detektiv lächelnd ein. »Doch unsere Schönheit hielt sich länger auf?«

»Well, ich glaubte zuerst, sie hätte dort eineWohnung genommen!«, brummte Patsy niedergeschlagen. »Zwei ganze Stunden saß ich nebenbei und ließ die verd… Tür nicht aus den Augen, durch welche sie wieder kommen musste, denn es gibt dort nur eine Tür … und was geschah, Meister? Plötzlich fühle ich eine leichte Hand auf meiner Schulter – und wie ich mich umwende, da steht sie hinter mir und lacht mich so süß und freundlich an, dass ich ihr an die Kehle hätte fahren mögen. ›Ist das lange Warten nicht langweilig?‹, flötet sie.

›Well, da können Sie Ihr gesegnetes Leben darauf wetten‹, entgegne ich, entschlossen, den Stier bei den Hörnern zu packen, denn ich wusste ja, dass sie hinter meine Absicht gekommen war. ›Wo waren Sie denn so lange?‹

›Well‹, antwortet sie mit einer Holdseligkeit, dass mir der Atem stockte und ich mit Vergnügen zum Mörder geworden wäre … ›Well, ich kam gleich wieder heraus und war inzwischen wieder zu Hause, bis mir der kleine Junge einfiel … armes Kerlchen‹, dachte ich, ›er wird sich die Füße erkälten, muss er in dieser scharfen Januarluft so lange in der Kälte sitzen – und da kam ich gutherzig wieder hierher, um dir einen zarten Wink zu geben, kleiner Mann.‹

Ja, so sagte sie«, stöhnte der brave Patsy kläglich auf. »Es wäre mir lieber gewesen, man hätte mich verhauen, denn jedes ihrer Worte war mit Bosheit durchtränkt.«

»Und was sagte sie sonst?«, erkundigte sich Nick Carter lächelnd.

»Well, sie sagte: ›Geh nun schön nach Hause, kleiner Mann. Während du hier wartetest, empfing ich in meinem Haus deinen Meister, Mr. Nick Carter … und er machte kein geistreicheres Gesicht als du … und nun geh artig zu deiner Mama, mein Junge, und erfriere dir die Nasenspitze nicht … Du findest doch hoffentlich nach Hause? Oder soll ich dich einem Policeman übergeben?‹ … Ja, so sagte sie, und dabei lachte sie wieder so … so … so unverschämt frech, ich kann gar nichts anderes sagen, aber sie hat mich frech angelacht«, endete Patsy voller Entrüstung.

»Well, sie hat mich erkannt – keiner erkannte mich, nur sie … und ich sah sie meines Wissens zum ersten Mal!«, bemerkte der Detektiv nachdenklich. »Das ist ein weiteres Zeichen ihrer Überlegenheit – und ihrer Gefährlichkeit. Nicht dieser Morris Carruthers ist der zu Fürchtende – diese dämonisch schöne Frau ist es, und Carruthers scheint nur ihr Handlanger zu sein … ich tue ihr nicht Unrecht, nenne ich sie jetzt schon Verbrecherkönigin … und doch hat sie gerade in ihrer Überlegenheit zu viel verraten … sie fürchtet uns … sie fürchtet uns!«, wiederholte er, aufspringend und mit der flachen Hand auf den Tisch schlagend. »Warum sollte sie uns aber fürchten? Nur weil Morris Carruthers im Haus steckt, nur darum fürchtet sie unseren Scharfblick, das ist die einzig verwundbare Stelle … und beim Ewigen … es soll nicht wieder Tag werden, ehe ich nicht dem vermeintlichen oder wirklichen Geheimnis ihres Hauses auf die Spur gekommen bin!«

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