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Die Riffpiraten – Kapitel 6

Heinrich Klaenfoth
Die Riffpiraten
Verlag Albert Jaceo, Berlin, um 1851

Kapitel 6
Das Gitter

Es war eine kühle, angenehme Nacht, eine Eigentümlichkeit des heißen mexikanischen Himmelsstriches, als der Prinz von einem Ball zurückgekehrt war, den der Bankier ihm zu Ehren in dem elegantesten Gasthof der Stadt veranstaltet hatte. Er hielt noch mit seinem verliebten Herzen über die Nachbarin Rat und dachte unter solchen Zerstreuungen nicht an sein Lager. Seinen Mameluken, der sich einfand, ihn zu entkleiden, hatte er bereits wieder fortgeschickt.

Der volle Mond blinkte freundlich in das Zimmer, und der Prinz löschte die brennende Kerze aus, um den Hochgenuss eines hellen, klaren Mondlichtes ungeschwächt zu genießen.

Er trat langsam an das Fenster, um es zu öffnen und hinauszuschauen. Unwillkürlich lenkte sich sein Blick hierbei zuerst auf das Fenster der schönen Nachbarin. Fast erschreckt fuhr er in demselben Augenblick zurück, denn ein günstiger Zufall gewährte ihm einen Anblick, nach dem er sich so lange vergeblich gesehnt hatte. Judith, ebenfalls von der herrlichen Mondscheinnacht angezogen, hatte dem Schlummer entsagt und sah aus dem Fenster, welches dem Zimmer Mazambas zunächst lag.

Der Prinz hatte sich von seiner ersten Bestürzung schnell erholt. Er beugte sich weiter aus dem Fenster und sagte so einschmeichelnd wie möglich: »Guten Morgen, schöne Nachbarin.«

Judith dankte ihm und zog sich dann sehr schnell zurück, sodass es schien, als sei sie ebenso überrascht und bestürzt wie zuvor der Prinz.

Allein Mazamba, welcher sich bis ziemlich an ihr Fenster beugen konnte, bat mit so zärtlichen und eindringlichen Worten, dass Judith sich bewegen ließ, wieder in dem Fenster zu erscheinen.

»Vor allen Dingen«, sagte sie, »muss ich bitten, leise zu reden, weil ich einerseits unserer Nachbarn wegen in der Nacht keine Unterhaltungen von hier aus mit Ihnen haben kann und mag, und andererseits schläft mein Onkel hier gerade unter mir, der so eigensinnig ist, mich, seitdem Sie hier sind, in diesem Zimmer einzukerkern.«

»Wenn es weiter nichts ist, schöne Judith«, antwortete der glühende Prinz im leisen Ton, »so könnte hier schon Rat werden. Da Sie grausamer Weise sich in der Lage einer Gefangenen befinden, so bin ich, aus reiner Teilnahme an Ihrem Geschick, gern erbötig, die Gefangenschaft mit Ihnen zu teilen und Ihnen die schwache Kraft meiner Unterhaltung zur Disposition zu stellen.«

»Sie sind zu galant«, sagte Judith und fasste ihr großes Umschlagtuch unter dem Kinn zusammen, wobei ihr schöner nackter Arm zum Vorschein kam. »Aber Sie würden wenig Zerstreuung bei einer armen Gefangenen, wie ich bin, finden.«

»Alles, was die Welt Schönes besitzt, finde ich in Ihrer reizenden Nähe«, sagte der verliebte Prinz und nahm die eine ihrer langen Flechten, die über die Fensterbrüstung hing, in seine Hand, um sie an seine Lippen zu drücken.

»Aber ich bitte Sie! Sie machen einen Missbrauch von meinem Zutrauen«, sagte sie. »Ich glaubte nicht, dass Sie meine Person in solcher Weise angreifen würden.« Dabei machte sie sanfte Bewegungen, ihm den Zopf zu entziehen.

»Nimmermehr lasse ich als ein kluger Feldherr diesen kleinen Vorteil fahren«, antwortete der Prinz und hielt die Flechte fest. »Jedenfalls werden Sie mir beistimmen, wenn Sie in meinem Interesse gerecht sein wollen.«

»Da mögen Sie nicht ganz unrecht haben, wenn es auf einen Angriff abgesehen ist. Ich habe aber nicht geglaubt, dass Sie gegen ein so armes Geschöpf, wie ich bin, feindliche Absichten haben würden. In meinem eigenen Interesse werde ich streben, wieder frei zu werden.«

»So glauben Sie also wirklich, ich könnte feindliche Absichten gegen Sie hegen.«

»Sie würden mich ebenfalls gänzlich unterjochen, falls Sie mich in Ihrer Gewalt hätten, mich zur Gefangenen machen, wie mein grausamer Onkel, da Sie schon mit dem Zopf den Anfang machen.«

»Nur, wenn Sie sich freiwillig in meine Gewalt begeben möchten, meine Teure«, entgegnete der Prinz und nahm die weiche Hand der Kreolin, um sie an seine Lippen zu drücken. Ein Gefühl der Zuneigung durchglühte das Innere des Prinzen.

Seine Hand zitterte in der der Jüdin, welche antwortete:  »Wenn ich erst von Ihnen befreit sein werde, verschwinde ich ein für alle Mal, um mich nicht wieder leichtsinniger Weise diesen Gefahren der Überrumpelung auszusetzen.«

»Und ich würde Sie nie wieder aufgeben, wenn ich auch die Schlösser Ihrer Tür aufbrechen sollte.«

»Nun, diese Drohungen können mich eben nicht ängstigen, da das Gemach, welches ich bewohne, eigentlich das Kontor meines Onkels und nur vorläufig wegen einer Veränderung im Haus für mich eingeräumt worden war, daher ganz fest verwahrt ist. Die beiden Türen und die Fenster sind mit Eisengittern versehen. Das Gitter vor diesem Fenster kann beliebig von innen geschlossen und geöffnet werden.«

»Das glaube ich nicht, mit Ihrer Erlaubnis, schöne Judith«, sagte der Prinz, »es sei denn, dass ich mich davon überzeuge.« Er hielt ihre Hand und ihre Flechte noch immer in der seinen fest.

»Davon werde ich Sie sofort überzeugen, wenn Sie mir nur erlauben, die Tür, welche diese beiden Gemächer trennt, zu öffnen.«

Der Sultan küsste noch einmal mit Inbrunst die Hand und die Flechte, dann sagte er: »Öffnen Sie die Tür.«

Die Kreolin zog sich zurück und sagte:  »Merken Sie gefälligst auf. Jetzt lege ich das Gitter vor dieses Fenster und verschließe es, und nun …«

Es drehte sich ein Schlüssel im Schloss der Tür und Judith fuhr fort:  »Jetzt belieben Sie nur, die Tür zu öffnen.«

Der Prinz machte die Tür auf und es lag vor der Öffnung ein Eisengitter, welches aus Quadraten zusammengesetzt war, durch das man höchstens einen Arm zwängen konnte.

Es war inzwischen die Morgendämmerung eingetreten und der Prinz sah die Kreolin in ihrer ganzen Größe vor sich stehen. Sie erschien in einem reizenden Morgenanzug, trug ein Paar Pantoffel aus Seidenstickerei, mit dem Daunenbalg eines Vogels ausgelegt, und ihr Antlitz von der jugendlichen Frische der Rosen eingehaucht, strahlte in der immer mehr abnehmenden Morgendämmerung.

»Sie entzücken mich mit dieser kleinen Zutraulichkeit, angebetete Judith«, sagte der Prinz mit einem schmachtenden Blick, indem er die Arme nach ihr ausstreckte. »Aber nun lassen Sie uns aus dieser Gelegenheit Nutzen ziehen, lassen Sie mich Ihre Hand erfassen.« Er steckte seine beiden Arme durch das Gitter.

»Nimmermehr«, sagte die Jüdin, »das ist wider die Verabredung. Dies war nur eine Kriegslist meinerseits, um von Ihnen fortzukommen«, setzte sie schalkhaft hinzu. »Doch nun hört unsere Unterhaltung auf, da ich schon viel zu weit gegangen bin.«

»Sie sind nicht zu weit gegangen, Angebetete. Wenn Sie nur irgendein Zeichen für mich, der ich zu Ihren Füßen schmachte, kundgeben wollten.«

»Meine Zeit ist um, ich muss unter allen Umständen jetzt mit Ihnen abbrechen.«

»Und ich lasse die Tür nicht wieder los, da ich durch dieselbe mindestens das Glück Ihres Anblicks habe.«

»Dass Sie die Tür wieder anlehnen, bin ich von Ihrer ritterlichen Ehrenhaftigkeit überzeugt, wenn Sie eine Dame darum bittet; allein Sie werden sehen, welche Vorkehrungen ich zu treffen imstande bin.«

Nach diesen Worten schob Judith schnell einen seidenen Vorsatzschirm herbei, welchen sie in der Entfernung einer Manneslänge vor das Gitter rückte und der die Aussicht in dreifacher Breite der Tür bedeckte.

»Guten Morgen, Hoheit«, sagte die Kreolin, indem sie sich hinter den Schirm zurückzog.

»Ist es Ihr voller Ernst?«, fragte der Prinz. »Wollen Sie unsere Unterhaltung abbrechen?«

»Es ist mein voller Ernst.«

»Lassen Sie sich nicht erbitten? Wollen Sie mir Ihre Gegenwart entziehen?«, fragte der Sultan im Ton der Verzweiflung.

»Ich muss!«, war ihre Antwort.

»So werde ich tun, was Sie wünschen.«

Er lehnte die Tür an, welche Judith sofort wieder verschloss.

So vergingen drei volle Tage, ohne dass der Prinz, alles Bittens und Flehens ungeachtet, welches er vor der Tür von Zeit zu Zeit versuchte, Gehör finden konnte. Der Schlaf verließ ihn, der Appetit verging ihm, seine Unruhe und die Sehnsucht nach der unbarmherzigen Jüdin war unbegrenzt.

Am dritten Tag, gegen Mitternacht, kurz nachdem der Prinz von einem Ausflug bei den Überresten der zwei Pyramiden von St. Juan du Inotisuacan im Tal von Mexiko in seiner Wohnung angekommen war, hörte er ein leises Pochen. Als er nach der Ursache desselben fragte, ersuchte ihn Judith um eine Unterredung am Fenster. Die Wirkung, welche diese Aufforderung auf den Prinzen machte, war groß, sein Herz bebte vor Entzücken – er riss das Fenster auf.

»Sie sind sehr grausam, dass Sie sich mir so lange entzogen haben«, sagte der Prinz und erfasste die Hand der Jüdin, welche sie ihm ohne Weiteres überließ.

»Ich bedauere Sie, wenn Sie, was ich glauben will, eine Neigung für mich gefasst haben«, sagte die Kreolin. »Allein, angenommen, ich fühlte eine Gegenneigung für Sie, wie unglücklich wäre ich, wenn ich eine solche Annäherung zuließe, da ich in meiner Lage nie auf den vollständigen und dauernden Besitz Ihres Herzens rechnen könnte.«

»Nicht allein auf den vollen Besitz meines Herzens, sondern auch auf Rang und Ansehen, auf alles, was ich besitze, können Sie mit Bestimmtheit rechnen, teuerste Judith!«, sagte der Prinz feurig und presste die Hand der Kreolin an seine Lippen, wobei er einen feurigen Gegendruck empfand.

»Aber die heidnischen Sitten und Gewohnheiten in Ihrer Heimat, wo Sie in der Polygamie zu leben gewohnt sind, stoßen ein Herz, wie das meine, das in ganz anderen Grundsätzen erzogen ist, welches viel zarter fühlt als die Herzen der Damen Ihrer Insel, gänzlich von sich, und ich glaube, dass Sie nach Ihren Gewohnheitsbegriffen eine stille Zuneigung, wie wir sie hegen, nicht zu würdigen wissen, da Sie nicht einer aufrichtigen dauernden Liebe, sondern nur einer momentanen Aufwallung fähig sind.«

»Könnte ich Ihnen doch mein Innerstes aufdecken, himmlische Judith, um Ihnen die Wahrheit meiner Liebe und ihre ewige Dauer zu beweisen, so würden Sie sich von der Aufrichtigkeit meines Herzens überzeugen«, rief der Sultan-Thronfolger mit dem Ausdruck des höchsten Entzückens. »Diese ganze Menge von Frauen, von der Sie reden und die mir die Sitte des Landes in meinem Stand zu halten auferlegt, bei denen nur die Sinnlichkeit, aber nicht das Herz Befriedigung findet, gebe ich für Ihren alleinigen Besitz fort«, fügte der Prinz hinzu, »und als Beweis führe ich an, dass ich alle diese Frauen auf lange Zeit gleichgültig verlassen habe, wenn Sie mir nur Zutrauen schenken wollten.«

»Ach, wie gern, wie zu leichtsinnig traut das zartfühlende Herz eines jungen Mädchens dem Gegenstand seiner Neigung. Aber welches Unglück würde es über mich bringen, wollte ich dem Drang meines Herzens folgen und Ihnen nicht nur meine Gegenneigung gestehen, sondern mich Ihnen gänzlich hingeben.«

Sie neigte ihr Antlitz zum Prinzen hinüber, der seine glühende Wange an die ihre legte und das geliebte Wesen so fest an sich presste, wie es die Umstände erlaubten.

»Welch ein Himmel von Wonne, Angebetete«, rief der Prinz im höchsten Rausch des Entzückens.

»Welche Garantie wären Sie mir für die wirkliche und dauernde Aufrichtigkeit Ihres Herzens zu bieten imstande, wenn ich Sie meiner Gegenliebe versicherte?«, fragte Judith und berührte mit ihrem Mund die brennenden Lippen des Prinzen.

»Mein Leben will ich Ihnen opfern, Judith!«, rief er.

»Ich bin davon überzeugt, dass Sie es in der ersten leidenschaftlichen Aufwallung tun würden!«, fuhr die Kreolin fort. »Aber welche Stellung können Sie mir Ihren Verhältnissen nach anbieten, die für meine Person für die Dauer sein wird.«

»Sie werden meine legitime Ehegattin.«

»Damit wären in der Tat die kühnsten Wünsche befriedigt, die ein Mädchen meines Standes nur hegen kann. Aber was würden Ihr Vater und Ihre Untertanen zu einer solchen Verbindung mit einer Ihnen nicht ebenbürtigen Dame sagen?«

»In meinem Land, welches ich einst als unumschränkter Sultan regieren werde, kennt man keine Ebenbürtigkeit. Dort mache ich selbst das Gesetz und vollziehe es. Keiner von meinen Untertanen hat mich wegen meiner Handlungen als seinen Souverän zur Verantwortung zu ziehen.«

»Sie wollten mich also in alle jene Rechte einsehen, welche diejenige genießt, welche die rechtmäßige Frau eines Fürsten ist?«, fragte die Kreolin mit großer Anmut, indem sie dem Sultan mit der Hand die Wangen streichelte.

»Das will ich«, antwortete der Prinz.

»Es ist hier bei uns zu Lande Sitte, dergleichen Verhandlungen schriftlich abzumachen. Wollen Sie mir einen hierüber lautenden Revers ausstellen.«

»Auch das will ich«, sagte der Prinz.

»Nun gut denn, tun Sie es sofort, ich werde öffnen.«

Die Kreolin schloss das Fenster, ließ das Rollo herunter, brannte eine Anzahl Kerzen an und öffnete die Tür, jedoch, wie früher, mit vorgelegtem Gitter.

Das Gemach war mit einer schwarzen Decke ausgelegt, welche den ganzen Fußboden überspannte. In mehreren Vasen standen Bukette mit einheimischen Blumen. Vor der Tür zu beiden Seiten befanden sich kleine Tische mit brennen Kerzen.

Die Kreolin zeigte sich in einem über Brust und Taille eng anschließenden reizenden Gewand mit kurzen Ärmelchen, unter denen feine Spitzen sichtbar waren, und in einem kurzen Röckchen, welches ihr bis dicht unter das Knie reichte.

Die Haare waren einfach gescheitelt und hingen in zwei breiten Zöpfen, welche in Bandschleifen endeten, auf den Rücken herunter. Die schönen Schultern und Arme waren entblößt, um den Hals lag ein Geschmeide von großem Wert.

Der Prinz, durch ihren Anblick entzückt, streckte seine Arme durch das Gitter, in welche die Kreolin sich mit allem Feuer und der Zärtlichkeit eines liebenden Mädchens stürzte.

»Aber«, sagte der Prinz, »wollen wir nicht dieses lästige Gitter entfernen?«

»Das ist durch nichts möglich zu machen«, erwiderte Judith, »da mein Onkel es eigenhändig verschlossen hat.«

»So werde ich durch die andere Tür zu Ihnen kommen.«

»Auch das ist unmöglich, da diese Tür ebenfalls durch meinen Verwandten verschlossen ist, ich auch übrigens zu dieser nächtlichen Zeit niemand den Eintritt in mein Zimmer gestatten würde. Wir müssen uns schon in Geduld fassen, mein Geliebter!«, sagte sie mit einschmeichelnder Zärtlichkeit, die den Prinzen gänzlich in Verwirrung brachte. »Und nun wollen wir unseren Vertrag abschließen.«

Hiermit trug sie ein Tischchen mit Schreibmaterialien herbei, an welches sie sich niederließ und folgende Punktation sich laut vorsagend niederschrieb:

Ich, unterzeichneter Prinz und Sultan-Thronfolger auf den Malediven-Inseln in Ostindien, erkläre hiermit Judith Rebecca, mosaischen Glaubens, neunzehn Jahre alt, aus Louisiana, derzeit in Mexico, nach dem jüdischen Ritus zu ehelichen und sie in alle jene Rechte, sowohl hier als auch in meiner Heimat, einzusetzen, die einer Ehegattin zustehen, welche mir ebenbürtig ist, und dass unsere ehelichen Nachkommen nach dem Majoratsrecht der Amerikaner legitime Thronfolger nach mir sein sollen.

Mexiko, den 13. März 18..

Dieses Papier reichte Judith dem Prinzen mit viel Anmut, indem sie ihn aufforderte, es nochmals durchzulesen. Er tat es und begehrte dann eine Feder, welche die Kreolin ihm gab. Mit einer Kerze in der Hand leuchtete sie, als der Prinz das Blatt auf ihre Brust legte und mit den Händen durch das Gitter dem Aktenstück durch seine Namensunterschrift Gültigkeit verlieh.

»Nun«, sagte die Kreolin, nachdem sie das Papier an sich genommen, beiseite gelegt hatte und dem jungen Sultan, soweit es das Gitter zuließ, in die Arme gefallen war, »wenn Sie jene ritterliche Ehrenhaftigkeit besitzen, auf die auch der Heide stolz sein muss, und jene unverbrüchliche Treue zu halten imstande sind, welche meine namenlose Liebe zu Ihnen verdient, so wäre ich glücklich, bis auf einen Punkt.«

»Und der wäre?«, fragte der Sultan mit einem trunkenen Blick auf das schöne und reizende Mädchen.

»Ach, sagte sie, es ist die Glaubensverschiedenheit. Sie ein Anhänger des Islam und ich eine Bekennerin des Mosaismus. Wären Sie doch von der Segnung meiner Religion durchdrungen, dass Sie dieselbe auch zu der Ihren machen könnten.«

»Auch diese kann ich nach Ihrem Wunsch aus Ihrem Munde kennen lernen«, sagte der Prinz und drückte die Geliebte fest an das Gitter. »Ihre Begeisterung für Ihren Glauben werden Sie auf mich übertragen und wir werden auch in diesem Punkt ein Herz und eine Seele sein.«

Wir dürfen es unterlassen, uns umständlich über alle jene Kunstgriffe zu verbreiten, welche Judith anwandte, um den Prinzen in ihren Netzen festzuhalten. Begabt mit der eigenen Verschlagenheit und sowohl voll persönlicher als auch geistiger Gewandtheit war sie imstande, die ganze Komödie aus dem vergitterten Zimmer, welche nach einem vorbereiteten Plan stattfand, mit dem sorglosen Prinzen durchzuführen. Sie war somit die Lockspeise, mit der die Verbündeten den Fremdling köderten, der nun in den Armen der glühenden Kreolin schmachten, die ihrerseits alle Leidenschaften für den Ostinder nach Vorschrift meisterlich zu beherrschen wusste, sodass der Prinz nicht lange hiernach ihr wirklicher legitimer Gemahl wurde.