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Leben, Taten und Schicksale der merkwürdigsten englischen Räuber und Piraten … Teil 2

Leben, Taten und Schicksale der merkwürdigsten englischen Räuber und Piraten der frühesten bis auf die neueste Zeit
Nach amtlichen Urkunden und anderen glaubwürdigen Quellen von C. Whitehead
Aus dem Englischen von J. Sparschil
Leipzig. 1834

Robin Hood

Der Name Robin Hood wird, so lange eine Drossel im lustigen Sherwood singt und die Sonne die Turmspitzen von Nottingham vergoldet, im englischen Volksmund leben. Dieser berühmte Räuber oder Geächtete war zu Locksley, einem Ort in der Nähe von Nottingham, der nicht mehr vorhanden ist, im Jahre 1160 unter der Regierung Heinrichs II. geboren worden. Man glaubt, er sei Graf von Huntingdon gewesen, ein Titel, auf welchen er in der Tat starke Ansprüche gehabt haben soll. Gewiss ist, dass er aus einem adligen Geschlecht stammte und sein eigentlicher Name Robert Fitzooth, welchen das Volk, wie ein Kommentator behauptet, in Robin Hood verstümmelte. Ein anderer behauptet, Hood wäre korrumpiert aus O’th’wood, vom Walde, während ein Dritter glaubt, er könne diesen Namen wegen einer besonderen Kappe (hood), die er trug, erhalten haben. Diese letztere Vermutung wird gewissermaßen durch die Tatsache, dass Hugo Capet von Frankreich seinen Namen einem ähnlichen Umstand verdankte, unterstützt. Man hat sie aber ihrer sonstigen Unwahrscheinlichkeit wegen längst aufgegeben.

Robin Hood scheint in seiner Jugend von ausschweifender und gesetzverachtender Sinnesart gewesen zu sein. Nachdem er sein väterliches Erbe vergeudet hatte und wegen Schulden in die Wälder geflüchtet war, erhob er von dem reichen Reisenden, der zufällig die Gebiete, womit er sich selbst belehnt hatte, durchzog, schwere Beisteuern.

In diesen Wäldern, namentlich in den Forsten Barnsdale in Yorkshire, Sherwood in Nottinghamshire und Plumpton in Cumberland, herrschte er viele Jahre hindurch mit aller Macht, wenn auch nicht mit dem Glanz eines rechtmäßigen Fürsten. Seine Untertanen wuchsen im Laufe der Zeit auf hundert Bogenschützen an, lauter »… Leute, erfahren im Kampf, welche die tapfersten Gesellen, wenn auch viermal stärker an Zahl, nicht anzugreifen wagten.«

In den königlichen Forsten gab es damals Überfluss an Wild, welches Robin Hood und seinen Getreuen das ganze Jahr hindurch köstliche Mahlzeiten lieferte. Dass es ihnen an Feuerung nicht fehlte, um es zu braten, bedarf keiner Versicherung. Nicht minder gewiss ist es, wie sie sich die übrigen Lebensbedürfnisse verschafften. Ein reicher Bischof oder ein Abt, der viel Geld mit sich führte, waren damals keine seltenen Erscheinungen auf den Straßen. Leicht kam mit den benachbarten Flecken und großen Städten ein Tauschhandel zustande, besonders mit solchen, die nicht ungeneigt waren, die kühnen Abenteurer der Wälder des Gewinnes wegen zu begünstigen.

Zu Ehren Robin Hoods muss man jedoch anführen, dass er nur die Reichen angriff, dass er nur tötete, wenn man ihm Widerstand leistete oder ihn angriff, dass er Misshandlung oder Belästigung der Frauen nie gestattete und die Armen niemals beraubte, sondern ihnen vielmehr einen Teil des Reichtums mitteilte, welchen er den Äbten abgenommen hatte.

Überhaupt scheint er gegen den gesamten Klerus einen höchst antikatholischen Abscheu gehabt zu haben. »Bischöfe und Erzbischöfe schlagen und binden« war ein Gebot, das er allen seinen Anhängern, so wie sie in seine Dienste traten, feierlich einschärfte.

Aber trotz seines Hasses gegen die Priesterschaft jeder Art, war Robin Hood doch, nach der Denkweise jenes Zeitalters, ein Mann von nicht gewöhnlicher Frömmigkeit und hielt sich einen eigenen Kaplan, Bruder Tuck, welcher vor ihm täglich den Gottesdienst verrichten musste.

Als er einst gerade Messe hörte, wie er gern zu tun pflegte, wurde er von einem Sheriff und seinen Leuten, die ihn schon öfter belästigt hatten, gesehen und erkannt. Einer seiner Getreuen machte ihn darauf aufmerksam und riet ihm, zu fliehen, was er aber aus Ehrfurcht gegen das heilige Sakrament, das er eben zu empfangen im Begriff stand, unterließ. Obwohl die meisten seiner Leute geflohen waren, »vertraute er doch dem, den er anbetete«, griff, unterstützt von denjenigen seiner Untertanen, welche geblieben waren, seine Feinde kühn an, besiegte sie, nahm ihnen alle Kostbarkeiten ab und ließ sich ein beträchtliches Lösegeld zahlen.

Es ist jedoch Zeit, dass wir einige der Abenteuer erzählen, welche unser Held bestand, und die Mittel angeben, wodurch er Taten vollbrachte, die in unseren Zeiten, wo das Recht des Eigentums genauer bestimmt ist und besser aufrechterhalten wird, allerdings ruchlos erscheinen, es aber damals keineswegs in dem Maße waren, wie seine Feinde behaupten. Man muss bedenken, dass in jenem Jahrhundert ein Geächteter, den man jedes Schutzes der Gesetze beraubt hatte, niemandem Treue und Untertanenpflicht schuldig war. Ja man kann sagen, dass das Recht Richards auf dem Thron von England vielleicht nur darum ein besseres war, weil er mehr Mittel, als Robin Hood aufbringen konnte, besaß, um sich darauf zu halten.

Als Robin einst zu Weihnachten seinen mütterlichen Oheim Gamwell besuchte, fand dieser an der fröhlichen Sinnesart und den vielversprechenden Eigenschaften seines Neffen solches Wohlgefallen, dass er ihn liebgewann, und als er bald darauf starb, zu seinem einzigen Erben einsetzte. Robin war mit seinem neuen Reichtum freigebig gegen die Armen und erwies sich so gastfrei gegen seine Freunde, dass er gar bald in der ganzen Nachbarschaft beliebt wurde. Allein die Kasse unsers Abenteurers wurde dadurch in kurzer Zeit leer, worauf er auf eine ebenso leichte als angenehme Art verfiel, sie wieder durch Plünderung der Reichen zu füllen. er ließ jedoch seine wohlwollende Absicht, den Armen einen Hauptteil der erzwungenen Abgaben zuzuwenden, keineswegs aus den Augen.

Ein gewisser Little John, dessen eigentlicher Familienname Nailor gewesen sein soll, wurde nun sein Hauptvertrauter und Gefährte. Die erste Tat dieser beiden Helden mit noch fünfzehn anderen Spießgesellen war ein Angriff auf den Bischof von Carlisle und sein Gefolge. Robin hatte gehört, dass dieser Prälat zur Hauptstadt reise, lauerte ihm daher am südlichen Ende der Ferrybridge in Yorkshire auf, griff ihn, obwohl sein Gefolge aus fünfzig Personen bestand, an, nahm ihm achthundert Marken ab, band ihn an einen Baum, zwang ihn, Messe zu lesen, löste ihn wieder ab, setzte ihn mit dem Gesicht gegen den Schweif gekehrt auf das Pferd und nötigte ihn, in dieser Stellung nach London zu reiten.

Obwohl sich der Bischof beim König über die ihm angetane Schmach bitter beklagte, wagte Robin es doch, sich bei einer Jagdpartie einzufinden, an welcher der König und sein ganzer Hof teilnahmen. Die Männer aus dem Gefolge wetteiferten mit einander im Bogenschießen. Da trat Robin vor und bot sich zu einer Wette von hundert Mark an, dass er mit zwei seiner drei Gefährten die drei besten Schützen, die man ihm gegenüberstellen wolle, besiegen würde. Der König nahm die Wette an. Seine Gemahlin Eleonore, welche die Kühnheit des Fremden bewunderte, setzte noch überdies gegen den König tausend Goldstücke.

Hierauf zog Robin den Bogen und schoss in die Mitte des weißen Tuches1. Auch Little John besiegte seinen Gegner und traf den schwarzen Kreis. Much, der Sohn eines Müllers, schoss die Nadel in Mitte des schwarzen Kreises aus, und die Königin und ihre Partei jubelten vor Freude. Einige Zeit danach erfuhr jedoch der König, dass es Robin Hood und seine Getreuen gewesen wären, welche beim Bogenschießen den Sieg davongetragen hatten. Er sandte daher Truppenabteilungen nach allen Richtungen aus, um sie gefangen zu nehmen. Robin wich von Wald zu Wald, um ihnen zu entgehen, und flüchtete nach London, bis der Lärm vorüber war. Dann kehrte er zur großen Freude seiner Gefährten zu seinem alten Aufenthaltsort zurück.

Bald danach ging Robin auf einen Streifzug aus, ohne von irgendeinem seiner Leute begleitet zu sein, und kam in die Hütte einer alten Witwe, welche bitterlich weinte und wehklagte. Robin fragte, von Mitleid gerührt, nach der Ursache ihres Schmerzes und erfuhr, dass sie mit dem Pachtschilling in Rückstand geblieben wäre, und dass der harte Eigentümer ihr alles nehmen und sie aus der Hütte vertreiben wolle. Er versuchte sie zu trösten, zog seinen mit Tressen besetzten Rock aus, tat ein altes Wams an, welches ihm die Witwe reichte, und setzte sich an das Feuer. Bald darauf erschien der harte Pachtherr und drängte die Witwe, seiner Forderung Genüge zu leisten. Robin tat Fürsprache und brachte allerlei Gründe vor, um Zeit zu gewinnen. Alles war umsonst, der Eigentümer der Hütte erwiderte, dass er den Pachtschilling erhalten müsse oder die Habseligkeiten der Alten wegnehmen und sie verjagen würde.

Da zog denn endlich Robin seinen Geldbeutel, verlangte eine Quittung und bezahlte zur unaussprechlichen Freude der armen Witwe den Pachtschilling. Als der Eigentümer wieder davon wollte, machte Robin ihn aufmerksam, dass es in der Nachbarschaft Räuber gebe, und riet ihm, die Nacht über in der Hütte zu bleiben. Dessen weigerte sich der andere hartnäckig und sagte, dass er keinen Räuber fürchte, und machte sich auf den Weg. Robin zog seinen Tressenrock an, setzte sich zu Pferde und eilte ihm auf Umwegen voraus. An einem Platz, wo dieser vorüber musste, lauerte er ihm auf und gebot ihm, sein Geld herzugeben. Der hartherzige Pachtherr verlor den Zins und ein gutes Teil mehr, und unser großmütige Held kehrte wieder zu seinem Nachtquartier bei der Witwe zurück.

Kaum saß er wieder am Feuer, als auch der Eigentümer der Hütte an der Türe klopfte. Die gute Witwe erkannte ihn an seiner rauen Stimme und nahm ihn unter ihr gastliches Dach auf. Er erzählte ihnen, dass er nur eine geringe Strecke weit gekommen und von einem Mann in einem Tressenrock beraubt worden wäre. Robin schalt ihn aus, dass er seinen wohlgemeinten Rat nicht befolgt habe, und drang abermals in ihn, die Nacht über in der Hütte zu bleiben. Der hartnäckige Mann wollte jedoch nicht und machte sich neuerdings, dieses Mal aber mit leerem Geldbeutel, auf den Weg.

Das folgende Abenteuer Robins trug ein etwas großartigeres Gepräge. Der König hatte beschlossen, eine Reise in das nördliche England zu unternehmen. Als Robin davon hörte, wandelte ihn die Lust an, das Gefolge Seiner Majestät zu vergrößern. Zum Ende bestieg er mit fünfzig seiner lustigen Gesellen, alle in reicher Rüstung und vom Kopf bis zum Fuß bewaffnet, weiße Pferde. Damals hatten die Könige von England noch keine Garden zu Pferde, welche sie überall hin begleiteten, sondern ihr Gefolge bestand bloß aus dreißig Bewaffneten.

Robin Hood, der an der Spitze seines Zuges ritt, redete den König wie folgt an: »Mein Gebieter und Lehnsherr, aus unserer Tracht werdet Ihr wahrscheinlich vermuten, wir wären Leute von Stand und Vermögen. Ich muss mir jedoch die Freiheit nehmen, Euch zu sagen, dass wir Leute anderer Art sind. Ich stamme von ehrbaren Eltern, welche mir ein kleines Vermögen hinterließen, das ich und noch viel mehr vergeudet habe. Ich gehöre zu denjenigen Eurer Vasallen, welche sich glücklich fühlen, wenn sie ihre Habe auf eine lustige Weise vertun.«

»Was meinst du mit diesen geheimnisvollen Worten?«, fragte der König. »Erkläre dich näher, denn ich verstehe dich nicht.«

»Ihr versteht mich nicht!«, antwortete Robin, »nichtsdestoweniger sind meine Taten doch von einem Endendes Königreiches bis zum anderen bekannt. Ich benachrichtige Eure Majestät hiermit, dass diese Leute, nachdem wir alle unsere Geldmittel erschöpft hatten, mich zum Anführer gewählt haben, und dass wir auf der Straße Abgaben erheben, nicht um, wie Ihr, übermütige Minister zu füttern, sondern wir nehmen bloß den Reichen, um den Armen zu geben. Ich hoffe, dass Ihr mich in Eurer Großmut einer angemessenen Gabe werthalten werdet, denn wir bedürfen Euer Geld, Sire. Gebt es, dann mögt Ihr Eures Weges ziehen!«

Da der König einsah, dass bei der überlegenen Anzahl der Gefährten Robins jeder Widerstand vergeblich sein würde, reichte er ihm einen Geldbeutel, dessen Inhalt der Letztere nach dem Gewicht für hinreichend hielt, um seine gegenwärtigen Bedürfnisse zu decken.

Einst reiste Robin ohne Gefährten und traf einen schmucken, jungen Mann, der mit trauriger Miene und in tiefe Gedanken versunken unter einem Baum saß. Er schritt auf ihn zu und fragte ihn um die Ursache seiner Niedergeschlagenheit. Der Jüngling antwortete, dass er mit der Tochter eines Ritters aus der Nachbarschaft hätte verlobt werden sollen, dass aber Habsucht ihren Vater vermocht habe, einen viel älteren, aber auch reicheren Eidam vorzuziehen, und dass sie an diesem Tag von Letzterem zum Altar geführt werde. Robin ermahnte ihn, gutes Mutes zu sein, denn bald würde er sowohl seine Geliebte als auch ihr Vermögen bekommen. Er nahm den Jüngling mit zu seinen Gefährten. Sie ritten in aller Eile zur Kirche, wo Robin mit dem Bischof ein Gespräch über gewisse Punkte der Religion begann.

Inzwischen erschien der reiche, alte Ritter mit seiner schönen, jungen Braut, um mit ihr getraut zu werden. Robin sagte zum Bischof, dass es wirklich zum Erbarmen sei, wenn eine solche Jungfrau mit einem alten Mann verbunden würde und dass sie vielmehr ihrem rechtmäßigen Bräutigam angetraut werden solle. Hierauf machte er ein Zeichen. Der entlassene Freier erschien mit zwanzig Bewaffneten. Nach einigem Zank wurde der alte Freier weggewiesen, und das junge Paar kehrte mit ihren Begleitern freudig in den Sherwood zurück, um in diesem Forst den Honigmonat hinzubringen.

Ein anderes Mal verkleidete sich Robin als Mönch und traf zwei Priester, die er bat, sie möchten einem notleidenden Bruder eine Gabe reichen. Hierauf antworteten sie, dass sie dies gern tun würden, wenn sie nicht von Räubern, die ihnen auch nicht einen Heller ließen, ausgeplündert worden wären. Da Robin in ihre Wahrhaftigkeit Misstrauen setzte, beschloss er, durch List herauszubringen, ob sie wirklich nichts hätten, um seine Bitte zu erfüllen. Er schlug ihnen daher vor, niederzuknien und die Heilige Jungfrau Maria anzuflehen, sie möchte ihnen Geld senden. Nachdem alle inbrünstig gebetet hatten, fragte er sie, mit wie viel Geld die Heilige Mutter Gottes sie gesegnet habe. Sie antworteten, dass sie nicht so glücklich gewesen wären. Da geriet er in einen heftigen Zorn, und rief, dass sie eine Brut lügenhafter und betrügerischer Schelme wären, denn die Heilige Jungfrau ließe nie vergebens zu sich beten. Er untersuchte ihre Taschen und fand auch wirklich vierhundert Goldstücke. Die beraubten Mönche wollten nun abziehen, Robin ließ sie aber nicht eher fort, als bis sie den Schwur geleistet hatten, einen Ordensbruder nicht wieder anzulügen und keine Eingriffe mehr in die geheiligten Rechte der Jungfrauen und Ehemänner zu tun.

Ein anderes Abenteuer bestand er infolge eines Handels, den er mit einem Fleischer gemacht hatte. Er kaufte ihm nämlich sein ganzes Vieh ab, trieb es zu Markte, verkaufte es zu herabgesetzten Preisen und bewirtete die Käufer noch obendrein. Als der Sheriff der Grafschaft dies hörte, ließ er sich in dem Glauben, er habe es mit einem dummen Landmann zu tun und könne vielleicht auch einen guten Handel machen, mit Robin in ein Gespräch ein und fragte ihn, ob er noch mehr Vieh zu verkaufen habe.

»Ich besitze zu Hause«, antwortete dieser, »noch an dreihundert Stück und hundert Morgen treffliches Land, um sie darauf weiden zu lassen. Wenn Ihr sie kaufen wollt, wird es Euch nicht gereuen.«

Der Ritter willigte ein, nahm vierhundert Pfund Gold mit und zog mit Robin fort, um den Kauf völlig zustande zu bringen. Der Letztere führte den Ritter einen einsamen Pfad, wo ihn Furcht vor Räubern überkam. Kaum hatte er seinen Besorgnissen Worte geliehen, so erschien auch Little John mit fünfzig Spießgesellen. Robin gebot ihnen, den Sheriff zu Gast zu laden, denn er habe Geld vollauf bei sich, um seinen Teil zu bezahlen. In der Tat wurde für den Sheriff ein Mahl bereitet, nach dessen Beendigung man ihn aber in das Dickicht führte und seines Geldes beraubte.

Nachdem Robin durch diese Mittel nach und nach eine Art von Fürstentum gestiftet und Königen, Obrigkeiten und Gerichten getrotzt hatte, wurde eine Kundmachung erlassen, in welcher demjenigen, der ihn lebendig oder tot einliefern würde, eine hohe Belohnung versprochen wurde. Dies war aber ebenso unwirksam, wie alle anderen Mittel, die man früher versucht hatte, um seiner habhaft zu werden.

Aber das Alter kam über ihn. Als er sich unwohl fühlte und von einem Aderlass Linderung er wartete, begab er sich zu der Priorin des Nonnenklosters Kimkley, einer Verwandten von ihm, die ihn jedoch verräterischer Weise zu Tode bluten ließ. Er starb am 18. November 1247, im einunddreißigsten Regierungsjahr Heinrichs III. Wenn daher Robin Hoods Geburtstag richtig angegeben ist, erreichte er ein Alter von 87 Jahren. Er wurde unter einigen Bäumen in geringer Entfernung vom Kloster begraben und ein Stein mit einer Inschrift zu seinem Angedenken über das Grab gelegt.

Robin Hoods Berühmtheit ist so groß, dass man es uns nicht verargen wird, wenn wir auch einiger Sagen gedenken, die noch heutzutage in jedermanns Mund unter dem englischen Volk sind. Dies lässt sich, abgesehen von der Kühnheit seiner Taten, daraus erklären, dass er vorzüglich die reiche Priesterschaft presste und in einem kleinen Maßstab das tat, was zur Zeit der Reformation im Großen geschah. Auch nahm er nur den Reichen und war freigebig gegen die Armen, sodass man, wenn man die Mittel erwägt, durch welche in jener Zeit Reichtümer erworben wurden, fast sagen kann, dass er das Geld denjenigen zurückerstattete, denen es ursprünglich geraubt worden war.

Aus den vielen Balladen, die noch von Robin Hood und seinen munteren Gesellen singen, geht hervor, dass seine besonderen Lieblinge, in die er das meiste Vertrauen setzte, Little John, Wilhelm Scadlock (Scathelock oder Scarlet), Georg the Green (Pinder oder Poundkeeper von Wakefield), Much der Sohn eines Müllers und Bruder Tuck, der Mönch, waren. Auch heißt es darin, dass er in seinem verborgenen Aufenthaltsorte eine Dame hatte, die er liebte und deren wahrer und angenommener Name Mariam2 war. Man hat mehrere Vermutungen über diese Person angestellt, wovon noch die wahrscheinlichste die ist, dass sie eine Tochter des Lord Robert Fitzwalter war. In einer sehr alten Ballade Robin Hoods Geburt, Jugend … geschieht auch einer Clorinda Erwähnung, welche Robin liebte und sich zuletzt mit ihr vermählte.

Wie Robin Hood seine Bande ergänzte, ist seltsam genug. Wenigstens erzählt ein alter Schriftsteller: »So oft er von Leuten von ungewöhnlicher Stärke und Kühnheit hörte, verkleidete er sich und versuchte mit ihnen, und wäre es in dem Gewand eines Bettlers gewesen, Bekanntschaft zu machen. Nachdem er sie im Kampf versucht hatte, ließ er nicht eher wieder von ihnen, bis alle seine Mittel erschöpft waren, um sie zu bewegen, sich mit ihm zu vereinigen.« Es scheint jedoch, dass Robin Hood in diesen Einzelkämpfen gewöhnlich den Kürzeren zog3. Das Bogenschießen war es, worin Robin fast alle seine Zeitgenossen übertraf. Seine Geschicklichkeit hierin war, was Treffen und Weite betraf, ohnegleichen. Es heißt von ihm sowie von Little John, dass sie oft einen Pfeil eine gemessene (englische) Meile, das sind 1760 Ellen, weit schossen, was weder vor noch nach ihnen irgendjemand imstande war.

Seine merkwürdigste Tat in dieser Beziehung, und welche am besten beweist, wie todbringend Robin Hoods Geschicklichkeit im Bogenschießen war, findet sich in der Ballade Robin Hoods Gang nach Nottingham. Er traf nämlich auf dem Weg fünfzehn Jäger im Wald, welche sich mit Bier und Wein labten. Von ihnen gefragt, wohin er ziehe, antwortete er, dass der König ein Schießen gebe und dass er mit seinen Bogen dahin wolle. Die Jäger höhnten ihn aus, worauf Robin Hood ihnen eine Wette anbot, dass er auf hundert Ruten einen Hirsch schießen werde. Die Wette wurde angenommen, Robin traf den Hirsch und verlangte Zahlung. Da hießen ihm aber die Jäger, sich mit seinem Bogen fortzumachen, wenn er nicht auch noch tüchtig durchgebläut werden wollte. Robin nahm lächelnd seinen Bogen und seine breiten Pfeile und ging fort über die Ebene. Als er jedoch weit genug war, spannte er den Bogen und drückte seine niemals irrenden Pfeile ab, bis von den fünfzehn Jägern vierzehn tot auf dem Boden lagen. Der Fünfzehnte, der den Streit begonnen hatte, wollte über die Ebene flüchten.

Robin Hood rief ihm aber zu: »Du sagtest, ich wäre kein Bogenschütze, das sollst du mir nie wieder sagen! Und streckte ihn wie die Übrigen nieder.

Der Ballade zufolge wurden die fünfzehn Jäger im Kirchhof zu Nottingham begraben. Was die Wahrheit jenes Vorfalls zu bestärken scheint, ist der Umstand, dass im Jahre 1796 einige Arbeiter in einem Garten dicht bei Nottingham, sechs ganze menschliche Skelette, die regelmäßig Seite an Seite lagen, ausgruben. Man glaubt, dass sie einst einen Teil jener fünfzehn Jäger bildeten, welche Robin Hood erschoss.

Der Charakter dieses außerordentlichen Mannes wird vom scharfsinnigen Ritson folgendermaßen gezeichnet:

»Was seinen persönlichen Charakter betrifft, so ist es hinreichend erwiesen, dass er tätig, tapfer, klug und ausharrend war, ungewöhnliche Körperstärke und bedeutende Kriegserfahrenheit besaß und von seinen Anhängern wegen seiner Gerechtigkeit, Großmut, Mildtätigkeit und Treue, verehrt und geliebt wurde. Der Priester Fordun preist seine Frömmigkeit, und Major nennt ihn den menschlichsten, den Fürsten aller Räuber. Wie allgemein seine Popularität war, beweist der Umstand, dass seine Geschichte und Taten zu verschiedenen Dramen und zu einer unendlichen Menge von Gedichten, Gesängen und Balladen sowie zu vielen Sprichwörtern Anlass gegeben haben. Man pflegte bei ihm und bei einigen seiner Gefährten zu schwören; und seine Gesänge wurden bei den feierlichsten Gelegenheiten gesungen. Er kann als der Patron der Bogenschützen angesehen werden. Wenn er auch nicht kanonisiert wurde, erhielt er doch die Ehren eines Heiligen, indem er einen eigenen Festtag bekam und ihm zu Ehren feierliche Spiele gehalten wurden, welche bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts nicht bloß das Volk, sondern Könige, Fürsten und Obrigkeiten feierten, und zwar sowohl in Schottland als auch in England. Sein Bogen, einer seiner Pfeile, sein Stuhl, seine Kappe und einer seiner Pantoffeln wurden mit besonderer Verehrung bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts aufbewahrt. Nicht nur die Plätze, die ihm Sicherheit gewährten oder zur Unterhaltung dienten, sondern selbst der Brunnen, woraus er seinen Durst löschte, führen noch jetzt seinen Namen, der übrigens in der Mitte des 18. Jahrhunderts dem ersten Minister des Königs von Madagaskar als eine besondere Auszeichnung beigelegt wurde!«

Robin Hoods Bande wurde nach seinem Tod zerstreut, aber die Geschichte hat die besonderen Umstände, unter denen dies geschah, nicht aufgezeichnet. Man weiß nur so viel, dass sich um die Ehre des Todes und Begräbnisses des John Little feindliche Nationen stritten, dass er in der Tat zu Hathersaye, einem kleinen Dorf bei Castleton in der Grafschaft Derby, zur Erde bestattet wurde, und dass es noch im vorigen Jahrhundert Abkömmlinge gab, welche den Familiennamen Naylor führten.

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  1. In älteren Zeiten diente ein weißes Tuch als Scheibe beim Bogenschießen.
  2. Es gibt eine allerliebste englische Novelle dieses Namens, deren Gegenstand Robin Hood und Mariam sind.
  3. Wer sich hierüber näher unterrichten will, nehme Ritsons Sammlung der alten, auf Robin Hood bezüglichen Balladen zur Hand, und er wird das im Text Gesagte besonders durch drei, »Robin Hood und der Bettler«, »Robin Hood und der Töpfer«, »Robin Hood und Pinder von Wakefield«, bestätigt finden.