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Das schwarze Buch vom Teufel, Hexen, Gespenstern … Teil 62

Das schwarze Buch vom Teufel, Hexen, Gespenstern, Zauberern und Gaunern
Dem Ende des philosophischen Jahrhunderts gewidmet
Adam Friedrich Böhme, Leipzig, 1796

Hexen-Bärbel ist am Ende untröstlich.

Im August bekam eine Metzgerfrau in Günzburg, einer kleinen Stadt in der Hegau in Schwäbisch-Österreich, einige Tage nach ihrer Niederkunft so heftige Mutterschmerzen, dass sie darüber in eine Art von Raserei fiel. Sie schlug nach jedem, der sich ihr näherte, und raufte sogar einem Kapuziner eine Handvoll Haare aus seinem Bart. Dieser erkannte sogleich aus der Lüsternheit nach seinem Bart, dass es nicht Mutterwehen, sondern ein böser Geist sei, der in ihr wütete. In der Zeit von einer Stunde war das Gerücht durch das ganze Städtchen verbreitet, dass die Frau besessen sei, und der Stadtdechant bestätigte dies. Der Arzt durfte aus gewissen Ursachen nicht widersprechen und entfernte sich von der Patientin. Ein Kapuziner, der in dem Ruf eines großen Geisterbezwingers stand, wurde herbeigerufen. Auf Befehl des Hochwürdigen mussten die Betten, worauf die Kranke lag, aufgeschnitten und die Federn untersucht werden, ob keine Haare oder Zwirn oder sonst etwas einer Hexerei Ähnliches darin verborgen sei. Der brave Metzger hatte bei seiner Hochzeit sein Ehebett nicht, wie es jene Herren Geistlichen als ein verjährtes Recht forderten, einsegnen lassen. Dafür musste er es sich nun gefallen lassen, dass ihm dasselbe verdorben und seiner Frau Schuld gegeben wurde, sie habe den Schwarzen. Denn wenn in jener Gegend eine Hochzeit gehalten wird, so kommen am Abend des Beilagers zwei Kapuziner und segnen das Ehebett ein, indem sie Stückchen Wachs in den Ecken der Bettstatt anbringen. Nachdem der Kapuziner die arme Kranke lange geplagt und noch kränker gemacht hatte, hieß es, dies sei ein Teufel von der ersten Klasse, dem nur der Pater Ulrich zu Elchingen, einer Benediktiner-Abtei zwischen Günzburg und Ulm gewachsen sei. Dieser hatte seine eigene, vom übrigen Abteigebäude abgesonderte Wohnung. Nebst allen zu seinen Heilungen gehörigen Werkzeugen hatte er eine Weibsperson bei sich, die größte Plaudertasche im Lande und im Ruf der Frömmigkeit. Diese verkaufte nach Anordnung ihres Prinzipals dem leichtgläubigen Volk Öl und Kräuter als hochgeweiht. Man nannte sie die Ulrichs Bärbel. Dahin nun wurde die kranke Metzgerfrau gebracht. Nach einem 24-stündigen Aufenthalt und bezahlter Gebühr kam sie, wie leicht zu erachten, kränker zurück. Jene Abtei stand seit sehr vielen Jahren in dem Ruf, die größten Teufelsbanner in Schwaben zu besitzen. Der Prälat sorgte dafür, dass immer einer zur Nachfolge in dieser Kunst, das Volk zu täuschen, unterrichtet wurde. Und jedes Mal wurde der listigste und der den größten Zulauf im Beichten hatte, dazu ausersehen. Aus ganz Schwaben zogen Menschen aus allen Ständen dahin. Es verging fast kein Tag im Jahr, wo nicht ein Mensch oder ein Stück Vieh zum wundertätigen Heilen gebracht wurde, welches Gewerbe dem Prälaten jährlich über 1000 Taler soll eingebracht haben.

Der Mann jener unglücklichen Frau wagte es endlich auf Anraten eines Vernünftigen, aus der Nachbarschaft einen Wundarzt herbeizuholen. Dieser versicherte aber der Patientin, dass es bereits zu spät sei.

Die Pfaffen haben ihn um sein Weib und Kind gebracht, sagte er, und der Mann wiederholte es. Frau und Kind starben kurz danach. Zu einem Reisenden sagte der Witwer der geopferten Frau: »Ja, sie sind hin, mein Weib und mein Kind; aber ich wollte sie gern verschmerzen, wenn nur Gott wollte, dass sie die letzten Opfer eines Aberglaubens gewesen sind, der …« Hier konnte er vor Schmerz und Tränen nicht weiterreden.

Nach des Pater Ulrichs Tod stellte jedoch der Abt Robertus den Unfug ein. Die Bärbel war darüber untröstlich.