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Abenteuer des Captains Bonneville 25

Washington Irving
Abenteuer des Captains Bonneville
oder: Szenen jenseits der Felsengebirge des fernen Westens
Verlag von J. D. Sauerländer. Frankfurt am Main, 1837

Vierundzwanzigstes Kapitel

Abenteuer der Partie der Zehn. Bileams Maultier. Ein Stillstand. Das geheimnisvolle Elentier. Der nächtliche Anfall. Ein Rückzug. Beunruhigte Reise. Ein fröhliches Zusammentreffen. Abenteuer der anderen Partie. Ein Lockelen. Rückzug auf eine Insel. Ein Siegestanz der Wilden. Ankunft am Wind River.

Die Abenteuer der Abteilung der Zehn kommen zuerst an die Reihe. Als sich diese Biberfänger an dem Ort, wo die Pelze eingeladen worden waren, vom Captain Bonneville getrennt hatten, zogen sie bis zum Fuß der Bighorn Mountains. Nachdem sie sich gelagert hatten, bestieg einer von ihnen sein Maultier und machte sich auf, um seine Falle in einen benachbarten Strom zu legen.

Er war noch nicht weit gekommen, als sein Maultier mit einem Mal stillstand. Die Biberfänger stießen und prügelten es; allein bei jedem Schlag oder Stoß fing das Maultier an zu schnauben und schlug hinten aus, weigerte sich aber, einen Zoll breit weiter zu gehen. Der Reiter sah sich nun vorsichtig um, um die Ursache seines Bedenkens zu entdecken, als er zu seinem Schrecken ein indianisches Fort gewahrte, das man auf Schussweite düster durch die Dämmerung blicken sah. Er drehte im Nu um und sein Maultier schien nun ebenso schnell von der Stelle zu kommen, wie er selbst, und führte ihn in wenigen Minuten, mit seinen Fallen klappernd, zu seinen Kameraden zurück. Er wurde wegen seiner eilfertigen Flucht ausgelacht. Man hielt seine Aussage für einen falschen Schrecken. Seine Mitbiberfänger begnügten sich damit, das Fort in der Ferne zu rekognoszieren und gaben vor, dass es verlassen sei.

Die Nacht brach herein. Man nahm die gewöhnlichen Vorsichtsmaßregeln, die Captain Bonneville seinen Leuten anempfohlen hatte. Die Pferde wurden eingetrieben und angebunden und eine Wache dabei aufgestellt. Nachdem dies geschehen war, wickelten sich die Leute in ihre Decken, streckten sich an das Feuer nieder. Da sie von der langen Tagesreise ermüdet waren und ein gutes Abendessen eingenommen hatten, so versanken sie bald in einen tiefen Schlaf.

Die Lagerfeuer erloschen nach und nach. Alles war finster und still. Die Schildwache, welche aufgestellt worden war, um die Pferde zu bewachen, war ebenso weit marschiert und hatte ebenso herzlich zu Abend gegessen, wie seine Kameraden. Während sie schnarchten, fing sie an, auf ihrem Posten zu nicken. Nach einiger Zeit hörte der Mann ein leises Traben. Er öffnete halb seine geschlossenen Augen und sah um die Zelte zwei oder drei Elentiere schleichen, die hier und dort rupften, schnüffelten und grasten. Der Anblick von Elentieren am Rand des Lagers bestürzten ihn ein wenig. Da er aber sein Abendessen eingenommen hatte, so kümmerte er sich nicht um Elenfleisch. Er ließ sie daher ruhig fortgrasen und sank wieder in Schlummer.

Eine Salve aus Feuergewehren vor Tagesanbruch und das Trappeln der Pferde, die sich loszureißen mühten, brachten plötzlich alle auf die Beine. Der erste Impuls war, sich der Pferde zu versichern. Einige waren weg, andere versuchten sich noch loszumachen, schlugen hinten aus und zitterten, denn es war ein furchtbarer Aufruhr von Schreien, Heulen und Schießen. Mehrere Biberfänger stahlen sich in der Stille aus dem Lager. Es gelang ihnen, die losgerissenen Pferde wieder einzutreiben. Die Übrigen wurden noch fester gebunden. Es wurde eine Brustwehr von Sätteln, Gepäck und Lagergerätschaften aufgeworfen. Alles erwartete ängstlich den Anbruch des Tages.

Die Indianer hatten sich inzwischen auf einer benachbarten Höhe zusammengezogen und unterhielten das furchtbarste Geschrei, in der Hoffnung, einen panischen Schrecken im Lager zu erregen oder die Pferde aufzuscheuchen.

Als der Tag graute, griffen die Biberfänger solche mutig an und trieben sie in einige Entfernung zurück. Es wurde während einer Stunde ein unstetes Feuer unterhalten, worauf die Indianer den Streit aufgaben und sich zurückzogen, weil sie einsahen, dass nichts zu gewinnen war. Es erwies sich, dass sie eine Partie Blackfeet waren, die im Aufsuchen der Crow an dem Popo Agie auf die Spur des Captains Bonneville geraten und ihm bis zu den Bighorn Mountains gefolgt waren, sich aber durch seine Wachsamkeit völlig getäuscht gesehen hatten. Sie hatten hierauf der gegenwärtigen Abteilung aufgelauert und lagen wirklich in aller Stille in ihrem Fort, als das Maultier des Biberfängers sich weiter zu gehen weigerte.

Die Wilden zogen ab, indem sie die feindseligster Drohungen, vermischt mit Schimpfwörtern in gebrochenem Englisch, ausstießen, und die beleidigendsten Gebärden machten.

In diesem Handgemenge wurde ein Weißer verwundet und zwei Pferde getötet. Als man jedoch die Morgenmahlzeit bereiten wollte, fehlten eine Anzahl Schalen, Messer und andere Artikel, die wahrscheinlich von den vermeintlichen Elentieren während des Schlummers der weißen Schildwache fortgebracht worden waren. Da die Indianer in der Richtung abgezogen waren, in welcher die Biberfänger zu reisen gedachten, so schlugen Letztere einen anderen Weg ein und marschierten eilig über den schlimmen Pass, indem sie vor Abend keinen Halt machten, wo sie denn, außer dem Bereich des Feindes, sich damit begnügten, ihre Pferde anzubinden und eine Wache aufzustellen.

Sie hatten sich kaum zum Schlafen niedergelegt, als ein Hund, der einen kleinen Pack mit ein paar Mokassins auf den Rücken gebunden hatte, in das Lager gelaufen kam; denn die Hunde werden bei den Indianern zum Lasttragen gebraucht. Die Schildwache, die erfahrene als jene vom vorhergehenden Abend war, weckte ihre Kameraden und erzählte ihnen den Umstand. Offenbar waren Indianer in der Nähe. Es war alles sogleich in Bewegung. Es wurde sogleich ein wohlverwahrter Park für die Pferde erbaut, nach dessen Vollendung sie sich dem Schlummer mit der Fassung von Leuten überließen, die lange an Gefahren gewöhnt sind.

Am folgenden Abend bewies das Spüren von Hunden um das Lager und mehrmaliges verdächtiges Geräusch, dass Indianer um dasselbe herumschwärmten. In langen Tagmärschen forteilend, kamen sie endlich auf eine Spur, die sie mit dem geübten Auge alter Jäger bald für die jener, von Captain Bonneville abgeschickten und auf ihrem Marsch befindlichen Partie Biberfänger erkannten, die sie einzuholen abgesendet waren. Sie nahmen gleichfalls aus verschiedenen Zeichen wahr, dass diese Partie vonseiten der Wilden hart mitgenommen worden war.

Sie verfolgten nun diese Spur mit der größten Ängstlichkeit. Dieselbe führte sie an die Ufer des sogenannten Greybull River und seinen Lauf hinab, bis dorthin, wo er sich in den Bighorn River ergießt. Hier fanden sie zu ihrer größten Freude die Kameraden, die sie aufzusuchen gegangen waren, sämtlich wohlverschanzt, in einem äußerst wachsamen und besorgten Zustand.

Wir fassen nun den Faden der Erzählung der Abenteuer dieser ersteren Abteilung der Biberfänger auf. Nachdem diese Leute sich von der Hauptbrigade des Captains Bonneville getrennt hatten, zogen sie mehrere Tage lang langsam den Fluss hinauf, wobei sie unterwegs Biber fingen. Als sie eines Morgens nach ihren Fallen sehen wollten, wies einer der Lagerhüter auf ein schönes Elentier, das in einiger Entfernung graste, und bat sie, es zu schießen. Drei der Biberfänger machten sich zu diesem Zwecke auf den Weg. Indem sie aber durch ein Gebüsch gingen, wurde von einigen Wilden auf sie gefeuert, die im Hinterhalt lagen. Zu gleicher Zeit warf das vermeintliche Elentier seine Haut und Hörner ab und kam als indianischer Krieger auf sie zu. Einer der drei Biberfänger war von der Salve gefallen, die anderen flohen zum Lager. Sie zogen sich sämtlich auf eine kleine Insel in den Fluss zurück und flüchteten sich in die Weiden, indem sie ergriffen, was sie mit fortbringen konnten. Hier gesellte sich bald ihr gefallener Kamerad zu ihnen, der bloß am Hals verwundet worden war.

Die Indianer nahmen indessen von dem verlassenen Lager mit allen Biberfallen, Anzügen und Pferden Besitz. Während sie sich mit der Beute beschäftigten, kam ein einzelner Biberfänger, der in seinem Beruf abwesend gewesen war, mit seinen Fallen dem Lager zugelaufen. Er war sehr nahegekommen, als ein Indianer auf ihn zukam und ihm winkte, wegzubleiben. In demselben Augenblick wurde er von seinen Kameraden auf der Insel wahrgenommen und von ihnen mit lautem Geschrei vor seiner Gefahr gewarnt.

Der arme Schelm stand einen Augenblick verwirrt und erschrocken da, ließ dann seine Fallen aus der Hand sinken, drehte sich um und lief, was er konnte, davon; in seinem Lauf durch eine Ladung angefeuert, die ihm die Indianer zum Scherz nachschickten.

Voll guter Laune über ihren leichten Sieg, bildeten die Wilden nun einen Kreis um das Feuer und begannen einen Kriegstanz, von dem die unglücklichen Biberfänger betrübte Zuschauer waren. Nachdem dieses geschehen war, vergaßen sie, durch das, was sie für Feigheit der Weißen hielten, kühn gemacht, ihre gewohnte Buschklepperei und schritten im Freien bis auf zwanzig Schritte von den Weiden vor. Eine scharfe Ladung vonseiten der Biberfänger brachte sie plötzlich zum Stillstand und streckte drei derselben leblos nieder.

Der Häuptling, der sich auf eine Anhöhe gestellt hatte, um die Bewegung seiner Leute zu leiten, befahl, als er drei seiner Krieger niedergestreckt sah, den anderen, sich zurückzuziehen. Dies taten sie sogleich und die ganze Horde verschwand bald hinter einer Waldspitze, indem sie die Pferde, die Fallen und den größten Teil des Gepäckes mit sich fortnahmen.

Es war gerade nach diesem Unglück, dass die Partie der zehn Männer diese verlorene Gruppe der Biberfänger in einer Befestigung entdeckten, die sie nach ihrem Unglück aufgeworfen hatten. Sie waren so abgeschreckt, dass sie nicht vermocht werden konnten, nach ihren Fallen zu gehen, die sie an einen benachbarten Strom angelegt hatten. Die beiden Partien vereinigten nun ihre Streitkräfte und nahmen ihren Weg ohne weitere Zwischenfälle zum verabredeten Sammelplatz.

Aus den Berichten dieser Partien und dem, was er selbst auf seinem letzten Marsch beobachtet hatte, nahm Captain Bonneville wahr, dass er sich in einer sehr gefahrvollen Gegend befände. Auch versicherten ihn zwei wandernde Shoshone, die das Lager besuchten, dass zwei große Horden Crow in Eilmärschen auf ihn zukämen.

Er brach demnach sein Lager am 1. September ab und schlug seinen Weg südlich über die Little Horn Mountains ein, bis er den Wind River erreichte. Sich dann nach Westen wendend, zog er langsam am Ufer dieses Flusses hinauf, sodass er seinen Leuten Zeit ließ, auf ihrem Marsch Biber zu fangen. Da es nicht in dem Plan des gegenwärtigen Jagdfeldzugs lag, bis zu den Versteckgruben am Green River zu gehen, die Biberfänger aber an Fallen Mangel litten, die ihnen die verlorenen ersetzten, so unternahm es Captain Bonneville selbst, die Versteckgruben aufzusuchen, um sich welche zu verschaffen. Zur Begleitung auf diesem gefährlichen Zug, der ihn durch die Talschluchten der Wind River Rage und das Green River Valley hinaufführte, nahm er nur drei Mann mit sich. Die Hauptbrigade sollte fortfahren, bis zur Quelle des Windriver hinauf Biber zu fangen, in deren Nähe er wieder zu ihnen stoßen wollte, gerade an dem Platz, wo der Strom aus dem Gebirge kommt. Wir wollen den Captain auf seinem abenteuerlichen Zug begleiten.

»Wir entlehnen die folgende Beschreibung eines indianischen Kriegstanzes aus Keatings Erzählung.
Da wir gebeten hatten, dass uns die Krieger einen Kriegstanz geben möchten, so ließ Wanotan am Nachmittag einen solchen vor uns aufführen. Er entschuldigte sich mit der Unvollkommenheit der Tänzer, da die besten derselben abwesend seien. Die Kleider, welche sie trugen, waren sorgfältiger geordnet, als gewöhnlich, was anzeigte, dass sie sich zu dieser Gelegenheit einige Mühe gegeben hatten. Unter ihren wunderlichen Zierraten bemerkte man ein Papier mit Stecknadeln, das geöffnet vom Kopf eines der Krieger herabhing. Er hielt in seiner Hand einen etwa zehn Fuß langen Stab, an welchem ein Stück rotes Tuch von derselben Länge befestigt war, das ungefähr sechs Zoll Breite hatte. Einer der beiden Ränder dieses Bandes war an den Stab befestigt, der andere war mit schwarzen und weißen Federn besetzt, die mit ihren Kielen fest angeheftet waren und eine Art Fransen bildeten. Dies war eins der beiden Insignien oder Kommandostäbe der vereinten Nanpashene. Die sonderbarste Kleidung hatte jedoch Wanotans Sohn an. Diese Kleider waren offenbar für seinen Vater gemacht und zu groß für ihn, sodass sie ihm ein steifes, plumpes Ansehen gaben, welches sehr an den linkischen Gang jener Kinder erinnerte, die man unter zivilisierten Nationen zu früh die Kleider reiferer Jahre anlegen lässt, wodurch sie ihre kindliche Anmut und Gewandtheit verlieren. Dies ist einer der vielen Züge, wobei es uns Vergnügen macht, eine Parallele zwischen dem Hang der Menschen in seinem natürlichen Zustand und in einer verfeinerten Lage zu ziehen. Dieser Jüngling trug einen sehr großen Kopfputz, der aus den Federn des Kriegsadlers gemacht und in Gestalt genau jenem des Königs der freundschaftlichen Inseln (einem Pfauenschweif) ähnlich war, so wie er in Coocks Reisen abgebildet ist. Sein Kleid war aus vielen Hermelinfellen zusammengesetzt, die auf verschiedene Weise auf einem weißen ledernen Mantel angebracht waren. Die Tänzer standen in einem Kreis, ein jeder mit dem Flügel eines Vogels in der Hand, womit er den Takt zu seiner Flinte, Pfeil oder sonst etwas schlug, das einen Ton von sich gab. Sie fingen ihren Gesang in leisem Ton an, ihn einige Minuten lang nach und nach verstärkend und ihn dann plötzlich mit einem lauten, gellenden Schrei beendend. Nach einer geringen Unterbrechung fingen sie dieselbe leise und melancholische Melodie wieder an, die sie ohne Abwechslung beinahe eine Dreiviertelstunden lang fortsangen. Diese wurde von einigen nichtssagenden Worten begleitet. Bisweilen trat einer der Tänzer in die Mitte des Kreises und erzählte seine kriegerischen Abenteuer. Unter jenen, die dies taten, befand sich ein schlanker und tätiger Krieger, nicht groß, aber ausgezeichnet durch sehr dünne Lippen und Nase. Unter den vielen Taten, die dieser Krieger aufzählte, unterließ er sorgfältig, der Ermordung weißer Menschen zu erwähnen. Der Tanz, der dieses begleitete, hatte nichts Besonderes an sich. Sie lachten häufig laut und schienen die Leibesübung mit froher Laune mitzumachen. Nachdem der Tanz eine Zeitlang gedauert hatte, wurden einige Geschenke unter sie verteilt, bei deren Empfang sie wegliefen und dem Anschein nach so befriedigt wie wir waren.«