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Leben, Taten und Schicksale der merkwürdigsten englischen Räuber und Piraten … Teil 1

Leben, Taten und Schicksale der merkwürdigsten englischen Räuber und Piraten der frühesten bis auf die neueste Zeit
Nach amtlichen Urkunden und anderen glaubwürdigen Quellen von C. Whitehead
Aus dem Englischen von J. Sparschil
Leipzig. 1834

Vorrede

Der Herausgeber des Lebens und der Taten englischer Straßenräuber und Piraten fühlt sich zu einigen Bemerkungen gedrungen, welche zwar jenen Lesern, die in diesem Buch bloß Unterhaltung suchen, überflüssig scheinen mögen, nichtsdestoweniger aber weder unzeitig noch unrichtig sind, weil es sich darum handelt, die Nützlichkeit dieses Werkes nachzuweisen und den eigentlichen Zweck desselben anzugeben.

Vor allem scheint es dienlich, eine kurze Skizze vom literarischen Schicksal der verschiedenen Charaktere zu geben, welche in den nachstehenden Blättern figurieren. Im Jahr 1711 gab Captain Alexander Smith ein kleines Bändchen heraus, welches die Lebensbeschreibung der berüchtigten Räuber und Diebe, die zu seiner Zeit florierten, enthielt. Die Nachfrage nach diesem Band war so groß, dass der Captain sich veranlasst fand, einen zweiten, später sogar einen dritten hinzuzufügen. Da die beiden letzteren Bände zusammengeschrieben wurden, um die Lesegier des Publikums zu befriedigen, kommen darin eben sowohl Straßenhelden und Diebe, deren Leichname längst auf dem Richtplatz von Raben und anderen Vögeln verzehrt worden waren, als auch einige wenige vor, die bei Lebzeiten des Captains ihr Unwesen trieben, und von ihm bei der Vorbereitung zur Herausgabe des ersten Bandes entweder übersehen oder für zu unbedeutend gehalten worden waren. Im zweiten und dritten Band wurde nicht die geringste chronologische Ordnung oder biographische Angemessenheit beobachtet. Der berühmte Robin Hood von Nottingham findet sich neben dem modernen Taschendieb der Hauptstadt.

Einige Jahre später benutzte Captain Charles Johnson, der Biograph englischer Piraten, die Arbeit des Captain Alexander Smith, führte seine Seeräuber in die Gesellschaft der Straßenräuber und Gaudiebe des Letzteren ein, fügte einige geringe eigene Arbeiten hinzu und gab das Ganze nicht minder unchronologisch geordnet, in einem Folioband heraus.

Aus diesen beiden Werken hat der Herausgeber die besten und wichtigsten Lebensbeschreibungen gewählt, sie in chronologische Ordnung gebracht und bis auf die neuesten Zeiten fortgeführt.

Mit wenigen Ausnahmen hat er sich indessen auf die englischen Piraten und Straßenräuber beschränkt und die Schar gemeiner Diebe weggelassen. Die Ersteren sind in der neueren Zeit infolge der Strenge der britischen Gesetze gegen die Seeräuberei fast gänzlich von der Oberfläche des Meeres verschwunden, und was die Straßenräuber betrifft, so sind sie, weil ihr Gewerbe infolge des Papiergeldes und des Banksystems unergiebig geworden ist, und vor allem, weil für die Sicherheit der Straßen besser gewacht wird, in England ganz ausgestorben.

Man möge daher das vorliegende Werk nicht als einen bloßen Katalog von Verbrechern, sondern als eine Sammlung von Biographien zweier Klassen von Personen betrachten, die an und für sich interessant sind, Taten ausgeführt und Abenteuer bestanden haben, die sich in England schwerlich wiederholen werden.

Ein Grund mehr, weswegen die gemeinen Diebe und Gauner der früheren Zeit der Vergessenheit überlassen bleiben mögen und in dieses Werk nicht aufgenommen wurden, ist der, dass sie an Originalität, Scharfsinn, Erfindungsgabe und Umfang der Hilfsquellen von den jetzigen Professoren der edlen Kunst unendlich übertroffen werden. Es kann interessant, ja sogar wichtig sein, die Abenteuer des kühnen und unternehmenden Straßenräubers zu bewahren. Die elenden Details und die verächtliche Niederträchtigkeit der Diebe aber nehmen die Aufmerksamkeit weniger in Anspruch. Die Taten der jetzigen finden sich ohnehin in den Spalten der englischen Zeitungen, die den Gerichtsverhandlungen gewidmet sind, ausführlich beschrieben.

Bei einigen wohlgesinnten Personen herrscht die irrige Meinung, dass Werke der Art, indem sie Szenen einer Ruchlosigkeit und Verderbtheit ohne Gleichen beschreiben, die Phantasie an das Laster gewöhnen und den Abscheu schwächen, womit solche Taten der Finsternis stets betrachtet werden sollen. Sie behaupten, dass die Schlechtigkeit, so lange sie dem Anblick entzogen bleibt, auch keinen Weg in das Gemüt finden könne, und wähnen trotz ihres festen Vertrauens in die angeborene Güte und Trefflichkeit der menschlichen Natur, dass man das Laster nur zu nennen brauche, um die Tugend zu gefährden, und dass es nie so unwiderstehlich sei, als wenn es in seiner ganzen Nacktheit erscheint.

Es mag allerdings wahr sein, dass ungeschmückte Schönheit am meisten geschmückt ist. Bis jetzt aber hat die Erfahrung noch nie gelehrt, dass das Laster schön sei, oder an den Vorteilen, welche die Schönheit in Negligé hat, teilhabe. Im Gegenteil glaubt man allgemein an den alten Satz, dass das Laster ein so scheußliches Ungeheuer ist, dass man es nur zu sehen braucht, um es auch zu hassen. Die Wahrheit dieses Ausspruches lässt sich durch nichts besser beweisen, als durch die Wirkung der Lektüre des vorliegenden Buches, worin das Laster auch für die schwächste Sehkraft in seiner abschreckenden Gestalt erscheint. Das Laster ist nur dann gefährlich, wenn es das Gewand der Tugend angenommen hat. So wie aber dieses fällt, ist der Zauber gelöst, hat die falsche Gottheit ihren Reiz verloren. Auch ist die menschliche Natur so geartet, dass trotz all ihrer Schwäche, offenkundige und unverkennbare Ruchlosigkeit allgemeinen Fluch und Abscheu erregt.

Mit Recht kann man daher behaupten, dass das vorliegende Werk nicht nur nichts enthält, was selbst die loseste Moral gefährden oder die schwächsten Grundsätze erschüttern könnte, sondern dass es im Gegenteil dazu dient, den Leser in Tugend und Redlichkeit zu bestärken und zu festigen.

Es ist unmöglich bei Erzählungen der Art, worin das Leben und der Charakter so vieler, mit allen Abstufungen von Talent begabter Individuen, beschrieben wird, von denen einige aus Verblendung und blinder Unwissenheit sündigten, andere trotz ihrer besseren Einsicht und gegen ihr Gewissen Verbrechen begingen, alle aber mit sehr wenigen Ausnahmen ein frühzeitiges und schreckliches Ende fanden. Unmöglich sage ich, ist es, bei Schilderungen solcher Natur zu verweilen, ohne sich von ihnen mit der Überzeugung zu trennen, dass die Redlichkeit, um für einen Augenblick mit Dr. Paley die Religion und Moral nur vonseiten ihrer Nützlichkeit zu betrachten, nicht nur die beste, sondern die einzige Politik ist.

Mit diesen Bemerkungen empfehlen wir dieses Werk dem nachsichtigen Wohlwollen der Leser.