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Der Welt-Detektiv Band 6

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Jack Lloyd Folge 41

Jack Lloyd – Im Auftrag Ihrer Majestät

Leise Zweifel

»Das kann nicht Euer Ernst sein. Ihr nehmt mich auf den Arm.«

»Wenn es nur so wäre«, murmelte Jack leise.

»Der Comte hat gehört, dass jemand die Schatzflotte hier in Caracas überfallen will und er wendet sich ausgerechnet an uns? Das kann doch kein Zufall sein.«

»Was wollt Ihr damit sagen, Elena?«

»Ich glaube nicht an Zufälle. Irgendetwas stimmt an dieser ganzen Sache nicht. Und wir sollten vorsichtig sein, bis wir wissen, was es ist.«

»Ich gebe Euch in sofern recht, als das es schon ein außergewöhnlicher Zufall wäre. Aber welche Alternative haben wir? Glaubt Ihr ernsthaft, wir könnten aufgeflogen sein? Würde der Comte dann in aller Seelenruhe hier hereinspaziert kommen und mich auf diese Art und Weise herausfordern?«

»Mein Vater sagte immer, der Comte wäre ein großer Freund des Glücksspiels. Er beherrscht es wie kaum ein anderer, seinen Gegner lange Zeit darüber im Unklaren zu lassen, welche Möglichkeiten er tatsächlich hat.«

»Ihr meint, er lässt uns geradewegs in eine Falle laufen.« Jack starrte aus dem Fenster. Der Tag begann allmählich zu erwachen, und mit den ersten Strahlen der Sonne kamen auch die ersten leise Geräusche von der Straße. Die Stadt schüttelte den Schlaf ab und bald würde wieder reges Treiben auf den Straßen und in den Gassen herrschen.

»Wir müssen zu den anderen. Ich brauche Joes Meinung dazu.«

»Wäre es nicht besser, wenn er und die Männer so schnell wie möglich zu uns stoßen würden? Ich fühle mich wohler, wenn wir hier nicht mehr vollkommen auf uns allein gestellt sind.«

Elena sah zu Boden. Sie wollte keinesfalls ängstlich wirken. Aber der Besuch des Comte zu dieser Stunde und sein eigenartiges Anliegen hatten ihr einmal mehr vor Augen geführt, wie klein der Schritt vom willkommenen Gast des Gouverneurs hin zum todgeweihten Insassen des Kerkers war.

»Ja. Und wir brauchen eine andere Unterkunft. In diesem Haus haben wir keinen Überblick darüber, wer kommt und wer geht. Die Gefahr, hier ausspioniert zu werden, ist einfach zu groß.«

Elena und Jack verabredeten, dass sie sich frisch machen und ankleiden und anschließend im großen Schankraum in der unteren Etage treffen wollten. Nach einem gemeinsamen Frühstück verließen sie den Goldenen Schwan und machten sich auf den Weg zu ihren Freunden, nicht jedoch ohne vorher dem Comte eine Nachricht zukommen zu lassen, dass Jack sich das Haus, von dem der Comte gesprochen hatte, noch heute ansehen wollte.

Ähnlich wie bei Elena hielt sich auch Joes Begeisterung über das Zusammentreffen mit dem Comte in Grenzen. Als Jack berichtete, was sich auf dem Fest zugetragen hatte, verfinsterten sich die Züge des alten Seebären für einen Moment, als Jacks Gespräch über seine angebliche Familie am spanischen Hof zur Sprache kam. Elena registrierte diesen Unwillen und war sich nicht ganz sicher, was er zu bedeuten hatte. Kannte Joe Jacks Vergangenheit so gut, dass er wusste, woher der Kapitän seine genauen Kenntnisse über eine hochrangige spanische Adelsfamilie hatte? Oder passte es dem alten Seebären einfach nicht, dass sein Kapitän eine derartige Unvorsichtigkeit begangen hatte. Sie beschloss den Alten, der ihr in der letzten Zeit ziemlich ans Herz gewachsen war, bei passender Gelegenheit anzusprechen. Und diese bot sich schneller, als sie gedacht hätte. Jack ließ sich von Pablo einige Vorräte und Waffen zeigen, welche die Männer hier in Caracas erworben hatten. Da diese in einem anderen Stockwerk des alten Gebäudes verstaut waren, war der Kapitän für einen Moment abwesend. Joe, der auf einem klapprigen alten Stuhl in einer Ecke saß, starrte düster vor sich hin.

»Was denkt Ihr, Maat.«

»Dass es verschiedene Arten gibt zu sterben. Ich frage mich, warum unser Kapitän sich den Tod durch Hinrichtung ausgesucht hat.«

Elena muste grinsen. Sie hatte die offene Art Joes schätzen gelernt, auch wenn er manchmal ein bisschen sehr hart mit seinem Urteil war.

»Ihr glaubt also, dass der Kapitän einen Fehler gemacht hat?«

»Ihr nicht?« Joe sah Elena direkt ins Gesicht. »Ich hatte nicht das Gefühl, dass Ihr sonderlich begeistert über die Geschehnisse des gestrigen Abends und des heutigen Morgens gewesen wäret.«

»Gut beobachtet, Joe. Ich fürchte, unser Kapitän hat da etwas in seiner Vergangenheit entdeckt, was er glaubt, hier zu unserem Vorteil verwenden zu können. Und ich fürchte, dass genau dieser Versuch für uns tödlich enden könnte.«

»Meint Ihr nicht, dass Ihr seine Vergangenheit kennen müsstet, um darüber Urteilen zu können, Elena?«, fragte Joe frei heraus. Dass ihr Maat sie nur selten mit dem Titel »Kapitän« ansprach, störte Elena nicht. Dass er sie in diesem Augenblick aber in Anwesenheit anderer Mitglieder der Mannschaft maßregelte wie ein junges Mädchen sehr wohl.

»Das wäre mit Sicherheit hilfreich, Joe«, erwiderte die junge Frau spitz. »Könnt Ihr irgendetwas zur Erhellung dieser Vergangenheit beitragen?«

»Das könnte ich mit Sicherheit«, erklärte Joe sanft lächelnd. »Aber ich fürchte, Jack hätte eine Menge dagegen einzuwenden. Er wird es Euch berichten, wenn die Zeit dafür gekommen ist, My Lady. Ich fürchte, so lange werdet Ihr Euch gedulden müssen.«

»Das heißt also, wir folgen unserem Kapitän, ohne Fragen zu stellen.«

»Mit Sicherheit nicht, ohne Fragen zu stellen. Aber wenn es auf unsere Fragen vorerst keine Antworten gibt, werden wir damit leben müssen, Lady Elena.«

»Dann hoffe ich, dass er noch die Gelegenheit haben wird, mir von seiner Geschichte zu berichten«, flüsterte Elena, einen sehnsüchtigen Blick in die Richtung werfend, in die Jack und Pablo verschwunden waren.

»Ich bete darum«, brummte Joe und starrte wieder auf den Boden zwischen seinen Füßen. Dabei entging ihm, dass Elenas Gesicht sich plötzlich aufzuhellen begann.

»Joe, wie gut ist Euer Spanisch?«

»Recht gut. Ich habe eine Weile in einer spanischen Handelsniederlassung gelebt. Warum?«

Das Grinsen auf Elenas Zügen vertiefte sich. Joe, der sie fragend ansah, zog die Stirn in Falten.

»Ausgezeichnet. Ich wüsste einen Weg, wie wir unseren Gebeten mehr Nachdruck verschaffen könnten.«

»Und der wäre?«

»Ihr sprecht sie auf Spanisch, Joe. Einfach nur auf Spanisch.«

Fortsetzung folgt …

Copyright © 2011 by Johann Peters