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Der Welt-Detektiv Band 6

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Jack Lloyd Folge 22

Jack Lloyd – Im Auftrag Ihrer Majestät

Die tödliche Kugel

Jack und die Seinen warfen sich mit aller Macht auf die Feinde. Der junge Kapitän hatte seine einläufige Pistole auf den erstbesten Gegner abgefeuert und als dieser zusammengebrochen war, die Waffe eingesteckt, um nun mit beiden Händen das Schwert führen zu können. Da seine Schulter noch immer entsetzlich schmerzte und die Wunde, die der Spanier ihm beigebracht hatte, noch lange nicht verheilt war, konnte er keinesfalls so kämpfen, wie er es gewohnt war. Führte er sonst mit einer Hand das Schwert und mit der anderen den Dolch, stets mit der einen Waffe parierend, mit der anderen attackierend, musste er jetzt mit einer einzigen Waffe auskommen. Trotzdem kämpfte er sich durch die Masse der feindlichen Matrosen. Schon nach wenigen Augenblicken stellte Jack fest, dass es ein Unterschied war, ob man gegen spanische Soldaten focht oder gegen Gesetzlose, die eine ganz andere Klinge fochten. Joe und Pablo folgten ihrem Kapitän, stets bemüht, ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Das Kampfgetümmel wurde immer lauter und aus irgendeiner Ecke drangen Rauchschwaden über das Deck. Jack hielt einen Augenblick inne, um sich zu orientieren. Um ihn herum tobte der Wahnsinn der Schlacht. Klingen schlugen aufeinander, gelegentlich peitschte ein Schuss auf und immer wieder gingen Leiber zu Boden. Die meisten, um nie wieder aufzustehen. Jack suchte das Getümmel nach einem ganz bestimmten Gegner ab. Doch er wurde nicht fündig. Plötzlich stand Joe neben ihm.

»Das Gefecht hat sich auf beide Schiffe ausgeweitet, Kapitän.«

»Was ist mit unseren Gästen?«

»Sie haben sich schon, bevor es losging, in deine Kajüte zurückgezogen und diese von innen verschlossen.«

Jacks Blick wanderte noch einmal über das Deck des feindlichen Schiffes. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass jemand sich auf ihn stürzen wollte. Joes Klinge, die blitzschnell nach vorn zuckte und dem Gegner einen Arm vom Rumpf abtrennte, verhinderte, dass der Spanier Jack überraschen konnte. Ein kurzer Stich des Ersten Maat beendete das Leiden des Feindes. Leise brummte Jack: »Wo ist dieser feige Hund?«

»Er wird dir schon über den Weg laufen. Jetzt konzentrier dich auf die Feinde, die du siehst. Die können dir im Augenblick wesentlich gefährlicher werden. Ich habe übrigens Pablo losgeschickt, um festzustellen, ob noch Überlebende der Mannschaft des Händlers irgendwo an Bord festgesetzt sind. Wir können jede Hilfe brauchen.«

Nach diesen Worten war der alte Seebär wieder im Getümmel verschwunden. Auch Jack warf sich erneut in die Schlacht. Er musste zurück auf das Deck der Swallow. Wenn Edmund nicht an Bord der Jungfrau war, dann musste er dort unter den Kämpfenden sein. Ein zweites Mal würde Jack seinen ehemaligen Matrosen nicht davonkommen lassen.

***

Edmund hatte schon aus der Ferne erkannt, dass die Gestalten auf dem Aufbau der Swallow Jack Lloyd und die beiden Spanier waren. Der Kaufmann und seine Tochter wirkten ängstlich, wenn auch eine gewisse Entschlossenheit auf ihren Zügen gelegen hatte, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als sie sich in die Kapitänskajüte eingeschlossen hatten. Ein kaltes Lächeln zog über das Gesicht des Piraten. Das Mädchen gefiel ihm. Es hatte ihm schon in jener Nacht in Santiago gefallen, aber da war es sein Capitano gewesen, der ihn mit neuen Befehlen aus der Reichweite der spanischen Schönheit getrieben hatte. Doch diesmal würde niemand diese Elena vor ihm bewahren können. Jack Lloyd würde ganz von selbst zu ihm kommen. Aber diese junge Blume musste er selbst aufsuchen. Edmund wartete die erste Welle des gegnerischen Angriffes ab. Seine Männer fochten mit einer Wildheit, die er selbst selten gesehen hatte. Kein Wunder, dass die Piratenjäger des Franco Costellos in der Karibik allgemein gefürchtet waren. Dann warfen sich Edmund und eine Handvoll Männer auf das Deck der Swallow, die Männer Jacks mit einer Reihe harter Streiche eindeckend. Mehrere Schüsse hallten über das Deck des einstigen Handelsschiffes, dann waren die Kontrahenten in Kämpfe Mann gegen Mann verwickelt. Edmund suchte mit den Augen immer wieder den Aufbau des Schiffes ab. Zwei Matrosen der Swallow hatten sich dort oben zum Schutz der zivilen Passagiere postiert. Ein fieses Lächeln zog über das Gesicht des Mannes, der noch vor Kurzem selbst zur Mannschaft der Swallow gehört hatte. Die Männer, die ihm entgegentraten, fochten mit einer Wut und einem Hass in den Augen, die sie unvorsichtig werden ließen. Und so hatte Edmund es nicht schwer, sich durch die Feinde zu kämpfen und schließlich auf dem Deckaufbau anzukommen. Die beiden Wachen hatten ihre Schwerter fest in der Hand und warfen sich sofort auf den bereits leicht ausgepumpten Verräter. Doch Edmund war schneller. Wie aus dem Nichts beförderte er eine einläufige Pistole hervor und schoss den ersten der beiden Männer nieder. Dann schleuderte er die Feuerwaffe weg, ergriff Schwert und Dolch wieder fester und warf sich auf den noch verbliebenen Gegner. Der Mann wurde von den schnell aufeinanderfolgenden Attacken Edmunds so in der Defensive gebunden, dass ihm nicht auffiel, wie ein weiterer Gegner den Deckaufbau betrat. Erst der stechende Schmerz in seinem Rücken zeigte ihm, dass die Piratenjäger in ihrem Kampf nicht auf Ehre achteten. Langsam, die Augen weit aufgerissen und gequält röchelnd, glitt der Matrose zu Boden. Kurz bevor sich seine Augen flatternd schlossen, nahm er noch wahr, wie Edmund auf die Tür der Kapitänskajüte zutrat, mittlerweile drei Spanier an seiner Seite. Dann war da nur noch Finsternis.

***

Jack hatte sich bis zur Reling der Jungfrau von Cartagena durchgekämpft. Hier musste er ohnmächtig zusehen, wie seine Männer an Bord der Swallow von Edmund und seinen Schergen niedergestreckt wurden. Wütend schwang er sich zurück an Bord der Swallow. Mit einem Schrei auf den Lippen stürzte er sich auf die Spanier, die mittlerweile an Bord der Swallow die Oberhand zu gewinnen schienen. Nur aus den Augenwinkeln sah er, dass sich einige seiner Männer ihm angeschlossen hatten. Gemeinsam drängten sie den Feind zurück. Jack focht wie ein Wahnsinniger, immer mit einem Auge das Oberdeck beobachtend. Dort deckte Edmund die Kapitänskajüte gerade mit einer Reihe von Tritten ein. Noch hielt die Tür, aber lange würde sie der Wut des Verräters nicht mehr standhalten. Jack entledigte sich eines weiteren Feindes und warf einen gehetzten Blick in die Runde. Die Männer um ihn herum kämpften mit demselben Mut der Verzweiflung wie an Bord der Jungfrau von Cartagena. Von dem Deck des anderen Schiffes wurden in diesem Augenblick Wut- und Schreckensrufe laut. Jack stürzte zurück zur Reling. Von dort aus sah er, wie Pablo und eine Hand voll fremder Gestalten das Deck betraten und sich ebenfalls in die Schlacht stürzten. Offenbar hatte es doch Gefangene an Bord der Jungfrau gegeben. Der Kampf an Deck der Jungfrau schien weitgehend entschieden, die Spanier waren mittlerweile stark in der Minderheit. Auch an Bord der Swallow hatten Jacks Männer die Lage im Griff. Nun konnte Jack sich endlich seinem ganz speziellen Intimfeind widmen. Mit schnellen Sprüngen setzte Jack die Treppe hinauf auf den Deckaufbau. Oben angekommen blieb er einen Moment stehen und betrachtete die Szene. Edmund begann gerade die Tür mit seinem Schwert zu bearbeiten. Dabei schrie er immer wieder, die Spanier sollten öffnen. Langsam näherte sich Jack dem Mann, der ihn verraten und verkauft hatte.

»So sieht man sich wieder, Edmund.«

Edmund hielt inne. Seine Gestalt straffte sich. Dann wandte er sich um. Dabei ging sein Blick wie beiläufig über das Deck der Swallow. Gerade fielen die letzten Piratenjäger unter den Streichen der Besatzung der White Swallow. Auch an Deck der Jungfrau war die Schlacht entschieden. Edmund und die Seinen hatten verloren. Für ihn gab es keine Hoffnung, dieses Schiff lebend zu verlassen. Das erkannte der Seeräuber mit einem einzigen kurzen Blick in die Runde. In diesem Augenblick wurde die Tür der Kapitänskajüte mit aller Macht aufgestoßen. Edmund, der noch immer in der Reichweite der Tür stand, prallte nach hinten und verlor für den Bruchteil einer Sekunde das Gleichgewicht. Doch schon einen Wimpernschlag später war der Seeräuber wieder auf den Beinen. Mit einem Wutschrei auf den Lippen riss Edmund eine zweite Pistole aus dem Gürtel und feuerte auf die Holztür, direkt in Kopfhöhe. Er hörte den Schrei eines Mannes von der anderen Seite der Tür. Dann wandte er sich gehetzt um und setzte über die Reling der Swallow.

Fortsetzung folgt …

Copyright © 2011 by Johann Peters