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Rübezahl, der Herr des Gebirges – Folge 39

Rübezahl, der Herr des Gebirges
Volkssagen aus dem Riesengebirge
Für Jung und Alt erzählt vom Kräuterklauber
Verlag Carl Gustav Naumann, Leipzig, 1845

39. Wie Rübezahl vor Prellerei warnt.

»Gott sei Dank, dass wir herauf sind!«, sagten drei Görlitzer Tuchmacher oben auf dem Schmiedeberger Pass zueinander, setzten ihre Hocken ab und wischten sich den Schweiß von der Stirn. Sie wollten hinüber nach Böhmen und ruhten nun aus vom langen Steigen.

Indem kam ein vornehmer Herr und redete sie an. Wie er hörte, dass sie Tuch bei sich führten, sagte er: »Ich kaufe Euch ab.«

Obwohl die Männer einen sehr hohen Preis forderten, so kaufte er doch jedem von ihnen ab und zahlte ihnen den Kaufpreis in lauter Dukaten aus. Die Leute reisten hierauf weiter. Wie sie aber eine Strecke gegangen waren, zogen sie ihre Dukaten heraus und fanden zu ihrem Schrecken, dass es bloße Zahlpfennige waren. Sogleich kehrten sie wieder um und trafen an der vorigen Stelle eine Kutsche mit sechs Rossen. Drinnen saß der vornehme Herr. Sie beklagten sich, dass er ihnen Zahlpfennige statt Gold gegeben hatte.

»Zeigt mir doch das Geld«, sagte Rübezahl.

Wie sie es aber hervorbrachten, war es wieder gutes Gold. Die Männer waren bestürzt.

Rübezahl sagte: »Könnt Ihr denn Gold nicht von Messing unterscheiden? Wenn es Euch aber nicht recht ist«, fuhr er fort, »so sollt Ihr den Kaufpreis in Talern erhalten.« Damit zahlte er ihnen die Summe in lauter Talern aus.

Sie gingen abermals davon. Da sie doch über den Vorgang stutzig geworden waren, so machten sie nicht lange darauf wieder ihre Säckel auf und fanden darin statt des Silbers Scherben. Nun ergriff sie die Angst erst recht. Sie liefen spornstreichs wieder zurück. Die Kutsche stand noch auf dem alten Fleck und der Herr saß drinnen. Er fragte, was sie schon wieder wollten. Die Leute klagten ihm ihr Leid und dass sie lieber ihr Tuch zurückhaben wollten.

Rübezahl antwortete ihnen gar ernst, dass sie sich packen sollten. Sie wären, sagte er, ehrlich bezahlt worden und würden das später selbst sehen.

Die Leute klagten gar sehr, besonders der eine, welcher vorstellte, dass er ein armer Mann sei, und ein Herdlein kleiner Kinder zu Hause habe. Aber Rübezahl blieb dabei. Er habe niemanden betrogen und es werde sich das ausweisen.

Hierauf fuhr er rasch über den Pass hinunter. Die Männer setzen wehklagend ihren Weg fort. Als sie aber nach Liebau hinüberkommen und ihre Säckel ausschütteten, waren die Scherben wieder lauter gute Taler geworden. Da hatten sie freilich große Freude, weil sie sich doch hatten vorwerfen müssen, den Herrn geprellt zu haben. Merke also, was die Heilige Schrift sagt: Niemand übervorteile seinen Bruder im Handel.