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Tony Tanner – Redivivus (Leseprobe Kapitel 1)

Uwe Krause
Tony Tanner – Redivivus
Kapitel 1

»Hören Sie mich? … Hallo, können Sie mich hören? Bitte geben Sie sich doch ein wenig Mühe – können Sie mich verstehen?«

»Oho, unser Aswin redet wieder mit der Wand.«

»Halt einfach die Klappe!«

»Ein bisschen freundlicher, wenn´s geht, Kumpel!«

»Kevin hat recht. Der Kerl ist Gemüse, da kannst du ebenso gut mit einer Salatgurke reden.«

»Der Typ gehört auf den Kompost, ich sag es dir!«

»Eine Salatgurke hat keinen Herzschlag und keine Atmung.«

»Und wieder einmal hat unser Aswin das letzte Wort gehabt.«

»Anscheinend ja nicht.«

»Doch, du Perser.«

»Ich bin Deutscher, du Dämlack.«

»Sicher doch – frisch gegart aus der Mikrowelle.«

»Kevin, halt die Luft an. Diesen Scheiß brauchen wir hier echt nicht.«

»Trotzdem Perser!«

»Den Unterschied zwischen Perser und Parse werde ich dir jetzt nicht erklären.«

»Brauchst du nicht, der eine ist ein dämlicher Teppich und der andere so ´ne schwule Griechengöttin mit Schere und Faden und so.«

»Verstehst du nun, warum ich mich lieber mit Gemüse unterhalte?«

Es sind keine Stimmen. Es ist keine Sprache. Nur Bewegung von Luftmolekülen. Ein Hauch, der über eine tote Oberfläche streicht, über den schwarz polierten Boden eines entfernten Sterns. Es gibt kein Leben dort. Nirgends.

»Hallo, können Sie mich hören?«

»Hat es jemals eine Reaktion gegeben? In all der Zeit?«

»Nein, Frau Doktor.«

»Nicht ein winzig kleiner Ausschlag? Bei irgendeiner Anzeige?«

»Nein, Frau Doktor.«

»Sie wissen, dass dieser Raum Salatbeet genannt wird?«

»Hat es eine Bedeutung, wie manche Sensibelchen diesen Raum nennen?«

»Nein. Nein, natürlich nicht. Nicht, dass Sie einen falschen Eindruck gewinnen. Aber die Sache ist etwas …«

»Unheimlich?«

»Auch das! Was ich eigentlich sagen wollte, war: aus wissenschaftlicher Sicht hochinteressant, aber möglicherweise ethisch fragwürdig.«

»Er ist an keine Maschine angeschlossen, Frau Doktor.«

»Das sehe ich selbst. Aber ohne unsere künstliche Ernährung und die sonstige Fürsorge wäre der Kerl Geschichte.«

»Vielleicht wäre er eine interessante Geschichte, die wir dann nicht hören.«

»Vermutlich wäre er eine banale Geschichte, die keiner hören will, Aswin. Bis dann, die Herren.«

»Hu, unsere Frau Doktor hat wohl wieder ihre kritischen Tage. So wie die drauf ist.«

»Die hat an 365 Tagen im Jahr ihre megablutigkritischen Tage. Aufgeblasene Ziege. Die ist nicht mal eine richtige Ärztin. Bloß ´ne Psychotante, echt.«

»Sie ist Medizinerin mit Zusatzqualifikation.«

»Steckt ihre Nase zu oft hier rein.«

»Ist aber eine hübsche Nase.«

»Der Rest ist auch hübsch. Bei der würde ich auch gerne mal was reinstecken. Aber nicht die Nase.«

»Kevin, halt an dich. Wenn das die Weißkittel hören, bist du geliefert.«

»Scheiß drauf, du Sack. Wenn du wüsstest, was Dr. A über Frau Kollegin ablässt.«

»Dr. A, der Stecher der Nation.«

»Huh, bei dem kneift sie die süßen Schenkelchen zusammen, jede Wette.«

»Trotzdem ist sie viel zu oft bei dieser Scheißmenschengurke.«

»Na, hoffentlich taucht die nicht auch bei den anderen auf.«

Es sind keine Sätze, keine Worte, keine Silben. Es ist ein Windhauch, Moleküle eines atembaren Gases in Bewegung, ein leises Kräuseln der Oberfläche, nur eine winzige Störung einer perfekten Ordnung, die sich wie abgestürztes Geröll zu einer stabilen Masse verkeilt hat. Ein Insekt, eingeschlossen in Bernstein, unklar, ob Schutz oder Kerker.

»Hallo, können Sie mich hören? Verstehen Sie mich?«

»He Kumpel, ich habe gerade nebenan deine Mutter gevögelt. Mann, die ging ab wie eine Rakete, hast du sie kreischen gehört? Echt, sie hat das Laken zerfetzt, als ich in ihr war. Und deine Schwester hat zugeschaut und gebettelt, dass ich es ihr noch einmal so richtig besorge, von hinten mitten hinein in ihren kleinen knackigen …«

»Sag mal, drehst du jetzt komplett durch, Kevin?«

»Hab dich nicht so. Schon mal was von Schocktherapie gehört? So dringt man durch die dickste Blockade.«

»Hast du sie nicht mehr alle? Wenn du das brauchst, dann ruf doch die Eins-Zwei-Drei-Irgendwas an und frag nach der heißen Olga.«

»Autsch, Aswin kennt sich aus.«

»Na ja, jedenfalls findet es dein bester Kumpel ganz normal, wenn man seine Alte vögelt. Vermute ich mal einfach so, weil ja keine Reaktion …«

»Dass deine Vermutungen einfach sind, ist keine Überraschung.«

»Was war das denn jetzt? Willst du mich beleidigen?«

»Könnte das jemand überhaupt? Ich meine, würdest du das wirklich kapieren, wenn ich dich beleidigen wollte?«

»Pass auf, du Perser, wenn ich dich auf dem Boden ausrolle und ein bisschen auf dir hin und her laufe, dann weißt du, dass ich es kapiert habe.«

»Versuch es doch einfach mal … versuch´s doch! Na, komm her, versuchsweise, du Fleischklops!«

»Aswin, du nicht auch noch. Diese Schocktherapie war Anweisung vom Doktor.«

»Oh, Doktor A, dieses Obersuper-A.«

»Joooo, kleiner Aswin, der Doktor hat gesagt, Kevin mach mal, vielleicht zeigt das Gürkchen dann wenigstens ein kleines Zucken. Und ansonsten – lass uns einfach vor die Tür gehen, mein Schokomäuschen und dann zeige ich dir den Unterschied zwischen Fett und Muskeln. Und tschüss ihr beiden Flachwichser.«

»Ich liebe es, wenn Kevin diese männlich-brutalen Sprüche raushaut.«

»Bloß bei unserer Oberfeministin ist er so klein mit Hut. Äh, könntest du ihm bitte nachgehen?«

»Er kommt schon alleine zurecht.«

»Ich möchte nicht, dass er mit der Frau alleine im Raum ist.«

»Ach du Schande! Du glaubst doch wohl nicht, dass er … Na gut, man hat ja schon Sachen gehört … bin schon unterwegs. Sehen wir uns nach der Schicht?«

»Gerne. Ich brauche mal wieder Abwechslung.«

»Bis dann.«

»Tschö mit Ö!«

Es sind Sätze und Worte, geformte Luft, Wellen, die ein Muster erzeugen, eine Oberfläche, die sich verändert. Eine Tiefe, in der sich mühsam, mit Schmerzen, etwas regt und nicht weiß, warum das geschieht.

»Hallo, können Sie mich hören? Nein, kannst du nicht, Alter, ist schon klar. Warum auch? Mich ignoriert sowieso jeder. Außer den Mädels, die kreischen immer und fallen in Ohnmacht, wenn ich aufkreuze. Quatsch, war nur ein Witz. Darfst ruhig lachen. Na, dann eben nicht. Aber freuen darfst du dich, jetzt gibt es lecker Happahappa durch die Magensonde, Augentropfen und dann noch ein bisschen Gymnastik, damit wir schön knackig bleiben.«

»Aswin? Alles klar?«

»Oh Mann, wenn du so fragst, höre ich schon den Hammer pfeifen.«

»Wir müssen reden.«

»Alles klar, du redest hier, ich rede unter der Dusche. Einverstanden.«

»Wir müssen miteinander reden. Besser?«

»Perfekt. Ich liebe die Grammatik, wenn man sie beachtet.«

»Also, Aswin, da …«

»Lass uns auf den Flur gehen. Ich will nicht, dass der Kunde mithört.«

»Da haben wir das Problem. Der Kerl ist hinüber. Der ist sowas von hops. Und du tust, als wenn er über Atmen und Pinkeln hinaus noch was könnte. Verstehst du, das ist eine leere Hülle.«

»Das sehe ich anders.«

»Und das ist der Knackpunkt. Unsere Regierung ist der Meinung, dass du zuviel persönliche Emotionen in Patient Nummer 13 investiert.«

»Ich nehme an, die Meldung kommt von Doktor A.«

»Unter anderem. Aber natürlich ist er die treibende Kraft.«

»Will er abstellen?«

»Aswin, da ist nichts abzustellen, das weißt du selbst. Nein, wir werden auch die Nahrungszufuhr nicht kappen. Aber ich muss dich warnen. Der Sicherheitsdienst hat dich auf dem Kieker.«

»Gruß von Kevin und Doktor A, nehme ich an.«

»Aswin, komm runter. Wir sind Kumpel, oder?«

»Sind wir?«

»Ich hoffe doch. Du bist der Einzige, mit dem man vernünftig reden kann. Aber ich sitze zwischen allen Stühlen. Der Prof hat mich befördert. Ein bisschen mehr Knete, dafür schreibe ich jetzt Beurteilungen.«

»Gratulation.«

»Spar dir den Sarkasmus. Du, dieses Gespräch hätte ich nicht nötig. Ich mache meine Scheißbeurteilungen, haue dich in die Pfanne und alle sind glücklich.«

»Immer zu.«

»Sie nicht bockig, du Sepp. Du machst einfach ein wenig Dienst nach Vorschrift. Keine Gespräche mit atmenden Mumien und dieser Kram. Ich habe drei Wochen, bis ich die verschissenen Beurteilungen rüberreichen muss. In der Zeit hältst du die Luft an. Wenn der Sicherheitsdienst alles geschluckt hat, sind wir für die nächsten Monate auf der sicheren Seite. Aswin, ich kenne den Gesichtsausdruck. Bitte nicht. Keinen Vortrag über Schwarz und Weiß und Entscheidungen, die man treffen muss. Halt an dich, drei Wochen plus ein oder zwei weitere. Das schaffst du.«

»Klar doch. … Und vielen Dank. Ich weiß das zu schätzen, echt.«

Später, irgendwann später, fragt sich der Mann, was es war. Was brachte ihn zurück? Er versucht sich zu erinnern und weiß genau, dass er sich quälen und schließlich scheitern wird. Jedes Mal.


Die vollständige Leseprobe von 158 Seiten steht als PDF, EPUB, MOBI und AZW3 zum Downloaden zur Verfügung.

Bisherige Downloads PDF: 575
Bisherige Downloads EPUB: 336
Bisherige Downloads MOBI: 338
Bisherige Downloads AZW3: 325


Anmerkung:
Dem Autor Uwe Krause würde es interessieren, wie diejenigen mutigen Menschen, die sich durch die 158 Seiten der Leseprobe arbeiten, mit den Verweisen auf den alten Tony Tanner zurechtkommen. Egal, ob sie schon einmal die Nase in die alte Geschichte gesteckt haben oder völlig unbeleckt sind. Es ist klar, dass die alte Geschichte vorbei ist und aus ganz praktischen Gründen auch nicht reanimiert werden kann. Was bleiben wird, ist ein Teil der Protagonisten, wobei auch dieser oder jener Seitenwechsel geplant ist.
Lasst eurer Kritik, euren Meinungen und Anregungen in Form von Kommentaren freien Lauf. Der Autor wird es euch mit seinem neuen Werk danken.