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Fort Aldamo – Band 51

Frank Callahan
Fort Aldamo
Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker
Band 51
Jetzt bist du fällig, Finnewacker!

Western, Military, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,80 €, Neuauflage vom 17.10.2017, Titelbild von Günter König
Kurzinhalt:
Master Sergeant Finnewacker ist ein eisenharter Draufgänger. Manolito Juarez auch. Finnewacker fürchtet weder Tod noch Teufel. Der Bandolero Juarez auch nicht.

Kaum jemand ist dem rauen Commander von Fort Aldamo gewachsen. Bis auf seinen Todfeind Juarez, dieser mörderische Höllenhund, der schon lange auf Rache sinnt. Und jetzt ist seine Chance gekommen, endlich mit dem verhassten Blaurock abzurechnen. Der Desperado bringt eine Gruppe von Strafsoldaten samt Wachmannschaft in seine Gewalt. Die Geiseln sterben auf grausame Weise, wenn sich der Master Sergeant nicht stellt. Zum Zweikampf Mann gegen Mann, zu einem gnadenlosen Todesduell in einer einsamen Geisterstadt …

Leseprobe:

»Komm schon rein, Kleiner«, dröhnte Master Sergeant Finnewackers befehlsgewohnte Stimme. »Ich fresse dich schon nicht. Bestimmt willst du mir melden, dass der Gefangenentrans­port in Sichtweite von Fort Aldamo gekommen ist!«

Sergeant Fitzgerald, Finnewackers Stellvertreter, trat in die Kommandan­tur, baute sein Männchen und grüßte korrekt.

»Ich muss dich enttäuschen, Master Sergeant«, sagte der altgediente und krausköpfige Haudegen. »Vom neuen Sträflingstransport aus Camp Lowell ist weit und breit nichts zu sehen. Aus diesem Grund bin ich auch hier.«

Der kommissarische Commander von Fort Aldamo und Spieß der Straf­kompanie nickte mehrmals und erhob sich hinter dem wuchtigen Schreib­tisch. Finnewacker stiefelte auf den kleinen Krauskopf zu und blieb dicht vor ihm stehen.

»Du bist der Meinung, dass wir den Jungs aus Camp Lowell eine Patrouille entgegenschicken sollen – nicht wahr?«

Fitzgerald nickte.

»Richtig, Finnewacker. Die neuen Sträflinge sind jetzt schon einen Tag überfällig. Der Transport wurde uns schon vor fünf Tagen per Brieftaube angekündigt. Es ist gut möglich, dass es irgendwelche unliebsamen Zwischen­fälle gegeben hat. Ich denke an Indianer oder Banditen.«

»Kannst recht haben, alte Knall­erbse. An Outlaws glaube ich weniger. Wenn die Kerle nicht total bescheuert sind, dann können sie sich leicht aus­rechnen, dass weder bei den Strafsolda­ten, noch bei den Begleitsoldaten etwas zu holen ist. Die Apachen drehen aber hin und wieder durch. Anscheinend leben die roten Jungs noch immer im Glauben, die Herren des Landes zu sein.«

Sergeant Fitzgerald nahm Haltung an.

»Ich erwarte deine Befehle, Finnewacker!«

»Das bitte ich mir auch aus, Kleiner. Ich reite selbst los. Du übernimmst das Kommando während meiner Ab­wesenheit.«

»Zu Befehl, Master Sergeant!«

»Die Sergeanten Wallowa und Ged­der sollen mich begleiten. Wenn mich nicht alles täuscht, sind sie im Fort und leiten keine Kommandos. Abritt in exakt einer halben Stunde. Du sorgst für erstklassige Pferde und was wir so alles auf einem längeren Ritt brauchen.«

»Aye, Finnewacker!«, rief Sergeant Fitzgerald und knallte die Hacken zu­sammen, dass es nur so krachte.

Master Sergeant Finnewacker griente.

»Dass mir das aber auch alles klappt!«, rief er dem altgedienten Hau­degen hinterher, als dieser davonsauste.

»Ordonnanz!«

Die Tür zur Kommandantur flog auf. Ein Sträfling im grauen Drillich stürmte herein und nahm zackig Hal­tung an.

»Zu Befehl, Master Sergeant!«

»Schaff meine Stiefel herbei, du Blindschleiche. Aber ein bisschen dalli! Und wehe, wenn ich auch nur ein ein­ziges Sandkorn finde. Dann mache ich dich zur Schnecke!«

»Aye, Master Sergeant! Die Stiefel für den Master Sergeant. Bin sofort wieder zurück!«

Der Strafsoldat sauste los. Innerhalb von wenigen Augenblicken raste er wieder herein, blieb stehen und streckte seinem Vorgesetzten die blank gewie­nerten Stiefel entgegen.

Finnewacker beäugte die Knobel­becher zufrieden. Ihm entging nicht, dass der Strafsoldat aufatmete.

»Da hast du aber Glück gehabt, du Mäusemelker. Stell die Dinger hin, und verdünnisier dich!«

»Aye, Master Sergeant!«

Der alte Haudegen zog die Stiefel an, rückte die Uniformjacke zurecht und stülpte seinen Feldhut auf den Kopf. Er verließ die Kommandantur, stieg auf den steinernen Turm hinauf und nahm die Meldung des Wachtpostens zur Kenntnis. Er ließ sich ein Fernglas geben und suchte die Umgebung der alten, ehemals spanischen Festung ab.

Vom Gefangenentransport war weit und breit nichts zu sehen. Nicht ein­mal ein kleines Staubwölkchen in der Ferne deutete darauf hin, dass sich Reiter näherten. Das schmeckte dem Commander von Fort Aldamo nicht besonders.

Er warf einen Blick zum Himmel. Dort thronte die Sonne wie ein ge­fräßiges Ungeheuer und schien allen Lebewesen das Mark aus den Knochen saugen zu wollen. Kein Lüftchen regte sich.

Schlaff hing die Unionsfahne vom Flaggenmast.

Master Sergeant Finnewacker blickte auf die Wüste, die Fort Aldamo im Umkreis von fünfzig Meilen umgab. Hier waren nur Klapperschlangen, Wölfe und anderes gefährliches Getier zu Hause.

Für einen Menschen war es fast un­möglich, ohne Wasser in dieser Einöde zu überleben.

Aus diesem Grund waren auch alle Fluchtversuche der Sträflinge von vorn­herein zum Scheitern verurteilt. Das wurde den Neuankömmlingen beim Dreißig-Meilen-Gepäckmarsch, den sie innerhalb der ersten acht Tage zu ab­solvieren hatten, schnell klargemacht.

Die Strafkompanie der US-Kaval­lerie gab es seit dem Ende des Bür­gerkriegs. Und hierher wurde jeder Kavallerist abkommandiert, der von einem Militärgericht verurteilt worden war. Egal, welchen Dienstgrad er vor­her innehatte: Er wurde zum gemeinen Infanteristen degradiert und musste seine Strafzeit hier in Fort Aldamo abbrummen. Die meisten Soldaten wurden nach Beendigung des Straf­dienstes wieder mit ihrem alten Rang in die Armee aufgenommen. Das kam natürlich auch darauf an, wie sich die Sträflinge hier in Fort Aldamo führten.

Und es war wirklich kein Zucker­lecken für die Sträflinge. Dafür sorgte schon Master Sergeant Finnewacker, der hier das Zepter schwang und sich geschworen hatte, die gestrauchelten Soldaten wieder auf den »Pfad der Tu­gend« zu führen, wie er es bezeichnete.

Einige Hundert Yards von der alten Festung entfernt schufteten die Sträf­linge, die zum Festungserweiterungs­kommando eingeteilt worden waren. Und das war die Hölle …

Das Festungserweiterungskom­mando war Finnewackers Erfindung, um die Strafsoldaten sinnvoll zu be­schäftigen. Im Norden, Westen und Osten ließ er die flachen Hänge des Hügels, auf dem Fort Aldamo stand, abtragen und steile Mauern errichten, um das Fort vor Überraschungen zu schützen.

Mit einfachen Werkzeugen und in flirrender Hitze mussten die Männer dem Erdreich zu Leibe rücken. Sprengen war verpönt. Die Sträflinge sollten beweisen, dass sie dazu bereit waren, unter härtesten Bedingungen zu dienen.

»Hältst du Ausschau nach dem Ge­fangenentransport?«, erklang neben Finnewacker die Stimme von Sergeant Gammer, dem Wachhabenden.

»Wonach wohl sonst, zum Geier?«, brummelte der Commander. »Vielleicht nach vollbusigen Honeybees …?«

Gammer nahm unwillkürlich Hal­tung an, als er merkte, dass Finnewa­ckers Laune nicht gerade die beste war.

»Keine besonderen Vorkommnisse innerhalb und außerhalb des Forts, Master Sergeant!«, schnarrte er dann.

»Schon gut, Gammer. Ich reite mit Wallowa und Gedder los, um herauszu­finden, wo die neuen Sträflinge bleiben. Fitzgerald übernimmt das Kommando. Jetzt weißt du Bescheid. Dass mir hier bloß kein Schlendrian eintritt, wenn ich nicht da bin, sonst springe ich dir mit dem Allerwertesten ins Gesicht. Ist das klar, du Elch?«

»Aye, Finnewacker! Kannst dich doch auf deine Kameraden verlassen. Da brennt nichts an.«

»Will ich auch schwer hoffen, Gammer. Dann drück mir mal die Dau­men, dass ich die Strafsoldaten und die Begleitmannschaft aus Camp Lowell wohlbehalten finde. Verdammt noch mal, ich möchte wirklich wissen, was da geschehen ist!«

 

*

 

»Nicht so müde, Jungs!«, rief ein breit­schultriger Sergeant, der an der Spitze einer Kolonne marschierte. Ihm folgten zwei Corporale und dahinter in Dop­pelreihe zehn Strafsoldaten im grauen Drillich. Den Abschluss bildeten zwei weitere Corporale.

»Es sind höchstens noch zehn Mei­len bis zum Fort. Das ist ein kleiner Vorgeschmack darauf, was euch dort erwartet, Jungs. Also reißt euch am Riemen. Es ist nicht meine Schuld, dass der Transportwagen zu Bruch ging und uns die verdammten Indianer die Pferde klauten!«

Sergeant Joe Cloth, der den Auftrag hatte, die zehn Soldaten nach Fort Al­damo zu bringen, hätte seinen Worten am liebsten noch einige saftige Flüche folgen lassen, doch er beherrschte sich eisern.

Seit dem Abmarsch aus Camp Lo­well war alles schiefgelaufen, was nur schieflaufen konnte. Zuerst waren die Achsen des Wagens zu Bruch gegangen, in dem die Sträflinge transportiert wurden.

Und es war unmöglich gewesen, den Trail mit dem Gefährt fortzusetzen.

Also ging es zu Fuß weiter. Dann stahlen ihnen nachts einige Rothäute die wenigen Pferde. Seitdem marschier­ten die Soldaten und die Sträflinge durch die Wüste und hofften inständig, doch noch ihr Ziel zu erreichen.

Zum Glück hatten sich die Apachen nicht mehr blicken lassen. Sie waren anscheinend mit den Pferden zufrieden.

Dafür versuchten zwei der Straf­soldaten, eine Meuterei anzuzetteln, die aber in letzter Sekunde vereitelt worden war. Inzwischen sahen die Sträflinge ein, dass eine Flucht in die­ser verdammten Wildnis Selbstmord bedeutete.

Joe Cloth zupfte an seiner prächtigen Adlernase und spuckte dann aus. Sand knirschte zwischen seinen Zähnen. Die Uniform hing klatschnass an seinem Körper. Und nicht nur den Sergeant quälten Durst und Hunger. Längst wa­ren Wasser und Proviant aufgebraucht.

»Vorwärts, Jungs«, krächzte er er­neut. »Wir sind ja bald am Ziel. Lasst euch doch nicht so hängen!«

So versuchte er, die Sträflinge und seine vier Corporale aufzumuntern, aber der Sergeant blickte nur in mür­rische und schweißverklebte Gesichter. Und es sah ganz so aus, als würden drei oder vier der Kerle bald schlapp­machen.

Es dauerte auch nicht lange, dann stöhnte einer der Sträflinge auf und stürzte wie ein gefällter Baum zu Bo­den.

»Anhalten«, befahl Sergeant Cloth unnötigerweise, denn auch die neun anderen Strafsoldaten hatten sich in­zwischen hingesetzt. Die vier Corporale starrten ihren Vorgesetzten verzweifelt an.

»Kümmert euch um Snyder«, befahl der Sergeant. Zwei Corporale gingen neben dem Gestürzten in die Hocke und bemühten sich um ihn.

»Wir legen eine Pause ein, Jungs, obwohl ich das nicht für gut halte. Es wird dann sehr schwer sein, euch wie­der auf die Beine zu bringen.«

Joe Cloth schwieg, denn er sah ein, dass jedes seiner Worte umsonst war. Die Soldaten hockten apathisch auf dem Boden. Sie waren erschöpft und von Hunger und Durst gezeichnet.

»Was ist mit Infanterist Snyder?«, fragte der Sergeant krächzend.

»Scheint ein Hitzschlag zu sein!«, rief einer der Corporale. »Wir können ihm nicht helfen.«

In diesem Moment erklangen Huf­schläge durch die mittägliche Stille. Die Soldaten zuckten zusammen.

Sergeant Cloth wischte mit dem Handrücken über seine schweißver­klebten Augen. Dann sah er die Rei­ter, die hinter einer Bodenwelle auftauchten und genau auf die Blauröcke zuhielten.

»Das ist die Rettung«, stieß Sergeant Cloth erleichtert hervor. »Hoch mit euch, Jungs, damit wir unsere Retter gebührend empfangen können. Be­stimmt sind es Kameraden aus Fort Aldamo, die nach uns gesucht haben. Wollt ihr wirklich, dass sie euch für einen Haufen alter Waschweiber hal­ten?«

Die Strafsoldaten quälten sich auf die Beine. Nur der gestürzte Soldat blieb liegen. Sein Atem hatte sich nor­malisiert. Es schien ihm wieder ein wenig besser zu gehen.

Es waren mehr als zwanzig Reiter, die sich langsam näherten. Doch es waren keine Soldaten, wie Sergeant Cloth erwartet hatte.

Und der wackere Blaurock aus Camp Lowell ahnte plötzlich, dass er und seine Leute vom Regen in die Traufe gekommen waren …

Quelle:

  • Frank Callahan: Fort Aldamo. Die Abenteuer des Master Sergeant Finnewacker. Band 51. Bastei Verlag. Köln. 17.10.2017