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Der Welt-Detektiv Band 6

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Märchen und Sagen der Indianer Nordamerikas 69

Mythen-und-Sagen-der-IndianerDer Untergang des Mundua-Stammes

Der Mundua-Stamm war der Schrecken aller in seiner Nähe wohnenden Stämme, und er hätte diese sicherlich ganz vernichtet, wenn sich nicht noch beizeiten die Anishinabe gesammelt und ihm den Kriegsbelt zugeschickt hätten. Aber die Mundua waren durch ihr langjähriges Kriegsglück so verwöhnt, dass sie sich gegen ihre neuen Gegner gar nicht rüsteten und ihnen am ersten Tag nur halb erwachsene Knaben entgegenstellten, die, wie sie glaubten, die Fehde schon allein ausfechten könnten. Jene wurden jedoch alle erschlagen und skalpiert, und die Anishinabe rückten siegreich gegen das große Mundua-Dorf vor.

Darauf wurden ihnen die jüngsten Krieger, die sich zum ersten Mal im Kriegshandwerk übten, entgegengeschickt, und die Hauptkrieger schmückten sich unbekümmert mit Federn und führten den Kriegstanz auf. Aber auch jene Jünglinge wurden besiegt und die Anishinabe waren bereits am Abend im Besitz des halben Dorfes.

Nun kamen den Mundua doch andere Gedanken. Eilig griffen alle Kampffähigen zu den Waffen und stürzten sich den Kriegern entgegen. Es wurde mit einer unerhörten Hartnäckigkeit gefochten. Die besten Krieger beiderseits standen sich gegenüber, und jede Partei wollte um jeden Preis siegen. Doch die Mundua unterlagen zuletzt und waren gezwungen, ihr Heil in der Flucht zu suchen. Ihr alter Chief, der in Friedenszeiten stets für einen mächtigen Medizinmann gehalten wurde, wandte sich nun in seiner Todesangst an den Großen Geist um Hilfe. Aber der Große Geist schien anderswo beschäftigt zu sein und seine Bitten nicht zu hören, da er nicht die geringste Antwort von sich gab.

Dies ärgerte nun den Chief so, dass er an die bösen Geister der Erde und des Wassers appellierte, die ihm auch geneigter waren, denn sie ließen gleich einen dicken Nebel aufsteigen, der den Rest des Mundua-Stammes so umhüllte, dass die Verfolger seine Spur verloren.

Doch der Chief der Anishinabe war ebenfalls ein mächtiger Medizinmann und hatte beim Großen Geist großen Einfluss, weshalb dieser ihm auch gleich einen Sturmwind zur Verfügung stellte, der den Nebel der Mundua zerteilte und verjagte.

Die Mundua standen auf einem Hügel, ihrem zerstörten Dorf gegenüber, und sahen nun die ganze Macht ihres tapferen Feindes vor sich.

»Es ist der Wille des Großen Geistes«, sagte der Chief, »dass wir umkommen sollen. Darum ergebt euch in euer Schicksal.«

Darauf flohen sie alle in den nächsten Wald, gruben ihre Weiber und Kinder tief in die Erde und ließen jedem nur eine kleine Öffnung zum Atmen. Dann suchten sie die Anishinabe durch allerlei Kreuz- und Querzüge zu täuschen. Aber nur wenige retteten sich. Diese gingen später zurück und gruben die Frauen und Kinder wieder aus. Dieser Überrest des Stammes wurde jedoch nach einem Jahr von den Anishinabe abermals angegriffen und diesmal vollständig aufgerieben.

Quelle:

  • Karl Knortz, Märchen und Sagen der Indianer Nordamerikas, Jena 1871