Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Der Marone – Das Signal wird gegeben

der-marone-drittes-buchThomas Mayne Reid
Der Marone – Drittes Buch
Kapitel 35

Das Signal wird gegeben

Die kurze tropische Abenddämmerung war vorüber und die Nacht über die Insel Jamaika ausgebreitet. Sie musste eine außerordentlich dunkle werden, denn der Mond ging nicht vor Mitternacht auf und der Himmel war von schwarzen Wolken bedeckt, durch die kein einziger Stern hindurchschimmerte.

Berg und Tal waren in gleicher Weise von undurchdringlicher Finsternis umhüllt und selbst der Jumbéfelsen, meilenweit in der Runde der hervorragendste und stets noch sichtbare Berg, war nicht zu unterscheiden.

Deshalb war auch die Gestalt eines den engen Pfad in der Schlucht den Berg hinauf tappenden Mannes gewiss nicht zu sehen und noch viel weniger die schwarze Farbe seiner Haut, die entsetzliche Hässlichkeit seiner ganzen Erscheinung oder der abschreckende, abscheuliche wilde Ausdruck seines grauenvollen Gesichts. Ein solcher Mann stieg eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang in der Finsternis hinauf, der selbst in dieser nicht zu erkennen war.

Als Chakra, der Koromantis, denn er war es, die obere Platte des Jumbéfelsens erreicht hatte, löste er seinen Fellmantel von den Schultern und breitete ihn auf dem Felsen aus. Den mitgebrachten Stock legte er darüber und befestigte an beiden Enden den Mantel.

Dann nahm er beide vom Boden auf, ging zur Palme und legte den Stock in der Höhe seiner Schultern quer über die Palme, an die er ihn mit dem ebenfalls mitgebrachten Strick festband, sodass der Mantel nun ausgebreitet am Baum hing.

Dies war in der Weise gemacht, dass auf der einen Seite des Mantels das Tal von Willkommenberg und die sämtlichen angebauten Gegenden der Montegobay lagen, auf der anderen die schwarzen Trelawneygründe, eine wilde und unangebaute Gegend, wo kein Gut, keine Pflanzung und überhaupt keine Ansiedlung von Weißen vorhanden war. In dieser Einöde lagen die Zufluchtsorte fortgelaufener schwarzer Sklaven, die Schlupfwinkel Geächteter und die Verstecke von Räubern und Mördern.

Vor allem gab es Räuber in diesen unzugänglichen Gebirgsgegenden, die sogar förmlich in ganzen Banden organisiert den Behörden der Insel Trotz boten.

Mit solchen Räubern, und zwar den verwegensten und gefährlichsten, hatte Chakra Bekanntschaft und ihnen wollte er jetzt ein längst verabredetes Zeichen geben.

Zu diesem Zweck nahm der Koromantis jetzt, nachdem er den Mantel ausgebreitet hatte, die mitgebrachte Signallampe und befestigte sie am Baum an der nach den Gebirgen hin liegenden Seite des Mantels. Dann schlug er mit Stein, Stahl und Zunder Feuer und zündete den Docht in der Schmalzlampe an.

Jetzt brannte die Lampe ganz hell und das von den inwendig angebrachten Glasstücken wieder strahlende Licht konnte gewiss mehrere Meilen entfernt in dem gebirgigen Hinterland gesehen werden, während nach der Seite der Pflanzungen zu vollständige Finsternis herrschte, da hier der Mantel als Lichtschirm diente. Auf diese Weise konnte das Signal von allen Anwohnern der Montegobay gar nicht gesehen werden, sondern lediglich von den Räubern in den Trelawneybergen, für die es bestimmt war.

»Gerade die rechte Nacht, damit es gesehen werden kann«, murmelte der Myalmann, als er mit übereinander gelegten Armen das Licht betrachtete.

»Der Himmel ist düster wie des Teufels Pechtopf. Adam hat gewiss jemand auf der Wache stehen, der das Signal bald sieht.«

Vielleicht sah Chakra niemals widerwärtiger und grässlicher aus, als gerade in diesem Augenblick. Ohne das weite Kleidungsstück, das sonst seine Ungestaltheit verbarg, und in einem knappen, seinen Buckel auffällig zeigenden Hemd aus grobem roten Flanell, während ein großer Teil des Körpers nackt und die schwarze runzelige Haut in dem grellen Licht der Laterne aufs Hässlichste erschien, dabei die wilden, grimmigen, etwas von der mit Schlangen umgürteten, tief aus die Schläfen herabgehenden Mütze verdeckten Gesichtszüge, zugleich das Messer wie die Pistole im Gürtel, so bot er einen Anblick dar, der gewiss jedem der ihn sah, Schrecken und Furcht einflößen musste.

Unbeweglich und schweigend stand er wie ein böser Dämon beim hellen Schein der Lampe und blickte mit unverwandten Augen zu der Gegend, wo die Berge in tiefer Finsternis lagen. Doch nicht sehr lange, denn plötzlich ließ er die übereinander gelegten Arme sinken, gleich, als sollten sie zu einer raschen Tat bereit sein und rief befriedigt aus: »Humm! Ich wusste wohl, sie würden das Signal bald sehen. Da ist schon die Antwort.«

Zugleich erschien in einer großen Entfernung ein plötzlich hell aufloderndes Licht, das ebenso schnell wieder erlosch. Das Licht flammte nach einiger Zeit in gleicher Weise zum zweiten und auch zum dritten Mal auf.

Alle drei Lichter waren offenbar das Aufblitzen lose aufgehäuften und angezündeten Pulvers.

So wie die dritte Antwort auf sein Signal gegeben war, blies der Koromantis das Licht in seiner Laterne aus.

»Du bist nun von keinem Nutzen mehr«, redete er seine Lampe an. »Kannst nur noch Gefahr bringen. Auch friert mich hier und ich habe meinen Mantel nötig.«

Damit nahm er die Laterne herunter und ebenso den Pelzmantel, den er von dem Stock losmachte und ihn wieder umhing. Dann ging er zum Rand des Felsens und setzte sich hier so auf den Stein hin, dass seine Beine herunterhingen.