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Schwäbische Sagen 47

Schwäbische-Sagen

Zwölftes Kapitel

Vermischte Sagen

Sagen vom Hohenstaufen
Mündliche Überlieferungen aus Göppingen und Hohenstaufen

1.

Auf Hohenstaufen haben in alter Zeit Heiden und Riesen ge­wohnt. Dies bezeugen noch die mächtig großen Menschenknochen, die man bei Anlegung des neuen Weges halb aufrecht liegend hier gefunden hat. Von diesen Riesen rühren die beiden großen Löcher her, die man die »Heidenlöcher« nennt. Das untere Loch soll bis Hohenrechberg gehen, wo ein ähnlicher Eingang sich befindet. Ein Hahn, den man auf Hohenstaufen einmal in diese Höhle laufen ließ, kam bei Hohenrechberg wieder zum Vorschein. Außerdem soll ein unterirdischer Gang ins Kloster Lorch und ein dritter nach Göp­pingen in die Oberhofener Klosterkirche geführt haben.

Dieser letzte Weg ging über Rechberghausen und hieß fonst der Barbarossaweg, weil Barbarossa ihn zuweilen gegangen sein soll.

2.

Die uralte Stiftskirche Oberhofen, eine Viertelstunde vor Göp­pingen auf dem Gottesacker gelegen, soll von drei vornehmen Jungfrauen, die auf diesem Platz zwei Höfe besaßen und in dem benachbarten Wald »Hohenfürst« ein Schloss bewohnten, erbaut worden sein. Als sie fertig war, warfen die Riesen, welche damals auf Hohenstaufen hausten und noch Heiden waren, eine schwere eiserne Kugel daher, um die Kirche zu zertrümmern, und trafen auch den einen Turm und zerschmetterten den oberen Teil derselben. Die Kugel liegt seit jener Zeit in dem Turm und kann nicht daraus entfernt werden. Man hat sie oftmals schon fortgeschafft; sie kommt aber jedes Mal von selbst wieder zurück und ist an den Platz gebannt.

Andwre sagen, der Kaiser Friedrich der Rotbart habe einmal im Übermut diese Kugel gegen die Sonne geschoßen, und da sei sie in der Kirche Oberhofen niedergefallen.

An dieser Oberhofer Kirche ist oben auch ein Stübchen, das man das »Nonnenstübchen« nennt. Hier soll des Nachts immer eine Nonne zum Fenster heraussehen.

3.

Nach Hohenstaufen kamen früher, besonders in der Adventszeit, abends nach der Betglocke zwei bis drei, oft auch mehrere Lichter, die man »Scheinlichter« nannte. Sie kamen teils von Hohenrechberg und Staufeneck nach Hohenstaufen, teils aus den Heiden­löchern auf Hohenstaufen selbst und versammelten sich unten vor dem Dorf auf einem vorspringenden Hügel, auf dem sogenannten »Tanzplatz« bei den Felsen, die man die »Spielburg« nennt und die oberhalb Hohrein, links am Wege nach Wäschenbeúren liegen. (Ein zweites kleineres Felsstück heißt das »Schäfle«.) Den Tanzplatz umgab sonst ein runder Kreis von Gras, das immer viel grüner blieb als das des übrigen Rasens. In diesem Kreis tanzten nun die Geister, die hier zum Besuch sich einfanden und mit den Hohenstaufen sich unterhielten. Daher auch der Name »Tanz­platz«. Alte Leute haben dies in ihrer Jugend vielmals gesehen.

Es waren freundliche Geister, die ruhig an den Menschen vorüberzogen und niemanden etwas zuleide taten. Seitdem man aber einen Steinbruch dort angelegt und den Tanzring zerstört hat, sieht man die Geister nicht mehr.

Eigentlich nannte man diese Geister der Rechberger Grafen und der Staufen »Höllengeister« oder »Höllenlichter«. Nur um die Kinder nicht »fürchtig« zu machen, sagte man diesen, es seien »Scheinlichter«. Zuweilen kamen übrigens diese Lichter von Hohenstaufen, Rechberg und Staufeneck auch wohl auf dem Eidebühl beim Märzenhof zusammen und fochten dort miteinander. Auch nach dem alten Schloss bei Wäschenbeuren sah man zuweilen ein Licht von Hohenstaufen aus schweben.

Erusius in seiner schwäbischen Chronik schreibt: Von dem Schloss Rechberg geht die Rede, dass wenn ein Donner­wetter sei und drei kleine blaue Lichtlein allda gesehen werden, so habe man nichts vom Wetter zu befürchten.

4.

Auf dem langen Weg, der über den schmalen »Aasrücken« nach Rechberg führt, hat man früher in der Adventszeit, nachts um I2 Uhr schon einen förmlichen Markt gesehen, indem zu beiden Seiten des Weges schöne Tücher und andere Sachen wie in einem Kramladen ausgehängt waren. Auch sonst spukt es auf dem Aas­rücken. Wer von Maitis her darüber gegangen ist, hat schon oft einen Geist tragen müssen.

5.

Der alte, jetzt verlassene Fußweg, der auf drn Hohenstaufen führte, hieß das »Kaiserwegle«. Auf denselben soll Barbarossa oftmals in die Burgkirche herabgewandelt sein. Er hatte hier einen besonderen Eingang, der jetzt vermauert ist, und einen besonderen Stuhl mit schön geschnitzten Bildern und Inschriften, was man alles seit vielen Jahren hat zugrunde gehen lassen.

Ein besonderer flacher Platz unterhalb der Burg hieß der »Steigbügel«, weil Barbarossa immer bis so weit zu Fuß ging und hier erst, wenn er reiten wollte, sein Pferd bestieg, weil es oben zu steil war.


Der Wunderspiegel

Im Schwarzwald, in der Umgegend vonKalw, ferner auch im Unterland, gibt es gewisse Leute, die einen wunderbaren Spiegel besitzen, in welchem alles zu sehen ist, was man nur zu sehen begehrt, mag es vergangen, gegenwärtig oder zukünftig sein.

Der Spiegel zeigt zum Beispiel an, ob ein Verschollener noch lebt. Namentlich gebraucht man ihn, um Diebe herauszubringen, und da soll er untrüglich sein. Familien, die einen solchen Wunderspiegel besitzen, dürfen ihn nicht verkaufen, sondern müssen ihn sich vererben lassen.


Das Sieb befragen
Eine mündliche Überlieferung aus Wurmlingen

Vermittelst eines Siebes und einer Schere, die von bereits ver­storbenen herrühren (Erbsieb und Erbschere), kann man allerlei erfahren. Man breitet die Schere aus und steckt die beiden Spitzen so tief in den Rand des Siebes, dass es fest daran hängt. Dann legen zwei Personen einen Finger unter die zwei äußeren Seiten der Scherenringe und heben so das Sieb.

Jetzt fragt der eine etwa: »Soll ich dieses Jahr noch heiraten? Wird mein Vater bald sterben? Hat der und der mir das Holz gestohlen?« … und dergleichen.

Bejaht das Sieb eine Frage, so dreht es sich bei dem Fragenden gewaltsam von der rechten zur linken Seite hin. Sagt es aber Nein, so bleibt es ganz ruhig hängen.

Anf die nämliche Art gebrauchen Katholiken ein Gebetbuch, das der Himmelsschlüssel heißt. Sie stecken eine Schere hinein, binden diese mit dem Buch zusammen und halten dies dann an der Schere. Das Buch antwortet auf alle Fragen mit Ja oder Nein wie das Sieb. Beide Arten der Befragung waren noch lange im Gebrauch.