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Marshal Crown – Band 25

Fahr zur Hölle, Marshal Crown

Der Mann, der an diesem Mittwochmorgen als Letzter in Rath City aus dem Zug kletterte, war nicht nur klein, krummbeinig und hager, sondern auch unbeschreiblich hässlich.

Außerdem stank er mindestens drei Meilen gegen den Wind.

Obwohl er noch keine dreißig Winter erlebt hatte, war sein eiförmiger Schädel nur noch von einigen wenigen, dünnen Haarsträhnen bedeckt; die ihm allerdings bis weit in die Stirn hinein fielen. Die wasserhellen Augen quollen ihm fast aus dem Kopf und auf der rechten Seite seiner Nase, die wie ein Geierschnabel aus dem knochigen Gesicht herausragte, thronte eine große, wie ein Blumenkohl aussehende Warze.

Anstelle von einem Hut hatte er sich zum Schutz vor der Texassonne einen Stofffetzen um die Stirn geschlungen, der wie der Rest einer alten, verschlissenen Indianerdecke aussah und vor Schmutz nur so starrte.

Überhaupt war seine ganze Kleidung unansehnlich und mit einer dunklen, speckig glänzenden Schicht aus Fett und Dreck überzogen, die sie im Laufe der Jahre wahrscheinlich unempfindlich gegen Regen und Schnee gemacht hatte, aber im Sommer garantiert die Fliegen in Schwärmen anzog. Mit jedem Schritt seiner dürren Beine verströmte er eine Aura aus Schweiß, schalem Holzrauch und Pisse.

Das einzig wirklich Gepflegte an ihm war der 44erRemington Revolver, dessen brünierter Lauf so blank poliert war, dass er in der Morgensonne wie die Eingangstür zum Bird Cage funkelte, dem nobelsten Puff von ganz Rath City.

Während die anderen Passagiere in Richtung Stationshaus eilten, blieb Wilbur Kane auf dem hölzernen Bahnsteig stehen und drehte sich mit der Linken eine Zigarette. Nachdem er sein Werk vollendet hatte, steckte er sich den Glimmstängel zwischen die Lippen, holte aus der Hosentasche ein Schwefelholz hervor und riss es am Daumennagel an. Genüsslich sog Kane den Tabakrauch in seine Lungen, um ihn Sekunden später in Form kreisrunder Rauchkringel wieder in die Luft zu blasen.

Die andere Hand schwebte dabei die ganze Zeit über dem Griff seines Revolvers. Seine Haltung entspannte sich erst wieder, als er den sandblonden Mann entdeckte, der am Stationshaus neben dem Fahrkartenschalter lehnte und scheinbar gelangweilt auf einem Strohhalm herumkaute.

Er hatte ihn zwar nur einmal gesehen, aber er erkannte ihn sofort wieder.

Er war einer jener Männer, denen er vor Wochen fünfzig Dollar versprochen hatte, wenn sie für ihn eine bestimmte Person ausfindig machten. Kane warf die angerauchte Zigarette weg und ging langsam auf den Sandblonden zu.

»Und?«, schnappte er anstelle einer Begrüßung.

Der andere trat näher und verharrte.

Himmel, dachte der Mann, und rümpfte angewidert die Nase. Der Kerl stinkt ja wie ein toter Hund, der mindestens eine Woche lang in der Sonne gelegen hat. Aber das schien den Krummbeinigen überhaupt nicht zu interessieren, im Gegenteil, er kratzte sich noch ausgiebig im Schritt, während ihm der Blonde antwortete.

»Der Mann, den Sie suchen, heißt Crown, Jim Crown. Es gibt dabei allerdings ein kleines Problem.«

Kane stutzte und verzog das Gesicht.

»Und das wäre?«

»Crown ist der Town Marshal in dieser Stadt.«

Kane entblößte sein gelbes, lückenhaftes Gebiss zum Ansatz eines Lächelns.

»Na und? Deswegen ist er trotzdem nicht kugelfest.«

»Ich meine ja nur, sich mit einem Sternträger anzulegen, ist schließlich was anderes als …«

»Als was?«, unterbrach Kane den Mann und machte eine abwertende Handbewegung. »Die Patronen meines Remingtons machen keinen Unterschied, sie sind für jeden tödlich.«

Dann griff er in seine Hosentasche und holte einen Geldschein hervor.

»Hier«, sagte er und hielt dem anderen die Fünfzigdollarnote unter die Nase. »Nimm es und verschwinde, bevor ich es mir doch noch anders überlege. Ich brauche keine Ratschläge von anderen Leuten.«

Der Sandblonde straffte die Schultern, um etwas zu sagen, senkte aber nach einem kurzen Blick in die Augen von Kane den Kopf. Er nahm das Geld, drehte sich auf dem Absatz um und ging rasch in Richtung Stadtmitte.

»Der Kerl hat sie doch nicht mehr alle. Einen Marshal zu erschießen, der ist doch verrückt«, dachte er, während er immer schneller wurde.

Kane sah dem Mann nach, bis dieser zwischen den Häusern in einer Seitengasse verschwunden war. Dann spuckte er zu Boden, lockerte den Remington im Halfter und ging mit kurzen, schnellen Schritten am Stationshaus vorbei in Richtung Mainstreet.

Dort angekommen blieb er einen Moment lang stehen und sah sich um.

Die Rinderstadt war um diese frühe Morgenstunde noch fast ohne Leben. Vor dem Mercantile Store stand ein einziger Farmwagen, ein paar Frauen hasteten mit Einkaufskörben über die hölzernen Gehsteige und vor dem Büchsenmacherladen kehrte ein hagerer Endfünfziger mit einem Reisigbesen den Straßenstaub vor seinem Ladeneingang wieder zurück auf die Mainstreet.

Ansonsten war niemand zu sehen.

Kane wusste aus Erfahrung, dass solche Rinderstädte erst am Nachmittag wieder erwachten, wenn die Cowboys kamen und Karten, Whisky und andere Laster den Pulsschlag der Town vorgaben.

Deshalb wollte er die Sache auch so schnell wie möglich hinter sich bringen. Je weniger Leute in der Stadt waren, umso größer waren seine Chancen zur Flucht, und dass er flüchten musste, war ihm seit seiner Ankunft klar.

Kane spuckte erneut zu Boden und ging dann zielstrebig auf den Mietstall zu.

Als Erstes brauche ich ein gutes Pferd, ging es ihm durch den Kopf, während er durch das offene Stalltor trat, danach ein anständiges Steak und ein kaltes Bier.

Mit leerem Magen killt es sich schlecht.

Der Gedanke ließ Kane grinsen, denn dass er Crown im Revolverduell schlug, stand für ihn außer Frage.


Die vollständige Story steht als PDF, EPUB, MOBI und AZW3 zur Verfügung.

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5 Antworten auf Marshal Crown – Band 25