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Felsenherz der Trapper – Teil 10.7

Felsenherz-der-Trapper-Band-10Felsenherz der Trapper
Selbsterlebtes aus den Indianergebieten erzählt von Kapitän William Käbler
Erstveröffentlichung im Verlag moderner Lektüre GmbH, Berlin, 1922
Band 10
Das Geheimnis des Gambusinos
Siebentes Kapitel

Die Höhle im Regental

Der Trapper und der Häuptling hatten aus ganz bestimmten Gründen wieder die Richtung zum Nebenfluss des Pecos und der Liegestelle des Flachbootes gewählt.

Erstens sagten sie sich, dass die Apachen, die sich jetzt natürlich wie eine Meute von Bluthunden auf ihre Fährte legen würden, niemals annehmen könnten, die Flüchtlinge und Entführer ihres Oberhäuptlings würden sich gerade dorthin wenden, woher sie vor wenigen Stunden erst entflohen waren. Und zweitens wollten Felsenherz und Chokariga festzustellen versuchen, wo der Flachbootmann und sein geheimnisvoller Gefährte geblieben waren.

Die Sonne war noch nicht aufgegangen. Es war aber bereits völlig hell. Der blonde Trapper hatte sich vor zehn Minuten von den anderen getrennt und war vorausgeritten, da Sancho behauptet hatte, man hätte längst am Ufer jenes Nebenflusses eingetroffen sein müssen. So war denn der Große Bär, der mit vor stiller Wut und wildem Hass blutunterlaufenen Augen diese Flucht als Gefangener mitmachte, auf des Comanchen Rappen gebunden worden und Felsenherz hatte in schlankem Trab mit seinem Braunen ein langes Tal allein durchquert, hatte weiter ein zweites, nach Süden zu verlaufendes Tal jetzt hinter sich, ritt nun durch einen Canyon und sah sich plötzlich am Ufer eines vielleicht zwölf Meter breiten, von Gestrüpp und Bäumen dicht umrahmten Flüsschens, das von rechts her aus einem von hohen, steilen Bergen eingeschlossenen Tal hervorkam.

Noch mehr sah er. In diesem Tal, das er bis in den fernsten Winkel überblicken konnte, war weit hinten die Luft wie von einer hellen, hin und her wogenden Masse erfüllt, über der wie ein glänzender Strich ein Wasserfall sichtbar war. Diese wogende Masse konnte nichts anders sein als der Wasserstaub des unten im Tal aufprallenden Falles. Das Tal selbst war ohne Zweifel jenes Regental, das mit dem Geheimnis des Gambusino so eng zusammenhing.

Das Wichtigste war aber: Dort drüben am Ostufer des Flüsschens, das ja nur der von Sancho erwähnte Bach sein konnte, lag hinter den überhängenden Zweigen uralter Erlen das Flachboot!

Felsenherz hatte es kaum bemerkt, als er seinen Braunen auch schon in den Canyon zurückdrängte, absprang und nun auf allen vieren vorwärts bis zu einem Busch kroch, der ihm genügend Deckung bot. Von hier aus beobachtete er jetzt das Boot. Nichts regte sich auf dem plumpen Fahrzeug. Der Trapper schlich daher wieder in den Canyon zurück und wartete, bis Chokariga und Sancho heran waren, teilte ihnen mit, was er gesehen hatte, und ließ dann seine Büchse bei den Gefährten, näherte sich abermals dem Bachufer und schwamm zum Flachboot hinüber.

Als er noch schwimmend die bis auf das Wasser hinabreichenden Erlenzweige beiseiteschob, hörte er auf dem Deck des Flachbootes Schritte.

Eine heisere Fistelstimme rief dann leise: »Zum Teufel – beeil dich, Einauge! Wir müssen die Geschichte in zwei Stunden erledigt haben. Sonst kommen uns die Apachen auf der Suche nach Felsenherz und den beiden anderen Burschen doch noch über den Hals! Die Taue kannst du auch an Ort und Stelle zusammenknoten. Mach fix!«

Der Trapper kroch lautlos aus Ufer unter ein Gestrüpp.

Dann erschien aus der Luke des Decks ein langer, hagerer Mensch mit wirrem dunklen Bart, ganz wie ein Fallensteller gekleidet, mit einer Art Lederkappe auf dem Kopf und einer Büchse über der Schulter. Sein linkes Auge war durch ein Pflaster verklebt. Um den rechten Arm hing ihm eine Rolle dickes Tau.

»Gut – vorwärts denn!«, meinte er ebenfalls auf Englisch zu dem buckligen Zwerg, der setzt einen Ledergurt um die Hüften geschlungen hatte, in dem ein Messer, zwei doppelläufige Pistolen und ein kleines Handbeil steckten. Außerdem hatte Gottlied Bulle noch einen Karabiner umgehängt, der ihm genau dis auf die Waden reichte.

Sie schritten dann beide über die Laufplanke an Land und arbeiteten sich durch die Büsche dem Tal zu, wo gerade in der Mitte zwischen Geröll der breite Bach mit scharfer Strömung hervorkam.

Felsenherz durchschaute jetzt alles. Er wartete, bis die beiden in dem Tal verschwunden waren, winkte dann Sancho und dem Comanchen zu und verständigte sich mit Chokariga durch Zeichen über das, was man jetzt unternehmen solle.

Der Häuptling und der Gambusino verbargen rasch die Pferde in einer nahen Schlucht, banden den Großen Bär hier an einen Baum und schwammen dann gleichfalls über den Bach.

Felsenherz hatte inzwischen schon das Innere des Flachbootes durchsucht, ohne etwas Besonderes zu finden.

Auch Sancho und der Schwarze Panther stiegen jetzt die Leiter abwärts, die in den Laderaum des Fahrzeugs führte, wo der Trapper eine große Schiffslaterne angezündet hatte.

Da – als Sancho flüsternd bemerkte, hier gebe es nichts zu sehen, man solle lieber den beiden folgen, da vernahmen die Gefährten gleichzeitig ein dumpfes Pochen, das aus dem Vorderteil des Flachbootes zu kommen schien.

Felsenherz ergriff die Laterne und leuchtete die Planken ab. Der viereckige Bug des Fahrzeugs enthüllte nun sein Geheimnis. Abermals ertönte das Pochen, und hierdurch geleitet entdeckte der Trapper, dass die Planken des Bugs doppelt waren, also einen Raum zwischen sich enthielten, dessen Tür sehr sorgfältig verborgen war.

Und in diesem schlau angelegten Versteck fand man jetzt Wathama, den Unterhäuptling der Apachen, gebunden und geknebelt.

Sancho hatte den Apachen kaum erkannt, als er einen gurgelnden Schrei ausstieß und zum Messer griff.

Felsenherz jedoch legte ihm die Hand auf den Arm.

»Keinen Mord, Sancho! Den Schwestermörder wird seine Strafe schon ereilen!«

Und er drückte die Geheimtür wieder zu, winkte den Gefährten und erklärte dann oben an Deck: »Wir wissen nun, dass der Goldsucher Einauge sich mit dem Buckligen zusammengetan hat, um ebenfalls dem Geheimnis nachzuspüren, das die Apachin damals andeutete. Weil Einauge sich nicht in das Gebiet der Apachen allein hineingetraute, sollte der Zwerg ihm helfen, die Gefahren zu verringern. Einauge hielt sich dort in dem Bugversteck zumeist auf, und der Bucklige tat so, als wäre er allein auf den Flachboot. Die beiden hatten jedoch auch noch den Häuptling der Navajo für ihre Pläne gewonnen und sich hier in den Guadalupe-Bergen mit ihm verabredet, damit die Navajo den beiden Weißen sozusagen als Schutzwache dienten.«

»Und das Geheimnis des Regentales?«, fragte Sancho gespannt.

»Dürfte in einer Bonanza1 bestehen«, erwiderte der Comanche. »In alten Sagen meines Volkes, das einst auch die Guadalupe-Berge zu seinen Jagdgründen rechnete, hat sich stets das Gerücht von ungeheuren Goldreichtümern erhalten, die hier irgendwo in einer unzugänglichen Felsspalte lagern sollen. Möglich, dass die Apachin Moutawa durch einen Zufall auf diese Bonanza gestoßen ist. Chokariga möchte das, was sein Bruder Harry soeben gesprochen hat, noch dahin ergänzen, dass Einauge sehr wahrscheinlich diese Bonanza bereits einmal allein besucht, dabei aber eingesehen hat, dass ein einzelner Mann dort nichts ausrichten kann.«

Sancho hob den Kopf, den er nachdenklich gesenkt gehabt hatte. »Die Bonanza gehört mir!«, sagte er feierlich. »Sie ist das Vermächtnis Moutawas. Dieses Vermächtnis will ich mit Euch, Felsenherz und Chokariga, teilen!«

Die beiden Westmänner blickten den Gambusino ernst an.

»Sancho, wir brauchen kein Gold!«, meinte der Trapper. »Wir beide, der Schwarze Panther und ich verachten es! Am Gold klebt das Verhängnis! Dennoch sollt Ihr in Belitz dessen gelangen, was Ihr Moutawas Vermächtnis nennt. Folgen wir jetzt dem Zwerg und Einauge.«

Eine halbe Stunde später hatten die drei Gefährten zumeist kriechend eine Stelle schräg gegenüber dem Wasserfall erklommen. Als sie jetzt an der Steilwand emporblickten, an der der Fall in die Tiefe schoss, bemerkten sie am Rand der Wand links vom Wasserfall den Buckligen und Einauge, die dort an zwei Bäumen zwei gut zwölf Meter lange Taue befestigt hatten, an denen sie nun, jeder an einem, hinabkletterten. Da die Steilwand sich nach innen wölbte, pendelten die Taue neben dem Wasserfall hin und her.

Als die beiden nun fast das Ende der Taue erreicht hatten, setzten sie sie noch stärker in schwingende Bewegung. Ihre Absicht war klar: Sie wollten so hinter den Fall gelangen, weil sie dort den Zugang zu einer Höhle vermuteten.

Immer stärker schwangen die Taue hin und her. Einauge und der Bucklige hielten sich jetzt aneinander fest, hofften wohl, auf diese Weise leichter die Pendelbewegung nach ihrem Willen lenken zu können.

Schon verschwanden sie zuweilen hinter den stürzenden Wassermassen, schon schien ihnen das waghalsige Unterfangen zu glücken.

Da – irgendeine ungeschickte Bewegung.

Die Taue schwangen gerade in das im Sonnenlicht gleißende Silberband des Wasserfalles hinein.

Und – die furchtbare Kraft des abstürzenden Baches riss die beiden Unglücklichen von den nassen, schlüpfrigen Seilen, riss sie mit in die Tiefe – in die Staubwolken hinein.

Nicht einmal ihre Körper kamen nachher wieder zum Vorschein. Nur die Taue hingen jetzt feucht und schwer reglos von der Steilwand herab.

Wieder eine halbe Stunde darauf befanden sich Felsenherz, Chokariga und Sancho dort oben auf der Steilwand. Wortlos schickte der Comanche sich an, an dem einen Tau abwärts zu klimmen.

Und – ihm gelang das Wagnis. Er leitete das pendelnde Tau so, dass er in die Felsspalte hineinsteigen konnte, die hinter dem Wasserfall in dem Gestein dunkel und düster wie ein drohender Schlund gähnte.

Als er dann wieder nach oben kletterte, als Sancho ihm über den Rand des Abhangs auf festen Boden half, sagte der Comanche ernst: »In der Spalte, die sich später zu einer Höhle erweitert, fand ich nichts als einige Felle, ein Graslager, einen Herd aus Steinen und eine Menge gedörrtes Büffelfleisch, außerdem auf dem einen Fell zehn Goldkiesel, die ich mitgebracht habe und die Euch immerhin zum reichen Mann machen, Sancho!

Das ist das Geheimnis der Apachin gewesen: ein Schlupfwinkel, der genügend Lebensmittel für Monate enthält!«

Die Geldkiesel wogen jeder etwa zwei Pfund. Sancho konnte dem Comanchen gar nicht genug danken. Doch der machte eine abwehrende Handbewegung, knotete die Taue los, warf sie in den Sprühregen des Falles hinab und schritt von dannen. Felsenherz und Sancho folgten ihm. Sie sahen ein, dass man eilen müsste, diese Gegend zu verlassen.

Als die drei Gefährten in die Nähe des Liegeplatzes des Flachbootes gelangt waren, stiegen dort bereits Rauch und Flammen auf. Die Apachen hatten das Fahrzeug entdeckt, und einer von ihnen hatte vom Ufer aus einen brennenden harzigen Kiefernast in die Luke geworfen.

Wathama, der Schwestermörder, verbrannte zusammen mit dem Flachboot, – eine furchtbare Strafe, doppelt grausig, weil seine eigenen Krieger ihm so den Tod gegeben hatten.

Felsenherz und feine Freunde aber eilten unbemerkt zur Schlucht, wo sie ihre Pferde zurückgelassen hatten, knoteten die Fesseln des Großen Bären so weit auf, dass er sich selbst befreien konnte, denn der Gefangene wäre ihnen jetzt nur lästig gewesen, und wandten sich nordwärts. Abends lagerten sie bereits in der Prärie.

Hier nun sagte Chokariga zu seinem weißen Bruder, als Sancho sich einmal entfernt hatte: Die Felsspalte hinter dem Wasserfall enthielt doch eine Bonanza! Aber der Gambusino hätte beim Anblick all der Schätze wohl den Verstand verloren!«

Mein Bruder hat recht getan!«, erwiderte Felsenherz. »Ich ahnte die Wahrheit! Nun wird das Geheimnis der Apachin niemandem mehr schaden!«

Und doch – es kam anders, als der Trapper es dachte. Das Schicksal wollte es, dass das Regental nochmals das Ziel gieriger Wünsche wurde!

Hierüber im folgenden Band Näheres.

Show 1 footnote

  1. Fundstelle gediegenen Goldes in Kieselform

Eine Antwort auf Felsenherz der Trapper – Teil 10.7