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Der Welt-Detektiv Band 6

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John Tanner – Das Leben eines Jägers 28

John Tanner
Das Leben eines Jägers
oder
John Tanners Denkwürdigkeiten über seinen 30-jährigen Aufenthalt unter den Indianern Nordamerikas
Erstmals erschienen 1830 in New York, übersetzt von Dr. Karl Andree

Achtundzwanzigstes Kapitel

Nach jener Zusammenkunft zogen wir zu der Insel im Wälder-See, denn dort wollten wir Getreide säen, und nicht auf unseren alten Äckern an der Morte Rivière. Unterwegs blieben wir eine Weile liegen, um Zucker zu ernten, und machten uns dann auf den Weg, um die Handelsleute zu besuchen. Ais-kaw-ba-wis blieb bei den Frauen zurück. Als wir vom Kontor zurückkamen, gewahrten wir eine Frau, die hastig lief, und von einem Mann verfolgt wurde. Dieser Anblick aber regte lebhafte Besorgnisse in uns auf, denn wir glaubten anfangs, die Sioux wären da und erwürgten unsere Frauen und Kinder. Als wir aber näher kamen, sahen wir, dass der angebliche Prophet jener Mann war. Er blieb nun zurück, verfolgte Kisch-kau-kos Frau nicht weiter, kam näher und setzte sich zu uns, um Rum zu trinken. Die Indianer gaben ihm auch sehr reichlich davon.

Als wir im Lager angekommen waren, wurde die Frau befragt, und musste erzählen, was vorgefallen sei. Sie sagte, Ais-kaw-ba-wis hätte oft Gelegenheit gesucht, mit ihr allein zu sein. Sie wäre aber zu furchtsam gewesen, hätte darum keinem etwas davon sagen mögen und sich begnügt, immer vor ihm zu fliehen. Sie hatte auf der Stelle, wo der Zucker geerntet wurde, ihren Kessel stehen lassen. Und diese Stelle war eine Strecke weit von dem Ort entfernt, an welchem unsere Familien auf uns warteten. Bald nach dem Abzug der Männer hatte Ais-kaw-ba-wis, der allein in einer kleinen Hütte wohnte, (denn er sagte, er wäre zu heilig, als dass er mit anderen zusammen wohnen könne), der Frau gesagt: »Der große Geist missbilligt, dass du deinen Kessel zurückgelassen und dein Eigentum eingebüßt hast. Geh und hole den Kessel, welcher unter den Ahornbäumen stehen blieb.«

Die Indianerin war gehorsam gewesen. Gleich darauf hatte er mit seinem Gewehre, unter dem Vorwand, er wolle auf die Jagd gehen, seine Hütte verlassen, einen anderen Weg eingeschlagen, war aber gleich, als ihn niemand mehr sah, den Spuren der Frau gefolgt. Sie ahnte wohl, was der Prophet beabsichtige, und war deshalb auf der Hut. Wir kamen aber gerade noch zur rechten Zeit. Doch erregte dieser Vorfall bei den Indianern keinerlei Besorgnis, und Ais-kaw-ba-wis’ Einfluss verlor dadurch nicht im Geringsten. Ein großer Teil des Rums, welchen wir vom Kontor mitgebracht hatten, wurde für ihn beiseitegestellt.

Als aber der angesehenste Mann unserer Gruppe zu ihm schickte und sagen ließ, er möge kommen und seinen Anteil holen, gab er dem Boten zur Antwort: »Sag dem Häuptling, dass er in meine Hütte kommen muss, wenn er etwas mit mir zu tun hat.« Wirklich wurde ihm auch der Rum gebracht, und dieser äußerte denn auch bald seine Wirkung. Der Prophet wurde geselliger und herablassend, und mitten in der Nacht trat er taumelnd und völlig nackt in die Hütte, in welcher ich mich befand. Diese Erscheinung kam mir so drollig vor, dass ich wie ein Wahnsinniger lachte.

Wir zogen darauf an den Wälder-See , wo ich etwa einen Monat lang jagte. Darauf ging ich wieder in das Land zurück, welches ich verlassen hatte, während die Indianer zu Me-nau-zhe-taw-naung blieben, um das Land urbar zu machen und Getreide zu säen. Ich spürte aber bereits schon die Folgen der Erbitterung, welche der Prophet gegen mich hegte, denn er nahm die Indianer so sehr gegen mich ein und hetzte namentlich die Familie meiner Frau dermaßen auf, dass meine Lage zu Me-nau-zhe-taw-naung gar nicht mehr zu ertragen war und ich deshalb zum Red River zurückkehren musste.

Das war um dieselbe Zeit, als die Schotten, deren etwa einige Hundert sein mochten, sich am Red River unter dem Schutz der Hudson’s Bay Company ansiedelten. Bei ihnen sah ich, seit ich ins männliche Alter getreten war, zum ersten Mal eine weiße Frau. Bald nach meiner Ankunft trat ich in den Dienst der Company, und Herr Hanie schickte mich mit dem Dolmetscher Herrn Heß und mehreren anderen Männern auf die Bisonjagd. Diese Tiere hielten sich damals eine gute Strecke von der Niederlassung entfernt auf, und die Schotten litten großen Mangel an Lebensmitteln. Ich war so glücklich, unweit von der Ansiedlung zwei Bisons zu töten. Ihr Fleisch wurde zum Kontor gebracht, und ich machte mich auf den Weg, um die Herden zu verfolgen.

Bald vereinigte ich mich mit vier Handelsdienern und etwa zwanzig anderen Männern. Diese Letzteren mussten die Bisons, welche ich erlegte, bis zu meiner Hütte schleppen, von wo das Fleisch auf Wagen bis zur Ansiedlung gefahren wurde. Alle Weißen lebten in meiner Hütte. Einer derselben, Herr Macdonald, misshandelte aber ohne Unterlass meine Frau und meine Kinder. Herr Heß tadelte mehr als einmal sein Betragen und führte endlich, da alles nicht fruchtete, Klage bei Herrn Hanie. Dieser befahl ihm nun, mit einigen Indianern zusammenzustoßen, welche etwas entfernt von uns zwanzig Bisons geschossen hatten, deren Fleisch noch nicht forttransportiert worden war. Er blieb an jener Stelle zwei volle Monate und tat in dieser ganzen Zeit weiter nichts, als die Wölfe fortjagen. Herr Mackenzie, einer der drei Handelsdiener, welche bei mir blieben, war so ganz verschieden von Herrn Macdonald, dass, als nach viermonatlichem Aufenthalt bei uns die Mehrzahl der Weißen wieder zur Ansiedlung zurück musste, er Herrn Hanie um Erlaubnis bat, noch länger bei mir bleiben zu dürfen, denn er wollte sich in der Chippewa-Sprache vervollkommnen. Erst als die Zuckerernte vorüber war, trennte er sich von mir.

Binnen vier Monaten – so lange jagte ich für die Hudson’s Bay Company – wurden von mir etwa einhundert Stück Bisons erlegt, ein großer Teil davon aber in meiner Hütte verzehrt, sodass ich nur etwa vierzig fette Tiere an die Company ablieferte. Herr Hanie zahlte mir im Frühjahr dreihundertundzehn Dollars aus. Die schottischen Bauern, mit denen ich zusammen lebte, waren die gröbsten und plumpsten Gesellen, die mir jemals vorgekommen sind. Selbst wenn wir Lebensmittel in Hülle und Fülle hatten, aßen sie wie ausgehungerte Wölfe und zankten sich jedes Mal, wenn sie Mahlzeit hielten. Sie bekamen deshalb oft Schläge von den Handelsdienern, konnten aber trotzdem das Zanken und Streiten nicht lassen. Herr Hanie und der Gouverneur, welchen die Hudson’s Bay Company geschickt hatten, machten mir den Vorschlag, ich sollte mir ein Haus bauen und ganz und gar in ihre Dienste treten. Ich zögerte aber mit meiner Zustimmung, denn ich hegte Zweifel an dem Gedeihen der Niederlassung. Einige Indianer, welche ich am Wälder-See verlassen hatte, waren hergekommen, um den Winter über bei mir zu bleiben. Diese verließen mich nun, während ich noch eine Zeit lang am Red River blieb. Dort erhielt ich noch durch Wa-ge-to-te, der von Me-nau-zhe-taw-naung zurückkam, Nachricht von meinem Schwiegervater und meiner Schwiegermutter. Denen waren inzwischen mehre Kinder gestorben, und sie ließen mir sagen, ich möchte kommen, um sie zu trösten.

So sprach Wa-ge-to-te in Gegenwart der Handelsleute und mehrerer anderer Personen zu mir. Als ich aber allein mit ihm war, sagte er: »Glaube nicht, dass dein Schwiegervater in wohlwollender und friedlicher Absicht dich erwartet. Als seine Kinder krank waren, wandte er sich an Ais-kaw-ba-wis, damit der sie heile. Der Prophet aber sagte, nachdem er ein Chees-suk-kon gemacht hatte, er habe dich in seinen Kreis gerufen, und du hättest eingestanden, dass die Kinder von dir eine schädliche Medizin erhalten, obwohl du damals am Red River warst. Er hat auch deinem Schwiegervater eingeredet, du hättest Macht über Leben und Tod seiner Kinder, und so glaubt denn die Familie deiner Frau, gleich den meisten Indianern unserer Gruppe, dass deine Medizin Schuld an allem Unglück sei. Sei überzeugt, dass sie dich nur rufen lassen, um dich zu töten.«

Ungeachtet dieses guten Rates machte ich mich dennoch sogleich auf den Weg, denn ich wusste wohl, dass sonst die Indianer nur noch mehr in ihrem Vorurteil bestärkt werden würden.

Ich hatte am Red River von einem Schotten ein Hemd gekauft und dasselbe angezogen, als ich abreiste. Wahrscheinlich war dieses Kleidungsstück Ursache an einer bösen Hautkrankheit, die bald so heftig und schmerzhaft wurde, dass ich am Ufer des Be-gwi-o-nus-ko liegen bleiben musste. Dort blieb ich einen ganzen Monat und war während der ganzen Zeit kaum imstande, mich zu bewegen. Gleich, nachdem ich bei diesem Fluss angelangt war, hatte ich meine Hütte ganz dicht ans Ufer verlegt. Da ich nicht gehen konnte, so ließ ich mich in mein Kanu legen, und fing Fische, damit meine Familie zu essen hatte. Mehrmals blieb ich drei oder vier Tage hintereinander in meinem Kanu liegen. Nachts ließ ich mich mit einer Matte zudecken. Meine Frau war freilich auch sehr krank, aber doch nicht so arg wie ich, denn sie konnte doch wenigstens immer gehen. Als ich mich etwas wohler fühlte, erprobte ich alle Mittel, deren ich nur habhaft werden konnte. Am besten wirkte Schießpulver, das ich etwas anfeuchtete und in die wunden Stellen, welche sehr groß waren, einrieb. Diese Krankheit war von den Schotten eingeschleppt worden. Sie griff aber auch unter den Indianern weit um sich, und viele starben daran.

Als ich wieder hergestellt war, fuhr ich den Be-gwi-o-nus-ko aufwärts bis zu einem kleinen See, welcher denselben Namen führt. Am Ufer desselben jagte ich und erlegte viel Wild. Während ich mich dort aufhielt, traten eines Tages vier junge Männer aus unserem Dorf Me-nau-zhe-taw-naung in meine Hütte ein. Einen davon, der über und über schwarz bemalt war, erkannte ich als meinen Schwager. Aus Kummer darüber, dass die drei anderen Kinder gestorben waren, hatte er sich entschlossen, seinen Vater zu verlassen, sich irgendeiner Gruppe Krieger anzuschließen und auf eine ehrenvolle Weise den Tod zu suchen. Die drei anderen waren entschlossen, ihn nicht allein ziehen zu lassen, und begleiteten ihn deshalb. Ich gab ihm mein Pferd und machte mich auf den Weg, um am Wälder-See einige Tage bei meinem Schwiegervater zu verleben. Es war gerade die Jahreszeit, in welcher die wilden Gänse sich federn und nicht fliegen können. Wir töteten also eine große Menge derselben.

Nachdem ich vier Tage lang gejagt hatte, sagte ich zu meinen Schwiegereltern: »Ich kann nicht hier bleiben, da mein junger Bruder weinend ausgezogen ist, und doch niemanden hat, der ihn beschützen könnte. Ich weiß, der Pfad, auf welchem er wandelt, ist gefährlich. Ich will zu ihm, denn er hat die Absicht, sich einer Kriegergruppe anzuschließen, um Gefahren aufzusuchen. Die zeigen sich aber oft am meisten da, wo man sie am wenigsten vermutet.«

Ich wusste, dass Wa-me-gon-a-biew imstande war, über den Knaben herzufallen und ihm ein Leid anzutun, vielleicht konnte er ihn gar töten, unter dem Vorwand, er sei weitläufig mit dem Mann verwandt, welcher den Taw-ga-we-ninne in Mackinack verwundet hatte. Als Scha-gwaw-koo-sink meinen Entschluss und die Gründe zu demselben vernahm, wollte er mich begleiten. Bei unserer Ankunft am Red River hörten wir, dass Wa-me-gon-a-biew jenes Pferd, welches ich dem Knaben geschenkt, gestohlen hatte. Auch drohte er fortwährend, ihn ums Leben zu bringen. Da ging ich sogleich zu ihm, wir kamen in Zank, und es wäre zum Handgemenge gekommen, wenn die alte Net-no-kwa nicht als Vermittlerin dazwischengetreten wäre.

Wir kamen überein, allesamt uns mit den Cree und Assiniboine zu vereinigen, um gegen die Sioux zu ziehen. Ich riet meinem jungen Schwager, sich fortwährend vor Wa-me-gon-a-biew auf der Hut zu halten. Als wir den Red River verließen, waren unserer etwa vierzig. Bald jedoch wuchs diese Zahl immer mehr an, während wir durch Dörfer und Lagerplätze der Cree und Assiniboine zogen. Schon ehe wir den Turtle Mountain erreichten, hatten wir mehr als zweihundert Mann beisammen. Während wir bei einem Dorf der Cree lagerten und Wa-ge-to-te mit den angesehensten Häuptlingen in demselben bei einem Gastmahl war, fing Wa-me-gon-a-biew wieder mit meinem Schwager zu sprechen an. Da seine Worte mir missfielen, so ging ich fort und in der Nähe des Lagers umher.

Als meiner Berechnung zufolge die Häuptlinge wieder im Lager sein mussten, kehrte ich auch dorthin zurück. Ich sah es allen, die mich umgaben, am Gesichte an, dass etwas Ungewöhnliches vorgefallen war. Sogleich suchte ich den jungen Menschen auf, denn seinetwegen war ich in Besorgnis. Ihm war aber nichts zuleide geschehen, und so ging ich zu meiner Hütte zurück. Dort sah ich denn, dass mein neues Gewehr in Stücken zerbrochen war. Ein alter Mann hatte es in den Händen und suchte nach Möglichkeit den Schaden wieder gutzumachen. Ich ahnte gleich, wer gerade jetzt, zu einer Zeit, da ich es so nötig bedurfte, mein Gewehr untauglich gemacht hatte. In der ersten Wut ergriff ich den Lauf und lief auf Wa-me-gon-a-biew zu, um ihn zu Boden zu schlagen. Aber Wa-ge-to-te legte sich ins Mittel. Doch äußerten alle Häuptlinge laut und unverhohlen ihre Missbilligung über diese schlechte und hämische Tat.

Indessen wollte ich, wenn auch mein Gewehr einmal verdorben war, doch nicht wieder umkehren, sondern mich des Laufes statt einer Keule oder Lanze bedienen. So zog ich mit den anderen weiter. Zwei Tage später langten wir, jetzt im Ganzen etwa vierhundert Mann, auf dem Gipfel des Turtle Mountain an. Hier war der Sammelplatz für alle, welche sich uns anschließen wollten, und jeder Berechnung nach musste die Anzahl der Krieger, welche sich dort bereits eingefunden haben konnten, schwächer sein, als die unseres Haufens. Wir waren daher nicht wenig erstaunt, als wir tausend Krieger der Assiniboine, Cree und Chippewa versammelt fanden.

Wir machten in einer Entfernung von den Übrigen Halt, und die Häuptlinge hielten Beratung, um die Begrüßungsfeierlichkeiten zu bestimmen. Es ist Tradition, dass die verschiedenen Haufen, welche auf ein und demselben Zug begriffen oder miteinander verbündet sind, bei ihrem Zusammentreffen einige Schüsse wechseln, und dabei springen, heulen und schreien, als ob sie eine wirkliche Schlacht lieferten. Dieses Mal aber waren beide Gruppen so zahlreich und die eine der anderen dermaßen an Stärke überlegen, dass die Häuptlinge es zweckmäßig erachteten, von dem alten Brauch für dieses Mal abzugehen. Matsch-a-to-ge-wub (mehrere Adler, welche ruhen), der oberste Häuptling, willigte ein, dass seine jungen Leute in ihren Hütten bleiben, nur zwanzig Krieger unserer Gruppe das Lager begrüßen, und sich aufstellen sollten, als griffen sie ein Dorf an.

Es wurde nun eine große Hütte errichtet, die von ihnen in Trümmer geschossen werden sollte. Ich gehörte zu den zwanzig Männern, welche für diese Feierlichkeit ausgewählt worden waren, denn ich hatte inzwischen einem Indianer, welcher sich von uns trennte, sein Gewehr abgekauft. Nur mit Aufwand der größten Kraftanstrengung konnte ich es meinen Gefährten im Laufen, Springen, Abfeuern und Heulen gleichtun. Zwar hielten wir vier Mal inne, aber ich war doch vor Anstrengung völlig erschöpft, als wir endlich die Hütte des Häuptlings zerstörten. Während dieser Feierlichkeit wagte sich ein Mann von unserer Partei unklugerweise, und ohne Erlaubnis ausgewirkt zu haben, in das Dorf. Aber dort wurde ihm die Kleidung vom Leib gerissen und sein Körper arg zugerichtet. Da das in aller Heiterkeit geschehen und eine solche Behandlung mehr ehrenvoll als gehässig war, so konnte er darüber keine Klage führen.

Schon in der ersten Nacht, welche dem Tag, an dem wir uns miteinander vereinigt hatten, folgte, wurden zwei Chippewa getötet. In der folgenden Nacht geschah mit zwei den Assiniboine zugehörenden Pferden dasselbe, und in der dritten Nacht wurden abermals drei totgestochen. Wenn Leute aus so weit entfernten Gegenden und in so großer Menge zusammenkommen, dann sind natürlich immer einige dabei, die im Herzen alten Groll nähren. Man darf keineswegs überrascht davon sein, dass der schwache Einfluss und die unsichere Gewalt, welche den Häuptlingen zustehen, Unruhen und Blutvergießen nicht abzuwenden vermögen.

Damals waren Menschen, die ganz verschiedene Denkart und Sprache hatten, und zum Teil aus ungemein weit entfernten Gegenden herbeigezogen kamen, dort versammelt. Von diesen vierzehnhundert Kriegern wollte keiner einen höheren Willen anerkennen, als seinen eigenen. Ich muss freilich sagen, dass sie gewöhnlich einem Häuptling, unter dessen Führung sie sich auf den Weg gemacht haben, eine Art von Folgsamkeit und Unterwürfigkeit nicht versagen. In den meisten Fällen dauert dieser Gehorsam aber nur so lange, wie der Wille des Häuptlings mit den Wünschen und Neigungen seiner Krieger übereinstimmt. Bei unserem Kriegerhaufen befanden sich Männer, welche ein ganzes Jahr lang unterwegs gewesen waren. Einige hatten sogar ihre Familien mitgebracht. In zweihundert Hütten befanden sich Frauen.

Bald nach diesem Zusammentreffen unserer verschiedenen Gruppen am Turtle Mountain nahm mich ein Cree vom Fort der Prärie als Mitglied in seine Familie auf, brachte mein Gepäck fort und lud mich ein, bei ihm in seiner Hütte zu wohnen. Er nannte mich fortwährend Re-je (mein Freund) und behandelte mich außerordentlich gütig. Auch viele andere Krieger, die, gleich mir, keine eigenen Hütten besaßen, wurden in derselben Art von Familien aufgenommen, welche dergleichen hatten.

Es waren kaum einige Tage verflossen, da gerieten die kleinen Kinder, anfangs in geringer Zahl, miteinander in eine Art von Kampf. Unglücklicherweise befanden sich auf der einen Seite bloß Knaben der Assiniboine und auf der anderen die der Cree und Chippewa. Allmählich nahmen erst Jünglinge und endlich sogar Krieger Partei, und so artete das Kinderspiel zuletzt in blutigen Streit aus. Matsch-a-to-ge-wub warf sich mitten zwischen die Kämpfenden, Wa-ge-to-te und die übrigen angesehensten Häuptlinge folgten seinem Beispiel. Allein die jungen Krieger schienen kaum auf sie zu achten. Ihre Hitze steigerte sich zu förmlicher Wut, und die Häuptlinge zogen sich, vor Ärger und Furcht zitternd, zurück.

Plötzlich zeigte sich mitten im Handgemenge eine unerwartete Erscheinung. Es war ein Greis mit schneeweißen Haaren, und so krumm gebeugt vom Alter, dass er nur mithilfe zweier Stäbe gehen konnte. Er glich mehr einem Hund als einem Menschen, und seine Stimme war so schwach, dass man sie in einiger Entfernung kaum vernehmen konnte. Als er aber erschien, gaben plötzlich alle Assiniboine den Kampf auf, und das Gefecht war zu Ende. Unter den vielen Verwundeten starben gleich zwei danach. Manche waren aber so arg zugerichtet, dass sie in ihre Heimat zurückgeschickt werden mussten. Der Kampf würde noch weit blutiger ausgefallen sein, wenn nicht die meisten, welche sich in denselben mischten, ohne Waffen gewesen wären. Ich fragte mehrmals nach der Geschichte jenes Greises, konnte aber dessen ungeachtet nichts Genügendes über ihn erfahren. Ja, es wurde mir nicht einmal gesagt, wie er hieß. Es gingen die übertriebensten Gerüchte von ihm unter uns im Schwange.