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Timetraveller – Episode 2

Kansas City A.D. 2006

Die Rück­kehr

Ein Sturm feg­te über das Ge­län­de der Avi­la-Uni­ver­si­tät. Doch so plötz­lich er ge­kom­men war, so rasch ver­schwand er auch wie­der.

Vier Ge­stal­ten stan­den nun dort, wo vor Se­kun­den noch ein Blitz in den Bo­den ein­ge­schla­gen war.

»End­lich zu Hau­se!«, rief eine jun­ge Frau­en­stim­me über­glück­lich.
Die drei jun­gen Män­ner blick­ten noch et­was be­nom­men drein, stimm­ten aber ei­ni­ge Zeit spä­ter, je­der auf sei­ne Art und Wei­se, in den Ge­fühls­aus­bruch von Clai­re Ban­croft mit ein.

»Scheint so, als hät­ten wir es ge­schafft«, stell­te Mar­kus Be­cker, sei­nes Zei­chens Phy­sik- und Gast­stu­dent der Avi­la-Uni­ver­si­tät, tro­cken fest. In sei­ner Stim­me lag aber auch ein leich­ter Un­ter­ton, der nicht wirk­lich so recht glau­ben mach­te, dass sei­ne Wor­te ganz der Wahr­heit ent­spra­chen.

Mar­kus blick­te auf den Glas­zy­lin­der, den sei­ne rech­te Hand nach wie vor mit fes­tem Griff um­klam­mert hielt. Die­ser 15 Zen­ti­me­ter brei­te und 30 Zen­ti­me­ter lan­ge Ge­gen­stand war eine Zeit­ma­schi­ne, mit de­nen es den vier Stu­den­ten der Avi­la-Uni­ver­si­tät ge­lun­gen war, durch die Zeit zu rei­sen.

Doch die­se Rei­se hat­te so ihre Tü­cken.

Und ehr­lich ge­sagt glaub­te Mar­kus lang­sam nicht mehr da­ran, dass er wirk­lich nur eine rei­ne Zeit­ma­schi­ne in Hän­den hielt. Denn ihr ver­gan­ge­nes Aben­teu­er hat­te sei­ne Ver­mu­tung be­stä­tigt, dass sie mit die­ser Ma­schi­ne nicht nur durch die Zeit, son­dern auch in Pa­ral­lel­wel­ten rei­sen konn­ten, de­ren his­to­ri­scher Ver­lauf an­de­re Wen­dun­gen ge­nom­men hat­te als auf ih­rer ei­ge­nen Welt.

So wa­ren Clai­re, Dan, Ken und er zwar in das Jahr 1923 ge­reist, um der Aus­gra­bung Car­ters bei­zu­woh­nen, doch statt die Ent­de­ckung des Gra­bes von Tu­ten­cha­mun per­sön­lich mit zu er­le­ben, wa­ren sie in ei­nen Krieg zwi­schen Eng­land und Ägyp­ten ge­ra­ten. Die vier Ti­me­tra­vel­ler wa­ren aus die­ser ge­fähr­li­chen Si­tu­a­ti­on nur wie­der le­ben­dig he­raus­ge­kom­men, in­dem sie in letz­ter Se­kun­de die Zeit­ma­schi­ne be­nutzt hat­ten.

Mar­kus zuck­te plötz­lich zu­sam­men, als ir­gend­wo ein Hund auf­heul­te.

»Was war das denn?«, kom­men­tier­te der Sport­stu­dent Dan Si­mon das Ge­heu­le.

Se­kun­den spä­ter wur­den sie wie­der und wie­der von den un­säg­li­chen Ge­räu­schen be­rie­selt.

Das Heu­len des Hun­des ging den vier Stu­den­ten durch Mark und Bein und Clai­re zuck­te re­gel­recht zu­sam­men, als das Heu­len an­statt ab­zu­neh­men an In­ten­si­tät eher zu­nahm.

»Was ist das bloß für ein Kö­ter«, sag­te sie. »Das hört sich nach ei­nem rie­si­gen Tier an.« Ihre Stim­me klang ver­ängstigt.

Un­ter­des­sen blick­te Mar­kus Be­cker gen Him­mel und be­merk­te: »Gut, dass wir heu­te kei­nen Voll­mond ha­ben. Sonst sä­ßen wir ganz schön in der Schei­ße.«

Ken und Dan sa­hen sich fra­gend an. Hat­te Mar­kus etwa ei­nen Witz ge­macht?

»Was meinst Du da­mit?«

Der Gast­stu­dent sah kurz zu den bei­den und er­wi­der­te tro­cken: »Fängt mit ei­nem gro­ßen W an.«

Bei Ken Oku­mo­to schien der Gro­schen nach we­ni­gen Se­kun­den ge­fal­len zu sein und er wink­te ab. »Wer­wöl­fe?« Er lach­te kurz und hu­mor­los auf. »Es gibt ver­dammt noch mal kei­ne Wer­wöl­fe.« »Was soll denn jetzt der Quatsch?«, frag­te Dan et­was ge­nervt.

»Wenn ihr meint«, ant­wor­te­te der Phy­sik­stu­dent zwei­deu­tig.

»Kommt. Lasst uns von hier ver­schwin­den und zum Uni­ge­län­de ge­hen. Das Heu­len wird mir lang­sam un­heim­lich«, un­ter­brach sie Clai­re.

Dan nick­te und folg­te der jun­gen Stu­den­tin. Ken und Mar­kus schlos­sen sich ih­nen an.

We­ni­ge Mi­nu­ten spä­ter be­tra­ten sie zu­sam­men das Haupt­ge­bäu­de der Uni. Der Cam­pus der Avi­la-Uni­ver­si­tät be­fand sich mit zehn Ge­bäu­den auf ei­nem etwa 20 Hek­tar gro­ßen Ge­län­de in ei­nem schö­nen Vor­ort von Kan­sas City, in des­sen Nähe ei­ni­ge Parks und ein klei­nes Ein­kaufs­zen­trum la­gen.

Die vier blick­ten sich um. Da­bei schau­te Ken Oku­mo­to kurz auf sei­ne Uhr und stutz­te.

»Wir ha­ben doch gleich 10.00 Uhr. Wo sind denn bloß die gan­zen Stu­den­ten? Um die­se Zeit ist hier doch meis­tens die Höl­le los!«

»Stimmt. Viel­leicht ist ir­gend­et­was pas­siert.«

»Was soll denn hier schon pas­siert sein?«

»Was weiß ich«, er­wi­der­te Clai­re. »Eine Bom­ben­dro­hung, ein Amok­läu­fer …!«

»Auf un­se­rer Uni­ver­si­tät?« Dan Si­mon lach­te un­gläu­big. »Rede doch kei­nen Quatsch. Ich glau­be, Clai­re, du schaust zu viel Fern­se­hen. Die vie­len Be­rich­te über Mord und Tot­schlag in den Nach­rich­ten ma­chen ei­nen mit der Zeit et­was durch­ei­nan­der!«

»Wie meinst du das?«, er­wi­der­te die Ge­schichts­stu­den­tin et­was pi­kiert.

Doch zu ei­ner Ant­wort kam Dan nicht mehr. Als hin­ter ihm ein klir­ren­des Ge­räusch er­tön­te, dreh­te sich der Sport­stu­dent um und sah Mar­kus da­bei zu, wie die­ser ge­ra­de die Not­fallaxt aus dem Glas­kas­ten ne­ben der Tür zum Not­aus­gang ent­wen­de­te.

»Was willst du denn da­mit?«

»Man kann nie wis­sen«, kom­men­tier­te Mar­kus sein Tun. »Bes­ser, wir sind be­waff­net. Wir soll­ten ei­gent­lich et­was aus un­se­rem Aben­teu­er in Ägyp­ten ge­lernt ha­ben. Oder etwa nicht?«

»Näm­lich?«

»Im­mer mit dem Un­er­war­te­ten zu rech­nen!«

Dan sah fra­gend zu Ken. »Was ist denn plötz­lich in Mar­kus ge­fah­ren?«

»Kei­ne Ah­nung«, er­wi­der­te der Ja­pa­ner, »so ken­ne ich ihn auch noch nicht, aber viel­leicht denkt er noch an sei­nen Wer­wolf.«

»Lei­der habe ich mei­ne Sil­ber­ku­geln heu­te nicht da­bei«, scherz­te Dan.

»Kein Prob­lem«, ent­geg­ne­te Be­cker, der die Wor­te sei­ner Freun­de ge­hört hat­te, »Wer­wöl­fe kann man auch tö­ten, in­dem man ih­nen den Kopf ab­schlägt oder ein­fach den Schä­del spal­tet.«

Ken und Dan sa­hen sich an und ver­stan­den die Welt nicht mehr. Mar­kus hat­te das ernst ge­meint!

Der ver­stau­te un­ter­des­sen die Zeit­ma­schi­ne in ei­nem Ruck­sack, den er ir­gend­wo ent­deckt und ent­leert hat­te, nach­dem er da­rin nichts Wich­ti­ges ge­fun­den hat­te. Dann griff er mit sei­ner rech­ten Hand nach der Axt und folg­te sei­nen drei Mit­strei­tern mit erns­ter und ent­schlos­se­ner Mie­ne.

***

Nach­dem die vier jun­gen Leu­te den größ­ten Teil der Uni­ver­si­tät durch­sucht hat­ten, stell­te Clai­re schließ­lich re­sig­niert fest: »Kei­ne Men­schen­see­le. Sind wir denn in der rich­ti­gen Zeit ge­lan­det?«

Die Ge­schichts­stu­den­tin sah Mar­kus fra­gend an. Die­ser zeig­te der jun­gen Frau statt ei­ner Ant­wort ein­fach nur das Dis­play von Evans Zeit­ma­schi­ne, die als Da­tum den 30. Ap­ril 2006 zeig­te. Mar­kus stutz­te kurz, was kei­ner sei­ner Freun­de mit­be­kam. Laut sag­te er: »Bist du nun zu­frie­den?«

»Nicht ganz«, er­wi­der­te die jun­ge Frau. »Als wir un­se­re Rei­se nach Ägyp­ten an­tra­ten, war es Ok­to­ber. Das heißt also, wir sind sechs Mo­na­te zu früh zu­rück­ge­kehrt.«

»Ist das so schlimm?«, un­ter­brach sie Dan.

»Das weiß ich nicht. Da musst du Mar­kus fra­gen, der ist doch der Ex­per­te«, sag­te Clai­re. Ihre Stim­me klang et­was schnip­pisch.

»Und, ist es schlimm?«, wand­te sich der Sport­stu­dent an Mar­kus. Der über­leg­te kurz und ant­wor­te­te: »Nur, wenn wir uns plötz­lich selbst ge­gen­überste­hen soll­ten. Das müs­sen wir ver­mei­den. Am bes­ten, wir tau­chen ir­gend­wo un­ter.«

»Ich wüss­te da auch schon eine Lö­sung«, mein­te Ken. »Wir könn­ten uns im Fe­ri­en­haus mei­ner El­tern ver­ste­cken.«

»Oder ein­fach noch ein­mal die Zeit­ma­schi­ne be­nut­zen und die sechs Mo­na­te in die Zu­kunft rei­sen.«

»Auch eine Mög­lich­keit, Clai­re«, sag­te der Deut­sche, »aber willst du das Ri­si­ko wirk­lich noch mal ein­ge­hen?« Die jun­ge Frau schüt­tel­te den Kopf.

»Aber wo ver­dammt noch mal sind denn die gan­zen Leu­te? Kei­ne Stu­den­ten und kei­ne Pro­fes­so­ren sind zu se­hen, noch nicht mal eine Putz­frau ist hier zu fin­den. Auch Fred, der Haus­meis­ter, scheint wie vom Erd­bo­den ver­schwun­den zu sein. Was ist denn hier bloß los?«, brach es dann aus ihr her­vor.

Ken und Dan wuss­ten kei­nen Rat und schau­ten sich ge­gen­sei­tig fra­gend an. Nur Mar­kus ver­such­te et­was an­zu­deu­ten. »Könn­te es viel­leicht sein …«

Doch als Clai­re die­ses Ich-will-es-nicht-wis­sen-Ge­sicht auf­setz­te, verstumm­te er lie­ber. War­um soll­te er sich auch mit der Frau he­rum­zan­ken. Das brach­te so­wie­so nichts und glau­ben wür­de sie ihm wahr­schein­lich auch nicht.

»Was ma­chen wir jetzt?«, frag­te die jun­ge Stu­den­tin ihre drei Mit­strei­ter.

»Kei­ne Ah­nung«, ent­geg­ne­te Dan schul­ter­zu­ckend.

»Viel­leicht soll­ten wir erst ein­mal in Evans La­bor zu­rück­keh­ren und schau­en, ob mit der Zeit­ma­schi­ne noch al­les in Ord­nung ist.«

»Willst du da­mit etwa an­deu­ten, Mar­kus, dass du bei der Pro­gram­mie­rung et­was falsch ge­macht hast?«, ent­geg­ne­te Ken.

»Nein, bei der Pro­gram­mie­rung nicht. Aber wir soll­ten auf alle Even­tu­a­li­tä­ten vor­be­rei­tet sein. Au­ßer­dem er­in­ne­re ich euch an die Ex­plo­si­on. Viel­leicht hat die Ma­schi­ne da­bei et­was ab­be­kom­men. Wir soll­ten auf alle Fäl­le auf Num­mer si­cher ge­hen.«

»Sind wir des­halb statt in Evans La­bor auf dem Uni­ge­län­de ge­lan­det?«

»Schon mög­lich. Also ge­hen wir nun zum La­bor oder hat ei­ner von euch eine bes­se­re Idee?«

Clai­re, Dan und Ken hat­ten im Grun­de kei­ne Ein­wän­de, denn kei­ner von ih­nen moch­te oder konn­te ei­nen bes­se­ren Vor­schlag vor­brin­gen.


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