Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Captain Concho – Band 38

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 38
In geheimer Mission

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertrugrul Edirne / Becker-Illustrators

Kurzinhalt:
Captain Concho hat den Verlust der gefallenen Männer seines Trupps noch nicht verwunden, da erhält er schon einen neuen männermordenden Auftrag. Er soll einen Spionagering der Yankees, der dem Süden schwer zu schaffen macht, von der Wurzel her aufrollen, weil an die Bosse, die im Generalstab und in der Regierung sitzen, nicht heranzukommen ist. Allein und nur auf sich gestellt, wagt sich Captain Concho mitten in das Spionagenest des Feindes. Schon bald gerät er in die Fänge Major Bishops, der nicht davor zurückschreckt, seine schöne Geliebte auf Concho anzusetzen, um ihn in sein tödliches Netz zu locken …

Leseprobe:

Der Schrei war Captain Concho durch Mark und Bein gegangen. Er hielt das Pferd an und sah sich gespannt um.

Da hatte eine Frau um Hilfe geschrien!

Er sah hinüber zu den Häusern.

Auf der anderen Seite knackte es im Gehölz. Er hörte einen Mann fluchen. Im gleichen Augenblick sah er die Frau rennen. Drei Unions-Soldaten verfolgten sie.

Sie war halb nackt. Das Entsetzen spiegelte sich in ihren Zügen wider. In langen Sätzen versuchte sie die Häuser zu erreichen.

Die Kerle hatten sie aus einem Haus geholt und sie dort drüben im Dickicht vergewaltigen wollen.

Ihr Gesicht war vor Angst verzerrt. Sie hielt den Mund weit geöffnet, aber kein Schrei kam über ihre Lippen.

Die Soldaten rannten um die Wette. Da wollte jeder der Erste sein. Ihre Gesichter waren vor Eifer und Anstrengung gerötet, als sie hinter ihr herrannten und dabei weder nach links noch nach rechts sahen.

Behänd sprang sie über den Graben und lief über die Straße.

Captain Concho spornte das Pferd vorwärts und ritt den Yankees in den Weg.

Die Kerle setzten über den Graben. Einer glitt dabei aus und fiel fluchend in die stinkende Brühe. Seine Gefährten wollten an dem Reiter vorbei.

Doch Captain Concho trieb ihnen den Braunen entgegen.

Sergeant war der eine. Er blieb breitbeinig stehen und riss den großen Revolver aus der Koppeltasche.

»Hol du die Schickse ein, Phill!«, brüllte er. »Ich mache diesen Hurensohn fertig.«

Concho parierte das Pferd und griff zum Colt, den er in einem Halfter am Oberschenkel trug. Er war wie ein Rindermann gekleidet und trug die Waffe auf deren Art.

Er wollte diesen Phill einfach über den Haufen reiten. Aber der Sergeant feuerte, obwohl Captain Concho den Colt auf ihn gerichtet hielt.

Haarscharf pfiff das Geschoss an seinem Gesicht vorbei. Doch ein zweites Mal kam der Sergeant nicht zum Schuss.

Captain Conchos Colt blitzte und donnerte, und die Kugel traf den Yank in die Brust und warf ihn auf den Rücken.

Direkt hinter dem Sergeant kam der dritte Yankee aus dem Graben, den schweren Dienstrevolver in der Faust und auf Concho angelegt.

Captain Concho feuerte. Er traf den Mann in die Stirn, dass er zur Seite kippte und in den Graben zurückrollte, wo er in der grünen Brühe verschwand.

Concho warf das Pferd herum. Jener Phill hatte die Frau eingeholt, weil sie gestürzt war. Breitbeinig stand er über ihr und starrte herüber. Einen Moment nur. Dann machte er kehrt und rannte weg. Von einem Augenblick zum anderen war er zwischen den Häusern verschwunden.

Der Captain ritt von der Straße durch den Wassergraben, hielt neben der Frau, stieg ab und schob die Waffe ins Leder.

Sie lag auf der feuchten Erde, und ihr zarter Körper schüttelte sich im Krampf. Sie weinte laut.

Captain Concho ging neben ihr in die Hocke und legte ihr beruhigend die Hand auf den Rücken. Dabei schaute er zu den Häusern. Aber dort ließ sich niemand blicken.

»Es ist vorbei!«, sagte er. »Beruhigen Sie sich, Ma’am!«

Sie sah auf. Hübsch war sie. Und noch so verteufelt jung. Ihr Gesicht war schmutzig und zerkratzt. Sie weinte wie ein Kind.

Er richtete sich auf und zog sie mit sanfter Gewalt auf die Füße, zog das Jackett aus und half ihr hinein, damit ihre Blößen bedeckt waren.

»Beruhigen Sie sich doch, Ma’am! Die Kerle sind ja weg.«

Sie barg den Kopf an seiner Brust und weinte weiter.

»Wo wohnen Sie? Kommen Sie! Ich bringe Sie nach Hause.«

So schnell war sie nicht zu beruhigen. Sie hatte einen Schock erlitten und brachte kein Wort hervor.

An dem Haus vor ihnen ging die Tür, und ein älterer Mann trat heraus. Captain Concho legte dem Girl den Arm um die Schulter und führte es hin. »Ich danke Ihnen!«, sagte der Oldtimer und hielt ihnen die Tür auf. »Sie wohnt hier?«

»Sie ist meine Tochter!«

Captain Concho hielt mit ihr auf der Schwelle inne und sah sich nach ihm um. »Wieso lassen Sie das zu?«, fragte er wütend. »Diese Häuser! Hier wohnen doch Männer!«

»Ich bin ein alter Mann! Wie soll ich mich gegen Soldaten wehren? Die Stadt ist voller Yankees. Und wo sind die unseren? Die Yankees hausen hier wie die Vandalen. Sie rauben und plündern, sie vergewaltigen unsere Mädchen und Frauen. Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, nehmen sie mit. Wer Widerstand leistet, wird auf der Stelle erschossen. Und wo ist Lee?«

»Vater! Bitte!«, schluchzte das Mädchen.

Captain Concho führte sie weiter.

Der alte Mann folgte ihnen und schloss die Tür ab.

»Das müssen wir alles ertragen. Von uns aber kein Soldat weit und breit. Nicht ein Konföderierter!«

»Ich bin einer!«, sagte Captain Concho. »Kommen Sie! Bringen wir Ihre Tochter zur Ruhe.«

Der alte Mann starrte ihn an.

»Ja aber …« Er wies auf Conchos Kleidung. »Sie sehen wie ein Rinderzüchter aus.«

»Hier ist ja auch nicht die Front!«, erwiderte Captain Concho. Er wollte weitergehen. Aber da trommelten Fäuste gegen die Tür.

»Aufmachen! Unionsarmee! Öffnen Sie die Tür, oder wir schlagen sie ein.«

Hilflos und erschrocken sah der alte Mann Concho ins Gesicht. Das Girl klammerte sich ängstlich an ihn.

Captain Concho hielt das Mädchen fest in den Armen. »Öffnen Sie!«

»Die Yankees werden Sie erschießen!«

»Öffnen Sie!«, wiederholte Captain Concho.

Da schritt der Mann zur Tür und schloss auf.

Ein Lieutenant und jener Phill drangen ein, gefolgt von mehreren Soldaten, die Karabiner mit aufgepflanzten Bajonetten trugen.

Jener Phill stieß den alten Mann zur Seite und wies auf Captain Concho. »Da! Der Kerl! Das ist er, Lieutenant!«

Der Lieutenant war ein untersetzter Mann in den mittleren Jahren. Den Colt in der Faust trat er heran. »Sie sind verhaftet!«

»Ich? Und warum?

»Sie haben zwei von meinen Männern erschossen!«

»Ihre Männer!«, versetzte Captain Concho. »Auf die wäre ich an Ihrer Stelle gar nicht so stolz. Drei von ihnen haben versucht, dieses Mädchen zu vergewaltigen. Sehen Sie sich das Girl an! Allenfalls sechzehn Jahre alt …

»Fünfzehn!«, unterbrach ihn der Oldtimer.

»Da hören Sie es, Lieutenant! Jeder von diesen Kerlen hätte ihr Vater sein können. Und ich habe erst geschossen, nachdem auf mich gefeuert worden ist.«

»Sie sind trotzdem verhaftet!«, bellte der Lieutenant. »Lassen Sie die Frau los und geben Sie mir Ihren Revolver!«

»Frau! Warum sagen Sie Frau? Es ist ein Mädchen von fünfzehn Jahren. Das wollen wir festhalten.«

Auf einen Wink des Offiziers hin griffen die Soldaten zu, rissen das Mädchen von Captain Conchos Seite und nahmen ihm den Colt ab.

»Wachkommando – ohne Tritt marsch!«, bellte der Lieutenant, und Concho wurde vorwärts gestoßen.

Zwanzig Yankees hielten das kleine Haus umstellt. Und die kamen nun alle mit. Zwanzig Mann! Acht hatten Captain Concho bereits umringt und stießen ihn hinter dem Lieutenant her. Der letzte Mann führte Conchos Pferd am Zügel.

Die ganze Ortschaft war auf den Beinen und in Aufregung. Die Yankees hatten einen Rebellen gefasst, der zwei Unions-Soldaten ermordet hatte!

Captain Concho hatte weiter nichts getan, als ein junges Mädchen vor dem Schlimmsten bewahrt, das einer Frau widerfahren konnte, und er hatte dabei zwei Männer niedergeschossen, die beteiligt gewesen waren an dieser Untat und ihn hatten töten wollen, weil er eingegriffen hatte.

Nun aber war er ein Rebell, der zwei Unions-Soldaten ermordet hatte. Selbstverständlich feige und hinterrücks!

Wie kamen die Leute darauf, dass er ein Rebell war?

War ihm das anzusehen?

Er trug Jeans und Texasstiefel, ein kariertes Hemd und eine ärmellose Lederweste. Seinen schwarzen Schopf bedeckte ein Champie – ein Hut mit hoher, nach hinten abfallender Krone und breitem Rand.

In diesem Aufzug sah er überhaupt nicht wie ein Soldat der konföderierten Armee aus.

Die Yankees führten ihn durch die Ortschaft, und ehe er sich versah, befand er sich im Hauptquartier der Potomac Armee des Nordens.

Faimouth hieß die Ortschaft. Von hier aus hatte General Burnside die Angriffe seiner Armee geleitet. Sieben Vorstöße hatte er unternommen, um die Front der Südstaatler, die Stellungen von Lees Nord-Armee zu durchbrechen.

Doch die Yankees hatten sich blutige Köpfe geholt. Burnside war geschlagen, die Armee fast vernichtet.

Lee fasste Mut zu einem neuen Vorstoß nach Norden.

Das strategische Ziel von ihm war ein Vormarsch nach Maryland und Pennsylvania hinein, um dort nach Osten einzuschwenken und Washington, die Hauptstadt der Union, abzuschneiden und damit Lincoln, den Präsidenten der Union, für Friedensverhandlungen gefügig zu machen.

General Lee hatte Captain Concho beauftragt, im Hinterland zu erkunden, wie geschwächt der Gegner war, ob er frische Truppe heranführte und wo er sie zusammenzog.

Außerdem war Burnside abgelöst worden.

Captain Concho sollte erkunden, wer der neue Befehlshaber war, und herausfinden, welche Pläne er hatte, ob er Anstalten traf, sich zurückzuziehen, oder ob er Festungswerke errichtete, um die Stellung zwischen dem Rappahannok River und Chancellorsville zu halten.

Da der Feind über jeden Zug von Lee schon vorher unterrichtet war und genau über die Nachschubwege von Lees Nordarmee Bescheid wusste und somit Sabotagekommandos und Störtrupps erfolgreich einsetzen konnte, musste es einen Spionagering des Gegners geben, dessen Fäden in Burnsides Hauptquartier zusammenliefen.

Captain Concho hatte den Befehl, die Spuren dieses Spionage- und Agentenrings vom Hauptquartier des Feindes her aufzunehmen und zu verfolgen, damit die Spione und Agenten entlarvt und unschädlich gemacht werden konnten.

Eines hatte Concho bislang erfahren, und das war gar nicht schwierig gewesen: Der neue Oberbefehlshaber, der den glücklosen General Burnside abgelöst hatte, hieß General Hooker – »Fighting Joe« genannt. Eine legendäre Figur in der Unionsarmee.

Diesen Namen pfiffen in Fredericksburg die Spatzen von den Dächern.

Der Gegner machte daraus kein Geheimnis. Im Gegenteil!

In jedem Truppenteil, bis zur letzten Nachschubeinheit und durch Aushänge auf Straßen und Plätzen war bekannt gegeben worden, dass Fighting-Joe den Oberbefehl übernommen hatte und die Armee zum Siege führen würde.

Die nach den schweren Niederlagen resignierenden Soldaten und Offiziere erfüllte dieser Wechsel mit Zuversicht und neuem Mut.

Burnside war ein Zauderer und ein Stümper gewesen. Aber nun, mit

Fighting-Joe, würden sie die Rebellen schlagen und vernichten.

»Geh uns voran, Fighting-Joe!«, hatte Captain Concho in den Straßen von Fredericksburg betrunkene Yankeesoldaten singen hören. »Zeig uns, wo Lee steckt, damit wir ihn schlagen!«

Er hatte von Anfang an vermutet, dass dies nicht der schwierigste Teil seines Auftrags sein würde.

Bereitwillig hatten ihm die Soldaten in Fredericksburg auch verraten, wo sich Fighting-Joes Hauptquartier befand.

Captain Concho hatte erst einmal um die Ortschaft herum reiten wollen. Nun befand er sich schneller in Fighting-Joes Hauptquartier, als er vermuten konnte.

Er hatte sich das alles ganz anders vorgestellt. Nicht im Traum hatte er daran gedacht, hier als Gefangener anzukommen, als Mörder und als Rebell.

Der Lieutenant und seine ungemütliche Meute führten ihn in ein großes Gebäude, vor dem Posten standen und in dem Offiziere, Kuriere und Ordonnanzen ein und aus gingen, und sperrten ihn in eine fensterlose, dunkle Kammer, in der es nicht einmal eine Sitzgelegenheit gab.

Er setzte sich auf den Boden, lehnte sich an die Wand und war davon überzeugt, dass ihn die Yankees nicht lange schmoren lassen würden.

(wb)