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Mythen und Legenden der Sioux 2

Mythen und Legenden der Sioux 2

Am Klang der Geschichten der Sioux, erzählt in den Hütten und an den Lagerfeuern der Vergangenheit sowie an den Kaminen von heute, erkennt man das Gefüge der Gedanken einfacher, ernsthafter und aufrichtiger Menschen, die in vertrautem Kontakt und inniger Freundschaft mit dem Großen da draußen, was wir Natur nennen, lebten. Es sind Geschichten eines Volkes, die auch nicht alle Dinge verstanden, nicht hochmütig und überheblich in Erscheinung traten, sondern eher kindlich, aufrichtig und gerecht. Es sind Geschichten eines Volkes, welches die einfachsten Dinge ernsthaft betrachtete und daraus seine Schlüsse zog.


Der liebe Esel

Es war einmal eine Häuptlingstochter, welche sehr viele Verwandte hatte, sodass jeder wusste, dass sie zu einer großen Familie gehörte. Sie wuchs heran, heiratete und gebar Zwillingssöhne. Großer Jubel herrschte im Lager ihres Vaters, und alle Frauen des Dorfes kamen, um die Babys zu sehen. Darüber war die junge Mutter sehr glücklich.

Als die Babys älter wurden, machte ihre Großmutter für sie zwei Satteltaschen und führte einen Esel herbei.

»Meine zwei Enkel«, sagte die alte Dame, »sollen so wie die Kinder, die eine große Verwandtschaft haben, reiten. Hier ist diese Esel. Er ist geduldig und trittsicher. Er soll die Babys in den Satteltaschen tragen, eines auf jeder Seite seines Rückens.«

Eines Tages trug es sich zu, dass die Häuptlingstochter und ihr Ehemann eine Reise unternehmen wollten. Der Vater, welcher sehr stolz auf seine Kinder war, holte sein bestes Pony und legte die Satteltaschen auf den Rücken des Ponys.

»Daher«, sagte er, »sollen meine Söhne am dem Pony reiten, nicht auf einem Esel. Lasst den Esel die Töpfe und Kessel tragen.«

Seine Frau belud sodann den Esel mit den Haushaltswaren. Sie legte die Tipistangen zu zwei großen Bündeln zusammen, eins auf jeder Seite des Esels, band diese am oberen Ende kreuzweise übereinander und richtete das Travois auf. Sie verstaute darin die Töpfe und Kessel und legte die Zelthaut auf den Rücken des Esels.

Kaum hatte sie dies getan, begann der Esel sich aufzubäumen, zu schreien und zu treten. Er zerbrach die Zeltstangen, trat zwischen die Töpfe und Kessel und zerris die Zelthaut.

Schließlich erzählten sie es der Großmutter. Sie lachte.

»Habe ich es euch nicht gesagt, dass der Esel für die Kinder ist«, schrie sie. »Er weiß, dass die Babys Häuptlingskinder sind. Wollt ihr, dass er mit Töpfen und Kesseln geschändet wird?« Und sie holte die Kinder herbei, warf sie über den Rücken des Esels, der auf einmal wieder ruhig wurde.

Die Gesellschaft verließ das Dorf und begab sich auf die Reise. Als sie am nächsten Tag eine Stelle, mit Sträuchern überwuchert, passierten, stürzten daraus eine Bande von Feinden hervor, welche die Ponys ergriffen und ihr Kriegsgeschrei erklingen ließen. Alles war in Aufregung. Die Männer spannten ihre Bögen und ergriffen ihre Speere. Nach einem langen Kampf floh der Feind. Als die Reisegesllschaft wieder zusammenfand, waren der esel und die zwei Babys verschwunden. Niemand wusste, wo sie abgeblieben waren. Lange Zeit wurde nach ihnen gesucht, aber vergebens. Schließlich kehrten sie zum Dorf des traurigen Vaters und der jammenden Mutter zurück. Als sie vor das Tipi der Großmutter kamen, stand der gute Esel mit den zwei Babys in den Satteltaschen davor.


Das Kaninchen und der Elch

Ein kleines Kaninchen lebte mit seiner alten Großmutter zusammen, die ein neues Kleid benötigte. »Ich will nach draußen gehen und für dich einen Hirsch oder Elch jagen«, sagte es. »Dann kannst du dir ein neues Kleid machen.«

Als es nun auf die Jagd ging, legte das Kaninchen seinen Bogen auf den Weg, während es nach seinen Fallen sah. Ein vorbeikommender Elch sah den Bogen.

»Ich will dem Kaninchen einen Streich spielen«, sagte der Elch zu sich selbst. »Ich will es Glauben schenken, dass ich in der Bogensehne gefangen wäre.« Er stellte ein Bein auf die Sehne und legte sich hin, als ob er tot wäre.

Nach und nach kam das Kaninchen zurück. Als es den Elch sah, war es voller Freude und rannte schreiend nach Hause. »Großmutter, ich habe einen stattlichen Elch erlegt. Du kannst dir aus seinem fell ein neues Kleid machen. Wirf das alte ins Feuer!«

Die alte Großmutter tat wie ihr geheißen.

Der Elch indessen sprang auf, als das Kaninchen bei ihm wieder auftauchte. »Ho, Gevatter, rief er. Du hast geglaubt, mich gefangen zu haben? Nun, ich habe dich verspottet.« Und lief ins Dickicht zurück.

Das Kaninchen, welches kam, um dem Elch das Fell abzuziehen, lief so schnell es konnte nach Hause zuurück. »Großmutter, wirf dein Kleid nicht ins Feuer«, schrie es. Doch es war bereits zu spät. Das alte Kleid war verbrannt.


Das Kaninchen und die Moorhühner

Eines Tages, es war zur Winterzeit, ging das Kaninchen in die Prärie hinaus. Auf der vom Wind abgekehrten Seite eines Hügels fand er eine Gesllschaft von Mädchen, alle mit grauen und fleckigen Decken über ihre Rücken. Es waren Mohrhühner, die versucht hatten, auf einem Brett den Hügel hinunterzugleiten. Als das Kaninchen dies sah, rief er aus: »Oh, Maiden, dies ist keine gute Art, den Berg hinunterzuschlittern. Lasst mich euch feine Häute mit Armreifen geben, welche klingeln, wenn ihr den Berg herunterrutscht.« Und es lief zum Tipi und brachte eine Ledertasche mit roten Streifen daran und Armreifen, die klingelten. »Kommt und fliegt hinein«, sagte er zu den Mohrhühnern.
»Oh, nein, wir haben Angst«, antworteten sie.

»Ihr braucht keine Angst zu haben, ich werde euch keinen Schaden zufügen. Kommt, eins nach dem anderen«, sagte das Kaninchen.

Als dann jedes der Moorhühner zögerte, fügte er schmeicheld hinzu: »Wenn jedes von euch Angst hat, dann kommt alle zusammen. Ich kann euch nicht alle auf einmal schaden.«

Und so überredete es die Moorhühner in die Tasche zu fliegen. Als sie dies getan hatten, schloss das Kaninchen die Öffnung der Tasche, warf diese auf seinen Rücken und lief nach Hause.

»Großmutter«, sagte es, als es zum Tipi kam. »Hier habe ich eine Tasche voll mit Wildbret. Pass darauf auf, während ich zu den Weiden gehe, um Bratspieße zu machen.«

Sobald das Kaninchen das Zelt verlassen hatte, fingen die Mohrhühner zu schreien an.

»Großmutter, lass uns heraus.«

»Wer seid ihr?«, fragte die alte Frau.

»Eure lieben Enkel«, antworteten sie.

»Aber wie seid ihr in die Tasche gekommen?«, fragte die alte Frau.

»Oh, unser Vetter hat sich mit uns einen Scherz erlaubt. Er überredete uns, in die Tasche zu steigen. Bitte lass uns heraus.«

»Sicher, meine lieben Enkelkinder, werde ich euch herauslassen«, sagte die alte Frau, als sie die Tasche aufknotete. Und siehe da, die Mohrhühner flogen mit einem aschuck-aschuck-aschuck, die alte Großmutter dabei umwerfend, durch den quadratischenRauchabzug der Winterhütte. Die alte Frau fing nur ein Mohrhuhn, als es davonfliegen wollte, und hielt es, mit jeder Hand ein Bein ergreifend, fest.

Als das Kaninchen mit den Bratspießen nach Hause kam, rief sie ihm zu: »Mein Enkelsohn, komm schnell. Sie konnten sich befreien, aber ich habe zwei gefangen.«

Als das Kaninchen sah, was geschehen war, war es sehr wütend, konnte sich vor Lachen jedoch kaum auf den Pfoten halten.

»Großmutter, du hast aber nur ein Moorhuhn«, rief es, »und es ist noch dazu sehr mager.«


Quelle:

  • McLaughlin, Marie L.: Myths and Legends of the Sioux. Bismarck Tribune Company, Bismarck, North Dakota. 1916.

(wb)