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Captain Concho – Band 35

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 35
Attacke der letzten Hoffnung

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertrugrul Edirne / Becker-Illustrators

Kurzinhalt:
Captain Conchos Befehl lautet, die hohen Offiziere, die er aus der Gefangenschaft der Yankees befreit hat, in den Suden zu bringen. Doch Generalleutnant Teeger hat eigene Pläne. Er träumt davon, eine Armee aufzustellen, um in Nevada weiterzukämpfen. Da spielt Captain Concho nicht mit. Es ist unmöglich, in diesem menschenarmen Teil Nevadas dreitausend Soldaten zu rekrutieren, noch dazu, ohne ihnen Sold zu zahlen, und ebenso viele Pferde, Proviant und Futter zu beschaffen. Captain Concho und seine Männer werden der Meuterei bezichtigt und geraten m einen Hexenkessel aus Intrigen, Gewalt und Verrat …

Leseprobe:

Lautlos senkte sich die Rückwand der verschneiten Blockhütte, von zwei Seilen geführt, in den Schnee, und der Lauf einer Union Repeating Gun tauchte auf.

Captain Concho erstarrte. Das Blut drohte ihm in den Adern zu stocken.

Die Bedienungsmannschaft war nicht zu sehen. Er erkannte nur das hochgeklappte Visier und sah, dass der unsichtbare Richtschütze diese fürchterliche Waffe auf jene Stelle hielt, an der seine Männer zum Angriff bereitlagen und jeden Augenblick hervorbrechen mussten.

Unmöglich, dass sie die verheerende Maschinenwaffe sehen konnten. Seite an Seite lagen sie sprungbereit hinter dem Schneewall. Wenn sie die Schnellfeuerkanone erblickten, war es auch schon zu spät für sie alle.

Ein geübter Schütze vermochte in einer Minute hundertfünfzig Schuss durch den Lauf zu jagen. Hundertfünfzig Schuss schwere Gewehrmunition in einer einzigen Minute! Keiner seiner sechs Männer würde da überleben.

Der Colonel, der auf der anderen Seite der Blockhütte in Deckung lag, hatte schon den Befehl gegeben, die Hütte zu umstellen, auf deren Dach das Yankee-Banner in der eiskalten Luft flatterte.

Captain Concho war sich von einem Augenblick zum anderen darüber im Klaren, dass er sofort handeln musste, um seine sechs Männer zu retten.

Da schnellte er auch schon hoch, ließ den Karabiner liegen, und rannte den verschneiten Hang hinab. Er hielt eine der Handgranaten, die Sergeant Forscreek angefertigt hatte, in der Faust.

Die Glasflaschenfenster der Hütte befanden sich auf seiner Seite, und er wusste, dass sie ihn von drüben sofort sahen. Er rannte, kämpfte sich durch den kniehohen Schnee, um so schnell wie nur möglich bis auf Wurfweite an die Blockhütte heranzukommen.

Am Fuße des Hangs riss er den Zünder ab. Drei Sekunden hatte er noch.

Da schwenkte die Maschinenwaffe schon auf ihn ein. Nun sah er den Yankee an der Feuerkurbel, der sich hinter den beiden schmalen Schutzschilden bewegte und dabei über die Visiereinrichtung blickte.

Captain Concho stoppte und holte weit aus, gewärtig, dass die Union Repeating Gun im nächsten Augenblick loshämmerte und ihn zerfetzte.

In diesem Augenblick dachte er nur an seine sechs Männer.

Mit aller Kraft warf er die Handgranate, ließ sich nach vorn fallen und presste das Gesicht in den Schnee.

Bis zum Hals klopfte ihm das Herz, und das Blut raste durch die Adern.

Wenn der Yankee ein geübter Schütze war, konnte er ihn auf diese Entfernung unmöglich verfehlen.

Da erfüllte berstendes Krachen den kleinen Kessel. Unter Captain Concho vibrierte der Boden, und der Donnerschlag schmerzte ihm in den Ohren. Die Druckwelle warf ihn mit Schnee zu. Und dann regnete es Holzstücke auf ihn herab, deren Aufprall der Schnee jedoch dämpfte.

Die Echos wetterten durch den Kessel. Dann herrschte Totenstille.

Captain Concho wühlte sich aus dem Schnee.

Die von Sergeant Forscreek fabrizierte Handgranate, eine leere Konservendose, die der Sergeant mit Pulver und Kieselsteinen gefüllt und mit einem Reißzünder versehen hatte, war voll ins Ziel geschlagen.

Das Dach der Blockhütte fehlte. Trichterförmig standen die Seitenwände der Hütte auseinander. Die Union Gun war bei der Explosion herausgeschleudert worden. Sie stand auf der im Schnee liegenden Rückwand, die Mündung nach unten gerichtet – wie ein müder Krieger, der nicht mehr weiter kämpfen wollte.

Auf der einen Seite lagen zwei tote Yankees in seltsam verrenkter Haltung im Innern der Hütte, in der jetzt yardhoch Schnee lag.

Captain Concho richtete sich auf. Er keuchte noch immer, und in seinem Gesicht schmolz der Schnee. Wasser tropfte ihm vom Kinn.

Lieutenant Benson und die fünf Männer stapften durch den Schnee heran, die Karabiner schussbereit in den Fäusten.

Aber von den acht Yankees, die sich in der Hütte befunden hatten, war keiner mehr am Leben.

Lieutenant Benson blieb neben der Union Repeating Gun stehen und blickte mit ernstem Gesicht auf Captain Concho.

Die Männer schauten auf die Schnellfeuerkanone, blickten in die Blockhütte, sahen den Lieutenant an und richteten die Blicke auf Captain Concho.

Da war jeder erfahren genug, um zu begreifen, dass er dem Tod nur um Haaresbreite entgangen war und wer ihn davor bewahrt hatte.

Hufschlag klopfte matt. Die sieben Offiziere ritten aus dem Wäldchen in die Senke. Vorneweg Colonel Havilland, der die Aktion leitete.

Captain Concho hatte mit seinen Männern die Hütte umstellen und Havillands Offizierskameraden hatten die Hütte stürmen und – in einem Überraschungsanschlag – die Union Gun erbeuten sollen.

Nun hatte die Waffe in diesem verschneiten Felsengebirge nicht einmal mehr Schrottwert. Sie war bei der Explosion zerstört worden.

Der Colonel kochte vor Wut. Lieutenant Benson trat unwillkürlich an Captain Conchos Seite.

Erst vor wenigen Wochen hatte Captain Concho, sechzig Meilen entfernt, diese und noch andere hohe Offiziere, insgesamt achtundzwanzig Mann, aus einem Kriegsgefangenen-Lager der Yankees befreit, in dem sie unmenschliche Qualen und Strapazen hatten erdulden müssen.

Die Offiziersgruppe hielt. Nur Colonel Havilland stieg vom Pferd, den Blick auf Captain Concho gerichtet.

Der Colonel war ein großer, hagerer Mann von fünfzig Jahren. Inzwischen hatte er sich, wie auch seine anderen Offizierskameraden, von den Torturen der Gefangenschaft erholt. Auch das hatten diese achtundzwanzig durchweg hohen Offiziere Captain Concho und seinen Männern zu verdanken.

»Concho!«, schnarrte er gereizt. »Würden Sie die Güte besitzen und mir hier an Ort und Stelle wiederholen, welchen Befehl ich gegeben habe.«

Captain Concho streifte die Reiter mit einem flüchtigen Blick. Es waren alles Colonels und Majore, die ihn anstarrten, als hätte er sie aus reiner Niedertracht um Sieg und Ruhm und Ehre gebracht. – Dann sah er den Colonel an.

»Tut mir leid, Sir!«

»Was tut Ihnen leid?«, bellte Havilland zornig.

»Tut mir leid, Sir!«, begann Captain Concho noch einmal. »Wenn Sie nicht erkannt haben, weshalb ich die Handgranate geworfen habe, kann ich es Ihnen auch nicht erklären.«

Colonel Havilland reckte sich. Sein Gesicht lief rot an. »Was nehmen Sie sich da heraus? Ich verbitte mir diesen Ton!«, rief er, dass ihm die Schlagadern anschwollen. »Nehmen Sie gefälligst Haltung an! Dass wir hier weit von der Heimat entfernt und auf verlassenem Posten Krieg führen müssen, schließt Disziplin nicht aus. Ich verlange Subordination, Concho! Ich glaube, Ihre Eigenmächtigkeiten rühren daher, dass Sie es nicht vertragen, unter Kommando zu stehen.«

»Wollen Sie mich bitte vor meinen Männern mit meinem Rang ansprechen, Colonel!«, erwiderte Captain Concho ruhig.

»Nun machen Sie aber mal einen Punkt, Concho!«, rief einer der Majore. »Verwechseln Sie doch kameradschaftlichen Ton nicht mit Respektlosigkeit. Was Sie sich hier geleistet haben, rechtfertigt durchaus Kritik und Rüge, verdammt noch einmal!«

Wütend schritt Colonel Havilland zu seinem Pferd. »Wir rücken ab!«

»Es wird auch Zeit, Sir!«, bemerkte Lieutenant Benson.. »Vom Camp der Eisenbahngesellschaft nähert sich feindliche Infanterie!«

Captain Conchos Rippenstoß kam zu spät.

Colonel Havilland wandte sich langsam um. »Ich werde Sie ebenfalls beim General zur Meldung bringen, Lieutenant. Bilden Sie sich bloß nicht ein, dass Ihr Commander ein guter Lehrmeister ist. – Concho, ich hatte einen Befehl gegeben. Warum holen Ihre Männer die Pferde nicht?«

Die Männer rannten sofort los. Captain Concho und Lieutenant Benson stapften hinter ihnen her.

»Nur weil die Herrschaften jetzt vor dem General nicht mit der Union Gun paradieren können, sind sie so sauer!«, raunte Benson.

»Du hältst in Zukunft die Klappe!«, zischte Captain Concho so gereizt, dass Benson erschrak.

Schweigend schritten sie zu den Pferden und saßen auf. Die hohen Offiziere ritten langsam hinterher und brachten die Pferde, dann in Trab, nachdem Captain Concho und seine Männer im Sattel waren.

Captain Concho blickte nach Norden zum Camp der Central Pacific Railroad Company. Zweitausend chinesische Arbeiter errichteten dort oben de Trasse einer transkontinentalen Eisenbahnlinie, die von Sacramento aus durch die Rocky Mountains nach Nevada hinüber über Reno bis Omaha führen sollte, damit die Union der Vereinigten Staaten aus Kalifornien und Nevada die so kriegswichtigen Rohstoffe schneller in die Waffenschmieden an der Ostküste transportieren konnte.

Ein Zug Infanterie näherte sich von dem großen winterfesten Camp im Eilmarsch. Die Yankees wussten inzwischen, dass ein Kommando der konföderierten Armee in dieser Gegend operierte, und schützten die Baustellen der Eisenbahnbaugesellschaft mit Militär.

Colonel Havilland ließ galoppieren. Die Infanteristen sahen sie gewiss. Aber die Entfernung war zu groß, um die abziehenden Konföderierten unter Feuer zu nehmen. Einzuholen vermochten sie die Reiter ohnehin nicht.

Captain Concho war wütend. Wie er inzwischen erfahren hatte, handelte es sich bei den Offizieren, die er befreit hatte, durch die Bank weg um Stabsoffiziere, die keinerlei Fronterfahrung besaßen, sie nun aber unbedingt erwerben wollten. In einem leichten Krieg, wie sie sich einbildeten, in dem das Konföderierten-Kommando stets die Überraschung auf seiner Seite gehabt hatte. Bislang! Doch das würde sich ändern. Und diese Kriegserfahrung wollten die, Offiziere auf dem Rücken und mit dem Blut seiner Männer erlangen, wie es für ihn immer offenkundiger wurde.

Der ranghöchste Offizier war ein siebzig Jahre alter Generalleutnant. Mit ihm wollte Captain Concho ein ernstes Wort reden.

Captain Concho hatte von General Beauregard den Befehl erhalten, die gefangenen Offiziere zu befreien, sofern das möglich war, und sie in den Süden zu bringen. In der konföderierten Armee mangelte es im zweiten Kriegsjahr bereits an Offizieren. Vor allem an hohen und erfahrenen Offizieren.

Captain Concho hatte den alten Generalleutnant über Beauregards Befehl informiert. Doch davon hatte dieser Greis nichts wissen und nichts hören wollen.

Generalleutnant Teeger wollte hier oben im Norden Krieg führen und verhindern, dass die Bahnlinie vor dem Kriegsende fertig wurde. Was nach Captain Conchos Meinung, ohnehin unmöglich war, ob sie da noch weitere Tunnels und Trassen sprengten oder nicht.