Heftroman der

Woche

Download-Tipp

Der Welt-Detektiv Band 6

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Captain Concho – Band 1

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 1
Das Husarenstück

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage vom 06.11.2012, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators

Extras: Artikel Der Amerikanische Bürgerkrieg von Stefan Sasse

Kurzinhalt:
Sie fegen heran wie der Wind, galoppieren wie der Teufel in feindliche Camps und stoßen dabei den von allen Yankees so gefürchteten Rebellenschrei aus! In den blutigen Wirren des Amerikanischen Bürgerkrieges greifen sie immer dann ein, wenn alles schon verloren scheint.

Biografisches über Bill Murphy und Ertrugrul Edirne

Leseprobe:

Captain Sam Concho galoppierte mit dem Rest seiner Schwadron durch die Nacht. Blutrot war der Himmel hinter den Reitern.
Sharpsburg brannte. Das Feuer der Nordstaaten-Batterien war weiter gewandert. Kurz vor Mittag hatte sich die Feuerwalze aus dreihundert Geschützen aus der Stadt die Bergrücken im Osten hinaufgefressen, und pflügte nun seit Stunden auf den Bergen die Erde, in die sich Colonel Warrentons Regiment eingegraben hatte, statt zum Sturm auf die Stadt anzutreten oder sich über den Antietam Creek zurückzuziehen.
Die Erde schien zu brennen. Wie Blitze hinter dunklen Wolken zuckten die Explosionen der Einschläge in den Rauchschleiern auf, die alle Bergkuppen verhüllten.
Das Dröhnen der Abschüsse und das berstende Krachen der Einschläge beherrschten noch über Meilen hinweg die Nacht.
Hin und wieder schauten die Männer zurück, in Gedanken bei den Kameraden und froh, diesem Inferno entkommen zu sein.
Captain Concho erreichte die Straße nach Süden und schwenkte darauf ein.
»Aufschließen! Zusammenbleiben!«, rief er über die Schulter. Von Flügelmann zu Flügelmann wurde der Befehl weitergegeben.
Häuser tauchten am Straßenrand auf. Zum Teil waren sie noch intakt, doch die meisten waren von den Bewohnern verlassen.
Jefterson hieß dieses Nest, und Captain Concho hätte nie geglaubt, dass er es jemals kennenlernen würde. Zum Teufel, wohin würde ihn dieser verdammte Krieg noch führen!
Lichter tauchten voraus in der Nacht auf. Gestalten waren zu erkennen. Ein Beritt trabte an der Abteilung vorbei nach Norden. Die Straße weitete sich zu einem Platz, und dann sah der Captain schon das Haus, das Colonel Warrenton mit seinem Stab in Beschlag genommen hatte.
»Trab!«, befahl Captain Concho mit kerniger Stimme.
»Schritt und halten!«, lautete eine Minute später sein nächster Befehl.
Licht brannte in dem großen Gebäude, und Captain Concho traute seinen Ohren nicht, als er Klaviermusik und Frauenlachen aus den oberen Fenstern dringen hörte.
Wut packte ihn. Diesen Hurensohn wollte er kennenlernen, der sein Regiment dort draußen in einem mörderischen Artilleriefeuer verbluten ließ, statt es zurückzunehmen oder wenigstens zum Angriff vorzuschicken.
»Lieutenant Benson und die ersten drei Glieder absitzen und mit Karabinern zu mir!«, rief er.
Eine Gestalt trat auf ihn zu und salutierte nachlässig. »Um welche Einheit handelt es sich, Sir?«
Es war ein junger Lieutenant, offensichtlich ein Offizier von Warrentons Stab.
»Kavallerie-Abteilung Concho!«, erwiderte Captain Concho und nahm kurz die Hand an den Feldhut.
»Hierher sind Sie aber nicht beordert, Captain!«, sagte der Lieutenant näselnd. Ein blutjunger Bursche war das, wie Captain Concho in dem spärlichen Lichtschein erkennen konnte.
»Das habe ich auch nicht behauptet!«, versetzte er schroff. »Befindet sich in diesem Haus Colonel Warrentons Stab?«
»Aye, Sir! Der Stab des siebten Infanterie-Regimentes.«
Captain Sam Concho sah sich um. Lieutenant Benson und die neun Reiter standen schon angetreten, und Benson salutierte, um sich und die Männer zur Stelle zu melden.
»Führen Sie mich zu Warrenton!«, verlangte Captain Concho und winkte Benson ab.
»Jetzt?«, fragte der junge Offizier geradezu entgeistert. »Wie stellen Sie sich das vor, Captain? Der Colonel ist beschäftigt.«
Captain Concho wies zu den erleuchteten Fenstern hinauf. »Ich höre es.«
»Sie sind nicht gemeldet! Es tut mir leid! Ich kann Sie nicht vorlassen, Sir!«, sagte der junge Lieutenant, und das klang nun schneidig und eisig zugleich.
»Karabiner durchladen und entsichern!«, befahl Captain Concho mit rasselnder Stimme und zog dabei die Stulpenhandschuhe aus.
Die Gewehrschlösser knackten. Lieutenant Benson zog blank. Captain Concho verzichtete noch darauf.
Der Stabsoffizier rannte los.
»Mir folgen!«, befahl Captain Concho und lief dem jungen Lieutenant nach. Er rannte nicht, machte aber lange Schritte.
Wachen standen vor dem Portal des großen Hauses, die erschrocken die Gewehre präsentierten, weil sie nicht wussten, wie sie sich anders hätten verhalten sollen. Das waren schließlich keine Yankees in blauen Uniformen, die da in das Stabsgebäude stürmten, sondern eigene Leute, die auch noch von einem felderfahrenen Captain angeführt wurden.
Captain Concho blieb mit seinen Männern in der Halle stehen. In diesem Haus wurde nicht nur Klavier gespielt und gelacht, sondern auch gegeigt, gesungen und getanzt. Vor allem aber getafelt!
Offiziere in feinen Paradeuniformen amüsierten sich mit vornehm gekleideten Damen. Gemeine in piekfeinen Uniformen und mit nagelneuen Stiefeln an den Beinen, während es der Truppe vorne an Schuhwerk fehlte, gingen ihnen geflissentlich aus dem Weg, obwohl sie schwere, mit Getränken und Speisen beladene Tabletts nach oben trugen.
Ein Galaabend fand hier statt!
Den Männern, die von der Front kamen, fielen fast die Augen aus dem Kopf. Und die Front war nur zehn Meilen von hier entfernt.
»Himmel! Die tanzen hier auf dem Vulkan, ohne es zu wissen«, raunte Lieutenant Benson, der dicht hinter Captain Concho stand.
Die wissen das garantiert, dachte der Captain und erstickte fast an seiner Wut. Dieser Colonel, der sein Regiment dort draußen in der Hölle liegen ließ, gehörte vor ein Kriegsgericht.
Stille herrschte plötzlich auf der Treppe. Aller Augen waren auf die Männer in ihren verschmutzten und verdreckten grauen Uniformen gerichtet. Nur im oberen Stockwerk ging der Lärm weiter.
»Folgen!«, knirschte Captain Concho und stapfte vorwärts, und die Männer folgten ihm.
Er ging auf die Treppe zu und stieg rasch hinauf. Die Ladys lächelten, die jungen Offiziere salutierten.
Captain Sam Concho – dieser Name war bereits Legende in der Südstaaten-Armee.
Gleichrangige Offiziere und zwei Majore, die sich ebenfalls auf der Treppe befanden, weil sie ihre Ladys ins Freie führen wollten oder von einem Spaziergang zurückkamen, bei dem sie die Lady todsicher auf den brandroten Himmel über Sharpsburg und den fernen Geschützdonner aufmerksam gemacht hatten, musterten Captain Concho reserviert und voller Distanz.
Den Weg versperrte ihm niemand.
Erst im oberen Stockwerk kam ihm ein älterer Major entgegen und stellte sich vor ihn hin. Aus dem Hintergrund näherte sich auch der junge Lieutenant.
»Sind Sie Captain Concho?«, fragte der Major, den Blick auf Benson und die Reiter gerichtet, die sich hinter Captain Concho aufbauten.
Captain Concho salutierte und nannte Rang und Namen. »Ich wünsche Colonel Warrenton zu sprechen, Sir!«
Der Major zog die rechte Augenbraue hoch. »Sie führen, wie mir bekannt ist, die erste Schwadron der fünften Kavallerie-Division, genauer gesagt, das, was davon übrig geblieben ist.«
»Aye, Sir!«, erwiderte Captain Concho.
»Dann bin ich überrascht, Ihnen hier zu begegnen, Captain. Wenn ich richtig informiert bin, ist die erste Schwadron der Fünften aus der Front genommen worden, um sich unverzüglich nach Winchester zu begeben, um die Bereitstellung dort zu verstärken.
Haben Sie keine genaue Karte? Hier befinden Sie sich in Jefterson. – Ordonnanzoffizier!«
Der junge Lieutenant trat heran und schlug die Sporen fest aneinander. »Sir!«
»Besorgen Sie dem Captain eine Generalstabskarte, und zeichnen Sie ihm den Weg nach Winchester mit Rotstift ein.«
»Zu Befehl, Major!«, erwiderte der junge Offizier, wandte sich ab und lief den langen und breiten Korridor entlang davon.
»Nehmen Sie die Karte in Empfang und rücken Sie unverzüglich ab, Captain!«, schnarrte der Major. »Das ist ein Befehl!«
Captain Concho blickte an ihm vorbei in den Saal, in dem das Fest stattfand. Beide Türen standen sperrangelweit offen. Hell erleuchtet war der große Raum. An langen, weiß gedeckten Tischen saßen Offiziere und Ladys. Musikanten saßen auf einem Podium, und davor drehten sich etliche Paare im Tanz, schneidig anzusehen die Herren Offiziere und grazil und vornehm die Ladys in langen Kleidern und mit aufgedonnerten Frisuren.
»Sie scheinen mich nicht verstanden zu haben!«, schnarrte der Major erregt. »Soll ich die Wache rufen lassen? Dann wird Ihr Lieutenant Ihre Schwadron nach Winchester führen, während Sie im Arrest sitzen.«
Captain Concho starrte ihm in die Augen und wedelte mit der Linken, in der er die Handschuhe hielt, wütend hin und her. «Wie können Sie es wagen, so mit einem Frontoffizier zu sprechen? Entweder Sie melden mich jetzt bei Colonel Warrenton, oder ich werde mir den Zugang gewaltsam verschaffen!«
»Ich bin Colonel Warrentons Stellvertreter – sprechen Sie doch mit mir!«
Concho war längst der Kragen geplatzt. Er stieß den Major zur Seite und schritt auf den Saal zu. «Folgen, Benson!«
»Wache!«, rief der Major. »Wachoffizier!«
Captain Concho betrat mit seinen Männern den Saal. Nur an den ersten Tischen nahmen einige Paare Notiz von ihnen.
Sam zeigte mit den Handschuhen zur Decke. »Salve!«
Hinter ihm flogen die Karabiner hoch.
»Feuer!«
Die Karabiner dröhnten und krachten, und die Geschosse schlugen oben in den Stuck, sodass Putz und Kalk herabrieselten.
Als sei eine Granate eingeschlagen, sprangen Offiziere und Damen auf, die Musik brach abrupt ab. Die Tanzpaare standen wie zu Stein geworden da und starrten zur Tür.
Captain Concho trat zwei Schritte nach vorn. Schnell glitt sein Blick durch den Raum. Er biss sich auf die Lippe. Von dem Colonel keine Spur! Hatte er sich geirrt? Befand sich der Colonel vielleicht doch bei seinen Männern an der Front?
Benson zupfte ihn am Ärmel. »Der Major – er rennt nach oben ins zweite Stockwerk«, raunte er.
Concho wirbelte herum und sah den Major gerade noch auf der Treppe verschwinden. Concho rannte auf die Treppe zu. Seine Männer folgten ihm geschlossen.
Captain Concho nahm zwei Stufen auf einmal!
Ein regelrechter Tumult brach hinter ihm und seinen Männern in dem großen Saal aus. Doch darum kümmerte er sich nicht.
Das harte Trampeln der Stiefel erfüllte das ganze Haus.
Im oberen Stockwerk war es dunkel. Captain Concho sah im Korridor für einen Moment Licht. Der Major hatte ein erleuchtetes Zimmer betreten und rasch die Tür hinter sich geschlossen.
Vier lange Schritte, und Captain Concho riss die Tür auf. Er trat auf die Schwelle und verharrte.
Ein breites Bett mit einem Baldachin darüber stand mitten im Raum. In Hemd und Hose saß der Colonel daneben auf einem Stuhl und fuhr gerade in die Stiefel. Neben ihm stand der Major. Beide schauten betroffen zur Tür.
Im Hintergrund glitten zwei leicht bekleidete Ladys durch eine Tapetentür aus dem Raum. Die Letzte war eine üppige Blondine, mit langen schlanken Beinen, die das andere Frauenzimmer vor sich herschob.
Die Blonde besaß ein Puppengesicht und Katzenaugen – das war jedenfalls Captain Conchos Eindruck, als sich ihre Blicke für den Bruchteil einer Sekunde begegneten.
Der Colonel sprang auf, das Gesicht hochrot vor Wut, aber vielleicht auch vor Scham. Er starrte Captain Concho an, musterte kurz die Männer, die sich hinter ihm drängten, und sah ihm in die Augen.
»Captain, woher nehmen Sie die Unverschämtheit, auf diese Weise in meine Privaträume vorzudringen?«, bellte Colonel Warrenton. Er war ein Mann von fünfzig Jahren und besaß welliges graues Haar. Er war groß und schlank, durchaus eine imposante Erscheinung.
»Erklären Sie dem Colonel Ihren martialischen Auftritt gefälligst!«, forderte der Major, die Fäuste in die Hüften gestemmt.
Captain Concho nahm Haltung an und salutierte. »Major Rendsburg hat mir befohlen, Ihnen die Lage am Antietam persönlich vorzutragen, und ich habe dem Major versprochen, dies zu tun, selbst wenn ich Sie aus der Hölle holen müsste, Sir!«
»Über die Lage meines Regiments bin ich informiert!«, versetzte der Colonel eisig, streckte drohend die Hand vor und fuhr fort: «Und Sie werde ich wegen Ihres Vorgehens zur Verantwortung ziehen, Captain!«
Captain Concho schlug die Sporen aneinander. »Dann darf ich Ihnen melden, Sir, dass Sie kein Regiment mehr haben! Es ist im Ari-Feuer der Yankees verblutet. Major Rendsburg lässt Ihnen ausrichten, dass er Sie im Himmel oder in der Hölle, je nachdem, wo er Ihnen begegnet, zum Duell fordern wird, wenn Sie ihm nicht hinreichend erklären können, weshalb Sie das Regiment nicht von den Bergen genommen haben, wozu er Sie mehrmals aufgefordert hat.«
Colonel Warrenton starrte ihn an. Alles Blut schien ihm aus dem Gesicht zu weichen.
»Rendsburg!«, zischte der Major gallig. «Wir haben seine Meldungen empfangen. Aber wie kann er, ein Mann mit seinem Rang, den Rückzug fordern, wo er doch weiß, dass er die Gesamtlage nicht kennt. Nur wegen ein paar Granateinschlägen der Yankees, die ohnehin schlecht schießen, können wir doch die Front nicht zurücknehmen. Wie stellt sich dieser Mann das vor?«
Captain Concho fixierte ihn. »Halten Sie den Mund, Major! Sie wissen doch gar nicht, wovon Sie reden!«
»Ich verbitte mir diese Respektlosigkeit!«, brüllte der Major. »Rendsburg wird die Stellung halten, wie es ihm befohlen worden ist.«
»Wir stehen doch jeder an unserem Platz und haben dort zu stehen, wo uns das Schicksal hinstellt«, krächzte der Colonel.
Captain Concho schaute kurz zur Tür. Benson und die Männer standen im Flur und schauten herein. Mit einer Kopfbewegung gab er dem Lieutenant den Befehl, die Tür zu schließen. Dann sah er den Colonel wieder an.
»Da sind Sie bei der Platzverteilung verdammt gut weggekommen«, sagte er. »Vermerken Sie es im Kriegstagebuch Ihres Regimentes, dass wir Major Rendsburg dort draußen am Antietam in die Erde gelegt haben, während Sie sich hier im Bett mit diesen Halbweltdamen vergnügten?«
Captain Concho salutierte. »Major Rendsburg ist gefallen, nachdem er mir befohlen hatte, zu Ihnen zu reiten, um Meldung zu erstatten. Ihr Regiment existiert nicht mehr. Aber Sie können hier getrost weiterfeiern. Sharpsburg wird gewiss drei Tage in Flammen stehen, und solange die Stadt brennt, werden die Yankees nicht weiter vorrücken.«
Er salutierte abermals. »Captain Concho meldet sich ab, Sir! Ich bin mit meiner Abteilung nach Winchester befohlen.« Er sah dem Major in die Augen. »Wir finden den Weg ohne Karte. Lassen Sie sich gelegentlich über die Treffsicherheit der Yankee-Ari informieren.« Er machte kehrt und schritt zur Tür.

Quellennachweis:

← Zurück zur Übersicht

(wb)