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Westernkurier 11/2013

Auf ein Wort, Stranger,
wenn heutzutage von Auseinandersetzungen zwischen den Ureinwohnern Amerikas und den ersten Siedlern dieses Landes die Rede ist, denkt der neutrale Zuhörer in der Regel sofort an Geronimo, Sitting Bull oder an die denkwürdige Schlacht in den Black Hills.
Dem Fan des Genres kommt noch Red Clouds Krieg am Powder River, der im Fettermann-Massaker gipfelte, oder die Flucht der Nez Perces in den Sinn.
Vielleicht noch der Trail der Tränen, doch dann ist meistens Ende Gelände.
Aber da ist mehr, vielmehr.
Wer bereit ist, sich zu informieren, wird erfahren, dass es Hunderte von Indianerstämmen gab. Ihre Bandbreite reichte von Clans, die gerade mal aus einer Familie bestanden, über Volksgruppen von kaum mehr als einhundert Seelen, bis hin zu Stämmen, die auch heute noch 50 000 Mitglieder und mehr zählen.
Jeder dieser Stämme hat eine Geschichte, ein Schicksal, das es wert ist, erzählt zu werden.
Nur ist von den meisten nichts bekannt. Das liegt einmal daran, dass sich Hollywood nicht dafür interessiert oder bekannte Schriftsteller das Thema nicht angehen. Und was nicht medienwirksam unters Volk gebracht wird, juckt eh kein Schwein. Dies ist nun mal so in unserer schnelllebigen Zeit.
Dann gibt es noch Beispiele, die von offizieller Stelle einfach verleugnet oder sogar totgeschwiegen werden.
Wenn jetzt jemand sagt, Gibt es nicht, empfehle ich diesem sich einmal die GfbV-Zeitschrift pogrom-bedrohte Völker Nr. 237 vom März 2006 durchzulesen. Es gibt dazu einen sehr interessanten Beitrag Matthias Voigt zum Thema indianischer Aktivismus.
Wie der treue Leser inzwischen weiß, wandelt der Western-Kurier des Geisterspiegels gerne auf Pfaden, die sich außerhalb des Mainstreams befinden. Das zeigt sich alleine schon an der Vielfalt der Themen, die hier behandelt werden. Deshalb wird diesmal eines dieser oben erwähnten Beispiele das Thema unserer Kolumne sein.

Diese Ereignisse, von der heute nur noch Kenner der Materie wissen, sind unter dem Namen Pueblo-Revolte bekannt.
Eine Geschichte, die wieder einmal zeigt, dass es für die Indianer nur zwei Möglichkeiten gab, um dem Expansionsdruck der europäischen Einwanderer zu entgehen. Entweder sie kämpften dagegen an und starben, oder sie ergaben sich ihrem Schicksal, was wiederum über kurz oder lang gleichwohl den Tod zur Folge hatte.
Die Pueblos stellten sich den Weißen entgegen, ohne zu wissen, dass sie damit ihren Niedergang einleiteten.
Dieser begann am 30. Juni 1846, der Tag, an dem Colonel Stephen Watts Kearny mit knapp 1700 Soldaten und 2 Batterien leichter Artillerie – dies entsprach damals 16 Kanonen – von Fort Leavenworth, Kansas, nach New Mexiko marschierte.
Sein mexikanischer Gegenspieler, General Armijo, seines Zeichens Militärkommandant des Territoriums New Mexiko, zog sich kampflos zurück, obwohl beinahe 5 000 Soldaten unter seinem Befehl standen. Ohne dass ein Schuss gefallen war, ging das Land in den Besitz der USA über. Eine Region, die mit knapp 320 000 Quadratkilometer zehnmal größer ist als Belgien.
Kearny setzte den ehemaligen Trapper Charles Bent als Gouverneur ein, hinterließ ihm zum Schutz einige Hundert Dragoner sowie eine Batterie Artillerie und marschierte weiter gen Süden, um auch den Bärenflaggenstaat Kalifornien in das Staatengebilde der USA einzubringen.
Die Pueblos, übrigens ein Sammelname für die in Arizona und Neu Mexiko lebenden Maisbauern, deren Volksname in etwa mit Dörfler übersetzt werden kann, verhielten sich den neuen Machthabern gegenüber zunächst sehr loyal, eine Tatsache, die nicht unbedingt selbstverständlich war. Schließlich hatten sie sich in der Vergangenheit oft genug in blutigen Revolten den spanischen Conquistadores widersetzt und sich mit ihren Nachbarn, den Navahos und Apachen, erbitterte Kleinkriege geliefert.
Die ganze Lage eskalierte erst, als sich die Amerikaner weigerten, mexikanische und indianische Männer von Rang und Namen mit vertrauensvollen Ämtern zu belegen und stattdessen ihre eigenen Landsleute einzusetzen.
Großgrundbesitzer wie Diego Archuleta und mexikanische Padres wie Antonio Jose Martinez oder Felipe Juan Ortiz begannen daraufhin das Volk so lange aufzuwiegeln, bis sich die Pueblohäuptlinge Tomasito und Pablo Montoya zum Aufstand und zur Vertreibung der Gringos entschlossen.
Als der Aufstand am 19. Januar 1847 losbrach, traf er die Amerikaner völlig unvorbereitet.
Der bewaffnete Konflikt begann damit, dass am Morgen jenes Tages eine Gruppe von Indianern vor dem Cabalozo (Gefängnis) von Taos erschienen und von Sheriff Stephen Lee die Freilassung von 3 des Pferdediebstahls angeklagten Indianern verlangte.
Als Lee ihr Ansinnen verweigerte, ergriffen die Pueblos den Stadtpräfekten Cornelius Vigel und hackten ihn regelrecht in Stücke. Danach verlor Lee sein Leben. Die Indianer hasteten weiter zum Haus von Gouverneur Bent, skalpierten ihn im Beisein seiner Frau und brachten anschließend den Ankläger James Leal um.
In einer Geste voller beispielloser Grausamkeit warfen die Pueblos die Leichen den Schweinen vor. Narcissus Beaubien, der Sohn des Obersten Richters, und alle weiteren Amerikaner, deren man habhaft werden konnte, fielen dieser ersten Aktion hernach ebenfalls zum Opfer.
Die von Martinez und Archuleta aufgewiegelten Pueblokrieger schickten Boten über das Land und forderten jeden Bewohner auf, sich gegen die Gringos zu erheben.
Das Ergebnis war entsetzlich. Bis die Regierung endlich zwei Kompanien Dragoner unter der Führung von Colonel Price und Captain Burgwin in Marsch setzen konnte, wüteten die Pueblos wie Bestien unter den Amerikanern. Bei Mora erschlugen sie 8 von ihnen, am Rio Colorado 2 und 8 in der Turkey-Mühle am Rio Hondo, dazu ein halbes Dutzend Cowboys, die man beauftragt hatte, irgendwelche Herden zu bewachen.
Das ganze Land schien im Chaos zu versinken.
Als der amerikanische Behördenapparat mitsamt seiner Militärmaschine endlich in Gang kam, war es fast zu spät. Das Blut von beinahe vierzig Amerikanern tränkte den Boden von New Mexiko und überall im Land herrschte Chaos und Anarchie.
Colonel Sterling Price, der fünfzehn Jahre später aufseiten der Südstaaten eine gewichtige Rolle im amerikanischen Bürgerkrieg einnehmen sollte, spielte seine ganze militärische Erfahrung aus. Mit geballter Wucht durchbrachen seine Dragoner eine Barrikade im Embudo Canyon, eroberten die gleichnamige Ortschaft und überquerten in einem winterlichen Gewaltmarsch die schneebedeckten Berge in Richtung Trampas. Am 3. Februar marschierten sie durch Taos und erreichten kurz darauf ein in der Nähe liegendes Pueblo, das als Schaltzentrale des Aufstandes galt.
Price ließ seine Truppen generalstabsmäßig aufmarschieren und griff mit Sturmtruppen, Artillerie und Handbomben an.
Nachdem von den 650 im Pueblo lebenden Indianern 150 gefallen waren, ergaben sie sich.
Bereits am 7. Februar wurde den Hauptverantwortlichen der Prozess gemacht.
Nachdem man 14 von ihnen noch am gleichen Tag in Taos aufgehenkt hatte, war der Aufstand so schnell zu Ende, wie er begonnen hatte.
Und wieder einmal zahlten nur die Indianer die Zeche.
Während die eigentlichen Aufrührer, machthungrige mexikanische Kommunalpolitiker und nicht weniger gierige Padres relativ ungeschoren davonkamen, verloren die Pueblos bis auf wenige Ausnahmen ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit und damit auch für immer ihre Traditionen und ihr freies Leben.
Dieser Konflikt steht beispielhaft für viele andere, an die sich Amerika heute nicht mehr erinnern kann oder will.

In diesem Sinne
Euer Slaterman.

Quellennachweis:

  • H.J. Stammel:  Der Cowboy, Legende und Wirklichkeit. 1972. Verlagsgruppe Bertelsmann
  • Joachim Hack: Das große Buch der Indianer.  2002. Edition Lempertz Bonn
  • Archiv des Autors