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Op-Ed November 2013

Op-Ed November 2013

Zwei Dinge bieten einen immerwährenden Gesprächsstoff – das Wetter und das TV-Programm. Beides ist nie gut genug, egal was Petrus oder die Sender-Verantwortlichen auch tun.
Nun also war es Herr Lammert, der »aussprach, was viele denken«. Die einen applaudieren, andere – wie ich – halten seine Worte für populistisches Gewäsch.
Denn tatsächlich ist das Programm der Öffentlich-Rechtlichen gar nicht so schlecht. Vor allem nicht vor dem Hintergrund, dass ARD und ZDF Sendungen für eine enorme Spannbreite an Zuschauern bereitstellen müssen; anders als die Privatsender.
Im Sendeplan von ARD und ZDF müssen sich Vorschüler ebenso wiederfinden wie 80-Jährige Rentner – und alles dazwischen.
Die fast erwachsenen Mädels brauchen Soap von einer anderen Art, als ihn die Hausfrauen brauchen, die beim Wäschefalten auf die Mattscheibe schauen. Sportbegeisterte wollen EM, WM und Olympia, egal was die Übertragungsrechte kosten, und die Bildungsbürger wollen Informationen. Die bildungsfernen Bürger müssen auch bedient werden, selbst wenn diese meist RTL einschalten. Aufgeben darf man sie jedoch nicht, denn öffentlich-rechtliches Fernsehen muss sie alle bedienen.
MUSS – das ist ihr Auftrag.
Nun hat die Woche nun mal nur sieben Tage und der Tag 24 Stunden. Davon gibt es Zeiten, in denen man kaum vor dem TV sitzt, die man also kaum sinnvoll gestalten kann.
Dass sich bei diesen Anforderungen nicht jeder Zuschauer rundum gut versorgt fühlt, ist logisch. Nicht umsonst haben die Sender verschiedene Spartenkanäle, auf denen sie spezielle Zielgruppen bedienen können.
Laufen dann dort die Sendungen, die eine jüngere Zielgruppe ansprechen, ist es auch wieder falsch – »warum laufen die nicht im Hauptprogramm«, heißt es da schnell.
Auch im aktuellen Leitartikel meines geschätzten Kollegen klingt das an. Dort heißt es:

»Wer freches oder innovatives Fernsehen will, muss Phoenix, Arte oder ZDF neo einschalten.«

Wieso muss. Was ist daran schlecht, dass solche Sendungen auf den dafür geschaffenen Kanälen laufen? Spielt es eine Rolle, ob ich auf der Fernbedienung die Eins oder – zum Beispiel – die Neun drücke?
Jene, die diese Sendungen sehen wollen, sind wohl in der Lage, in der TV-Zeitschrift nicht nur Spalten von ARD und ZDF, sondern auch jene von ARTE, 3SAT oder ZDF neo zu lesen und die entsprechenden Knöpfe auf der Fernbedienung zu drücken. Oder sie sind so modern, dass sie im EPG auch diese Kanäle zu den Favoriten hinzufügen.
Es gibt die Spartenkanäle, damit man eine breite Zuschauerschicht anspricht. Offenbar haben jedoch die Zuschauer ein Problem damit, das zu verstehen. Sonst würde man diese sinnlose Kritik nicht wieder und wieder hören. Man muss nicht ZDF neo einschalten, sondern man kann, da es diese Sender gibt.

Man darf von einem Politiker heute nicht mehr erwarten, dass er Ahnung hat von dem, was er da redet. Und so attestiere ich Herrn Lammert Ahnungslosigkeit – und tue ihm damit einen Gefallen. Denn wenn er gerne ARD und ZDF privatisieren möchte, könnte dies auch ganz andere Hintergründe haben.
Das Privatfernsehen betreibt schließlich seit vielen Jahren Volksverblödung auf höchstem Niveau. Auch wenn dies manche anders sehen, so spielen gerade die Informationssendungen und Nachrichten der Öffentlich-Rechtlichen in einer sehr viel höheren Liga. Der Politik jedoch kann gar nicht daran gelegen sein, dass sich Bürger tatsächlich interessiert und informiert mit dem befassen, was in Berlin geschieht. Allein das Ausbleiben eines Sturms ob der NSA-Affäre zeigt, wie praktisch ein medial sediertes Volk doch ist. Schauen wir uns heute die Realität an, haben wir es weitestgehend mit Panem et Circenses 2013 zu tun. Diesen Zustand auf alle Sender auszudehnen, dürfen im Interesse aller Scheindemokraten in Berlin sein. Die Worte von Herrn Lammert könnte man vor diesem Hintergrund daher auch als heuchlerische Lippenbekenntnisse einstufen!

Dass gerade die privaten Medien solche Aussagen nur zu gern aufgreifen und noch etwas Öl ins Feuer gießen, ist kein Wunder. Liegen doch viele von ihnen mit der ARD wegen der sehr guten Tagesschau-App im Clinch und sehen sie in der staatlich geförderten Medienlandschaft eine Konkurrenz, der sie nur durch scheinheilige Berichterstattung zu Leibe rücken können. Zu welch bizarren, unreflektierten und hanebüchenen Aussagen sich manche Journalisten dabei hinreißen lassen, zeigt der Tagesspiegel in einem Online-Artikel zum Thema. Dort heißt es:

»Andererseits, ARD und ZDF tut so ein Schuss vor den Bug gut. Sie planen eben, unter anderem für Musik-Konzerte, einen neuen 45 Millionen Euro teuren Jugendkanal, dessen Sinn sich kaum erschließt. Wozu gibt’s eigentlich Youtube?«

Es ist schlimm genug, dass sich Jugendliche mit Furzvideos, illegal hochgeladenen Clips und Gewaltorgien auf Youtube die Zeit vertreiben. Dieses von Google betriebene Sammelsurium unterdurchschnittlicher Videoschnipsel jedoch als geeignete Unterhaltung für Jugendliche darzustellen und mit ihm den Sinn eines Jugend-Kanals mit garantiert höherwertiger, dennoch zielgruppengerechter Unterhaltung infrage zu stellen, ist ziemlich armselig und zeugt von Ignoranz gegenüber dem behandelten Thema.

Fazit:
Schaut man sich die Programme der Öffentlich-Rechtlichen vor dem Hintergrund ihres Auftrages an, zieht man Spartenkanäle sowie moderne Angebote wie Apps und Mediatheken mit in die Betrachtung ein und hinterfragt man die Motive mancher Kritiker, bleibt am Ende wenig, was einen ernsthaft stören könnte. Das zumindest ist meine Meinung.

(ga)