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Die Konradsburg

An der Straße der Romanik des Landes Sachsen-Anhalt ca. 3 km südlich von der Ortschaft Ermsleben am nordöstlichen Rand des Harzes auf einem nach Westen verlaufenden Bergsporn liegt weithin sichtbar die Konradsburg. Was hat es mit der Konradsburg auf sich, die viele Jahre fast in Vergessenheit geriet und dem Verfall preisgegeben wurde?

Im 8. Teil unserer Leitstory Timetraveller, Neofar, tauchen ein gewisser Burchard und ein Abt Adalbert auf. Ein Grund dafür, sich auf die Reise in die Geschichte der Konradsburg zu begeben.

Im Jahr 1021 fand die Konradsburg zum Schutz des Reichsgutes Harz erstmals urkundliche Erwähnung. Wer eine wehrhafte Burg erwartet, muss feststellen, dass Wehrtürme, Bergfried und Palas als Grundelemente einer mittelalterlichen Burganlage fehlen.

Es war Egino von Kakelingen, welcher 944 vermutlich als Vorfahr der Herren von Konradsburg zu nennen ist. Nach Burkhard I. von Kakelingen folgte Egeno I. von Konradsburg (1021 – 1089), der Ältere. Er war Vetter des Alvericus de Kakelinge aus dem Hause der Grafen von Plötzkau. Aus diesem Verwandschaftsverhältnis gingen 1021 Tauschgeschäfte hervor, unter anderem auch die Burg.

Egeno musste ein übler Zeitgenosse gewesen sein. Er trat 1070 mit der Behauptung an die Öffentlichkeit, Kenntnis über eine Verschwörung des sächsischen Grafen und Bayernherzogs Otto II. von Northeim gegen König Heinrich IV. zu haben. Außerdem solle er von diesem den Auftrag erhalten zu haben, den König zu ermorden.

Überlieferungen zufolge soll Egeno I. 1073 als Strafe für einen Straßenraub geblendet und danach als Bettler über Land gezogen sein.

Im vermutlichen Stammbaum folgten Burchard II. von Konradsburg, der Ältere (1054 – 1109), Egeno II. von Konradsburg, der Jüngere (1076 – 1131) sowie Burchard von Konradsburg, der Jüngere.

Um 1080 tötete Egeno II. den Grafen Adalbert II. von Ballenstedt, Vogt von Nienburg und Hagenrode, bei Westdorf nahe Aschersleben. Da Adalbert 1075 den Weg in die Gefangenschaft des Königs antrat, kann sich diese Begebenheit frühestens 1076 nach der Haftentlassung der sächsischen Fürsten, spätestens aber in den frühen 80-er Jahren abgespielt haben. Die Gründe für diesen Mord sind nicht klar erkennbar. Man vermutet politische Gründe oder dass Egeno sich während Adalberts Gefangenschaft askanischen Besitz angeeignet hatte und die beiden deshalb in Fehde gerieten. Ihren Stammsitz, die Konradsburg, mussten die Konradsburger als Sühne für die Mordtat in ein Benediktinerkloster umwandeln.

Als im Krieg König Heinrichs des V. mit aufständischen Sachsen im Jahre 1115 der Alte Falkenstein im Selketal zerstört wurde, fiel das Gebiet den Herren von Konradsburg zu. Diese verließen 1120 die Konradsburg und bauten die neue Burg Falkenstein. 1142 nannten sich die Herren von Konradsburg letztmalig von Konradsburg, danach von Falkenstein.

1322 gab Burchard V. von Falkenstein und Schutzvogt des Klosters seine Vogteirechte an das Bistum Halberstadt ab, da ihm die Erträge, welche auf der Konradsburg erwirtschaftet wurden, nicht mehr attraktiv genug waren. Im Jahre 1369 trat das Kloster seine Pflicht alljährlicher Totengräbnis-Messen für die um 1344 ausgestorbene Grafenfamilie ebenfalls an das Bistum ab. Der Niedergang des Klosters setzte ein. In der Folgezeit schien es sehr ruhig auf dem Bergsporn in der Nähe von Ermsleben geworden zu sein. Sowohl die Geldverschreibungen der Herren von Hoym von 1465 bis 1489 als auch Reformversuche durch das niedersächsische Kloster Bursfelde von 1468 bis 1470 erreichten nicht das angestrebte Ziel der Wirtschaftlichkeit und blieben somit erfolglos.

Wenige Zeit später verließen die letzten Benediktinermönche die Konradsburg. Daraufhin siedelte hier Papst Sixtus IV. ab 1476 Kartäusermönche an, die größtenteils aus der Kartause Erfurt stammten. Der Orden etablierte sich auf der Konradsburg, das Kloster wurde jedoch wie viele andere 1525 im Bauernkrieg gestürmt und geplündert. Ohne wirtschaftliche Unterstützung aus der Umgebung kehrten die Kartäusermönche nach der Plünderung auf die Konradsburg zurück und versuchten das zu retten, was übrig geblieben war. Doch all ihre Mühen blieben erfolglos. Deshalb zogen sie im April des Jahres 1526 nach Magdeburg, verweigerten dort dem Kardinal Albrecht die Überschreibung des Klosters und vermachten dieses vielmehr dem Rat der Stadt. 1530 übergab der Kardinal das wüst stehende Kloster an das neue Stift in Halle. Kanzler Christoph Türk, Ervogt des Stifts, veräußerte das Kloster gegen einen für die damaligen Verhältnisse niedrigen Preis von 160 Talern. Nach dem Tod des Kanzlers am 19. Mai 1547 und einem einsetzenden Streit zwischen dem sächsischen Kurfürsten, den Herren von Hoym und dem Kartäuserorden verblieb die Konradsburg bei den Herren von Hoym, da sich weder Kaiser Karl V. noch Bischof Johann Albrecht ernsthaft der Sache annahmen.

Anfang 1713 kaufte der preußische Staat das Amt Ermsleben mit Konradsburg von den Herren von Hoym. Die Konradsburg wurde Staatsdomäne und von 1721 bis 1945 an verschiedene Pächter vergeben.

Nach der Bodenreform 1945/46 nutzten Neubauern das Vorwerk der Domäne Ermsleben. Bemühungen der Stadt und der katholischen Kirche Aschersleben konnten unter den damaligen Bedingungen eine zunehmende Bestandsgefährdung und Verwahrlosung der Konradsburg in den 70er Jahren nicht verhindern. Ein rapider Verfall prägte das Bild der Konradsburg. Dank einer Bürgerbewegung aus dem Jahr 1982, aus der sich 1990 der Förderkreis Konradsburg e. V. gründete, gelang die Sicherung der Bausubstanz aller Bestandteile der Burganlage. Seit 1991 ist der Verein Träger verschiedener Projekte. Ein Schwerpunkt der Aktivitäten ist der Erhalt der Konradsburg als einzigartiges Denkmal deutscher Kulturgeschichte am nordöstlichen Harzrand, das mit seiner Krypta zu den interessantesten Sehenswürdigkeiten der romanischen Straße Sachsen-Anhalts zählt.

Bauliche und ergrabene Reste belegen das Ausmaß des ehemaligen Klosters. Von der dreischiffigen, romanischen Basilika sind bis heute der hohe Chor und die darunter liegende Krypta erhalten geblieben. Der Chorraum vermittelt, trotz seiner Schlichtheit, höchst eindrucksvoll die Größe der einstigen Basilika. Die Krypta ist eine fünfschiffige, kreuzgratgewölbte Halle, getragen von Säulen und Pfeilern. Kapitelle und Kämpfer, ausgestattet mit einer vielfältig beeinflussten Bauzier (z. B. rheinisch-französisch), geben Zeugnis der hervorragenden Baukunst um 1200. Die an die Kirche angrenzende Bebauung lässt in den Grundzügen noch Ost- und Nordflügel des Klausurbereiches erkennen. Im Zentrum des einstigen Kreuzganges steht ein altes Brunnenhaus, ein zweigeschossiger Fachwerkbau, der vermutlich aus dem 18. Jahrhundert stammt. Darin befindet sich der über 45m tiefe, wahrscheinlich noch aus der Burgenzeit stammende Brunnen mit seiner technischen Schauanlage – einem Eselstretrad. Er gehört zu den Anlagen in Europa die am längsten (bis 1948) noch im laufenden Betriebsdienst standen. Um einen Eimer mit 80 Liter Wasser aus der Tiefe heraufzuholen, benötigte der Esel ca. 8 Minuten.

Wer einmal in der Nähe der Konradsburg ist, sollte dieser auf jeden Fall einen Besuch abstatten und sich vertrauensvoll an die Information wenden. Gegen einen Obulus in Form einer Geldspende führen Mitglieder des Vereins in das Hochzeitzimmer, die Magdstube, die schwarze Küche und in das Brunnenhaus.

Und feiern kann man auf der Konradsburg auch. Wer den Bund der Ehe eingehen möchte, kann dies auf der Konradsburg tun. Alles ist für eine zünftige Hochzeit vorbereitet. Ein Trauzimmer, ein Saal für 40 Personen und ein weiterer Raum für 80 Personen stehen zur Verfügung.

Weitere Informationen unter www.konradsburg.com

Zeittafel

  • 1021 erste urkundliche Erwähnung
  • 1120 Zugunsten eines neuen Wohnsitzes wurde die Burg aufgegeben und im Laufe der Zeit in ein Kollegialstift umgewandelt. Damit sollte auch der Mord an Adelbert von Ballenstedt gesühnt werden.
  • 1133 erfolgt die Errichtung eines Benediktinerklosters.
  • Um 1200 Der Bau der St. Sixtus Benediktinerkirche bezeugt eine klösterliche Nutzung. Heute sind davon nur noch Teile des Querhauses, der Chor und die darunter liegende fünfschiffige Hallenkrypta vorhanden.
  • 1470/75 In diesen Jahren verließen die letzten Benediktiner die Konradsburg. Das heruntergekommene Kloster war nicht mehr zu halten.
  • 1476 Auf päpstlichen Erlass wurde es Kartäusermönchen aus Erfurt gestattet, sich auf der Burg anzusiedeln.
  • 1525 Plünderung durch aufständische Bauern. In der Folge wird das Kloster von den Mönchen aufgegeben.
  • 1530 Kardinal Albrecht von Brandenburg gibt die Konradsburg an das Neue Stift in Halle und späteran seinen Kanzler Türk.
  • 1536-41 Auf Befehl des Christoph Türk wird der größte Teil der romanischen Klosterkirche abgebrochen, um eine kleine Kapelle zu erhalten.
  • 1693 Jetzt im Besitz der Herren von Hoym, dient die Anlage als Vorwerk des Wirtschaftshofes Ermsleben. Das Herrenhaus wird in ein schlichtes Verwalterhaus umgebaut.
  • 1713 Der preußische Staat kaufte das Anwesen und führte eine Domäne. In dieser Zeit diente die kunstgeschichtlich bedeutende Krypta als Schweinestall. Die Oberkirche wurde als Futterboden verwendet. Die Folge war eine schwere Schädigung des Mauerwerkes.
  • 1804 Neubau des Brunnenhauses.
  • 1833 In Folge einer Harzreise rückt ein Herr Dr. Carl Ludwig Inken die Konradsburg in das Licht der Öffentlichkeit und besonders der Kunsthistoriker. Als Folge setzten wenig später Sanierungsarbeiten ein.
  • 1945 Auflösung der Domäne und Ansiedlung von Neubauernfamilien
  • seit 1983 Regelmäßige Pflege- und Instandsetzungsarbeiten durch eine Bürgerinitiative. Damit konnte der drohende Verfall gestoppt werden.
  • 1996 Die Burganlage geht in großen Teilen in das Eigentum der Stiftung über. An der Klosteranlage setzen umfassende Sanierungsarbeiten ein.
  • 2001 Das schon um 1230 erwähnte Triumphkreuz wird wieder in der Klosterkirche aufgehängt.

Impressionen von der Konradsburg

Quellen:

Copyright © 2011 by Wolfgang Brandt