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John Sinclair 1952 – Tödlich singt die Höllenbrut

john-sinclair-1952-toedlich-singt-die-hoellenbrutIan Rolf Hill
John Sinclair Band 1952
Tödlich singt die Höllenbrut

Horror/Grusel, Romanheft, Bastei Lübbe AG, Köln, 08. Dezember 2015, 68 Seiten, 1,70 Euro, Covermotiv: Timo Würz
www.bastei.de

Ich habe ihnen ja erzählt, dass bei dem Vorfall auch zwei Unbeteiligte verletzt oder getötet wurden. Einer der Außenstehenden wird vermisst, bei dem anderen handelt es sich um den Nachbarn, Anders Pedersen. Und der lebte noch, als die uniformierten Kollegen eintrafen. Er war es sogar gewesen, der sie informiert hatte, denn er habe aus dem Haus der Thomsens, so hieß die Familie, die es zuletzt erwischt hat, Schüsse gehört. Schließlich habe der Vater der Familie, Lars Thomsen, ihn mit vorgehaltener Waffe zwingen wollen, ihm sein Auto zu überlassen. Dann aber sei der adoptierte Junge, Ole, aufgetaucht und habe angefangen zu singen.

Etwas Seltsames geschieht in Kopenhagen. Innerhalb von zwei Monaten ereigneten sich drei Vorfälle, bei denen jeweils eine komplette Familie getötet wurde. Allem Anschein nach von einem Familienmitglied, das danach Selbstmord begangen hat. Die örtlichen Beamten ermitteln, dass jede der Familien ein Pflege- oder Adoptivkind hatte, die seit den Vorfällen verschwunden sind. Ein Augenzeuge des jüngsten Vorfalls sagt außerdem aus, dass das verschwundene Kind am Tatort gesungen habe. Ein Beobachtung, die die Soko Pflegefamilie um Amtshilfe bei Scotland Yard anfragen lässt. Die erste Spur führt John Sinclair und Soko-Leiterin Marina Poulson zur Adoptionsagentur Happy Family, die die verschwundenen Kinder vermittelt hat.

Das Kind lag regungslos auf dem hölzernen Tisch. Die Augen des Jungen waren geöffnet und starrten ausdruckslos an die Decke. Der Körper war unbekleidet. Zwei Einschusslöcher in der Brust des ungefähr achtjährigen Jungen waren mit dem Leben nicht vereinbar. Doch die beiden Männer neben dem Tisch blickten nicht in die offenen Wunden, sondern in einen Körper, der mit einer Art Holzwolle gefüllt war, die aus den gewaltsam gerissenen Öffnungen quoll.

Sehr schön bizarr, was sich Ian Rolf Hill in seinem sechsten John-Sinclair-Roman ausgedacht hat und einmal mehr eine Bedrohung, die einem eine gehörige Gänsehaut beschert. Man stelle sich das vor: Ein Kind reißt den Mund auf – weiter, als es möglich sein dürfte – aus dem plötzlich »ein schriller Schrei, der in ein infernalisches Singen übergeht« dringt. Auch schwingt während der Lektüre ständig etwas im Hinterkopf des mythologisch einigermaßen sattelfesten Lesers. Rätselhafte Gesänge, die jedem, der sie hört, den freien Willen rauben … So etwas gab es doch irgendwo schon mal? Am Ende deckt Hill die Karten auf, zieht auf recht originelle Art die Verbindung zur griechischen Sagenwelt und gleich auch noch zu Sinclairs neuen Supergegner an der Werwolf-Front, dem arkadischen Sagenkönig und zweiten Götterwolf Lykaon (siehe JS 1945 Lykaons Erwachen). Wirklich sehr gelungen, wie Hill zunächst einen »kleinen« eigenständigen Fall konstruiert, der mit dem Schauplatz Kopenhagen noch dazu relativ unbeackerten Boden betritt, um diesen dann an das große aktuelle Sinclair-Bild anzupuzzeln. Von der Höllenbrut wird weiterhin zu lesen sein.

Über den reinen Fall hinaus baut der Autor noch eine unaufdringliche Romanze für den Geisterjäger ein, der Gefühle für seine Kollegin auf Zeit, Marina Poulson, zu entwickeln beginnt, was schließlich zu einem dramatischen (vorläufigen) Abschluss der Ereignisse führt. Hier wird endlich einmal auch John Sinclair auf der Gefühlsebene angreifbar dargestellt.

Dazu gibt es noch ein tolles Titelbild von Timo Würz, der hier eine Art Collage aus verschiedenen Szenen des Romans zusammengestellt hat.

Fazit:
Hier übertrifft sich Hill selbst. Tödlich singt die Höllenbrut beginnt als sehr mysteriöser, eigenständiger Fall, der wieder einige schöne Überraschungen in petto hat und damit nach und nach in den aktuellen Sinclair-Kanon eingeflochten wird.

(eh)