Heftroman der

Woche

Neueste Kommentare
Archive
Folgt uns auch auf

Die Schlucht des Drachen

Die Schlucht des Drachen

Die Schlacht tobte seit mehr als zwei Stunden, ohne an Gewalt und Ausdauer verloren zu haben. Sie war nur gewandert, hinab in die Schlucht des Drachen – ohne dass die Kämpfenden sich dabei vor irgendwelchen Drachen fürchten mussten. Die etwa zweihundert Fuß tiefe, eine Meile lange und halb so breite Schlucht hatte ihren Namen nur durch eine Felsformation erhalten, in deren Form irgendein Trottel einen gigantischen Drachen gesehen hatte. Außerdem hatten die Krieger, die dort unten ihr Blut vergossen, ganz andere Sorgen, als sich darüber Gedanken zu machen, wo sie kämpften. Für sie zählte momentan nur, dass sie die Schlacht überlebten.

Sehr viele werden es nicht sein, wenn überhaupt irgendjemand, dachte er, und ein eisiger Schauer rann ihm über den Rücken. Sicher, er trug einen Teil der Schuld an dieser Schlacht, aber er hatte sie nicht gewollt. Im Gegenteil; er hatte alles getan, was in seiner Macht stand, um das Gemetzel – und nichts anderes war es – zu verhindern.

Gleichzeitig wusste er, dass er log, und das machte es noch schlimmer.

Das Schwerterklirren und die Todesschreie der Männer, aber auch das Brüllen ihrer unmenschlichen Gegner drangen bis zu ihm – er stand oben am Rand der Schlucht und starrte aus brennenden Augen hinab – herauf und lösten etwas in ihm aus, ein Gefühl, das er nie zuvor verspürt hatte: eine Mischung aus Trauer, Furcht, Reue und Zorn. Zorn auf sich selbst, auf seinen unstillbaren Hass, dessentwegen dort unten seine Getreuen starben, fast ohne die geringste Chance gegen ihre Gegner und ohne die geringste Ahnung vom Warum.

Nicht nur seine Männer fielen, auch die Gegner starben hin und wieder unter einem geschickt geführten Schwerthieb, aber für einen Toten tauchten zwei neue Gegner auf, die ihren verstorbenen Kumpan rächten.

Es war wie immer, wenn jemand eine Schlacht gegen eine Übermacht führte. Es war immer so, dass für jeden Gefallenen weitere Krieger in die entstandene Bresche der Frontlinie sprangen. Aus diesem Grund klangen die Todesschreie dieser fürchterlichen Kreaturen auch wie Schreie des Hohns in seinen Ohren, ein Spott, der ihn zutiefst verurteilte.

Aber er hatte doch gar nicht wirklich gewusst, worauf er sich da einließ, als er seinen Racheplänen Gestalt verleihen wollte.

Ein weiteres letztes Mal im Verlauf der Schlacht wanderten die Gedanken des Mannes, der einst, bis vor zwei Stunden noch, die ihm persönlich wie zwei Äonen vorkamen, Herr über das gewaltigste Heer gewesen war, das das Land Chront jemals in seiner Jahrtausende währenden Existenz gesehen hatte, zurück zu jenem schicksalhaften Tag vor vielen, vielen Jahren, an dem sich sein Leben schlagartig geändert hatte und sein Hass begann …

 

Er war noch jung, etwa dreizehn Sommer. Er und seine Eltern lebten im Süden des Landes nahe der Schlucht des Drachen und dem Großen Gebirge, an das Chront im Süden grenzte. Was dahinter lag, wusste niemand; aber Legenden berichteten von einem scheußlichen, unheilvollen Land, das noch niemand je zu Gesicht bekommen hatte, mit Bewohnern, die einem Menschen, aber auch einem Elf oder Zwerg den Verstand raubten allein durch ihren Anblick. Weiterhin behaupteten Legenden, dass es einen geheimen Zugang zu diesem Land gab, der irgendwo bei der Schlucht des Drachen liegen sollte. Über die Berge in das Land einzudringen, war unmöglich, denn sie waren zu hoch und die Luft auf ihren Gipfeln zu dünn und abgestanden, sodass nicht einmal ein Zwerg dort oben atmen konnte, geschweige denn ein Elf oder ein Mensch. So blieben die Legenden nur Geschichten, die Eltern nachts ihren Kindern erzählten, die wiederum anderen Kindern am Lagerfeuer die Legenden erzählten.

Der Name des Dreizehnjährigen – später legte er den Namen ab, ohne einen neuen anzunehmen – war Gerak. Gerak hatte nur einen Spielkameraden in der abgeschiedenen Gegend, in der er mit seinen Eltern lebte, eine Elfe namens Sternenstaub. Ihm war dieser Name zu lang, so nannte er seine Freundin nur Stern. Später wurde sie seine Frau, was im ganzen Land mit Überraschung und teilweise sogar mit unverhohlener Ablehnung beantwortet wurde. Ihm war es gleich, was die Leute über ihn dachten. Er liebte Stern, und sie half ihm; zwar nicht zu vergessen, aber sie linderte seine Schmerzen auf eine Weise, wie sie nur den Elfen gegeben war.

Es war ein Sommertag, als es geschah, obendrein war es Geraks dreizehnter Geburtstag und der Tag seiner Mannwerdung. Von seinem Vater bekam er aus diesem Anlass ein ganz besonderes Geschenk, das dieser bereits von seinem Vater, der von seinem Vater, der wiederum von seinem Vater und so weiter – die Liste ließe sich wohl endlos fortsetzen – zur Mannwerdung geschenkt bekommen hatte. Es handelte sich dabei um einen rubinroten Kristall an einer goldenen Kette. Angeblich wohnten dem Kristall magische Kräfte inne, vor denen Geraks Vater ihn warnte. Er sollte sie nur aus absolut guten, gerechten und uneigennützigen Gründen nutzen, ansonsten versagten die Kräfte, vielleicht für immer. Geraks Vater wusste es nicht sicher, denn er hatte dem Rat seines Vaters immer Folge geleistet, wie der dem seines Vaters und so fort.

Den Kristall musste Gerak natürlich sofort Stern zeigen, die richtig begeistert davon war und ihm ebenfalls zur Mannwerdung gratulierte, indem sie ihm einen Kuss auf die Wange hauchte, unter dem er errötete.

Zu diesem Zeitpunkt war er noch glücklich. Er ahnte nicht, welch harten Schlag das Schicksal für ihn bereithielt.

Stern und er spielten noch etwas zusammen, etwa eine Stunde lang waren sie in Gedanken in einer fernen Welt, in der es Wagen gab, die ohne Pferde angetrieben wurden, nur durch Magie, und in der es bewegte Bilder gab. Anschließend kehrte Gerak zu seiner Familie zurück, um noch etwas Zeit mit seinen Eltern zu verbringen, ehe der Tag endete und er die Nacht allein im Wald verbringen musste, als Zeichen seiner Stärke.

Nichts ahnend ging er nach Hause. Es war ein Weg von zehn Minuten, aber noch ehe die Hälfte dieser Zeit verstrichen war, gewahrte der Junge Rauch am Himmel, der sich schwarz und träge über das Land legte. Irgendetwas brannte. Gerak lief schneller, denn der Rauch stieg genau dort auf, wo sein Elternhaus stand. Für die Strecke, die er normalerweise in fünf Minuten zurücklegte und die zum größten Teil durch einen Wald führte, benötigte er nun nur zwei. Gerak trat aus dem Wald – und erstarrte.

Er konnte das gesamte flache Tal überblicken, in dem das Haus seiner Eltern stand. Gestanden hatte, musste es heißen, denn es war weg. Einfach weg. Wo es gestanden hatte, erhoben sich nur noch einige verkohlte Reste, die zum Teil noch glühten. Der Rauch, den Gerak gesehen hatte, stieg aber nicht von der Ruine auf, sondern von einem Feuer etwa fünf Meter daneben. Gerak konnte nicht genau erkennen, was dort brannte, aber er hatte für einen Moment den Eindruck von schwarzem Chitin und einer schwarzen, verkrümmten Hand.

Gerak wusste nicht, wie er dort hingekommen war, aber plötzlich stand er neben dem Feuer, Tränen in den Augen und in der rechten Hand einen großen Stock, mit dem er in den Flammen herumstocherte. Er vergaß seine Umgebung vollkommen, wollte nur noch Gewissheit erlangen. Gewissheit, ob es wirklich seine Eltern waren, die hier verbrannten, und Gewissheit über das Wesen, das sie getötet hatte. Er begriff nicht, wieso es ebenfalls verbrannte, aber möglicherweise war es nicht nur ein Angreifer gewesen, sondern mehrere, und seine Eltern hatten sich mit Sicherheit nicht einfach abschlachten lassen, sondern hatten sich gewehrt, sodass es durchaus im Bereich des Möglichen lag, dass sie einen Angreifer getötet hatten, bevor ihr Schicksal sie ereilte.

Vielleicht gab ihm der Inhalt des Scheiterhaufens einen Anhaltspunkt. Aber Gerak war zu spät gekommen. Alles, was er fand, war Asche, in der sich keine Unterschiede mehr auszumachen ließen.

Mit einem Wutschrei schleuderte Gerak seinen Stock weit weg und warf sich herum. Die Tränen schossen ihm mit aller Macht in die Augen, sodass er kaum noch etwas sehen konnte. Er sah nur starre Schemen.

Ein weiterer Schrei entrang sich seiner Kehle, als er sich auf den Boden warf und sich in wilder Agonie hin und her rollte. Diese Bewegung rettete ihm vermutlich das Leben.

Plötzlich fuhr dicht neben ihm eine Schwertspitze tief in den Boden und wurde gleich darauf wieder in die Höhe gerissen. Gerak vernahm ein wütendes Brüllen, warf sich herum und entging so ein zweites Mal knapp dem tödlichen Schwerthieb. Neben sich spürte er kalten Stahl. Ein Schwert!, schoss es ihm durch den Kopf. Er griff danach und war schneller auf den Beinen, als er selbst glaubte, es sein zu können. In einem blinden Reflex wehrte er mit dem Schwert einen dritten gegen ihn geführten Schwerthieb ab, und nur der Kraft, die ihm die Todesangst und der Zorn auf den Tod seiner Eltern verliehen, verdankte er es, dass ihm die Waffe nicht aus der Hand geprellt wurde.

Dann blickte er auf. Und sah dem Teufel direkt ins Gesicht.

Er erkannte nur noch drei rot glühende Augen in einem seltsam geformten Schädel, als etwas in ihm zerbrach und sein Verstand von etwas überrannt wurde, das älter war als die Menschheit, vielleicht sogar älter als das Leben selbst. Gerak verfiel in eine Raserei, die schlimmer war als alles, was er sich vorstellen konnte.

Als er nach ein paar Sekunden – oder waren es Minuten? Stunden? – wieder das Bewusstsein erlangte, stand er vorübergebeugt über der übel zugerichteten Leiche seines Gegners. Übel zugerichtet war noch untertrieben. Es gelang ihm nicht mehr, seinen Gegner zu erkennen, so gewütet hatte er mit dem Schwert.

In dieser Haltung, das Schwert mit beiden Händen umfasst und in den Boden gerammt, durch das Herz des Feindes hindurch, verharrte Gerak eine ungewisse Zeit, bis sich ihm ohne Vorwarnung eine Hand auf die Schulter legte. Er zuckte nicht einmal zusammen, obwohl es ein Gegner sein konnte. Aber es war ihm mit einem Mal vollkommen egal, ob er lebte oder starb. Er hatte nichts mehr, wofür es sich zu leben lohnte.

Doch da irrte er sich. Zum einen gehörte die Hand Sternenstaub, für die es sich durchaus zu leben lohnte, und zum anderen musste er seine Eltern rächen. Denn das war für ihn sicher: Die Angreifer waren nicht die Einzigen. Es gab noch mehr von ihnen, und er glaubte auch zu wissen, wo.

Im Land hinter den Bergen.

Er würde sie finden. Koste es, was es wolle.

 

Koste es, was es wolle …

Erst in diesem Augenblick, in dem die Schlacht Hunderte seiner besten Männer als Opfer forderte und sich holte, begriff er, wie lächerlich, aber auch gefährlich dieser oft benutzte Ausspruch war. Einmal leichtsinnig ausgesprochen konnte man alles, was einen am Leben hielt, verlieren, nur nicht den Rachegedanken, der tief in einem wütete und dessentwegen der Satz ausgesprochen wurde.

Er wusste es, er hatte bereits fast alles verloren, seine Frau und seinen Sohn, und in diesem Augenblick verlor er sein Heer. Das wäre an sich nicht so schlimm, wenn er nicht mit jedem einzelnen Krieger bereits befreundet wäre und kleinere Abenteuer bestanden hätte. Mit jedem. Jeder menschliche, elfische und zwergische Krieger dort unten war sein Freund, jeder seiner Freunde war dort unten und kämpfte für ihn, der er sich aufgrund seiner Rache bis zum Feldherrn aufgeschwungen hatte – nur Krieger konnten das unbekannte, verfluchte Land durch die Schlucht des Drachen betreten, sagte die Legende.

Er hatte es schon einmal betreten. Damals hatte er diese Schlacht angezettelt, eine Schlacht, die er verlieren würde. Er hätte es besser wissen müssen, aber sein Hass hatte ihn verblendet, sodass er es nur am Rande bemerkt und ignoriert hatte.

Unter ihm, zweihundert Fuß und die unüberwindliche Strecke bis zum Tod entfernt, tobte die Schlacht weiter, unberührt von seinen Gedanken. Gewaltige Kiefer schlossen sich um Menschen, Elfen und Zwerge, nicht einfach nur Krieger, und zweischneidige Schwerter, auf denen sich das Sonnenlicht brach, zerschmetterten hin und wieder die Chitinpanzer ihrer Feinde. Die Todesschreie seiner Freunde erfüllten die Luft und übertönten sogar das Mahlen der Kiefer und das Bersten von Chitin.

In diesem Augenblick, als er hinabschaute auf ein schwarz-grau-rot-totes Gewühl aus Körpern, begriff er, dass es noch etwas gab, das er tun konnte.

Seine rechte Hand glitt zum letzten Geschenk seines Vaters, dem angeblich magischen Stein. Er hatte schon versucht, die ihm nachgesagten gewaltigen Kräfte zu entfesseln, als er zum ersten und bislang letzten Mal das unbekannte Land betreten hatte und auf das zweite lebende Monstrum seines Lebens traf. Im Endeffekt hatte er diese Begegnung nur durch die Hilfe seines Schwertes und einer gehörigen Portion Glück überlebt. Die Magie hatte nicht gewirkt. Wahrscheinlich, dachte er, weil sein Wunsch, sie zu wecken, aus seinem Hass entwachsen war.

Nun aber, und wenn er den Stein damals nicht unwissentlich und im Verborgenen zerstört hatte, sollte es eigentlich klappen, die Magie des Steins einzusetzen.

Sein Blick wanderte über das Schlachtgetümmel durch die Schlucht und saugte sich an dem Gegenstand fest, den er suchte. Seine Hand umschloss fester und fester den Stein, der an der goldenen Kette um seinen Hals hing, bis er glaubte, ein leises Knirschen zu hören. Gleichzeitig konzentrierte er seinen Blick mit aller Macht auf den gewissen Gegenstand.

Plötzlich fing der Stein an zu glühen. Sein rotes Licht durchdrang selbst die Finger seines Besitzers, bündelte sich und traf genau den Gegenstand, den der Mann anvisiert hatte.

Es war der Drachenfels.

Ein rötlicher Schein begann den Fels einzuhüllen und ihn zu durchdringen. Aber er zerstörte ihn nicht, im Gegenteil war der Mann Zeuge eines Schöpfungsaktes.

Wenn er ehrlich zu sich selbst war, war der Mann, der in dem Felsen einen Drachen gesehen hatte, doch kein Trottel. Der Fels sah einem Drachen täuschend ähnlich bis auf seine graue Farbe, die sich aber in diesem Augenblick zu einem sandfarbenen Ton veränderte.

In einem langsamen Prozess – viel zu langsam für seinen Geschmack, aber vielleicht doch schnell genug, hoffte er – verwandelte sich Stein in Fleisch, Kiesel in kochendes Blut.

Die Erde erzitterte unter den Gewalten, die er entfesselt hatte, und ein lautes Brüllen kündigte das Erwachen des Drachen an.

Fast ungläubig starrte der Mann den fleischgewordenen Fels an. Dabei bemerkte er gar nicht, dass der Kristall in Form roten Staubs zwischen seinen Fingern durch zu Boden und auf sein Gewand rieselte. Folgenschwer.

Der Drache entfaltete mit einem weiteren Brüllen seine Flügel, deren Spannweite unfassbar war. Er schlug ein paar Mal zur Probe mit ihnen und entfachte einen wahren Sturm, dann wandte er sich fauchend den Kämpfenden zu, die im Schlachtlärm noch nichts von der drohenden Gefahr bemerkt hatten. Verbissen kämpften sie weiter.

Bis sich der Drache in die Lüfte schwang und sein Schatten auf das Schlachtfeld fiel. Die Krieger erstarrten, und selbst die Monstren hörten auf zu kämpfen und starrten zum Drachen hinauf, der sich höher und höher in den Himmel schraubte, bis er nur noch ein winziger Punkt am Firmament war.

Und dann stürzte er sich in die Tiefe.

Rasend schnell kam er näher. Weit riss er sein Maul auf. Tief in seinem Rachen glühte ein rotes Licht auf. Als er eine gewisse Höhe erreichte hatte, spie er Feuer.

Die Flammen strichen über die Kämpfenden hinweg und versengten sie. In Sekundenschnelle starben zig Krieger – auf beiden Seiten.

Der Feldherr begriff, dass er einen Fehler begangen hatte. Der Drache unterschied nicht zwischen Freund und Feind. Wie sollte er auch?

Die Gedanken rasten. Sollte er etwa den Drachen zurückschicken? Seiner Rache wäre damit geschadet, wenn sie nicht gar völlig auf Eis gelegt werden musste. Aber hatte er eine andere Wahl? Konnte er weiterhin einfach zusehen, wie seine Freunde starben?

»Nein!«, schrie er die Antwort hinaus. »Nein, hör auf!«, brüllte er dem Drachen seine Befehle entgegen. Doch der Drache gehorchte nicht.

»Na warte!«, flüsterte der Mann und griff nach dem magischen Kristall. Seine Hand griff ins Leere. Entsetzt starrte er auf seine Brust. Dort erblickte er lediglich ein rotes Pulver; das war alles, was vom Stein übrig geblieben war.

Er keuchte. Sein Blick glitt zum Drachen, der soeben seinen zweiten Angriff flog, und weiter zu den Kämpfenden. Bereits ein Drittel der Krieger, Menschen oder Kreaturen, lag verbrannt oder tödlich verletzt am Boden. Der Rest versuchte sein Glück in heilloser Flucht, aber die beiden Heere waren zu sehr ineinander verkeilt, als dass ernsthafte Chancen bestanden.

Der zweite Angriff tötete die Hälfte der noch Lebenden. Und der Drache begann ein drittes Mal höher zu steigen. Der Kommandant war verzweifelt. Es gab überhaupt nichts, was er tun konnte. Gar nichts. Das machte ihn zornig. Tränen der Wut traten ihm in die Augen. Durch den Tränenvorhang hindurch sah er, wie die letzten versprengten Heeresreste von den Flammen erfasst und ausgelöscht wurden.

Seine Rache war erfüllt, aber er hatte auch alles verloren, was er verlieren konnte. Koste es, was es wolle …

Nein, alles hatte er noch nicht verloren, begriff er, als er sah, wie der Drache auf der Suche nach einem neuen Opfer herumschwenkte und plötzlich auf ihn zuflog, auf seinen Schöpfer zu, mit dessen Tod auch er vergehen würde. Der Drache raste an der Wand der Schlucht hoch und riss sein gewaltiges Maul auf, in dem es grell loderte.

Der Mann schloss die Augen, mit dem Leben abschließend und ein letztes Mal an seine Frau denkend.

Selbst durch seine geschlossenen Lider sah er das Feuer auf sich zurasen, und er spürte die tödliche Hitze auf seiner Haut.

Danach – nichts mehr …

(bienlein)