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Ein Leben unter Toten

Jason Dark, Dennis Ehrhardt
John Sinclair Edition 2000, Folge 83
Ein Leben unter Toten

Lübbe Audio, Köln, April 2013, Audio-CD, Horror, ISBN: 9783785747056, 79 Minuten, 7,99 Euro, Titelillustration von Terry Oakes

www.sinclair-hoerspiele.de
www.luebbe-audio.de

Lady Sarah Goldwyn erhält von ihrer früheren Schulfreundin Diane Coleman einen Brief, in dem sie die Horror-Oma um Hilfe bittet. Diane hat sich in dem Altersheim »Haus der Stille« zur Ruhe gesetzt, doch dort gehen seltsame Dinge vor sich. Die Sterberate ist äußerst hoch und die Heimleiterin Blanche Everett führt ein strenges Regime. Diane Coleman lädt Lady Sarah daher zum diesjährigen Herbstfest ein. Kurz darauf erhält Lady Sarah die Nachricht, dass ihre Freundin plötzlich verstorben sei. Die Horror-Oma informiert daraufhin umgehend John Sinclair, der sich mit der alten Dame sogleich auf den Weg nach Schottland macht. Doch kurz vor dem Erreichen des Ziels streikt der Wagen und es fängt zu regnen an. Glücklicherweise kommt der Lieferwagen eines Bestattungsunternehmens aus dem Dorf vorbei. Howard Little und sein Helfer Mr. Hunter sind bereit Lady Sarah zum Altersheim mitzunehmen, denn die Ladung ist tatsächlich für das »Haus der Stille« bestimmt. Es handelt sich um Särge, und während sich Lady Sarah als neue Bewohnerin in das Heim aufnehmen lassen will, macht sich John zu Fuß auf den Weg ins Dorf, wo er sich ein Zimmer im selben Gasthaus nimmt, in dem auch Mr. Hunter untergekommen ist. Der arbeitet erst seit Kurzem für Howard Little. Dessen früherer Gehilfe, Mr. Hutchinson, ist unter mysteriösen Umständen verschwunden, einige halten ihn sogar für tot. Noch in derselben Nacht macht John Sinclair im Dorf die Begegnung mit einer Kreatur, die ihm zeigt, in welch tödlicher Gefahr Lady Sarah Goldwyn schwebt …

Die Nachricht von einem Crossover der beiden Hörspiel- und Heftromanhelden John Sinclair und Dorian Hunter hat für viel Aufsehen und reichlich Spekulationen gesorgt. Während sich viele Hörspielfans auf das Ereignis freuten, sahen gerade die Leser der Romane (zumindest die Fans von John Sinclair) eine derartige Begegnung nicht so gern. Zu unterschiedlich seien die Welten der beiden Dämonenjäger und die Einbindung von Dorian Hunter würde eine gravierende Änderung des Romans bedeuten, was die Leser ohnehin nicht so gerne sehen. In diesem Fall funktioniert dies aber hervorragend, denn das zugrunde liegende, gleichnamige Taschenbuch besitzt eine sehr vorhersehbare, geradlinige Story, die von ausgedehnten Action-Szenen dominiert wird. Die düstere Atmosphäre des auf den Klippen stehenden Altersheims kommt im Roman jedenfalls deutlich zu kurz. Die ist dafür in dem fast 80-minütigen Hörspiel reichlich vorhanden. Bereits der Beginn nimmt den Hörer durch die stimmungsvolle Musik sofort gefangen und die Handlung beginnt fast genauso wie im Roman mit dem Brief von Diane Coleman an Lady Sarah. Tatsächlich sind viele Einzelheiten aus der Vorlage noch klar erkennbar. Inklusive Johns Gefangenschaft in einem Sarg und dem Finale an den Klippen. Allerdings wurde die Story von den Machern, in erster Linie Dennis Ehrhardt, deutlich erweitert und komplexer gestaltet. Allein die Rolle der beiden Bestatter, zu denen ja auch ein gewisser Mr. Hunter gehört, ist kaum wieder zu erkennen. Im Roman sind es lediglich zwei tumbe Gesellen, die die Heimleiterin als Männer fürs Grobe eingestellt hat. Auch der Bösewicht Doc Rawson ist im Hörspiel weitaus komplexer angelegt und erlangt durch die fabelhafte Interpretation von Jürgen Prochnow eine starke Präsenz. Der berühmte Schauspieler sollte viel öfter in Hörspielen auftreten. Ein wenig verwirrend sind allerdings die vielen Identitäten des Dämons, bei denen man sich schon konzentrieren muss, um nicht den Faden zu verlieren. Was dieses schwarze Etwas letztendlich noch mit den Ghouls aus dem Roman zu hat, bleibt ungewiss. Auch in den Hörspielen wurden die Leichenfresser bisher anders beschrieben. Allerdings macht die durchschlagende Begegnung zwischen dem Geisterjäger von Scotland Yard und dem Mitarbeiter der Inquisitionsabteilung des Secret Service enorm viel Spaß, vor allem weil die beiden Helden so unterschiedliche Charaktere darstellen. Zudem geht es stellenweise auch recht schaurig zu, sodass der stimmungsvolle Hörspielabend im Double-Feature gesichert ist. Ein wenig störend sind jedoch die Schwankungen in Ton und Lautstärke. Während die Erzählerin Alexandra Lange sehr kräftig und klar aus den Lautsprechern schallt, sind gerade die Tonbandaufnahmen nur sehr leise zu hören und außerdem noch schlecht verständlich. Im Fall der beiden Bestatter, die John im Sarg liegend nur dumpf versteht, sicherlich ein Stilmittel, aber es strengt auf die Dauer an, was es dem Hörer erschwert sich zu entspannen und die Atmosphäre des Hörspiels auf sich wirken zu lassen. Zu den Sprechern muss man nicht mehr viele Worte verlieren, die sind bis in die kleinste Nebenrolle großartig besetzt worden. Erwähnt werden muss jedoch Gerlinde Dillge, die als Blanche Everett, eine kleine Meisterleistung vollbracht hat.
Die Crossover-Gegner seien an dieser Stelle beruhigt, denn die Macher haben versichert, dass es eine einmalige Angelegenheit bleibt und Dorian Hunter stiehlt dem Geisterjäger auch nicht die Show. Im Gegenteil, das Zusammenspiel der beiden Dämonenjäger verläuft zwar alles andere als harmonisch, aber dafür umso rasanter. Und ja, man kann das Hörspiel tatsächlich separat hören und genießen, ohne sich zwingend die Dorian Hunter-Folge zulegen zu müssen.

Das stimmungsvolle Covermotiv stammt dieses Mal von dem amerikanischen Künstler Terry Oakes, der für die Heftromanserie bereits einige Bilder beisteuerte. Und zum ersten Mal in der Geschichte der Hörspielserie (Sondereditionen ausgenommen) hat auch das Booklet ein paar Extraseiten vorzuweisen, auf denen Dennis Ehrhardt schildert, wie es zum Crossover der Geisterjäger gekommen ist und warum Jürgen Prochnow die Rolle des Doc Rawson erhalten hat.

Fazit:
Das Crossover der beiden Dämonenjäger ist ein voller Erfolg. Das Hörspiel hat alles, was eine gute Horror-Geschichte ausmacht: stimmungsvolle Musik, einen unheimlichen Schauplatz, Action, Komplexität und überraschende Wendungen. Neben der durchschlagenden Begegnung von John Sinclair und Dorian Hunter ist der Auftritt von Jürgen Prochnow als Doc Rawson das absolute Highlight des Hörspiels.

(fh)