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Paraforce Band 46

Jaana Redflower
Paraforce 46
Radon 222

Prolog

Das Klopfen kam aus dem Keller. Linda war sich ganz sicher. Die Frage war nur: Was sollte sie deswegen unternehmen? Konnte sie einfach so tun, als hätte sie es nicht gehört, konnte sie die Bettdecke über den Kopf ziehen und sich darunter mit ihrem Buch und dem Handy verkriechen, als wäre nichts gewesen? Das hatte sie schon einmal getan. Vor zwei Jahren, als die Ratten sich in den Balken eingenistet und von den Vorräten in den Regalen genascht hatten. Seitdem war sie nicht mehr unten gewesen – obwohl der Ungezieferbekämpfer mit seinem Rucksack und der Sprühdüse hinabgestiegen war. Obwohl er ihr später sogar eine der toten Ratten gezeigt hatte. Die kleinen Zähne und die winzige Nase würde sie nie vergessen! Halb angeekelt, halb vom Mitleid für das tote Wesen übermannt, hatte sie den Mann bezahlt. Und dann hatte sie die Kellertür geschlossen.

Seitdem herrschte Stille. Bis heute.

Aber Ratten konnten das doch nicht sein! Seit wann klopften die? Sie konnte sich die huschenden Fellkörper gut vorstellen, wie sie über die Heizungsrohre glitten – gut, dass das Messgerät im Flur darüber war! Doch das erklärte das Geräusch nicht. Luft in den Leitungen klang auch anders; das puckerte eher. Hier war etwas anderes am Werk, erinnerte an einen Riesen mit einem Eisenhammer, der tiefe, dunkle Schläge ausführte. Zwischendurch ertönten andere Geräusche, wie von einem Arbeiter im Bergwerk, der mit seiner Spitzhacke Stücke aus dem Untergrund schlug. Und dann war da noch dieser dritte Ton, der unangenehmste von allen: ein Kratzen und Quietschen, wie von langen Krallen, die über die Wände glitten.

Sie schaltete die Lampe an dem Mobiltelefon an, leuchtete auf die Buchstaben. Merkte, wie sie las, ohne ein einziges Wort in sich aufzunehmen. Sie schrieb per WhatsApp. An ihre Schwester; die konnte man auch um Mitternacht getrost anschreiben. »Hör hier komische Sachen«, schrieb sie erst, dann löschte sie alles wieder. Tippte stattdessen: »Hi, bist du noch wach?« Wartete. Lauschte.

Das Scharren von Nägeln auf Stein stoppte. Dann ertönte ein Schlag wie von einem Donner. Linda zuckte zusammen. Mittlerweile schwitzte sie vor Angst. Wenn nur wenigstens Tara antworten würde! Sie wünschte sich ein paar mitfühlende Worte; etwas, woran sie sich klammern konnte, ein rettender Strohhalm, ein Silberstreif am Horizont!

Stattdessen sah sie einen blauen Schimmer, der durch den Spalt zwischen Decke und Bett drang. Woher kam das Licht? Jemand anderes musste es mitgebracht hatten; keine Lampe in ihrem Haus leuchtete in dieser Farbe: grell, giftig, durchdringend. Doch wenn jemand für das blaue Leuchten verantwortlich war, dann musste derjenige sich ebenfalls im Zimmer befinden. Hier, mit ihr!

Linda spürte einen bitteren Geschmack im Mund, leicht metallisch, leicht salzig. Ihr wurde schwindlig.

Die Geräusche aus dem Keller waren so laut, dass sie jeden weiteren Laut überdeckten. Sie konnte unmöglich sagen, ob sich jemand anderes im Zimmer aufhielt. Nicht, solange sie sich unter der Decke verkroch! Um die zurückzuschlagen, fehlte ihr der Mut.

Sie trommelte ungeduldig auf dem Rand des Handys herum. Dann tippte sie: »Hab Angst! Kannst du vorbeikommen?« (mit lauter Rechtschreibfehlern). Ob sie die Polizei informieren sollte? Aber die würden ihr als Erstes dazu raten, aus dem Bett zu kommen. Denn wenn dort jemand war und ihr schaden wollte, würde er sich wohl kaum von einem Stück Stoff über ihrem Kopf von einem Angriff abhalten lassen. Mit anderen Worten: Sie musste fliehen. Bestimmt war es sicher genug, um über die Dielen zum Fenster zu schleichen. Von dort aus konnte sie übers Vordach klettern; vielleicht schaffte sie es sogar, sich an den Rand zu klammern, herunterhängen zu lassen und dann aus dieser Höhe in den Garten zu springen?

Wenn ihr nur nicht so schummrig gewesen wäre! Keinen klaren Gedanken konnte sie mehr fassen. Übel war ihr auch. Kotzübel, als hätte sie gesoffen. Dabei hatte sie nur ein Glas Rotwein zum Abendessen getrunken; davon konnte man leichte Kopfschmerzen kriegen, aber kaum eine derartige Magenverstimmung!

Schließlich hielt sie es nicht mehr aus. Sie lugte über den Rand der Decke. Wie mochte der Eindringling aussehen, der ihr auflauerte? Zunächst spähte sie seitlich am Stoff vorbei: Dort stand ihr Schreibtischstuhl, auf dem sich ein paar Anziehsachen türmten. Auf der Schreibtischplatte tummelten sich ein Notizbuch, Tastatur und Maus; der Monitor thronte darüber. Dessen Oberfläche reflektierte den eigenartigen blauen Schein. Nicht genau genug, um Details zu erkennen. Sie sah nur, dass das Licht in Bewegung war; es tanzte über den Bildschirm wie eine Fee über dunkles Eis.

In ihren Ohren begann es zu rauschen; es puckerte darin. Ihr Herz raste, drückte gegen die Rippen, bis es schmerzte. Dann machte das Licht eine Bewegung nach rechts, auf den Monitor zu.

Das Ohrensausen war nun so laut, dass es alle weiteren Geräusche übertönte. Allmächtig, ein Sturm in ihren Inneren.

Dann schob sich eine Gestalt in ihr Gesichtsfeld. Zunächst sah sie nur eine Silhouette; erst, als der Fremde ganz nah war, erkannte sie sein Gesicht.

Aber das konnte doch nicht sein!, war ihr letzter Gedanke, bevor sie in Ohnmacht fiel.


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