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Jack Lloyd Folge 55

Jack Lloyd – Im Auftrag Ihrer Majestät

Zurück unter Freunden

Jack und Pablo kehrten zurück in das Herrenhaus, das Jack und seinen Mannen als Unterschlupf diente. Es gab noch eine Menge zu besprechen und Jack war sich nicht sicher, ob jeder seinem Plan vorbehaltlos folgen würde. Außerdem galt es zuerst noch abzuwägen, ob seine nächtliche Abwesenheit und die Beziehung, die er zu Maria zum Schein eingegangen war, irgendetwas an dem Vertrauen seiner Männer geändert hatte.

Im Salon des Hauses hatten Elena, Pablo, Jack und die restlichen Mitglieder der Crew sich versammelt. Joe war nicht unter ihnen. Er hatte sich nach dem morgendlichen Gespräch mit Elena wieder in den Palast zurückgezogen. Noch musste er seine Tarnung aufrechterhalten. Wer wusste schon, ob man ihn nicht noch brauchte? Wenn ein bisher scheinbar unbeteiligter ihnen noch zu Hilfe eilen konnte, konnte das nur von Vorteil für die kleine Gruppe sein.

Jack hatte gerade seine Erlebnisse des gestrigen Tages geschildert und war bis zu der Stelle gekommen, an der er und Maria Pablo entlassen hatten. Während er erzählte, beobachtete er Elena genau. Jack war sich nie sicher gewesen, ob in ihrem Blick vielleicht manchmal mehr gelegen haben mochte als Interesse an den Worten ihres Kapitäns, wenn sie sich unterhalten hatten. Jetzt wollte er nur wissen, ob Elena mit dem Geschehenen umgehen konnte oder ob seine Nacht mit Maria in irgendeiner Art und Weise zu Schwierigkeiten zwischen Jack und seiner Stellvertreterin führen würden.

»Es war sehr unvernünftig, dieser Frau einfach allein zu folgen, Kapitän«, brummte Elena gerade, was Jack dazu bewog, ihr ein freundliches Lächeln zu schenken.

»Ich hatte nicht das Gefühl, dass von ihr eine Gefahr ausgehen würde.«

»Manch Giftpilz hat einen schönen Hut. Aber sein Genuss kann tödlich enden«, erwiderte Elena, Jacks Blick trotzend. Ja, offensichtlich störte es sie wirklich. Jack war sich allerdings noch nicht ganz sicher, ob das nur an ihrer Abneigung gegen Maria lag oder ob noch etwas mehr dahintersteckte. Pablo hob beide Hände und erklärte besänftigend: »Er ist ja wohlbehalten zu uns zurückgekehrt. Was ist geschehen in der Zeit, die ich nicht über Sie wachen konnte, Käpt´n?«

»Was wohl?«, brummte Elena missmutig. »Diese Maria hat ihre Beine gespreizt und unser Kapitän hat seine Aufgabe erfüllt, indem er ihr Vertrauen erworben hat. So ist es doch gewesen, nicht wahr, Käpt´n?«

Jack sah Elena erstaunt an. Dass sie eine eigene Meinung hatte, war ihm bewusst und er wollte es auch so. Er war kein Anführer, dem seine Männer blind zu folgen hatten. Aber den notwendigen Respekt sollte ihm jedes Mitglied der Crew entgegenbringen, auch wenn es sich um seine Stellvertreterin handelte. Mit einem drohenden Unterton in der Stimme erwiderte er: »Wollt Ihr die Geschichte weitererzählen, Lady Elena?«

Elena, die merkte, dass sie einen Schritt zu weit gegangen war, murmelte eine Entschuldigung und senkte den Blick. Sie war wütend. Jack hatte Marias Vertrauen erlangen wollen, nicht den Weg in ihren Schoß finden. Zumindest hatte er ihr das vor dem gestrigen Treffen mit der Gouverneurstochter so erklärt. Sie konnte sich nicht erklären, warum es sie so sehr störte, zu wissen, dass Jack mit Maria geschlafen hatte. Aber irgendetwas an diesem Wissen schmerzte sie.

»Die Tochter des Gouverneurs brachte mich in ein Haus, das sie als ihr eigenes bezeichnete. Sie scheint eine ganze Reihe von Geheimnissen vor ihrem Vater zu haben. Aber sie hat mich auserkoren, diese mit ihr zu teilen.« Jack legte eine kurze Pause ein. Er wusste, dass das, was er als Nächstes sagte, nicht bei jedem Anwesenden gut ankommen würde. Aber sein Plan stand fest und er würde sich nicht davon abbringen lassen. Zumal seine bisher wichtigste Ratgeberin, Elena, offensichtlich mit eigenen Problemen zu kämpfen hatte und derzeit nicht wirklich für konstruktive Diskussionen zur Verfügung stand.

»Am heutigen Morgen hat sie mich gebeten, bei ihrem Vater um ihre Hand anzuhalten. Ich habe eingewilligt.« Bei diesen Worten hielt Jack den Blick fest auf Elena gerichtet. Die junge Frau sah einen Augenblick hoch. Als sie erkannte, dass Jack sie mit seinen Augen fixierte, wurde sie rot und senkte den Blick wieder.

»Heute Abend werde ich den Gouverneurspalast besuchen. Elena wird mich begleiten. Während ich mit meiner Braut und meinem künftigen Schwiegervater ein Pläuschchen halten werde, wird sie Joe in die veränderte Situation einweihen. Die anderen werden unter Pablos Anführung die letzten Vorbereitungen treffen. Morgen Abend ist es soweit. Dann werden wir das Schatzschiff kapern und dieser Stadt auf ewig den Rücken kehren.«

»Und Maria?«, fragte Elena leise. Jack versuchte in ihren Gesichtszügen zu ergründen, was genau hinter dieser Frage steckte. Mitleid mit der jungen Spanierin? Angst, dass ihr Kapitän sich wirklich verliebt haben und eine Dummheit begehen könnte?

»Sie wird nichts wissen, bis wir auf den Weiten des Meeres verschwunden sind.«

»Sie wird Euch das nie verzeihen. Ihr würdet sie ganz und gar entehren.«

»Wisst Ihr einen anderen Weg? Sie selbst hat mich in diese Situation gebracht. Ich gehe lediglich den Weg, den sie mir vorgezeichnet hat.«

Elena nickte langsam. Sie musste mit Joe reden. Und hoffen, dass Jacks Urteilsvermögen durch diese Frau nicht getrübt worden war. Wenn doch, war er für jedes Mitglied seiner Mannschaft eine Gefahr. Wenn nicht, war sein Plan wahrscheinlich an Genialität nicht zu übertreffen. Warum nur musste zwischen Genialität und Wahnsinn immer so ein schmaler Grad liegen?

Fortsetzung folgt …

Copyright © 2012 by Johann Peters