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Felsenherz der Trapper – Teil 32.4

Felsenherz der Trapper
Selbst Erlebtes aus den Indianergebieten erzählt von Kapitän William Käbler
Erstveröffentlichung im Verlag moderner Lektüre GmbH, Berlin, 1922
Band 32
Die Belagerung von Fort Wallace
Viertes Kapitel
Felsenherz am Marterpfahl

Keine anderen als Felsenherz und Jack Router waren es gewesen, die den verbündeten Angreifern diese Schlappe zugefügt hatten.

Zur großen Freude des blonden Jägers war er noch in der Nacht mit Jack, der den Sioux gleichfalls entkommen war, am Bach zusammengetroffen. Jack wusste, wo man eine Patrouille des Forts, die sich vor den nahenden Sioux verborgen hatte, treffen würde. So hatten sie sich denn beritten gemacht und waren mit vier Leuten der Patrouille der Abteilung der Sioux gefolgt, die Sastawura am Bach zurückgelassen hatte, um die Flüchtlinge aufzustöbern und einzufangen. So waren sie auch gerade zur rechten Zeit in der Nähe des Forts angelangt und konnten durch den Grasbrand die Rothäute hinter den Schutzwänden hervorjagen.

Felsenherz hatte sich, nachdem er allein am Westrand der Wälder die trockenen Gräser an mehreren Stellen in Brand setzte, auf eine uralte Eiche geschwungen, um von dort den Erfolg des kühnen Unternehmens zu beobachten.

Er hatte dann auch gesehen, wie Sastawura nach den Spuren der Leute suchen ließ, die die Indianer vor die Kanonen des Forts getrieben hatten.

Er fühlte sich in dem dichten Laubdach völlig sicher. Bald verschwanden die Roten denn auch wieder, da jetzt die Kanonen mit Vollkugeln die Büsche an der Waldgrenze bestrichen, wobei abermals einige der Belagerer verwundet und getötet wurden.

Er hatte mit Jack und den vier anderen Kavalleristen ein Zusammentreffen um Mitternacht am Südufer des Smoky Hill verabredet. Da er nur den Fluss zu durchschwimmen brauchte, blieb er in der Krone der Eiche, bis er die Zeit für gekommen hielt, wo er den Fluss überqueren musste.

Zu seinem Schreck merkte er dann allerdings, dass jetzt gerade eine Abteilung Shoshoni, die hier im Westen lagerten, ganz in der Nähe Tannen zu fällen begannen.

Inzwischen war die Mondsichel am Himmel erschienen und hatte die Dunkelheit in eine matte Dämmerung verwandelt. So durfte er es denn nicht wagen, die Eiche zu verlassen. Die Shoshoni tauchten alle Augenblicke ganz dicht an der Eiche auf.

Noch gefährlicher wurde des Trappers Lage, als nun sogar drei Krieger, um Eichenäste abzuschlagen, die sie für den Bau der Schutzwände verwenden wollten, die Eiche erklommen.

Immer höher musste er in der Baumkrone emporklimmen. Das Unglück wollte es, dass er dabei in der Dunkelheit auf einen morschen Ast trat und, ehe er sich noch mit den Händen festhalten konnte, in die Tiefe sauste.

Zweimal schlug er dabei mit dem Kopf gegen dicke Zweige. Halb betäubt landete er schließlich im Gestrüpp unterhalb des Baumes, wo bereits ein Dutzend Shoshoni sich bereithielten, den verhassten Feind in Empfang zu nehmen.

Wie eine Hundemeute über den ermatteten Keiler, so stürzten sich jetzt die Krieger auf den berühmten Jäger.

Was half es, dass er, der halb Bewusstlose, mit den Fäusten doch noch drei der Gegner niederschlug? Die Übermacht siegte.

Im Triumph schleppten die Shoshoni nun ihren mit Lassos gefesselten Gefangenen weiter nach Norden zu in eine große Waldlichtung, wo für die Häuptlinge drei Lederzelte errichtet worden waren.

Sastawura und die Häuptlinge der Shoshoni und Utah saßen hier in finsterem Schweigen um ein Feuer herum. Vorhin hatte eine der Kanonenkugeln sich sogar bis hierher verirrt und eine blutige Gasse in die in der Lichtung weidenden Mustangs gerissen.

Kaum hatte der Oberhäuptling der Sioux den Trapper erkannt, als er auf den Wehrlosen zuschnellte und brüllte: »Hund von einem Blassgesicht, du warst es, der den Grasbrand angefacht hatte! Stirb, damit deine Knochen noch in dieser Nacht die hungrigen Präriewölfe benagen können!«

Sein Tomahawk blitzte im Licht der Lagerfeuer über Felsenherz Kopf.

Da sprang Orabaru, der Häuptling der Shoshoni, dazwischen und packte Sastawuras erhobenen Arm.

»Mein roter Bruder hat kein Recht auf den großen Jäger!«, sagte er kurz. »Meine Krieger nahmen Felsenherz gefangen! Der berühmte Trapper wird sofort am Marterpfahl wie ein Weib vor Angst winseln.«

Sastawura trat zurück. Er war einverstanden, dass Felsenherz den qualvollen Tod erleiden sollte, den selbst das blutgierige Hirn einer Rothaut nur irgend ausdenken kann. 

Ein dichter Kreis von Kriegern der drei verbündeten Stämme hatte sich um die Häuptlinge gebildet. Lautes Beifallsmurmeln wurde hörbar, als Orabaru, der Starke Bär, jetzt befahl, den Trapper aufrecht an die nächste Eiche zu binden.

Felsenherz’ Schicksal schien besiegelt. Er wusste, dass er hier auf Erbarmen nicht zu rechnen hatte und dass niemand da war, der ihn befreien könnte. Für ihn galt es jetzt nur, den Rothäuten zu beweisen, wie eines der verhassten Blassgesichter dem Tod kühn und kalt entgegenschaute und dass kein Wort, kein Ausdruck der Qual ihre satanische Freude nach erhöhen würde.

Wie immer in solchen Fällen mussten zuerst die jüngsten Krieger durch Würfe mit dem Messer und dem Tomahawk das Opfer zunächst einschüchtern.

Zischend und krachend bohrten sich die langen Jagdmesser und die wirbelnden Schlachtbeile haarscharf neben dem Kopf des Gefangenen in die Rinde der Eiche ein.

Felsenherz zuckte mit keiner Wimper, wenn die kraftvoll geschleuderten Waffen Verderben drohend auf ihn zusausten. Seine unerschütterliche Ruhe übte schließlich doch auf diese von wildem Weißenhass fast sinnlosen Naturkinder, denen Todesverachtung als höchste Tugend galt, eine gewisse Wirkung aus.

Der Shoshonihäuptling Orabaru wollte dann gerade, nachdem dieses Vorspiel zu der eigentlichen Marterung etwa zehn Minuten gedauert hatte, den Kriegern befehlen, um die Eiche herum Reisig anzuhäufen, um durch die Hitze und den Rauch die Qualen des Trappers nachher noch zu steigern, als oben in der Eiche ein lautes Brummen hörbar wurde. 

Dort stand auf einem dicken Ast ein Grizzly, dieses gewaltige Tier der nordamerikanischen Wildnis. Seltsamerweise schauten die Rothäute nur flüchtig nach oben. Sie wussten ja, dass es nur der Medizinmann der Utah war, der sich stets in einem Bärenfell zu zeigen pflegte.

Jetzt flog Reisigbündel auf Reisigbündel dicht an den Baum um den Gefangenen herum. Nur eine Stelle blieb frei, damit man zu dem Opfer hin eine freie Gasse hatte. Sollten doch nunmehr die älteren Krieger sich als Beil- und Messerschleuderer versuchen und dem Trapper dabei zwar Wunden beibringen, doch nur solche, die nicht tödlich waren. 

Ein brennender Ast entzündete dann die trockenen Äste und Zweige. Knisternd leckten die Flammen hoch. Im selben Moment glitt der Bär hinter dem Gefangenen am Eichenstamm zu Boden. Wie ein Hauch nur trafen Felsenherz Ohr die Worte: »Mein Bruder mag warten! Ich werde den heiseren Schrei des Adlers ausstoßen, wenn er fliehen soll.«

Der angebliche Medizinmann der Utah war kein anderer als Chokariga, der Schwarze Panther, dem Jack Router noch rechtzeitig ins Fort die Nachricht hatte bringen können, dass Felsenherz sich in ernstester Gefahr befände. Chokariga hatte darauf hin sofort das Fort auf dem Wasserweg verlassen und im Wald zufällig den Schamanen der Utah getroffen, den er rasch durch einen wohl gezielten Messerstich beseitigte und mit dessen Bärenfell er nun die Rolle des Toten weiterzuspielen gedachte.