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Felsenherz der Trapper – Teil 15.2

Felsenherz der Trapper
Selbst Erlebtes aus den Indianergebieten erzählt von Kapitän William Käbler
Erstveröffentlichung im Verlag moderner Lektüre GmbH, Berlin, 1922
Band 15
Der Medizinmann Omakati
Zweites Kapitel

Der geheimnisvolle Medizinmann

»Sagt mal, Chokariga«, ertönte da Abrahams Bass hinter den beiden Westmännern, »wer ist denn der blonde Master neben euch? Erst dachte ich, es müsste der berühmte Felsenherz, Euer weißer Bruder, sein. Aber nachdem ich jetzt beobachtet habe, wie miserabel er schießt – er machte die beiden Rothäute, auf die er zielte, nur flügellahm –, muss ich annehmen, dass es irgendein Greenhorn (Grünhorn, Neuling) ist, der sich hier in Gesellschaft des schwarzen Gentleman herumtreibt und auf den Ihr zufällig gestoßen seid!«

Felsenherz und der Häuptling hatten sich gleichzeitig nach dem dicken Trapper umgedreht, sahen nun in sein vergnügt grinsendes Pausbackengesicht und merkten, dass Abraham sich soeben nur einen Witz geleistet hatte, als er Felsenherz als Greenhorn bezeichnete.

Abraham streckte denn auch den beiden Jägern die Hand zur Begrüßung hin und fügte hinzu: »Freut mich, Eure Bekanntschaft zu machen, Felsenherz! War schon lange mein Wunsch! Weiß natürlich längst, dass Ihr nie überflüssigerweise einen Feind tötet. Freut mich wirklich sehr! Aber – ein Greenhorn ist hier wirklich mit von der Partie, nämlich mein Brotherr James Botterley, der mich vor vier Wochen drüben in Denton als Führer angeworben hat. Ihr habt ja vorhin schon gemerkt, was für’n Sparren der edle Master hat! Na – nun wird er ja wohl bald vernünftig werden, da die Apachen uns hier fraglos belagern werden auf dieser Miniaturinsel! Wenn ihm erst die Kugeln um die Ohren pfeifen, dürfte er …«

Der dicke Abraham konnte den Satz nicht beenden.

Vom Ostufer des Eilandes her war der Knall zweier Schüsse herübergedrungen, denen sofort zwei weitere folgten.

Chokariga und Felsenherz huschten schon durch die Büsche und standen nun hinter Tom und Botterley, die soeben auf mehrere Apachen gefeuert hatten, die zu der Insel schwimmen wollten.

»Oh, drei Rothäute weniger!«, erklärte der Mulatte finster. »Hier der grüne Master hat leider die eine Kugel verschwendet! Das Zielen müsst Ihr eben noch besser lernen, Master!«

James Botterley, der etwa vierzig Jahre zählen mochte, fauchte jetzt Tom ärgerlich an:

»Frecher Kerl, was wagst du? Wie kannst du dich erdreisten, mich …«

Toms intelligentes Gesicht, das trotz der dunklen Färbung keines der charakteristischen Merkmale der schwarzen Rasse zeigte, verzog sich in jäh auflodernder Wut. Blitzschnell hatte er zugepackt, hatten den dürren Botterley hochgehoben und schleuderte ihn über seinen Kopf hinweg in die Sträucher, wandte sich um, war mit einem Satz bei dem halb betäubt Daliegenden, riss sein wollenes Hemd auf der Brust auf und deutete auf eine Tätowierung in Form einer Schildkröte.

»Toms Mutter war eine Delawarin!«, sagte er stolz. »In meinen Adern fließt das Blut des berühmtesten aller östlichen Indianerstämme! Wer mich einen Kerl nennt, wird merken, dass Tom Brack, der schwarze Häuptling, einen Skalp zu nehmen weiß!«

Botterley hatte sich aufrecht gesetzt, betastete seinen Körper und meinte mit bewundernswerter Gelassenheit: »Donnerwetter – alle Achtung vor Eurer Kraft, Tom! Die imponiert mir! Ihr solltet Berufsringer werden. Ich biete Euch jährlich 10 000 Dollar. Ich werde Euch zum Ringer ausbilden und in New York auftreten lassen …«

Auch der dicke Abraham kam jetzt herbei, überschaute rasch die recht komische Situation und meinte lachend: »Master Botterley, die Bekanntschaft des Mulatten habt Ihr ja bereits gemacht. Da brauche ich Euch nur noch hier den Häuptling der Comanchen und seinen ebenso berühmten Freund Felsenherz vorzustellen. Wir sind nun unserer fünf, und da Felsenherz stets zwei Doppelbüchsen mit sich herumschleppt, haben wir sechs von den sogenannten Kugelspeiern zur Verfügung, was genügen dürfte, um uns die Apachen ’ne Weile vom Kadaver zu halten.«

Botterley stand auf und gab Felsenherz, Chokariga und auch Tom die Hand, meinte dazu ohne jede Verlegenheit: »Sehr interessant, Euch kennenzulernen! Aber – Abraham redet Unsinn. Mich geht es gar nichts an, wie er mit den Apachen fertig wird. Ich habe ihn zu meinem Schutz engagiert. Auf mich dürft Ihr nicht rechnen. Wenn es mir Spaß macht, will ich mal auf einen Apachen schießen. Im Übrigen wünsche ich nur eins, nämlich den Grizzly vollends abzutun, den ich vor einer halben Stunde dort drüben auf der Terrasse angeschossen habe!«

Selbst der ernste Comanche musste jetzt lächeln.

Abraham jedoch rief scheinbar recht aufgebracht: »Seht Ihr – das ist nun Master James Botterley, wie er leibt und lebt! Er denkt noch immer, er wäre in New York und könnte jeden Augenblick die Polizei zu Hilfe rufen, wenn er sich irgendwie bedroht sieht!«

Felsenherz winkte jetzt Chokariga und Tom zu und sagte kurz: »Jeder von uns beobachtet eine Seite der Insel. Am Südufer ist ein Posten überflüssig, da die Apachen gegen die Strömung nicht heranschwimmen können. Wenn sie erst merken, dass ein Landungsversuch jetzt am Tage aussichtslos ist, werden sie uns bis zur Nacht in Ruhe lassen.«

Chokariga und Tom entfernten sich denn auch. Bei Abraham und Botterley blieb nur Felsenherz zurück.

»Ihr könnt nach den Pferden sehen, Abraham«, wandte der blonde Trapper sich an den Dicken. »Dort in der Mitte des Inselchens gibt es einige Steine und Felsblöcke. Bringt die Tiere dort unter, damit die Apachen nicht etwa aus den Baumwipfeln drüben uns die Pferde erschießen. Das Ostufer des Pecos ist hier ja nur 87 Yard entfernt.«

»Gut, soll geschehen!«, nickte der Dicke. »Unsere drei Pferde stehen dort schon. Wir haben nämlich noch ein Packpferd mit, Master Felsenherz. James Botterley wollte ja durchaus ein Zelt und eine ganze Kücheneinrichtung mitnehmen!«

Dann verschwand er zwischen den Sträuchern.

Botterley lud gelassen seine Büchse und erklärte nun: »Es ist wirklich jammerschade, Master Felsenherz, dass der Grizzly mir entwischt ist. Daran ist nur Abraham schuld. Ich glaube, ich habe ihn bestimmt getroffen – den Grizzly meine ich. Dann zog Abraham mich aber wieder hinter die Tannen, weil er gemerkt hatte, dass die Apachen nahten. Er hätte sich gar nicht so zu beeilen brauchen, hier auf der Insel mit unseren Pferden Schutz zu suchen. Ich habe nicht eher einer Rothaut zu Gesicht bekommen, bis Ihr und eure Gefährten mit dem Floß angeschwommen kamt. Nun ist der prächtige Grizzly natürlich längst über alle Berge, und …«

Felsenherz unterbrach den dürren Grünen da.

»Weshalb glaubt Ihr nur, getroffen zu haben? Weshalb wisst Ihr es nicht bestimmt?«, fragte er gespannt.

»Weil Abraham, als ich gerade abdrückte, mir aus Versehen einen Stoß gab, sodass der Büchsenlauf hochflog …«

»So – so«, meinte der blonde Trapper nachdenklich. »Dann scheint auch Abraham den Grizzly nicht für echt gehalten zu haben, Master! Genau wie Chokariga und ich von drüben erkannt hatten, dass dieser Bär kein Bär, sondern ein sehr geschickt in ein Grizzlyfell eingenähter Mensch war!

Botterleys breiter Mund klappte vor ungläubigem Staunen weit auf.

»Ein Mensch?«, sagte er kopfschüttelnd. »Das ist doch ausgeschlossen!«

»Keineswegs, Master. Habt ihr schon mal davon gehört, dass die Medizinmänner der Indianer gern allerlei Hokuspokus treiben, um ihren Einfluss auf ihren Stamm zu festigen und zu vergrößern? Hier im Wilden Westen weiß nun jeder Trapper, Goldsucher und Indianerhändler, der mit den Apachen zu tun hatte, dass die Mescalero-Apachen, ein Unterstamm der großen Apachennation, seit Jahren den berühmtesten Medizinmann aller Zeiten besitzen. Omakati heißt dieser Rote, um den sich bereits ein ganzer Märchenkranz gesponnen hat. Dieser Omakati zeigt sich nur in Gestalt eines Grizzlys. Ich kann Euch jetzt nichts Näheres über ihn erzählen. Wir haben hier andere Sorgen, nämlich die, den Apachen zu entschlüpfen, deren Oberhäuptling, der Schnelle Büffel, seit einer Woche mit dreihundert Kriegern meine Gefährten und mich verfolgt. Jedenfalls: Abraham scheint noch im letzten Moment gemerkt zu haben, dass Ihr nicht auf einen Grizzly, sondern auf den berühmten Omakati feuern wolltet, und er wird wohl seine Gründe gehabt haben, Euch den Büchsenlauf hochzuschlagen. Ich möchte mit Abraham hierüber sofort sprechen. Ihr könnt also für mich hier am Ostufer unseres Inselchens die Wache übernehmen.«

Botterley antwortete nicht sofort. Dann erklärte er zaudernd: »Master Felsenherz, Ihr seid ein Westmann von so tadellosem Ruf, dass man es wohl wagen darf, Euch Vertrauen zu schenken. Abraham ahnt nicht, dass ich nicht nur zum Vergnügen jetzt die Indianergebiete durchstreife. Ich trage da seit vielen, vielen Jahren eine …«

Er schwieg plötzlich, fuhr dann hastig fort: »Doch nein – ich kenne Euch noch zu wenig, um diese Dinge mit Euch zu erörtern. Nur so viel will ich andeuten, dass ich mich absichtlich mit allen Rothäuten gut stellen möchte. Wenn ich es also ablehne, hier bei unserer Verteidigung mitzuwirken, so geschieht dies in besonderer Absicht. Gewiss, ich habe mich vorhin dazu hinreißen lassen, auf die Apachen zu feuern, als sie schwimmend die Insel erreichen wollten. Damit Ihr es wisst: Auch meine andere Kugel ging fehl! Der Mulatte glaubte, ich wäre ein schlechter Schütze! Er irrt sich. Ich schoss absichtlich vorbei! So, Master, nun könnt Ihr Abraham aufsuchen. Die Wache hier will ich gern übernehmen. Die Rothäute werden sich hüten, einen Angriff zu wagen.«

Er setzte sich dann auf einen Stein hinter einen Busch, nahm die Büchse in den Schoß und beobachtete den Flussarm zwischen Insel und Ufer.

Felsenherz hätte ihn gern noch mancherlei gefragt, unterließ es aber und schritt der Mitte des Eilandes zu, wo eine Menge Steinblöcke, die von Dornen und Gestrüpp umgeben waren und von zwei alten Eichen beschattet wurden, einen kleinen freien Platz einschlossen. Hier hatte der dicke Abraham die sechs Pferde inzwischen angebunden und ihnen frisches Gras vorgeworfen.

Felsenherz klopfte seinem Braunen den Hals und sagte zu dem dicken, kleinen Trapper: »Ihr kennt den Medizinmann Omakati, nicht wahr? Ihr wusstet, dass in dem Grizzlyfell ein Apache steckte. Deshalb habt Ihr den Schuss auf den Grizzly verhindert.«

Abraham, dessen bärtiges Vollmondgesicht überaus gutmütig wirkte, nickte und entgegnete: »Omakati hat mir einst – das sind sechs Jahre her – das Leben gerettet. Es ist das eine recht merkwürdige Geschichte, Felsenherz. Damals hatte ich droben in den Andreas-Bergen einen Grizzly aufgespürt. Doch meine Kugeln trafen schlecht. Die Bestie sprang mich an, und ich musste auf eine Buche flüchten, wo der Bär mich dann regelrecht belagerte. Zwei Tage saß ich ohne Speise und Trank oben in den Ästen. Dann gewahrte ich in der Ferne einen einzelnen Reiter, einen Weißen, der wie Ihr ganz in Leder gekleidet war. Ich rief um Hilfe. Doch der Reiter jagte davon und ließ sich nicht mehr blicken. Eine halbe Stunde später bemerkte ich einen anderen Grizzly, der langsam auf meine Bestie, die sich unter der Buche niedergetan hatte, zukam. Und dieser zweite Bär, Master Felsenherz, trug um den Hals eine freilich nur schwer sichtbare Kette von Eulenköpfen, genau so, wie man’s dem berühmten Omakati stets nachsagte, der ja auch zum Unterschied vom echten Grizzly sich nie ohne diese Schädelkette zeigt. Kurz und gut: Omakati war es auch wirklich, und er stach die Bestie dann mit einem langen Jagdmesser nieder und verschwand. Seitdem habe ich ihn nicht wiedergesehen. Ich kletterte von der Buche herab und häutete den Grizzly ab. Der Messerstich saß genau im Herzen. Als ich dann mit dem wertvollen Fell zur Schlucht zurückwanderte, erschien mit einem Male derselbe Trapper wieder, ein schwarzbärtiger Kerl, der einen Fuchs ritt. Er rief mir zu, ich solle ihm das Fell verkaufen. Er würde mir eine Handvoll Goldkiesel dafür geben. Seltsam war, dass er sich stets in 110 Yard Entfernung von mir hielt und mich nicht herankommen ließ. Der Handel wurde trotzdem abgeschlossen. Eine Handvoll Goldkiesel habe ich noch nie für ein Bärenfell erhalten. Der fremde Trapper machte sich nachher ohne Gruß aus dem Staube. Mir war’s recht. So, das ist die Geschichte, Master Felsenherz …«

Der berühmte Jäger schaute Abraham sinnend an. »Seid Ihr diesem Trapper nochmals begegnet?«, fragte er dann.

»Nein. Nur andere Trapper erzählten von ihm. Auch sie trafen mit ihm zusammen. Stets wich er ihnen aus. Er muss ein komischer Kauz sein, dieser Mann!«

»Wo sahen die Trapper ihn?«

»Zumeist dort in den Andreas-Bergen, in deren nördlichem Teile ja die Mescaleros ihre Dörfer haben.«

»Felsenherz’ Blicke ruhten jetzt auf dem mächtigen Ledersack, der neben dem Packpferde im Gras lag. Omakati schien ihn nicht weiter zu interessieren, denn er fragte den dicken Abraham nun: »In dem Packen sind wohl noch Gewehre enthalten?«

»Allerdings, Master Felsenherz, – zwei ganz besondere Gewehre, sogenannte Elefantenbüchsen, die Botterley sich aus England verschrieben hat, die reinen Kanonen, sage ich Euch! Botterley wollte damit Bären schießen. Aber er hat bald eingesehen, dass diese Elefantentöter einen zu starken Rückstoß haben. Freilich – sie tragen dafür auch gut doppelt so weit als die beste Büchse!«

Der blonde Trapper sagte nichts mehr, sondern erklomm gewandt eine der beiden Eichen, schwang sich von Ast zu Ast und erreichte bald eine Stelle der Baumkrone, von der aus er das ganze Flusstal und die angrenzenden Höhen überblicken konnte.

Der dicke Abraham hatte ihm gespannt nachgeschaut, rief nun nach oben: »Gibt’s etwas Besonderes zu sehen, Master Felsenherz?«

»Leider!«, kam die Antwort von oben herab. »Die Apachen haben die nächste stromaufwärts gelegene Insel besetzt, an deren Nordspitze sich eine mächtige Treibholzbarrikade befindet. Sie sind gerade dabei, aus den dort angetriebenen Stämmen Flöße zu bauen. Der Schnelle Büffel scheint die Nacht nicht abwarten zu wollen, wird uns sehr bald angreifen, fürchte ich. Wenn die Rothäute ein großes Floß zusammenfügen und es noch mit Brustwehren versehen, wenn sie uns dann in Masse über den Hals kommen, sind wir verloren. Abraham, Ihr könntet mir mal die beiden Elefantenbüchsen laden und sie mir an das Lasso binden, das ich sofort herablasse. Vielleicht kann ich den roten Teufeln die Arbeit drüben auf der anderen Insel etwas versalzen. Wenn sie merken, dass wir so weittragende Gewehre haben, werden sie wahrscheinlich ihre Absicht aufgeben. Für uns ist die Hauptsache, dass wir Zeit gewinnen. Fliehen können wir von hier nur nachts …«

Abraham beeilte sich, die beiden schweren Büchsen, deren Kaliber dreimal so groß wie das einer gewöhnlichen Flinte war, nebst Pulver und Kugeln an dem herabhängenden Lassoende zu befestigen.

Gleich darauf hatte Felsenherz sich auch einen günstigen Platz im Geäst der Eiche ausgesucht, sodass er in Ruhe zielen konnte. Er hatte den Lauf der enorm schweren Schusswaffe auf einen Ast gelegt, wollte nun zunächst einmal probieren, wie die Elefantenbüchse sich bewährte. Die Entfernung bis zur Nordspitze jenes Inselchens betrug etwa 200 Yard. Die Apachen waren dort zu mindestens achtzig beschäftigt, das Floß zusammenzufügen, standen zum Teil dicht beieinander und fühlten sich ganz sicher, da keine ihnen bekannte Büchse einen zuverlässigen Schuss über 140–150 Yard abgab.

Der blonde Trapper zielte bedächtig, zog die Elefantenbüchse recht fest in die Schulter und drückte ab.

Der überlaute Krach des Schusses rief in den Bergen ein Echo hervor, als ob ein Gewitter im Anzug wäre.

Und – die Kugel hatte nur zu gut gesessen.

Der eine Haufen der Rothäute, der bereits auf den Stämmen des Floßes gestanden hatte, stobte auseinander.

Drei Krieger blieben regungslos liegen, zwei andere schleppten sich mühsam an Land.

Felsenherz hatte schon die zweite Büchse ergriffen, zielte auf etwa dreizehn Apachen, die jetzt dicht gedrängt und scheinbar starr vor Schreck am Inselufer standen.

Abermals ein Treffer.

Abermals waren es vier Apachen, denen das schwere Bleigeschoss hier eine bittere Lehre gab.

Dann erhob sich drüben ein vielstimmiges, schrilles Angstgeheul. Im Nu hatte der Rest der Krieger sich ins Wasser geworfen und schwamm dem Ostufer des Pecos entgegen.

Das halb fertige Floß aber wurde, da niemand es mehr festhielt, langsam von der Strömung von der Insel abgetrieben und sauste jetzt immer schneller auf das Eiland der fünf Flüchtlinge zu, an dem es dicht vorüber musste.

Felsenherz war schon von der Eiche herabgestiegen. Das Floß konnte ihm und seinen Gefährten nützlich sein. Man musste versuchen, es aufzuhalten und am Ufer zu verankern.

»Rasch – folgt mir!«, rief er dem dicken Abraham zu. »Nehmt Euer Lasso mit!«

Sie liefen zurr Westseite des Inselchens. Hier führte die Hauptströmung entlang; hier musste das Floß vorüber.

Abraham wusste bereits, was Felsenherz beabsichtigte, nahm das Lasso ebenfalls wurfbereit zur Hand.

Inzwischen hatten die am Ostufer des Pecos steckenden Apachen, von denen einige als Späher in den hohen Bäumen dicht am Wasser verborgen waren, die beiden Trapper bemerkt, da diese die schützenden Büsche hatten verlassen müssen und hart am Ufer frei dastanden.

Schüsse knallten plötzlich.

»Verdammt!«, brüllte Abraham. »Das gilt uns!«

Ihm war eine Kugel dicht am Kopf vorübergepfiffen.

Da kam auch schon das ungefüge, aus acht Baumstämmen bestehende Floß angeschwommen.

Unbekümmert um die Kugeln der Apachen schleuderten Felsenherz und Abraham ihre Lassos.

Die Lassoschlingen fielen auch wirklich über ein paar Stümpfe der abgehauenen Äste.

Jetzt ein Ruck. Die Lassos spannten sich, und der Kampf zwischen der Gewalt der Strömung und menschlicher Kraft begann.

Allmählich nur siegte die Letztere. Das Floß näherte sich der Insel.

Die Apachen feuerten noch immer. James Botterley, der am Ostufer des Eilandes Wache stand, konnte genau beobachten, wo die Schüsse im Laubwerk der Baumkronen drüben aufblitzten.

Mehrmals hatte er schon angelegt, hatte eine Kugel hinübersenden wollen. Stets ließ er die Büchse wieder sinken.

Dann aber hatte er sich überwunden, dann hatte er alle Bedenken beiseite geworfen.

Wieder legte er an.

In einer mächtigen Buche war gerade der Federschmuck eines Apachen sichtbar geworden. Botterley drückte ab.

Der Apache drüben schrie gellend auf – fiel von Ast zu Ast, fiel auf die Steine des Ufers und blieb reglos liegen.

»Der erste Mensch, den ich getötet habe«, murmelte Botterley und stierte zu dem Toten hin.

Da war auch er von den Baumschützen entdeckt worden.

Drei – vier Kugeln zischten durch die Büsche. Die eine ging Botterley durch den Ärmel, eine andere traf den Kolben seiner Büchse und riss sie ihm aus der Hand.

Er war jetzt blass geworden. Bisher hatte er als vollständiges Greenhorn die Gefahr, die ihm hier drohte, recht gering eingeschätzt. Nun sah er, dass auch sein Leben ernstlich bedroht war. Nun bewies er, dass er in der Wildnis seine ersten Kinderjahre verlebt hatte, dass er selbst einer Farmerfamilie entstammte, die sich einst mit den Rothäuten wacker herumgeschlagen hatte.

Er änderte seinen Platz, kroch weiter, spähte nach einem Ziel für die zweite Kugel seiner Doppelbüchse umher.

Ah – aus jener Tanne ein Feuerstrahl.

Er legte an. Er hatte getroffen. Wieder kam ein Apache aus jener Tanne herab, schlug auf das Felsufer auf, warf noch ein paarmal die Arme krampfhaft in die Luft und regte sich nicht mehr.

»Zwei sind’s nun!«, murmelte Botterley leise. »Zwei Menschenleben habe ich auf dem Gewissen!« Er seufzte und fügte hinzu: »Vielleicht sind’s auch drei. Vielleicht ist er längst tot – durch meine Schuld!« Er betonte dieses er ganz seltsam.

Dann lud er seine Büchse wieder. Als er gerade die zweite Kugel mit dem Ladestock feststieß, erschien Abraham neben ihm.

»Donnerwetter noch mal!«, meinte der Dicke, »Ihr seid ja plötzlich zu Vernunft gekommen, Master! Brav so …! Glaubtet Ihr denn, die Apachen würden Euch schonen, wenn Ihr Eure Büchse schweigen lasst?«

Botterley entgegnete nur: »Was hat denn Felsenherz mit den Elefantenbüchsen beschossen? Sind die Dinger nun doch zu etwas gut gewesen?«

Als Abraham ihm die Wirkung der beiden Schüsse geschildert hatte, meinte er ganz stolz: »So habe ich das Geld für die Donnerbüchsen doch nicht zwecklos ausgegeben! Das freut mich! Nun haben wir ein großes Floß zur Verfügung und können jederzeit den Pecos abwärts schwimmen.«

Der dicke Trapper lachte. »Ihr bleibt vorläufig noch ein Greenhorn, Master! Was das Abwärtsschwimmen betrifft, so würden wir kaum weit kommen! Der Pecos hat verschiedene recht schmale Stellen, an denen die Ufer bis auf 110 Yard einander sich nähern. Und an diesen Stellen würde die rote Bande uns selbst nachts mit Kugeln vom Floß herunterputzen. Nein – so einfach, wie Ihr es Euch vorstellt, ist eine Flucht denn noch nicht!«