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Captain Concho – Band 74

Band-74-Das letzte-AufgebotBill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 74
Das letzte Aufgebot

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators
Kurzinhalt:
Die Festung Vicksburg ist gefallen, die Konföderation in zwei Teile gespalten. Der Krieg scheint entschieden – siegesgewiss stoßen die Yankees nach. Nur wenige von ihnen wissen, dass sich tief im Süden ein furchtbarer Sturm gegen sie zu erheben droht. Und wieder ist Captain Concho, der legendäre Rebell, die treibende Kraft. Er wagt den tollkühnen Versuch, die geballte Streitmacht der Indianerstämme Neu-Mexikos gegen den Feind zu mobilisieren, der sie jahrzehntelang unterdrückte. Sollte ihm dies gelingen, würden die vereinten Armeen der Roten und der Rebellen einen wahren Flächenbrand entfachen, der das Kriegsglück noch einmal wenden könnte …

Leseprobe:

Die Festung Vicksburg war gefallen! Das »Gibraltar des Südens« befand sich in der Hand der Yankees. Immer deutlicher neigte sich das Kriegsglück den Unionstruppen zu.

Nur mit knapper Not war Concho aus der Feuerhölle Vicksburg entkommen. Es war ein schrecklicher Kampf gewe­sen, ein sinnloses Sterben. Viele gute Männer waren gefallen, und trotzdem: Der Krieg ging weiter. Noch gab die Konföderation sich nicht geschlagen.

Auch Captain Concho dachte nicht daran, den Kampf aufzugeben – im Gegenteil. Er war verbittert, voll ohn­mächtiger Wut. Denn in der- schreck­lichen Schlacht um Vicksburg war sein verwegener Reitertrupp in alle Winde zerstreut worden. Ein massiver Angriff eines Yankeebataillons auf die Stellung, in der Concho und seine Männer sich eingeigelt hatten …

Wie oft hatte Concho sich in den letz­ten Tagen die bange Frage gestellt, ob seine Jungs noch lebten! Lieutenant Ben Benson, die Sergeanten Finnewacker und Forscreek, der kleine Oscura …

Doch der Captain zwang sich dazu, diese bangen Gedanken zu verdrängen. Er musste sich voll und ganz auf seinen neuen Befehl konzentrieren, der ihn nach Neu-Mexiko geführt hatte.

Captain Concho hielt erschöpft inne, ließ den schweren Bocksattel in den Sand gleiten und wischte sich mit dem Jackenärmel den Schweiß vom Gesicht.

Dieses verdammte Neu-Mexiko hatte er sich völlig anders vorgestellt.

Er war durstig. Doch in dieser wüs­tenähnlichen Einöde schien es keinen Tropfen Wasser zu geben. Er kam nur noch langsam vorwärts. Wenn er keine Quelle fand, bald gar nicht mehr …

Dabei waren die Dreckskerle von der anderen Feldpostnummer noch immer hinter ihm her. Mühsam und anstren­gend war die Kletterei für ihn durch das Felsengebirge gewesen. Nun musste Concho feststellen, dass die Verfolger die Felsen einfach umritten hatten, statt anzuhalten und vor diesem Hin­dernis zu kapitulieren.

Er schaute zurück. Die Sonne war ein riesiger weißglühender Fleck. Nir­gendwo gab es auch nur einen Fetzen Schatten. Es war so heiß, dass ein Mann in Schweiß geriet, auch ohne sich zu bewegen. Die Luft flirrte und tanzte in einem Umkreis von einer halben Meile, und sie gaukelte grüne Wiesen und kristallklare Quellen vor, wo es doch nichts anderes gab als Sand und Steine – Steine und Sand.

Dünn wie ein ferner Rauchschleier schälte sich die graue Sandwolke aus dem Dunst. Die Verfolger galoppierten wieder!

In dieser unendlichen Weite und dem grellen Sonnenlicht war das Entfernungsschätzen schwierig. Befanden sie sich noch vier Meilen hinter ihm, oder waren das gerade noch vierhun­dert Yards?

Er nahm den Karabiner in die Fäuste und wartete. Schließlich hob er den Sattel wieder auf die Schulter und stapfte weiter.

Er hielt auf das Felsgewirr auf seiner Rechten zu, wo sie ihm zumindest nicht zu Pferde folgen konnten.

Die Kerle wollten ihn lebend haben. Deshalb hatten sie ihm einfach seinen Gaul unter dem Hintern weggeschossen.

Wasser! Er musste Wasser haben, oder er würde umkommen.

Wie ein trockener Schwamm lag ihm die Zunge im Gaumen. Atemnot machte sich bemerkbar, Seitenstechen.

Seine Augenlider waren entzündet und brannten wie Feuer.

Die Sonne hatte auch seiner Uniform zugesetzt. Verschlissen und schmutzig sah sie aus. Die goldfarbenen Tressen hoben sich kaum noch davon ab. Mit Sandpapier schien die jemand bearbei­tet zu haben.

Die Sporen, die er am Sattelhorn hängen hatte, klirrten bei jedem Schritt.

Rote sollte er hier finden. Einen Stamm, den die Unionskavallerie in dem Jahrzehnt vor dem Krieg mächtig drangsaliert hatte. Ein Regiment sollte er aufstellen und damit die Forts und Stützpunkte der Yankees überfallen.

Von alldem war Concho noch weit, weit entfernt. Erst einmal musste er sehen, dass er am Leben blieb.

Dazu gehörten zwei Dinge: Wasser und – dass ihn die Hundesöhne dort hinten nicht vor die Gewehre kriegten. Er stieg in die Felsschultern hinein und – verharrte.

Was war das? Trogen ihn die Sinne? Er glaubte, einen Schatten gesehen zu haben, wo es gar keinen Schatten gab. Concho legte den Sattel ab, drehte sich und blickte zurück.

Wo war der Staubschleier geblieben? Ein schabendes Geräusch ließ ihn herumflirren.

Ein Roter sprang von dem Felsen auf ihn herab, ein Messer in der Faust.

Concho wollte den Karabiner hoch­reißen. Viel zu langsam! Der Krieger prallte auf ihn, und sie stürzten beide zu Boden.

Der Captain ließ den Karabiner fal­len und griff mit beiden Fäusten zu, bekam den messerbewehrten Arm zu fassen und schmetterte die Hand des Kriegers auf den Fels.

Ein erstickter Schrei. Das Messer flog durch die Luft. Captain Concho wälzte sich herum und schlug dem Roten die Rechte unter das Kinn.

Die Gestalt erschlaffte.

Concho blieb keuchend auf dem An­greifer liegen, verzog das Gesicht, schob sich den Hut aus der Stirn und – er­starrte. Er hatte keinen Krieger aus­geknockt, sondern eine Frau! Eine In­dianerin. Sie war noch jung. Er schätzte sie auf zwanzig.

Schöne, ebene Züge hatte das Girl. Die Bluse hatte es geöffnet. Er blickte auf kupferfarbene Brüste.

Er richtete sich halb auf und band die Zipfel der roten Bluse fest zusam­men. Die Indianerin trug einen langen, weiten Rock aus Rauleder. Ihr Haar war pechschwarz.

Plötzlich öffnete sie die Augen und sah ihn an. Zuerst verwundert – dann ängstlich.

Er langte nach dem Karabiner. Da erfasste sie Panik. Sie wollte aufsprin­gen. Doch er warf sich auf sie und drückte ihr das Gewehr unter das Kinn,

»Du wolltest mich umbringen? Was habe ich dir getan?«, fragte er mit krächzender Stimme.

Ihre Augen weiteten sich in Todes­angst. »Ich … Ich habe geglaubt … Du bist … Monticello!«, stammelte das Girl.

Concho nahm den Karabiner zur Seite und richtete sich auf. »Bin ich nicht. Aber wer ist dieser Monticello?«

Sie betrachtete seine Uniform. »Er ist Soldat … Wie du!«

»Ich kenne ihn nicht! Ich bin Sam Concho.«

»Ein Yankee?«

Captain Concho lächelte gezwungen. »Nein! Ein Feind der Yankees. Wie heißt du?«

Er beugte sich vor, griff nach ihren Händen und zog sie auf die Beine.

»Ich heiße Pocahonda«, erwiderte sie leise, fast scheu und noch immer ängstlich.

»Du sprichst unsere Sprache sehr gut«, sagte Concho.

Sie zeigte an ihm vorbei. Er drehte sich nur kurz um. Die Staubwolke war wieder zu sehen.

»Dann ist dort Monticello«, sagte sie.

»Ein Soldat, sagst du?« Er kniff die Lider zusammen und musterte sie. »Ein Yankee!

»Ja, ein Yankee!«

»Er trägt eine blaue Montur?«

Sie nickte.

Captain Concho griente und zeigte an sich hinab. »Meine Uniform ist grau! Erkennst du den Unterschied nicht? Wir führen Krieg gegen die Yankees?«

Sie nickte.

»Ich habe kein Wasser mehr«, sagte er.

»Komm!« Das Girl setzte sich leicht­füßig in Bewegung. Er nahm den Sattel auf, warf einen Blick auf den Staub­schleier, dessen Grautöne sich verstärkt hatten, und folgte ihr.

Sie bewegte sich schnell und ge­schickt durch die Felsen. Concho ver­mutete, dass die Quelle in der Nähe war. Doch als sie dort anlangten, stand die Sonne bereits am Horizont.

Captain Concho war am Ende sei­ner Kräfte. Er ließ den Sattel von der Schulter fallen und den Karabiner aus der Hand gleiten, ging auf die Knie und ließ sich vornüber ins Wasser sinken.

Er trank in langen, gierigen Zügen, stemmte sich hoch und – trank weiter.

Pocahonda setzte sich ein Stück entfernt auf den Fels und sah ihm zu.

Sie lächelte ein wenig, als er ein­hielt und zu ihr hinüberblickte. »Du brauchst keine Angst zu haben, dass uns Monticello und seine Leute hier finden«, sagte Pocahonda.

Er wusch sich Sand und Schweiß aus Gesicht und Nacken. Zwischendurch trank er immer wieder.

Er halle schon viel durchgemacht in diesem verdammten Krieg und Ent­behrungen und Strapazen ertragen. Dass ein Mann in so kurzer Zeit fast völlig von den Kräften kommen konnte, war eine neue Erfahrung. Es musste an diesem Wüstenklima liegen.

Hundeelend wurde ihm, als er sich aufrichtete. Er nahm die Wasserflasche von seinem Sattelpacken und füllte sie.

»Wo hast du dein Pferd?«, wollte die Rote wissen.

»Die hinter mir her sind, haben es erschossen!«

»Monticello!«, sagte sie zischend. »Er ist ein Mörder! Wir hassen ihn.«

»Von welchem Stamm bist du?«

»Apachen! Mescaleros!«, erwiderte das Girl. »Mein … Vater war ein Wei­ßer.« Wie eine Entschuldigung klang das, und dabei lächelte sie ein wenig verschämt.

Er griente schlaff. »Deshalb kennst du unsere Sprache!«

Er hatte nicht darauf geachtet. Ja, sie war eine Indianerin, doch ohne die typischen indianischen Züge.

»Du sagst, dein Vater war …«

Ihre hübsche Miene verschloss sich. »Yankees haben ihn getötet.«

»Er hat mit dir bei den Mescaleros gelebt?«

Sie nickte. »Er hat immer auf die Armee der Südstaaten gewartet, um gegen die Yankees zu kämpfen. Alle Mescaleros warten darauf.«

»Ich bin leider alles, was euch die Südstaatenarmee schickt.«

Pocahonda musterte ihn verständ­nislos. Sie schien vorher nicht verstan­den zu haben, weshalb er gegen die Yankees kämpfte. »Ich vertrete die Südstaatenarmee in diesem Gebiet hier. Wo habt ihr euer Dorf?«

Sie zögerte mit der Antwort.

»Ich muss mit eurem Häuptling spre­chen«, sagte Concho. »Es geht um den Kampf gegen die Yankees.«

»Ich werde dich zu ihm führen.«

»Ist es weit?«

Beide Hände streckte sie ihm entgegen.

»Zehn Tage?«, fragte er betroffen.

»Du hast ja kein Pferd«, sagte das Girl und lächelte wieder. »Ich auch nicht.« Sie hob den rechten Fuß an. »Etwas anderes bleibt uns nicht übrig.«

Immerhin sah er jetzt das erste Mal ein Ziel. Aber zehn Tage durch diese Gluthölle!

»Werden wir denn immer Wasser finden?«

Pocahonda nickte.