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Captain Concho – Band 63

Bill Murphy
Captain Concho – Der Rebell aus Texas
Band 63
Versprengt nach Mexiko

Western, Heftroman, Bastei, Köln, 66 Seiten, 1,70 €, Neuauflage, Titelbild von Ertugrul Edirne / Becker-Illustrators
Extra: Die Schlacht um Vicksburg: Das Gibraltar des Mississippi im Jahre 1863, Randnotizen, Teil 14

Kurzinhalt:
Wie ein tödliches Verhängnis nähert sich der Ironclad dem von Captain Concho gekaperten Kanonenboot. Siegesgewiss, sich seiner furchtbaren Kraft bewusst, dampft das Panzerschiff der Yankees in jenen Seitenarm des Mississippi, in dem Concho wie in einer teuflischen Falle festsitzt. Und selbst wenn dem Rebellen das schier Unmögliche gelingt – der Durchbruch – hätte er eine Armada feindlicher Kriegsschiffe im Nacken.

Doch in dieser fast ausweglosen Situation wächst ein Mann über sich hinaus: Sergeant Finnewacker! Und eine Odyssee beginnt, wie sie dramatischer nicht sein kann …

Leseprobe:

Captain Concho saß in der Sonne und blickte auf den Hafen von Donaldsville hinab. Nur zwei große Schiffe lagen an der Kaimauer. Yankees selbstverständlich. Hier gab es nur Yankees. Ihre Fahnen wehten auf allen Gebäuden der Stadt, wie es ihm schien. Auch unten im Hafen und auf den Schiffen und Booten. Von irgendwoher trug der Wind die schneidigen Klänge einer Militärkapelle herüber. Emsiger Betrieb herrschte unten am Hafen und in der Stadt. Das Stimmengewirr drang bis zu Concho hinauf.

Ein schönes, buntes und so verdammt friedliches Bild war das. Trotz der vielen Uniformen. Doch Uniformen wurden zu allen Zeiten getragen. Concho trug ja selbst eine, wenn er sie auch unter dem weiten Kutschermantel verbarg, den seine Männer aufgetrieben hatten.

Ein Kutschwagen rollte heran. Lu Piel saß darin. Geschickt lenkte sie den Zweispänner durch das Gewühl von Fuhrwerken und Handkarren.

Die Yankees unterhielten in dieser Stadt eine Marinebasis, darum herrschte ein solch reger Verkehr.

Captain Concho erhob sich, als die hübsche Frau den Wagen vor ihm hielt. Lu lächelte ihn an. Todsicher hatte sie bei den Yankees wieder einiges ausspionieren können.

Concho trat an den Straßenrand. »Na, steig ein!«, sagte Lu.

Der Captain sah nach links und rechts, ehe er den Schlag öffnete und sich zu ihr setzte.

»Der Transport für die Banks-Armee ist unterwegs. Die Schiffe sind gestern Abend in New Orleans abgefahren«, erklärte ihm die schöne Frau.

Er ruckte herum und musterte sie lächelnd. »Wie schaffst du so etwas?«, fragte er. »Dabei möchte ich dir tatsächlich mal über die Schulter schauen.«

»Hast du nicht gesagt, ich bin die geborene Spionin?« Ihr hübsches Gesicht verschloss sich. »Die Transporter werden von Kanonenbooten begleitet. Es ist eine Flotte von zwanzig Handelsdampfern und ebenso vielen Kriegsschiffen.«

»Ironclads?«, fragte er nach den neuen gepanzerten Schlachtschiffen der Yankees.

»Vier!«

»O verdammt!«

Lu hatte den Kutschwagen aus der Stadt gelenkt und hielt unter einem Mimosenbaum.

»Weißt du, dass sich die Nordstaaten bemühen, Mexiko gegen uns zum Krieg zu ermuntern?«, fragte Lu Piel besorgt.

»Haben die Mexikaner nicht genug eigenen Kummer?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Die Marineoffiziere hier reden von nichts anderem.«

Captain Concho griente und berührte mit den Fingern ihr hübsches Gesicht. »In deiner Gegenwart reden die von nichts anderem?«

»Ein geheimer Transport hat Donaldsville gestern in Richtung Mexiko verlassen«, sagte sie ernst. »Mit Gold und Waffen! Ein Zug von zehn Frachtwagen. Gold im Wert von zwölf Millionen Yankee-Dollars. Stell dir vor, was das für ein Vermögen ist!«

»Bedeckung?«

»Zivilisten haben diesen Transport hier übernommen. Ehemalige Sheriffs, US Marshals und Revolvermänner. Sogar ein paar Zuchthäusler sollen sich darunter befinden.«

»Mit solchen Leuten können die Yankees rasch Ärger kriegen. Dann sind sie die zwölf Millionen los.«

»Die Blauröcke haben sich abgesichert, wie mir ein hoher Offizier anvertraute. Er machte Andeutungen, dass sie Geiseln genommen haben. Angehörige oder Verwandte dieser Männer, um sie zu zwingen, bei der Fahne zu bleiben.«

Captain Concho pfiff durch die Zähne. »Da hat sich aber einer von den verantwortlichen Leuten etwas einfallen lassen.«

»Die Route geht über Fort Lake Charles nach Texas hinüber. Houston, Fort Merrill, Fort Ringgold und Camargo in Mexiko. Der Transport ist als Siedlertreck getarnt. Es sind auch Frauen dabei. Damit ja niemand Verdacht schöpft. In Camargo übernehmen …«

»Kaiserliche Truppen übernehmen den Transport?«, unterbrach er sie.

»Nein! Juaristas! Die Yankees setzen darauf, dass dort drüben in Mexiko Benito Juarez gewinnt und den Kaiser vertreibt.«

»Benito Juarez will den Kaiser verjagen? Hat denn dieser komische Kerl aus Europa den Thron schon bestiegen?«

»Keine Ahnung! Nachrichten aus Mexiko treffen nur spärlich hier ein, und sie sind außerdem sehr unzuverlässig. In New Orleans klappt das besser. Da haben die Yankees eine Telegrafenleitung gelegt. Pioniere haben das gemacht, wie ich vorhin erst gehört habe.«

Sie lächelte und betrachtete seine Kleidung.

»Wenn wir uns wieder treffen, bringe, ich dir einen neuen Mantel mit. Und einen Anzug, damit du zu mir ins Hotel kommen kannst.«

»Das nächste Mal bleibe ich längere Zeit!«, versprach er ihr.

»Du brauchst es nicht eilig zu haben, Sam«, sagte Lu. »Der Konvoi wird hier halten, weil die kleineren Schiffe Kohle nachbunkern müssen. Tag und Nacht sind die Fuhrwerke gefahren. Jetzt sind die Bunker am Hafen randvoll. Extra für diese Flotte, die nach Port Hudson hinauffahren soll, um Banks’ Armee zu versorgen.«

»Artilleriemunition?«, fragte er gespannt. Denn das war die Schwäche dieser Armee. General Banks hatte für seine Kanonen, mit denen er die konföderierte Festung sturmreif schießen wollte, keine Munition. Zweimal war es Captain Concho und seinen Männern gelungen, den Munitionsnachschub vollständig zu vernichten.

»Alles Mögliche haben die Transporter geladen!«, sagte Lu. »Auch Artilleriemunition.«

Concho blickte auf den Mississippi. Wie verdammt breit dieser Fluss hier war!

Zehn Meilen nördlich von Donaldsville lag in einem Seitenarm versteckt das Kanonenboot Sirena, das er mit seinen Männern vor Port Hudson bei Nacht und Nebel gekapert und mit dem er Kriegsschiffen der Yankees so hart Paroli geboten hatte. Die Sirena war ein Schaufelrad-Dampfer, bestückt mit zwanzig Kanonen. Leider mit viel zu schwachen Kalibern, um den hochmodernen Schlachtschiffen, den sogenannten Ironclads, gewachsen zu sein, die gepanzert waren und nur wenige Fuß aus dem Wasser ragten.

Deshalb zuvor Conchos besorgte Frage nach den Ironclads. Vier Stück begleiteten die Transportflotte!

Da würde es unmöglich sein, mit der Sirena nahe genug heranzufahren, um die Transporter zu versenken. Von den anderen Kriegsschiffen ganz zu schweigen

Das musste er mit seinen Männern besprechen, die auf der Sirena auf ihn warteten.

»Hast du etwas über Vicksburg erfahren können?«, fragte er.

Vicksburg war die Festung im Norden, die General Grants Armee im Würgegriff hielt. Von dort aus war Captain Concho mit seinen Leuten und Lu Piel aufgebrochen, nachdem ihm General Pemberton den Befehl erteilt hatte, nach Louisiana vorzurücken, um den Marsch der Banks-Armee auf Port Hudson zu stoppen. Und das war ihm auch gelungen!

»Die Yankees rechnen damit, dass Vicksburg in den nächsten Tagen fällt«, erwiderte Lu.

Captain Concho lachte hart. »Daran werden die Yankees noch zu kauen haben. Solange sich Port Hudson hält, wird Vicksburg kämpfen. Und das wissen die Blauröcke.«

Diesen verdammten Transport musste er stoppen und vernichten, und wenn er von zehn oder zwanzig Ironclads begleitet wurde! Zumindest musste er jene Schiffe erwischen, die mit Artilleriemunition beladen waren.

»Lu, wenn die Schiffe hier liegen, muss ich wissen, welche mit Artilleriemunition beladen sind«, sagte er. »Ohne Artillerie haben die Yankees vor Port Hudson keine Chance.«

Lu nickte. »Ich werde es schon erfahren«, erwiderte sie zuversichtlich.

»Und es ist nicht zu gefährlich für dich?«, fragte Concho mit heiser klingender Stimme.

Sie lachte. »Mach dir darüber mal keine Sorgen! Weißt du was? Ich besorge dir einen Anzug, und dann werde ich dich in den Kreis der hohen Yankee-Offiziere einführen. Dann kannst du mal sehen, wie ahnungslos die Gentlemen sind. Die kommen gar nicht auf den Gedanken, dass ich eine Spionin sein könnte.«

Kein Wunder, ging es Concho durch den Kopf. Lu hatte dieses »Handwerk« regelrecht gelernt. In Vicksburg hatte sie für den Feind spioniert. Doch sie hatte sich in Concho verliebt, sodass es gar nicht nötig gewesen war, sie »umzudrehen«.

»Ich danke dir!«, sagte er, küsste sie flüchtig und stieg aus.

»Wann sehen wir uns wieder?«, fragte Lu. Sie war enttäuscht, dass Concho nicht mehr Zeit hatte. Im Stillen hatte sie sogar gehofft, er würde über Nacht bleiben.

»Morgen!«, sagte er. »Zur selben Zeit an derselben Stelle.«

Lu lächelte tapfer, obwohl ihr eher nach Weinen zumute war, als Concho sich umwandte und davonstapfte.

»Ich werde da sein!«, rief sie ihm nach, brachte die Pferde in Gang und wendete. Sie wartete, bis er den Wald erreicht hatte, in dem sein Pferd stand.

Er drehte sich dort noch einmal um. Sie winkte. Concho hob die Hand und verschwand zwischen den Bäumen.

Lu Piel seufzte und ließ die Pferde angehen. In rascher Fahrt rollte der leichte Buggy nach Donaldsville zurück.

Solange der Wald zu sehen war, schaute sie sich immer wieder um. Doch von Sam Concho war nichts mehr zu sehen.

 

Sergeant Finnewacker und Sergeant Forscreek gingen auf die Knie nieder, Karabiner und Handgranaten in den Fäusten. Da standen die zehn Planwagen, die sie für einen Militärtransport gehalten hatten. Die Leute waren abgestiegen und ließen die Pferde saufen. Männer und Frauen waren das. Alles Zivilisten.

»Mensch, das sind Siedler!«, meinte Forscreek. »Das ist doch zu sehen. Die haben Frauen dabei.«

»Ich hätte geschworen, dass es sich um Blauröcke handelt. Guck dir die Wagen doch mal richtig an. Das sind Trossfahrzeuge.«

»Wer weiß, wo die Siedler diese Yankeewagen herhaben.« Forscreek grinste. »Die haben sie vielleicht am Rand unserer Vormarschstraße aufgelesen. Ich gehe da jedenfalls nicht runter.«

Erließ die Handgranate in der Rocktasche verschwinden.

»Wir blamieren uns nur. Außerdem sollten die uns besser nicht sehen. Im Westen hält der Yankee Forts besetzt. Wenn die Leute dort quatschen …«

»Wollen wir sie nicht mal fragen, ob sie einen Schluck Whisky für uns haben?« Finnewacker griente, hielt die Hand empor und zeigte mit Daumen und Zeigefinger zwei Inches hoch. »Nur eine klitzekleine Flasche.«

»Bau keinen Mist, Finnewacker! Komm!«

Forscreek kroch ein Stück weiter, machte kehrt und lief den Hang zu dem Farmerwagen hinab, auf dem Oscura wartete.

Das Gefährt war bis obenhin mit Lebensmitteln beladen.

Forscreek, Finnewacker und Oscura hatten auf Lieutenant Bensons Befehl die Sirena verlassen, um Proviant aufzutreiben. Einen Tag und eine Nacht waren sie unterwegs gewesen, bis sie endlich auf eine Ansiedlung gestoßen waren. Auf dem Kirchturm hatte die Konföderiertenfahne geweht, und diese Tatsache hatte die Männer ermuntert, sich in die Ortschaft zu begeben und die Einwohner nach Lebensmitteln zu fragen. Die Leute hatten zusammengetragen, was dieser altersschwache Farmerwagen an Ladung hatte aufnehmen können.

Eine einzige Flasche Whisky war dabei gewesen. Die drei Kameraden hatten sich jedoch geniert, die braven Leute nach mehr zu fragen. Die Einwohner waren spendabel genug gewesen. Außerdem suchten hin und wieder Yankeepatrouillen die Ortschaften heim, um sich einfach zu nehmen, woran es ihnen mangelte.

Auf der Rückfahrt zu jenem toten Mississippi-Arm, in dem die Sirena ankerte, hatten sie die Frachtwagen-Kolonne beobachtet und sie für einen Yankee-Transport gehalten.

Captain Conchos Abteilung war vierzig Mann stark. Da würden die Vorräte auf dem Farmerwagen nicht allzu lange reichen. Selbstverständlich hatten sie in allererster Linie gehofft, Whisky erbeuten zu können, wenn das von ihnen auch keiner ausgesprochen hatte.

Aber dieser Kuchen war ja nun gegessen.

Finnewacker warf einen letzten Blick auf die Siedler und folgte seinem Kameraden.

(wb)